Wir haben hier überhaupt keine Möglichkeit, dass Unternehmen aus ihrem Bestand Betriebsrenten finanzieren könnten. Da sollte die SPD noch einmal in sich gehen, um hier Klarheit zu schaffen.
Sechstens. Meine sehr verehrten Damen und Herren! Hier kann man sich streiten, wie man es nennt. Nennen wir es von mir aus Mindestrente. Wir als Linksfraktion sind sehr wohl dafür, dass alle eine Rente erhalten, von der man leben kann, die armutsfest ist. Herr Krauß – ich höre schon wieder den Zwischenruf, auch wenn Sie ihn noch nicht geäußert haben.
Selbstverständlich kann man über die Höhe der Mindestrente, wie wir sie fordern, streiten. 850 Euro sind nicht armutsfest, das sage ich auch, da müssen wir schon etwas höher gehen. Mindestrente heißt in meinem Verständnis, dass jene, die gearbeitet und in die Rentenkasse eingezahlt haben, selbstverständlich nicht mit anderen einfach gleichgestellt werden können, sondern das deutsche Rentensystem berücksichtigt Leistung seit über 100 Jahren. Das wollen wir, ich und meine Fraktion, nicht abschaffen – damit Sie dann nicht wieder irgendwelche Phantomdebatten führen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe versucht, im Schnelldurchlauf noch einmal das zusammenzufassen, was für uns als Sofortprogramm zur Bekämpfung von Altersarmut nötig wäre. Sofortprogramm heißt selbstverständlich, dass damit nicht alle Punkte, die darüber hinaus nötig wären, was das Gesamtrentensystem betrifft, berücksichtigt werden. Aber wenn wir diese sechs Punkte der Staatsregierung mit auf den Weg geben bzw. ins Stammbuch schreiben könnten, dass sie sich als sächsische Initiative dafür einsetzt, dann wären wir ein Stück weiter. Ich füge hinzu: Einzeldinge, so schön und so gut sie auch gemeint sind, werden unser Problem nicht lösen. Wir brauchen ein wirkliches Sofortprogramm – nicht erst in 20 Jahren, denn dann ist es zu spät. Wir brauchen es jetzt.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich will die LINKEN zuerst, wenn das gewünscht wird, gern loben: dafür, dass sie sagen, sie haben ein sehr hohes Vertrauen zur Staatsregierung und sie soll ein Programm vorlegen, weil ich sicher bin, dass es die Staatsregierung natürlich dreimal besser kann, als wenn sie es selbst gemacht hätten.
Da stimme ich Ihnen erst einmal zu. Man muss aber auch von Ihnen erwarten können, dass Sie arbeiten. Sie können das nicht nur auf die Staatsregierung schieben, sondern Sie müssen Ihre Vorstellungen auch einmal in ein Gesamtkonzept einfügen. Ich glaube, dass wir auf Bundesebene zurzeit sehr gute Konzepte haben, über die wir diskutieren sollten.
Lassen Sie mich zu den sechs Punkten kommen. Sie haben relativ wenig dazu geschrieben, aber eben noch einmal erläutert, was Ihre Vorstellungen sind. Bei manchen Punkten könnte man gleicher Meinung sein, aber in der Mehrheit haben wir eine unterschiedliche Meinung.
Zu1.: Rentenniveau. Richtig ist, dass Rot-Grün die Absenkung des Rentenniveaus auf 43 % beschlossen hat. Die Rentenversicherung Bund sagt uns jetzt, dass wir wahrscheinlich 2030 bei 44,76 % sein werden, also nicht ganz so niedrig wie 43 %. Ich finde es richtig, dass man einmal darüber nachdenkt, ob die Prognosen, die man damals hatte, als man die Rente mit 43 % eingeführt hat, eingetreten sind.
Haben sich die Löhne in dieser Zeit so entwickelt, wie man das vorausgesehen hat, oder sind sie vielleicht langsamer gewachsen? Dann hat es sicherlich andere Auswirkungen. Wie ist das auf der anderen Seite? Der Grundgedanke steht ja dahinter, dass mehr private Vorsorge mit hineinkommt. Wie haben sich die Verzinsungen bei denen entwickelt, die Privatgeld als Riester-Rente angelegt haben? Sind diese so stark gewachsen wie damals angenommen? Wenn es da Unterschiede gibt, kann man einmal darüber nachdenken, dort etwas nachzusteuern.
