Protocol of the Session on September 7, 2012

Bitte, Herr Lichdi.

Vielen Dank. Herr Kollege Michel. Können Sie die Frage, die von den Kollegen Dulig und Hermenau gestellt wurde, ob in diese tolle Investitionsquote von 17 %, wie Sie sie jetzt vorgetragen haben, auch die Rücklagen im Garantiefonds enthalten sind, beantworten?

Ich kann sie, glaube ich, beantworten. Die Frage ist halt nur, ob wir das hier ausdiskutieren können.

Einfach ja oder nein, würde ich vorschlagen.

Ja, ich kann sie beantworten.

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU und der FDP)

Gestatten Sie noch eine Zwischenfrage? – Bitte, Herr Lichdi.

Herr Michel, dass Sie in der Lage sind, jegliche haushalts- und finanzpolitische Frage zu beantworten, daran hatte ich nie auch nur den geringsten Zweifel. Aber meine Frage richtete sich nicht darauf, ob Sie die Frage beantworten können, sondern ob Sie die Rücklagen im Garantiefonds in die Investitionsquote von 17 % mit eingerechnet haben. Darauf bezog sich der Antwortvorschlag mit Ja oder Nein. Deswegen bitte ich Sie jetzt, die Antwort zu geben.

Es ehrt mich zunächst, dass Sie mir zusprechen, dass ich alle Fragen beantworten könnte; das sei einmal dahingestellt. Nach meiner Kenntnis sind solche Ausgaben bundesweit einzurechnen. Das betrifft alle Länder. – Es ist aber sicherlich hier nicht der richtige Ort, so sehr ins Detail zu gehen; das sollten wir einmal im HFA ausmachen.

Gestatten Sie noch eine Zwischenfrage?

Ich bedanke mich für Ihre Antwort. Sie haben gerade bestätigt, dass die Rücklagen aus dem Garantiefonds tatsächlich in die Investitionsquote eingerechnet worden sind. – Vielen Dank, dass Sie diese Auskunft dem Landtag und der sächsischen Öffentlichkeit gegeben haben.

Herr Lichdi, das war keine Zwischenfrage.

Das ist richtig.

Sie kennen eigentlich die Spielregeln.

(Zuruf der Abg. Antje Hermenau, GRÜNE)

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das ist ein Beispiel dafür: Als Finanzpolitiker der Koalition hat man es in diesen Tagen sowieso nicht einfach. Da sind die Meldungen in der Presse von Steuermehreinnahmen, von vermeintlich nennenswerten Rücklagen, von allzu gern hingenommenen Missverständnissen, und man muss sagen: Nur dank des mutigen Doppelhaushaltsbeschlusses vom Dezember 2010 hat Sachsen keine Haushaltsbewirtschaftungsmaßnahmen ergreifen müssen.

Wenn Sie auf die Ist-Zahlen abstellen, dann vergessen Sie einfach das Verwischen des Zeitfaktors zwischen Planaufstellung und Steuereingang, und diese Zeit dazwischen muss man realistisch überbrücken. Da macht es keinen Sinn, einen mit utopischen Luftbuchungen gefüllten Haushaltsplan aufzustellen. Weil wir all das gemacht haben, sind wir so gut durch die Krisenjahre gekommen. Jetzt glaubt manch einer im Lande, das geht so weiter. Dem ist aber nicht so, und darin liegt die Gefahr für die Aufstellung des neuen Doppelhaushaltes.

Deshalb will ich an dieser Stelle einmal einige haushaltspolitische Eckpunkte klarstellen. Die Zinsen können im Moment noch so niedrig sein – wir werden uns nicht zum Schuldenmachen hinreißen lassen. Wir werden auch nicht sozialdemokratischen Scheinentschuldungskonzepten auf den Leim gehen. Aber gern können wir uns alle gemeinsam über die Verankerung des Neuverschuldungsverbotes in der Verfassung unterhalten.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Wir müssen beachten, dass die Steuermehreinnahmen das Ergebnis einer nicht so negativen Entwicklung sind, wie befürchtet. Aber sie sind das Produkt der Vergangenheit. Die Herausforderungen dieses Doppelhaushaltes, den wir jetzt aufstellen müssen, liegen in der Zukunft.

(Antje Hermenau, GRÜNE: Ja!)

