Protocol of the Session on July 12, 2012

Für uns war der entscheidende Punkt, der offen geblieben ist, weswegen wir auch den Vermittlungsausschuss mit angerufen haben, die fehlende Zusage der Bundesregierung für ein Marktanreizprogramm für dezentrale Speicher; denn als Staatsregierung sind wir der Auffassung, dass wir, wenn wir den regenerativen Energien zum Durchbruch verhelfen wollen, dezentrale Lösungen und deshalb auch eine dezentrale Speicherung brauchen.

Ich bin sehr froh, dass es gelungen ist, ein solches Programm in Höhe von 50 Millionen Euro mit der Bundesregierung zu vereinbaren. Das ist ein wichtiger Verhandlungserfolg des Freistaates Sachsen gewesen.

(Beifall der Abg. Torsten Herbst, FDP, und Georg-Ludwig von Breitenbuch, CDU)

Herr Kollege Jurk hat das Thema Wälzungskosten angesprochen, ein wirklich leidiges Thema, muss ich sagen. Es ist sehr schwer, hier zu Erfolgen zu kommen. Es geht leider nur in kleinen Schritten voran. Wir haben inzwischen die Bundesregierung überzeugen können, dass eine entsprechende Neuregelung erforderlich ist. Das reicht aber nicht aus, weil es eben nicht nur der Einsicht bei der Bundesregierung bedarf, sondern der Einsicht einer Bundesratsmehrheit. Wie Sie wissen, Herr Jurk, ist es in diesem Geschäft sehr schwer, wenn eine andere Region durch eine Neuregelung benachteiligt wird, zu dieser Bundesratsmehrheit zu kommen. Diese Mehrheit haben wir noch nicht, wir werden uns aber weiter dafür einsetzen. Im Bundesrat werden in nächster Zeit ja auch andere Dinge besprochen werden, sodass es die eine oder andere Kopplungsmöglichkeit geben könnte.

Kollege Lichdi – ich sehe ihn jetzt nicht – hat in seinem Wortbeitrag angesprochen, dass angesichts des Ölverbrauchs im Bereich der Gebäudeheizung hier im Freistaat Sachsen Maßnahmen ergriffen werden müssen. Das ist völlig richtig. Hier müssen Maßnahmen ergriffen werden. Wenn diese Maßnahmen ergriffen werden müssen, ist mir völlig unerklärlich, wieso dann Rot und Grün im Bundesrat die Initiative der Bundesregierung zu einer energetischen Gebäudesanierung blockieren. Wenn sie diese Blockade aufheben würden, würden Investitionen getätigt werden, die tatsächlich dazu führen würden, dass auch der Ölverbrauch für die Gebäudeheizung im Freistaat Sachsen deutlich sinken würde. Also, geben Sie als Rot und Grün diese Blockadehaltung im Bundesrat auf!

(Beifall bei der FDP)

Es ist in der Debatte schon angesprochen worden, wie der Strompreis tatsächlich entsteht. Ich möchte das wiederholen, was verschiedene Debattenredner bereits ausgeführt haben. Ja, wir haben eine Absenkung des Großhandelspreises an der Leipziger Energiebörse gehabt. Dazu tragen auch die erneuerbaren Energien bei, weil sie in der Spitze dazu führen, dass der Großhandelspreis sinkt. Dieser Großhandelspreis ist aber nur ein Preis für sehr wenige Marktteilnehmer. Alle privaten Haushalte und die allermeisten Unternehmen zahlen eben nicht diesen Großhandelspreis. Deswegen ist das zwar eine erfreuliche Entwicklung, hilft aber den Betroffenen, denjenigen, die unter den hohen Strompreisen leiden, leider nicht weiter. Deswegen ist das ein Scheinargument in der Debatte um hohe Strompreise, um hohe Energiepreise.

(Beifall bei der FDP)

Kommen wir einmal zu den entsprechenden Möglichkeiten, wie wir eine Strompreissenkung erreichen können.

(Dr. Monika Runge, DIE LINKE, steht am Mikrofon.)

Herr Staatsminister, gestatten Sie noch eine Zwischenfrage, bevor Sie weiter ausführen?

Gerne.

Frau Dr. Runge, bitte.

