Protocol of the Session on September 26, 2012

Jetzt geht es um das Wie. Es geht darum, eine für alle Beteiligten bestmögliche Lösung zu finden. Ich bin der Sächsischen Bildungsagentur als Schulaufsichtsbehörde sehr dankbar, dass sie tagtäglich alles tut, um eine Eskalation der Situation in Seifhennersdorf zu vermeiden.

(Johannes Lichdi, GRÜNE: Das ist doch unglaublich! Miese Hexe! – Zurufe von der CDU)

Für den morgigen Donnerstag, den 27. September 2012, –

(Johannes Lichdi, GRÜNE: Diese Unverschämtheit vom Pult dort vorne! – Zurufe aus der CDU: Heh!)

bieten Landrat Lange und der Direktor der Sächsischen Bildungsagentur, Herr Bélafi, den Eltern ein weiteres

Gespräch an. Ich hoffe sehr, dass es möglich sein wird, ein lösungsorientiertes und konstruktives Gespräch zu führen, in dem es darum gehen muss, wie nunmehr die Aufnahme des Schulunterrichts an den regulären Schulen organisiert wird. Wir sind bereit, beim Schülertransport und bei den Bedingungen an den aufnehmenden Schulen Kompromisse einzugehen. Die Zeit der Diskussion darüber sollte nicht mit weiterer für die Kinder folgenschwerer Streikbeschulung vergeudet werden. Die Kinder müssen endlich die Chance bekommen, an einer Schule zu lernen, die auf sie ausgerichtet und für sie ausgestattet ist. Die dortigen Schulleiter, die Klassenlehrer und die Bürgermeister werden sie mit offenen Armen empfangen. Wenn es nötig sein sollte, stehen auch Beratungslehrer und Schulpsychologen bereit, um zu helfen.

(Unruhe bei den LINKEN, der SPD und den GRÜNEN)

Somit wird den Kindern das Rüstzeug mitgegeben, das sie für ihre schulische Laufbahn und ihr weiteres Leben benötigen.

(Unruhe bei den LINKEN, der SPD und den GRÜNEN)

Hoffen wir auf Vernunft und konstruktive Gespräche.

Danke schön.

(Beifall bei der CDU, der FDP und der Staatsregierung)

Herr Lichdi, Sie wollen sicherlich vom Instrument der Kurzintervention Gebrauch machen? – Dazu haben Sie jetzt Gelegenheit.

Vielen Dank, Herr Präsident. Ich möchte mich eigentlich nicht in diese bildungspolitische Debatte einmischen.

(Zurufe aus der CDU: Dann lasse es!)

Man kann sicher die eine oder andere bildungspolitische Position einnehmen. Frau Kurth, was Sie hier gemacht haben, geht nicht. Sie haben den Eltern, die sich für ihre Kinder einsetzen und den vielen ehrenamtlich Engagierten – es wurde angesprochen – Unfriedlichkeit unterstellt. Sie haben ihnen unterstellt, dass sie den Frieden in der Region stören würden. Das geht nicht.

(Beifall bei den GRÜNEN, den LINKEN und der SPD)

Was die Eltern machen, wäre ziviler Ungehorsam. Sie beachten eine Gerichtsentscheidung nicht. Wie Sie ganz genau wissen, ist diese Gerichtentscheidung auf der Grundlage der geltenden Gesetzeslage ergangen, für die Sie die Verantwortung tragen.

(Beifall bei den GRÜNEN, den LINKEN und der SPD)

In dieser Situation den Eltern vorzuwerfen, dass sie als Friedensstörer auftreten, geht entscheiden zu weit. Das

geht über das hinaus, was in einer bildungspolitischen Debatte angemessen ist. Ich bitte Sie wirklich, dieses böse Wort hier zurückzunehmen.

(Beifall bei den GRÜNEN, den LINKEN und der SPD)

Frau Kurth, möchten Sie auf diese Kurzintervention antworten? – Das ist nicht der Fall. Herr Bartl, Sie möchten sicherlich auch vom Instrument der Kurzintervention Gebrauch machen?

Ja, Herr Präsident, vielen Dank. Frau Staatsministerin, Sie sind noch nicht allzu lange im Amt. Es empfiehlt sich jedoch, ab und zu einen Blick in die Verfassung zu werfen. Im Artikel 101 Abs. 2 Satz 1 steht Folgendes: „Das natürliche Recht der Eltern, Erziehung und Bildung ihrer Kinder zu bestimmen, bestimmt die Grundlage des Erziehungs- und Schulwesens.“

(Beifall bei den LINKEN)

Das ist der Verfassungsartikel, den diese Staatsregierung bitte zu untersetzen hat. Das OVG kann nur auf dieser Grundlage entscheiden. Jawohl, mein Kollege sagte es bereits: Es gelten Gesetzeslage und Ermessensausübung. Letztere ist nicht schrankenlos überprüfbar. Das wissen Sie. Herrn Staatsminister der Justiz meine ich.