Darauf hat Minister Unland hingewiesen; er hat auf einige negative Zukunftsfaktoren hingewiesen. Weil man das nicht oft genug wiederholen kann, möchte ich das exemp

larisch noch einmal an dieser Stelle tun. Wir müssen den Solidarpakt beachten, wir müssen die Risiken des Länderfinanzausgleiches im Blick haben und natürlich all die Entwicklungen in der EU – vom Sinken der EUFörderung bis hin zu den finanz- und wirtschaftspolitischen Risiken, die von der EU ausgehen.

(Thomas Jurk, SPD: Und die Risiken des Koalitionspartners!)

Unmittelbar haben wir aber auch im Haushalt strukturelle Risiken: Die Steuerdeckungsquote des Haushaltsplanes und damit auch die konjunkturelle Anfälligkeit steigt von 56,8 % im Ist des Jahres 2011 auf 59 % des Planansatzes im Jahr 2013. Darauf wurde schon hingewiesen.

Viel erschreckender jedoch ist die Personalkostenquote im Haushalt. Sie steigt vom Ist 2011 in Höhe von 23,1 % auf 24,3 %. Ein Viertel unseres Geldes verschwindet für Personalausgaben. Deshalb sollte man sich jede Forderung nach einer Steigerung genau überlegen. Strukturell sind auch die Zukunftslasten der Beamtenversorgung nicht zu unterschätzen.

Meine Damen und Herren! An dieser Stelle der Haushaltseinbringung muss man auch auf die Entnahme der Haushaltsausgleichsrücklage in Höhe von insgesamt 299 Millionen Euro eingehen. Das ist gerade angesichts einer halben Milliarde Euro für das Bildungspaket vertretbar, aber strukturell natürlich nicht ewig fortführbar.

(Antje Hermenau, GRÜNE: Ja!)

Diese Diskrepanz zwischen den Fakten und der zukünftigen Bedrohung sowie dem öffentlichen Gefühl des Geldvorhandenseins macht es nicht leicht für Finanzpolitiker.

Genau vor dieser beschriebenen Ausgangslage stand auch Staatsminister Unland mit seiner Mannschaft im SMF und später die Regierung beim Aufstellen des vorliegenden Entwurfes. Deshalb an dieser Stelle Respekt vor dem Produkt und Dank für die Arbeit. Wir haben einen Haushaltsplanentwurf der Regierung vorliegen, der grundsolide aufgestellt ist. Der vorliegende Haushaltsplanentwurf ist Ausdruck stabiler Verhältnisse im Freistaat Sachsen. So langsam können wir dank der guten Arbeit unserer politischen Vorgänger und der Weitsicht sächsischer Finanzpolitik davon profitieren. Wenn Sie sich in anderen Bundesländern umschauen, dann ist es nicht so. Ich sage immer wieder: Ein solider stabiler Haushalt ist das Höchste, was es finanzpolitisch gibt.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Das ist ein Haushalt, der keine Luftbuchungen aufbaut und der Realitäten zur Kenntnis nimmt. Da können Sie noch so auf die Sachsen LB verweisen – es gibt die Verbindlichkeiten und diese sind abzufinanzieren.

Ich möchte noch kurz auf die Verständlichkeit und Lesbarkeit des Haushaltsplanes eingehen.

(Antje Hermenau, GRÜNE: Das hängt vom Einzelplan ab!)

So möchte ich an dieser Stelle einmal darauf hinweisen, dass sich da etwas geändert hat. Ich persönlich hatte immer gesagt, dass ich mich an der Verständlichkeit nie gestört habe. Aber der Haushaltsplan 2013/2014 ist nun sicherlich allgemeinverständlicher und lesbarer. Das geht auf den Rechnungshofbericht und auf die Umsetzungsinitiative des Kollegen Lars Rohwer zurück. Dieses Verdienst sollte heute nicht unerwähnt bleiben.

Als nächsten Punkt, meine Damen und Herren, kommen wir einmal zur Diskussionskultur bei diesem Haushaltsplan. Wir haben immerhin unser Königsrecht als Parlament wahrzunehmen. Ich bin mir sicher, dass auch die Koalitionsfraktionen – anders, als Sie es uns immer unterstellen – sehr hart diskutieren werden. Wir werden starke politische Akzentuierungen an dem Entwurf vornehmen und an mancher Stelle nachjustieren. Ich kann Ihnen versichern: Die Kollegen in der Koalition sind engagiert und leidenschaftlich, die meisten natürlich auch ohne Presseinterview, und werden unter Anerkennung der Fakten um die besten Lösungen ringen.