Herr Präsident! Herr Minister Morlok! Sie haben gerade diese Tatsache mit dem Absenken des Großhandelspreises auch bestätigt, zu dem nur bestimmte Großkunden Zugang haben, um dort direkt einzukaufen. Dann stelle ich doch die Frage: Ist es, wenn das weiterhin bei sinkenden Großhandelspreisen so fortschreiten wird, überhaupt noch nötig, diese zusätzlichen Subventionstatbestände genau für diese industriellen Großabnehmer weiterhin einzuführen und zu halten? – Das ist doch die Frage.

Frau Dr. Runge, wenn man die Arbeits

plätze in Deutschland halten möchte – und wir als Staatsregierung wollen, dass die Arbeitsplätze in Deutschland gehalten werden –, ist dies erforderlich. Wenn man das nicht als richtig ansieht, kann man auch zu anderen Ergebnissen kommen. Aber wir als CDU und FDP stehen dazu, dass unsere Bürgerinnen und Bürger auch im Freistaat Sachsen attraktive Arbeitsplätze haben.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Deshalb sind auch diese Ausnahmeregelungen weiter erforderlich. Sie sind deswegen erforderlich, weil, Frau Dr. Runge, an der Leipziger Energiebörse die Spitzen gehandelt werden. Diese Spitzenpreise fallen. Sie sind eben auch durch die regenerativen Energien gefallen. Das habe ich gerade ausgeführt. Aber selbst das Großunternehmen kann in der Produktion nicht von diesen Energiespitzen leben, die günstiger geworden sind. Wenn sie letztendlich eine Gießerei betreiben oder ein Textilunternehmen haben oder wenn sie zum Beispiel Polysilizium herstellen oder wenn sie einfach nur in den erneuerbaren Energien aktiv sind und Photovoltaikzellen herstellen, können sie nicht immer nur dann produzieren, wenn es gerade günstigen Strom an der Leipziger Börse gibt, sondern sie müssen ihre Anlagen den ganzen Tag laufen lassen. Deshalb ist auch hier Ihr Argument ein Scheinargument.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Wie kann man nun zu einer Absenkung dieses Strompreises kommen? – Wir haben als Staatsregierung vorgeschlagen, die Stromsteuer abzuschaffen. Das würde eine klare Entlastung für die Unternehmen und für die privaten Haushalte bedeuten.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Wir haben jetzt eine Ausnahmeregelung für energieintensive Unternehmen, wohl wahr. Wir wissen aber auch, dass aufgrund der Vorgaben der EU diese Regelung immer bürokratischer werden wird und deswegen mit einem hohen Aufwand bei den Unternehmen verbunden sein wird. Es ist so, dass die Stromsteuer tatsächlich den Strompreis unserer kleinen Mittelständler und der privaten Haushalte belastet.

Man muss sich einmal überlegen, warum und mit welchen Argumenten die Stromsteuer eingeführt wurde. Das eine Argument war damals: Man muss den Strompreis erhöhen, damit von dem höheren Strompreis ein Einsparungsanreiz ausgeht. Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Strompreis hat sich seit der Einführung der Stromsteuer aus anderen Gründen so dramatisch erhöht, dass wir die Stromsteuer als zusätzlichen Erhöhungstatbestand für mehr Anreiz zum Stromsparen nicht mehr benötigen.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Der andere Einführungsgrund war, dass man den Anstieg der Beiträge zur Sozialversicherung bremsen wollte. Wir haben dank der erfreulichen Zahlen auf dem Arbeitsmarkt inzwischen Überschüsse in den Sozialkassen. Also ist auch das Finanzierungsargument für die Sozialkassen

weggefallen. Wenn die beiden Gründe, die für die Einführung der Stromsteuer sprachen, weggefallen sind, spricht alles dafür, sie jetzt auch wirklich wieder abzuschaffen.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Lassen Sie mich zur EEG-Umlage kommen: Wir werden – das ist meine Prognose – aufgrund der vorliegenden Daten zum Jahresende eine Umlage von über 5 Cent haben. Diese Umlage belastet insbesondere den sächsischen Mittelstand und die Haushalte im Freistaat Sachsen, weil das, was wir bei den energieintensiven Unternehmen aus guten Gründen als Entlastung vornehmen, bei den Mittelständlern und bei den privaten Haushalten als Belastung ankommt. Deshalb ist es erforderlich, dass wir das EEG grundsätzlich auf den Prüfstand stellen. Wir werden in dieser Systematik der Steuerung nicht weiterkommen.

