Aber in dieser zum Tollhaus der 68er verkommenen Bundesrepublik ist nichts irre genug, um gemacht zu
werden, so auch das Wetten mit Steuergeldern, wie wir gerade in Riesa sehen durften und was heute Thema des Riesaer Stadtrates ist. Nun ein kleiner Hoffnungsschimmer der Vernunft, auch wenn ich bezweifeln mag, dass die gesetzlich vorgesehene Folge der Nichtigkeit spekulativer Finanzgeschäfte greift, falls eine Kommune solch einen Vertrag mit Außenwirkung abgeschlossen hat, bevor eine Rechtsaufsicht oder wer auch immer interveniert. Auch ist wieder zu befürchten, dass der Erfindungsreichtum der Finanzindustrie „innovativ“ genug ist, diese Regelung erneut zu unterlaufen, da die Komplexität und die Risiken dieser Geschäfte von manchem Kämmerer und mancher Aufsichtsbehörde gar nicht erfasst werden können.
Weiterhin – das gehört allerdings zu den positiven Elementen dieses Gesetzes aus Sicht der NPD-Fraktion – ist die Implementierung der Einwohneranhörung bei Gebietszusammenschlüssen zu nennen.
Aber entscheidender sind die Kritikpunkte an diesem Gesetzentwurf, und diese sind für uns Nationaldemokraten weniger handwerklicher Art oder durch Verbesserungsvorschläge in Gestalt von Änderungsanträgen zu beheben, sondern sie sind von grundsätzlicher Natur.
Es geht uns nicht nur um die teure Einführung der Doppik, um das Fehlen einer genauen Definition des Begriffes „Spekulatives Finanzgeschäft“, um die durchsichtigen Absichten, die die Regierung mit der Möglichkeit der Umbildung der Wahlkreise zu ihren Gunsten bezweckt, um die Rosstäuschung der Gemeinden, wenn die Regierung den Eindruck erweckt, als ob die Hochzeitsprämie eine staatliche Gemeindeförderung darstellen würde, obwohl es sich doch dabei um Geld aus dem kommunalen Finanzausgleich handelt.
Nein, es geht um mehr; denn allen Beteiligten ist selbstverständlich klar, dass die Abwärtsspirale, in der sich viele Gemeinden durch das bevölkerungsseitige Ausbluten, also die sich immer mehr abzeichnende demografische Katastrophe, befinden, mit diesem Gesetz noch nicht in ihre letzte Runde eingelaufen ist.
Wir Nationaldemokraten möchten mit gebotenem Nachdruck darauf hinweisen, dass dieses Gesetz einen zwangsläufigen Offenbarungseid Ihrer bevölkerungspolitischen Untätigkeit darstellt. Noch niemals in der deutschen Geschichte, selbst in ihren schwärzesten Stunden, haben die Menschen aufgehört, Familien zu gründen und Kinder zu zeugen. Diese humanpolitische Anomalie haben Sie ganz allein verschuldet mit Ihrem illusionären Menschenbild, mit Ihren libertären und hedonistischen Vorbildern, mit Ihrem Kniefall vor den Rechten und Ihrem Wegsehen von den Pflichten!
Das Ergebnis ist – der Kommunalrechtler Prof. Schmidt von der Universität Potsdam hat es ausgeführt –: Es ist damit zu rechnen, dass sich die Einnahmensituation der Kommunen in Zukunft erheblich verschärfen wird, bei gleichzeitig steigenden Ausgaben. Wenn sich jetzt Gemeinden zusammenschließen, so ist diese Freiwilligkeit in vielen Fällen finanziellen Zwängen oder einem 100-Euro
Schein pro Einwohner geschuldet. Dass in wenigen Jahren die heute auf freiwilliger Basis nicht fusionsgewillten Gemeinden mit zwangsweisen Zusammenschlüssen rechnen müssen und dass ein Ende dieser Entwicklung nicht abzusehen ist, das hat der Professor aus Potsdam ebenfalls prophezeit.