(Heiterkeit bei der CDU)

Herr Bartl, Sie müssen sich mit Ihrer Kurzintervention an die Vorrednerin und nicht an den Justizminister wenden.

Ich weiß. Ich wende mich an die Vorrednerin.

Wenn Sie angesichts des Inhalt des Artikels 101 Abs. 2 den Eltern vorwerfen, auf einer gesetzlichen Grundlage zu agieren, um das Recht und das Wohl ihrer Kinder einzufordern, ist das schlicht und ergreifend ein Übergehen der verfassungsrechtlichen Regelung.

(Ministerpräsident Stanislaw Tillich: Das ist Quatsch!)

Darüber, Herr Staatsminister, können wir uns – ich darf Sie sicherlich nicht ansprechen, meint der Herr Präsident – vortrefflich in aller Form unterhalten.

(Heiterkeit)

So von vorn zu bestimmen, wer rechtens und wer nicht rechtens handelt, ist nach der Verfassung nicht rechtens.

(Beifall bei den LINKEN, den GRÜNEN und der SPD – Alexander Krauß, CDU: Weil ein Gericht entschieden hat!)

Frau Staatsministerin, möchten Sie auf die Kurzintervention antworten? – Das ist nicht der Fall. Frau Stange, was

möchten Sie? – Sie möchten noch einen Redebeitrag einbringen. Selbstverständlich, Frau Dr. Stange.

Sehr geehrter Herr Präsident, die Ausführungen der Ministerin haben mich ziemlich fassungslos gemacht. Ich glaube auch, die Gäste, die hier im Saal anwesend sind, sind ebenfalls fassungslos.

Frau Ministerin, Sie sind mit der Aussage angetreten, dass Sie keine Politikerin sondern eine Fachfrau seien. Das haben Sie gerade widerlegt. Sie sind weder Politikerin noch Fachfrau.

(Beifall bei der SPD, den LINKEN und den GRÜNEN)

Entschuldigen Sie die harten Worte.

(Christian Piwarz, CDU: Sie müssen sich nicht entschuldigen! Sie meinen es doch so, Frau Stange! – Heiterkeit bei der CDU – Zuruf von der CDU: Der war gut!)

Ich sage einmal so viel: Die Machtdemonstration in diesem Hause ist zurzeit nicht nur dadurch gegeben, dass sich eine Ministerin und eine Koalitionsfraktion, die regiert, hinstellt und sagt, dass sie nicht in der Lage ist, an einem Oberverwaltungsgerichtsurteil etwas zu ändern, und die Eltern sollten sich beugen. Sie haben einen Ermessensspielraum, Frau Ministerin.

(Beifall bei der SPD, den LINKEN und den GRÜNEN)

Die Machtdemonstration ist auch durch etwas anderes gegeben. Sie können das gerade nicht sehen, aber ich kann es: Die friedlichen Bürger, die dort oben sitzen, stehen gerade unter genauester Beobachtung der Polizei. Es könnte ja möglich sein, dass die Wutbürger eventuell Wut über die Ausübung der Demokratie in diesem Land bekommen. Das Ministerium macht gerade von seinem Ermessensspielraum in dieser Frage keinen Gebrauch. Es liegt eine Akutsituation vor und es würde ausreichen, sich mit den Eltern, den Schülern und der Schule an einen Tisch zu setzen und eine Akutlösung herbeizuführen. Doch das Ministerium rückt davon nicht ab. Herr Bienst sagte es vorhin: Wir brauchen in dieser Region auch eine Zukunftslösung. Aktuell brauchen wir eine Lösung und keine Machtdemonstration, so wie sie gerade hier im Haus stattfindet. Das ist der Demokratie abträglich.

(Beifall bei der SPD, den LINKEN und den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren Abgeordneten! Gibt es weitere Wortmeldungen in dieser dritten Runde? – Das kann ich nicht erkennen. Kommen wir zum Schlusswort. Frau Falken, bitte.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Staatsministerin, auch ich habe nicht gedacht, dass Sie in Ihrem Redebeitrag so weit gehen würden. Dass Sie Plan und Urteil

vor den eigenen Verstand und die eigenen Überlegungen stellen, halten wir für sehr bedenklich.

(Beifall bei den LINKEN)

Wenn Sie in Ihrem Redebeitrag von „wenn man den Kampf verloren hat“ sprechen, bedienen Sie eigentlich genau das Problem, welches vor Ort für die Eltern ein moralisches Problem ist. Die Eltern vor Ort und übrigens auch die Schüler zerreißt das ziemlich – zwischen denen, die es nicht mehr aushalten und nicht mehr in Seifhennersdorf sind, und denen, die sagen, dass sie sich das nicht gefallen lassen.