Zu 2.: Gesetzliches Renteneintrittsalter wieder senken. Das hört sich immer nett an. Aber die Leute werden immer älter, sie beziehen auch immer länger Rente. Vor 50 Jahren hat man im Durchschnitt zehn Jahre Rente bezogen, mittlerweile sind wir bei 18 Jahren. Das heißt, man bekommt wesentlich länger Rente gezahlt, die aufgebracht werden muss. Auf der anderen Seite wissen wir, dass die Zahl der Kinder leider sinkt. Im Durchschnitt hat jeder Mann und jede Frau 1,4 Kinder. Das ist deutlich zu wenig. Dafür muss sich eine Lösung finden. Wenn ich das System im Gleichgewicht halten will, kann ich verschiedene Dinge machen. Entweder müssen wir in den sauren Apfel beißen und etwas länger arbeiten und das Rentenniveau bis 2029 auf 67 Jahre erhöhen oder wir senken das allgemeine Rentenniveau ab. Da glaube ich, die geringste Belastung wäre, bis 67 Jahre zu arbeiten.
Wir haben aber auch gesagt, wer 45 Beitragsjahre voll hat, der soll ohne Abschläge in den Ruhestand gehen können. Wer 45 Arbeitsjahre hinter sich gebracht hat, dem sollte man zugestehen, dass er ohne Abschläge in Rente geht.
Des Weiteren haben Sie das Thema Rentenwert Ost angesprochen. Das ist auch ein spannendes Thema. Richtig ist, dass der Ostrentner bei gleicher Lebensbiografie 89 % der Westrente bekommt, übrigens deutlich mehr als die Hungerrenten, die Ihre Vorgänger, Kollege Pellmann, zu Ostzeiten gezahlt haben. Das muss man hin und wieder auch einmal sagen.
Was war das denn zu DDR-Zeiten? Mit welchen Renten sind da die Rentner abgespeist worden! Das muss man schon einmal sagen, denn Sie haben ja auch einmal regiert.
Das ist richtig, die eine Seite. Wir müssen aber auch die andere Seite der Medaille einmal mit nennen. Bei den
Beitragszahlern, die heute bei uns im Freistaat Sachsen arbeiten, werden diese Beiträge um 14 % aufgewertet, wenn sie in die Rentenkasse einzahlen – mit dem Hintergrund, dass bei uns die allgemeinen Einkünfte natürlich noch deutlich geringer sind als im Westen.
Ich bin auch dafür, dass man einen Modus findet, wie man eine Einheitlichkeit herstellen kann – aber nicht um den Preis, dass die Arbeitnehmer, die derzeit im Durchschnitt geringere Einkommen haben als im Westen, schlechter gestellt werden. Sie glauben doch nicht im Ernst, dass Westdeutschland es mitmacht, dass wir bei den Renten eine Besserstellung haben, aber dass man bei der anderen Privilegierung, die wir bei den Rentenanwartschaften haben, keine Korrektur einfordert. Das ist doch klar; das wird kommen.
Der Preis ist mir zu hoch. Deswegen: Vorsicht an der Bahnsteigkante! Wenn man das verändert, muss man mit den Folgen leben. Deshalb gefällt mir der bisherige Zustand zumindest weit besser, als wenn ich diese Aufwertung der Rentenanwartschaft nicht mehr hätte.
Zum zweiten Punkt, den Sie ansprechen: ausschließliche Finanzierung der Leistungen aus Steuermitteln. Richtig ist erst einmal, dass wir 80 Milliarden Euro schon jetzt in die Rentenversicherung aus Steuermitteln reinschießen. Der größte Anteil des Bundeshaushaltes geht für die Rente drauf.
Sie haben dann von den Kindern gesprochen. Ich weiß nicht – sind das so richtig versicherungsfremde Leistungen? Oder hängt es nicht doch irgendwie mit den Kindern zusammen? Denn die Kinder sind doch diejenigen, die später einmal die Rente ihrer Eltern oder Großeltern finanzieren.
Herr Kollege Pellmann, da müssen wir uns auch nicht groß streiten. Mir ist das übrigens relativ egal, wie die Finanzierung kommt. Bei der Finanzierung, die wir jetzt schon aus dem Bundeshaushalt haben, haben Sie eigentlich alles, was Sie unter versicherungsfremden Leistungen benennen, abgedeckt. Schon wesentlich mehr wird aus dem Bundeshalt bezahlt, damit die Rente finanziert ist. Das sind nicht nur versicherungsfremde Leistungen.
Danke. – Verehrter Herr Krauß, ich hatte vorhin zu erläutern versucht, dass es eine innere Logik im deutschen Rentenrecht gibt. Würden Sie mir zustimmen: Als artfremde Leistungen bezeichnet man solche, die nicht nach dem Prinzip funktionieren wie im deutschen Rentenrecht, dass sich Beiträge aus Arbeitseinkommen als spätere Rentenanwartschaften darstellen?
Stimmen Sie mit mir darin überein, dass all das, was diese Logik verlässt – so gut es auch immer sein mag –, dann artfremde Leistungen im Sinne des deutschen Rentenversicherungsrechtes sind, die aus anderen Mitteln, nämlich Steuermitteln, finanziert werden müssen?