Wir Nationaldemokraten lehnen Ihre Taten- und Verantwortungslosigkeit auf dem gegenwärtig wohl wichtigsten Politikfeld, nämlich einer aktiven pronatalistischen Bevölkerungspolitik in Deutschland, kategorisch ab und damit logischerweise auch diesen daraus resultierenden Gesetzentwurf mit seinen hilfsweisen Anpassungskrücken.
Meine Damen und Herren, mir liegen aus den Fraktionen keine weiteren Wortmeldungen vor. Wünscht dennoch eine Abgeordnete oder ein Abgeordneter das Wort? – Das ist nicht der Fall. Ich frage die Staatsregierung. – Herr Staatsminister Kupfer, Sie haben das Wort.
Vielen Dank, Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Demografischer Wandel, finanzielle Rahmenbedingungen, aber auch die neuen Anforderungen an eine bürgerorientierte Verwaltung sind Aufgaben, vor denen unsere Kommunen in Sachsen stehen. Um diese Aufgaben zu erfüllen, ist es selbstverständlich sinnvoll, Strukturen zu schaffen, die diese Aufgaben meistern können. Deshalb dieses Gesetz und die Möglichkeit, freiwillige Gemeindezusammenschlüsse noch effektiver und schneller gestalten zu können.
Neubildungen oder Erweiterungen von Verwaltungsverbänden und Verwaltungsgemeinschaften soll es in Zukunft nicht mehr geben. Wir setzen in Sachsen auf Einheitsgemeinden. Mit dem neuen Gesetz wird es möglich sein, bestehende Verwaltungsstrukturen im Interesse freiwilliger Zusammenschlüsse zu verändern und aufzulösen. Das ist etwas Neues. Letzteres kann auch durch die Rechtsaufsichtsbehörde angeordnet werden. Es passiert aber nur, wenn sich die Gemeinden nicht einigen sollten.
Der Staatsregierung, meine Damen und Herren, ist es wichtig, eine mit dem Leitbild vereinbare ausgewogene kommunale Struktur in Sachsen zu gewährleisten. Deshalb sollen künftig leitbildgerechte Einheitsgemeinden leichter gebildet werden können. Dazu werden die Verfahren zu Zuständigkeitsregelungen vereinheitlicht und bei der unteren Rechtsaufsichtsbehörde konzentriert.
Wir sind uns auch dessen bewusst, dass die Menschen natürlich vor Gemeindezusammenschlüssen Angst haben,
ihre Identität zu verlieren. Das Gesetz geht auf diese Ängste ein. Wir wollen, dass sich die neuen Ortsteile nach einem Zusammenschluss im Gemeinderat gut repräsentiert fühlen. Auch kreisangehörige Gemeinden sollen daher künftig Wahlen in Wahlkreisen durchführen dürfen. Für Gemeinden, die 2013 und 2014 Gemeindeeingliederungen oder Gemeindezusammenschlüsse planen, sieht das Gesetz weitere Erleichterungen vor. Ich rede jetzt von der Einführung der Doppik, die so lange aufgeschoben werden kann, bis die neue Neugliederung abgeschlossen ist. Kollege Fritzsche ist darauf schon im Detail eingegangen.
Selbstverständlich hält die Staatsregierung an der grundsätzlichen Einführung des doppischen kommunalen Haushaltsrechts zum 1. Januar 2013 fest. Wir befinden uns hier aber inmitten eines Lernprozesses.
Keine Kommune im Freistaat Sachsen gleicht der anderen. – Schön, dass Sie das auch erkannt haben. – Überall finden wir andere Bedingungen vor. Wir wollen daher diese Besonderheiten berücksichtigen und den Kommunen die Einführung der Doppik erleichtern. Die Übergangsregelung für das neue Haushaltsrecht soll deshalb bis zum Jahr 2016 gelten.