Wir als Staatsregierung werden uns intensiv in diesen Prozess der Neugestaltung des EEG einbringen, damit wir zu zukunftsfähigen Lösungen kommen, die tatsächlich auch bei den regenerativen Energien ein gewisses Preisanreizmodell gewährleisten. Das heißt, die regenerative Energie, die am günstigsten ist, soll den höchsten Ausbau haben, und nicht die regenerative Energie, die vielleicht einer bestimmten Lobbygruppe gut ins Portemonnaie hineinpasst.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Ich möchte sehr deutlich sagen, dass auch bei dieser Frage EEG eine Wälzung vorhanden ist. Auch das wurde in der Debatte angesprochen. Ich möchte, um das Thema einmal deutlich zu machen, zum Abschluss meines Debattenbeitrages bewusst eine Zuspitzung, eine Überspitzung vornehmen. Es ist faktisch so, dass die alleinerziehende Mutter im Freistaat Sachsen mit ihrer EEG-Umlage die Erträge des Zahnarztes am Starnberger See aus einer Fotovoltaikanlage finanziert.

Sehr geehrte Damen und Herren! Die Staatsregierung im Freistaat Sachsen hält dies für unsozial und will dies nicht.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Wir werden uns daher für eine Reform des EEG einsetzen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP, der CDU und der Staatsregierung – Dr. Monika Runge, DIE LINKE, steht am Mikrofon.)

Vielen Dank, Herr Staatsminister. Frau Dr. Runge, ist das eine Wortmeldung für eine Kurzintervention? – Dann bitte.

Danke schön, Herr Präsident! – Ich möchte folgende Kurzintervention aussprechen:

(Zuruf des Abg. Christian Piwarz, CDU)

Nein, das andere war die Beantwortung einer Frage. – Ich stelle fest, dass Herr Minister Morlok eine soziale Neiddebatte zwischen der alleinerziehenden Mutter und einem Arzt aufmacht. Aber ihn interessiert überhaupt nicht die Frage, die ich benannt habe, wie wir es zulassen können, dass die Energiekonzerne 20 % und mehr Kapitalrendite pro Jahr erzielen. Das möchte ich beantwortet haben! Diese Frage wird überhaupt nicht gestellt! Immer nur zwischen denen, die am schwächsten sind und die geringste Lobby haben, schüren Sie die sozialen Neiddebatten. Aber die großen Fragen gehen Sie in Wirklichkeit nicht an.

(Beifall bei den LINKEN)

Herr Staatsminister, Sie möchten erwidern?

Sehr geehrte Frau Dr. Runge! Was passiert, wenn der Preis und der Gewinn als Steuerungselement in einem Wirtschaftssystem ausgeschaltet und gedeckelt, weggesteuert werden, das haben wir hier im Osten Deutschlands 40 Jahre lang schmerzvoll erfahren. Dies, sehr geehrte Frau Dr. Runge, will die Staatsregierung nicht wieder haben.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Meine Damen und Herren! Die erste Aktuelle Debatte ist abgeschlossen. Wir kommen nun zu

2. Aktuelle Debatte

Verfassungsfeinde im Bundeskabinett?

Die neue Debatte um Artikel 146 GG

Antrag der Fraktion der NPD

Als Antragstellerin hat zunächst die NPD-Fraktion das Wort, im Weiteren dann die CDU, DIE LINKE, SPD, FDP, GRÜNE und die Staatsregierung, wenn sie das Wort wünscht. Wir beginnen mit der Aussprache. Herr Abg. Storr, bitte.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die NPD hat sich immer für eine vom deutschen Volk beschlossene neue Verfassung eingesetzt. Das ist nicht etwa Ausdruck einer verfassungsfeindlichen Haltung, wie man vielleicht aus Unkenntnis oder Bösartigkeit behauptet, sondern das ergibt sich aus dem Provisorium des Grundgesetzes selbst. Ich will hier beispielsweise ein Zitat des Mitglieds des Parlamentarischen Rates, des Sozialdemokraten Prof. Carlo Schmid, anführen, der selbst das Grundgesetz als „Organisationsform einer Modalität der Fremdherrschaft“ beschrieben hat.