Herr Kollege Pellmann, alles, was wir unter versicherungsfremden Leistungen verstehen und noch darüber hinaus, wird durch den Bundeszuschuss abgedeckt; davon bin ich überzeugt bei dem riesigen Bundeszuschuss, den wir haben.
Ich sage auch etwas zum Thema Zuschussrente, weil dazu auch manches Falsche in der Welt kursiert. Der Grundgedanke ist, dass wir mit 16 % Zuschuss aus dem Bundeshaushalt anfangen und bei 100 % aufhören. Aber nach dem Motto zu argumentieren, dass wir alles aus Beitragsmitteln finanzieren, ist falsch.
Das weiß ich, das haben Sie nicht gesagt, aber in der Öffentlichkeit wird das manchmal falsch herübergebracht.
Punkt 3, Einbeziehung aller Einkommens- und Erwerbsformen in die gesetzliche Rentenversicherung. Beliebtes Beispiel sind immer die Beamten, dass man sagt, die sollen auch einmal in die Rentenversicherung einzahlen. Der DGB hat dazu eine Studie in Auftrag gegeben, um zu sehen, was passiert, wenn die Beamten dort mit einzahlen. Das Problem ist, dass Beamte länger leben als Durchschnittsversicherte in der gesetzlichen Rentenversicherung, und zwar um zwei Jahre. Wenn man die Beamten aufnehmen würde, wäre es eine Belastung für die gesetzliche Rentenversicherung; das muss man wissen, das macht also keinen Sinn.
Wir haben in Sachsen einen sehr guten Weg gewählt, indem wir gesagt haben, wir bilden einen Generationenfonds. Das ist etwas, was Sie immer sehr gern verfrühstücken würden mit allen möglichen Dingen. Wir haben gesagt, wir wollen Rücklagen für unsere Beamten bilden. Wir wollen eine Pension sicherstellen, damit man die Pension auch wirklich bekommt. In dieser Hinsicht sind wir eines der, um nicht zu sagen: das Vorzeigebundesland, dass wir dort vorsorgen und wirklich Geld zurücklegen. Klar ist, wenn ich einen Beamten einstelle, muss ich ihm später eine Pension zahlen, und das machen wir relativ gut. Dafür können Sie uns einmal loben. Deswegen haben wir einen Generationenfonds, und ich wäre schon dankbar, wenn Sie nicht immer versuchen würden, ihn zu plündern.
Ein Problem haben wir bei den Solo-Selbstständigen. Wir haben eine Pflichtabsicherung bei Handwerkern, Publizisten usw., die selbstständig sind. Die müssen in Versorgungswerke einzahlen – zumindest eine gewisse Zeit.
Man muss sich Gedanken darüber machen, was mit dem kleinen Bauunternehmer ist, der loslegt und bei dem wir
hundertprozentig wissen, dass er am Lebensende einmal Grundsicherung beziehen wird. Deswegen finde ich gut, dass auf Bundesebene darüber diskutiert wird, wie wir mit dieser Situation umgehen. Wir verlangen von jedem Arbeitnehmer, dass er sich absichert und eine Rentenversicherung hat, und ich kann mir vorstellen, dass man das von einem Solo-Selbstständigen erwartet, ohne dass man ihn überfordert.
Ich habe einige persönliche Beispiele aus der Bürgersprechstunde, wo diese Solo-Selbstständigen, die zwischendrin einmal pleite waren, jetzt in Rente sind, was sie bekommen, und ich kann nur sagen, es wäre gut gewesen, wenn sie wirklich vorgesorgt hätten, wenn es eine Pflicht gegeben hätte, ein wenig Geld zurückzulegen.
Das stimmt, ich will nur noch eine Zahl nennen. Wenn man bei 45 Arbeitsjahren einen armutsfesten gesetzlichen Mindestlohn haben wollte, damit eine Rente herauskommt, die über dem Grundsicherungsniveau liegt,
dann wären wir, sagen wir, bei 12 Euro. Das ist dann etwas mehr, als DIE LINKE jetzt als Mindestlohn fordert; aber ich bin mir sicher, Sie steigern sich da auch noch, das ist für Sie nicht das Problem.
Richtig ist, dass wir Lohnuntergrenzen, auch eine allgemeine Lohnuntergrenze brauchen, aber sie wird das Problem allein nicht lösen, dessen muss man sich bewusst sein. Wenn wir aber 78 000 Menschen in Sachsen haben, die 40 Stunden in der Woche Vollzeit arbeiten und weniger als 1 000 Euro brutto verdienen, dann frage ich mich natürlich schon: Wieso gehen sie eigentlich arbeiten? Lohnt sich das für sie? Bekommen sie einmal eine Rente?