Im Übrigen soll auch für alle Gemeindefusionen, die aus verwaltungspraktischen Gründen zum 1. Januar 2013 in Kraft treten, die volle Fusionsprämie gewährt werden können. Das war eine Frage, die viele Gemeinden in der Vergangenheit hatten, die zum 01.01.2013 fusionieren wollten, die Prämienzahlung aber bisher auf den 31.12.2012 beschränkt war. Nun haben wir mit diesem Gesetz eine eindeutig klare Regelung und eine Rechtssicherheit für die Kommunen, die jetzt fusionieren.
Als bisher einziges Bundesland wollen wir ein ausdrückliches Spekulationsverbot in die Gemeindeordnung aufnehmen. Das schafft Rechtssicherheit und schützt die Kommunen.
Danke, Herr Minister. – Meine Frage bezieht sich auf Artikel 4a, der im Ausschussbericht eingefügt wurde. Hier soll wegen des Beschlusses des Sächsischen Oberverwaltungsgerichtes vom 23.02.2012 ein Verwaltungshelfer eingefügt werden, um die entsprechende Grundlage für Abgabenerhebungen durch Dritte zu schaffen. Können Sie meine Bedenken ausräumen, dass es sich dabei eigentlich um Beliehene handelt und dass es nicht sinnvoll ist, so einen Gesetzestext einzufügen?
Wenn ich richtig informiert bin, hat das Oberverwaltungsgericht verlangt, dass die Praxis, die jetzt schon angewandt wird, auf eine gesetzliche Grundlage gestellt wird. Nichts anderes passiert mit diesem Gesetz. Mit der Gesetzesänderung soll die gängige kommunale Praxis auf rechtssicheren Boden gestellt werden.
Das Oberverwaltungsgericht hat ja gesagt, dass öffentliche Körperschaften ihre Befugnisse grundsätzlich selbst wahrnehmen und nur unter bestimmten Umständen abdelegieren müssen. Meine Frage richtet sich darauf, ob diese Form der Abdelegierung unter dem Begriff Verwaltungshelfer richtig ist oder ob sie unter dem Begriff Beliehener erfolgen muss.
Frau Kollegin, es wäre sicher hilfreich gewesen, wenn Sie in der Beratung des zuständigen Ausschusses diese Frage gestellt hätten, dann hätte diese auch von Fachleuten beantwortet werden können.
Herr Kupfer, bevor Sie die Ausführungen fortsetzen, frage ich Sie, ob Sie noch eine Zwischenfrage erlauben.
Vielen Dank, Herr Staatsminister! Respekt, dass Sie Fragen beantworten, obwohl Sie den Innenminister vertreten.
Meine Frage bezieht sich auf das Anhörungsrecht der kommunalen Spitzenverbände. Ist zu dem Verwaltungshelferproblem eine Anfrage, eine Anhörung der kommunalen Spitzenverbände erfolgt? Nach dem, was ich als Abgeordneter dieses Hohen Hauses in der Stellungnahme lesen kann, offensichtlich nicht.
Jetzt haben Sie mich erwischt, Herr Kollege Bartl. So genau bin ich in diesen Prozess nicht eingebunden gewesen. Ich kann diese Frage nicht beantworten.
So, meine Damen und Herren, jetzt beende ich meine Rede. Der Zusammenschluss von Gemeinden bietet neue Gestaltungsspielräume. Es ist eine Chance für die sächsischen Gemeinden im Freistaat Sachsen. Der
Prozess der freiwilligen Zusammenschlüsse hat begonnen. Er ist im Gang. Ich hoffe, dass viele Kommunen diese Chance für sich und für das weitere Gestalten des Gemeindelebens nutzen.
Ich danke Ihnen, Herr Staatsminister. – Meine Damen und Herren! Bevor ich zur Abstimmung komme, frage ich zunächst Herrn Bandmann, ob er das Wort als Berichterstatter wünscht. – Das ist nicht der Fall.
Es liegt ein Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE vor in der Drucksache 5/10252. Frau Junge, ist dieser nach Ihrem Redebeitrag eingebracht oder wünschen Sie noch einmal das Wort? – Sie wünschen das Wort. Bitte sehr.