Schon heute weiß ich, dass wir um die Finanzierung des ÖPNV diskutieren. Wir werden über Unterrichtsabsicherung und Lehrerpersonal diskutieren. Wir streiten um eventuell institutionelle Grundfinanzierung von Landschaftspflegeverbänden. Wir diskutieren über Krankenhausbaufinanzierung, über Sonderzahlungen für Beamte, und auch die Kultur wird bei den Diskussionen nicht zu kurz kommen.

Klar ist aber auch, dass nicht jeder Wunsch erfüllt werden kann. Doch wie ich schon eingangs sagte: Gute Haushaltspolitik ist auch Anerkennung von Wirklichkeit und Realismus. Deshalb wird die Haushaltspolitik im Freistaat wieder langfristig und solide sein. Wir werden auch nach Möglichkeit langfristige Finanzierungsketten im Blick haben; denn die Menschen, die Vereine und Institutionen im Freistaat benötigen trotz aller Veränderungen, trotz aller konjunkturellen Schwankungen eine gewisse Grundberechenbarkeit, und das haben wir im Blick.

In der Presse war kürzlich von dem Vergleich zwischen der sächsischen Haushaltspolitik und den Konzepten einer schwäbischen Hausfrau zu lesen. Ich bin der Meinung: Vorbild für uns ist die solide sächsische Hausfrau, nicht die schwäbische Hausfrau.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Die schwäbische Hausfrau ist nämlich mit einer doppelt so hohen Pro-Kopf-Verschuldung belastet, und sie hat ganz und gar vergessen, Pensionsvorsorge zu betreiben. Deshalb stellen wir lieber auf die sächsische Hausfrau ab.

Wenn ich schon einmal beim notwendigen Realismus bin: Leistet sich ein Land Beamte, dann hat es die Pflicht – ja, die Rechtsverpflichtung – zur Alimentation. Dazu ist auch einmal Vorsorge zu betreiben. Das hat nichts mit der Bevorzugung des Beamtenstandes zu tun. Deshalb ist der Generationenfonds für uns finanzpolitisch so wichtig.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Freistaat hat bisher stark in Infrastruktur und Wirtschaft investiert. Auf diesem Gebiet können wir ganz beachtliche Erfolge aufweisen. So sind wir beispielsweise bei der Arbeitsplatzdichte, gerechnet auf 1 000 Einwohner, gleich mit den Bundesländern Rheinland-Pfalz und Niedersachsen und noch vor den Ländern Thüringen, Brandenburg, Sachsen-Anhalt, Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein. Nach Bayern sind wir in Sachsen das Land mit den meisten außeruniversitären Forschungseinrichtungen. Jetzt gilt es, alles miteinander zu verknüpfen. Die Arbeitsplatzdichte ist schon ein Erfolg.

Das Durchschnittseinkommen im Freistaat ist die andere Seite der Medaille. Wir alle wissen, dass Sachsen insoweit noch zulegen kann. Dabei denke ich als Erstes aber nicht an den öffentlichen Sektor, sondern an die breite Masse der Erwerbstätigen.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Dass diese Steigerung des Durchschnittseinkommens nicht über Nacht möglich ist, dürfte aber allen klar sein. Doch wenn es uns gelingt, die Forschungsergebnisse aus Sachsen hier in Sachsen in die Fertigung, in die Produktion einzubringen, also hoch qualifizierte Arbeit im Land flächendeckend anzusiedeln, dann sind wir einen weiteren Meilenstein vorangekommen.

(Beifall bei der Staatsregierung)

Ein weiterer wichtiger Bereich im Rahmen der flächendeckenden Entwicklung im Freistaat sind die Kommunalfinanzen. Diese lassen sich für die sächsischen Kommunen in einem nie dagewesenen Volumen erwarten. Gepaart mit den im Haushaltsplan verankerten Fördermitteln bzw. dem Investitionsvermögen für Fördermittel werden die sächsischen Kommunen in den kommenden Jahren noch viel attraktiver werden. Der Haushaltsplan 2013/2014 wird einen gerechteren Ausgleich zwischen den Regionen im Freistaat herstellen müssen. Der Haushaltsplan wird passgenau an die Bedürfnisse angelegt. Wir müssen dabei sowohl die demografischen Wachstumskerne in den großen Städten als auch die Regionen mit einem hohen Altersdurchschnitt im Freistaat beachten. Insgesamt aber halte ich die Weiterentwicklung des FAG für eine beachtliche Entscheidung, und das bestätigt und verstärkt das darin verankerte einnahmenorientierte System. Jetzt gilt es, all das Besprochene umzusetzen.