Protocol of the Session on July 12, 2012

Diese politischen Maßnahmen verursachen in der Tat eine Reihe von Kosten, aber diese Kosten – darin liegt das eigentliche Problem, das wir zurzeit haben – sind zwischen den Teilnehmern in der Gesellschaft ungleich verteilt. Da sind Ökosteuern, Netzentgelte, EEG-Umlage, KWK-Abgabe etc. Überall sieht der Gesetzgeber Befreiungen oder Ermäßigungen für die energieintensive Industrie vor – allein im Jahr 2012 um 9 Milliarden Euro, Herr von Breitenbuch. Erst zum neuen Jahr wurde ein neuer Subventionstatbestand für die energieintensive Industrie geschaffen.

Fazit dieser Analyse kann es nur sein, dass die große Last der anfallenden Kosten bei der Energiewende die privaten Haushalte, das Gewerbe, also die kleinen und mittelständischen Unternehmen, und die nicht energieintensive Industrie tragen.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Nein! – Diese Ungleichverteilung von Kosten ist zu kritisieren. Hier muss die Politik Korrekturen anbringen.

(Beifall bei den LINKEN, der SPD und des Abg. Johannes Lichdi, GRÜNE)

Eine andere Tatsache ist, dass wir unterscheiden müssen zwischen ungleich verteilten Kosten aufgrund politischer Entscheidungen und ungenügendem Markt im Energiesektor, Herr von Breitenbuch und Herr Herbst.

Ich bitte Sie, zum Schluss zu kommen.

Hier aber versagt die Politik vollständig. Weder das bestehende Kartellrecht wird angewandt noch begrenzt man die Kapitalrenditen der großen Konzerne, die in den letzten Jahren mittlerweile bei 20 % und mehr lagen.

Frau Dr. Runge, alles Weitere in einer weiteren Runde!

Ja, alles Weitere in einer weiteren Runde. – Zum Schluss nur noch einen Gedanken: Insofern ist Ihr soziales Mitgefühl, das Sie plötzlich produzieren, für mich kein echtes Mitgefühl, weil Sie nicht an die wirklichen Ursachen der Preistreiberei herangehen.

(Beifall bei den LINKEN und des Abg. Johannes Lichdi, GRÜNE)

Nun für die Fraktion der SPD der Abg. Herr Jurk; bitte schön.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist sicherlich richtig, wenn sich der Sächsische Landtag mit dieser Debatte den Sorgen und Nöten der Energieverbraucher im Land widmet, allerdings eines sollte man den Leuten nicht vorgaukeln: Fakt ist, dass der Strompreis offensichtlich steigen wird. Die Frage ist aber, welche Effekte das auslösen wird.

Das kann erstens dazu führen, dass die Menschen weniger im Portemonnaie für andere Ausgaben haben, beispielsweise des täglichen Lebens. Insbesondere Menschen mit sehr geringem Einkommen dürften das stärker spüren als Menschen mit höherem Einkommen. Das kann natürlich Effekte auslösen, indem man Strom spart und in Haushaltsgeräte investiert, welche energiearm sind. Man kann auch schauen, dass man sein Verhalten im Umgang mit Energie generell umstellt.

Geboten ist, den Strompreis mit seinen einzelnen Bestandteilen zu analysieren und zu prüfen, wo die Politik etwas tun kann, wo die Politik vielleicht an frühere gesetzliche Vorgaben gebunden ist oder worauf man achten muss, damit einige ihre Marktmacht nicht missbrauchen.

Sie wissen alle, dass der Strompreis im Wesentlichen aus drei Komponenten besteht. Im Börsenpreis bilden sich die Kosten für die Erzeugung, die Weiterleitung und den Handel ab. Wir haben die Netzdurchleitungskosten, die staatlichen Steuern und die Abgaben.

Auch die Ökonomen, die in besonderer Weise mit dem Thema Energie befasst sind, sagen voraus, dass der Börsenpreis eher stabil sein wird. Wir haben gerade von den Effekten an der Börse gehört. Seit einiger Zeit ist der Börsenpreis eher gesunken.

Fakt ist: Wenn man erneuerbare Energien ausbauen will, wird man Netze ausbauen müssen. Das ist klar. Die Energieversorgungsanlagen müssen angeschlossen werden. Besser wäre es natürlich – das will ich ausdrücklich sagen –, als Zielvorstellung möglichst viel dezentral zu machen, bis hin zur Selbstversorgung. Das, was wir selbst erzeugen und selbst nutzen, müssen wir nicht weiterleiten, und was wir übrig haben, können wir trotzdem versuchen, einzuspeisen.

(Beifall bei den LINKEN, der SPD und des Abg. Johannes Lichdi, GRÜNE)

Der nächste wichtige Punkt, bei dem die Kosten nach oben gehen werden, betrifft die EEG-Umlage. Das ist nicht zu beschönigen. Aber wer erneuerbare Energien ausbauen will und dazu die vorhandenen Instrumente nutzt, wird die EEG-Umlage nicht senken können.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Was passiert politisch gerade? Herr Breitenbuch hat zu Recht sein Unwohlsein deutlich gemacht, dass die Bundesregierung – der Rücktritt des Bundesumweltministers hat, glaube ich, nicht nur mit der Wahl in Nordrhein-Westfalen zu tun gehabt – mit der Aufgabe anscheinend derzeit überfordert ist. Das ist kein gutes Zeichen.

Mir fällt auf, dass der Netzausbau nicht nur Geld kostet, sondern dass es anscheinend wieder eine VollkaskoMentalität von großen Unternehmen gibt, die alles absichern wollen, was an Eventualitäten auf sie zukommen könnte – und das nicht etwa auf ihre eigenen Kosten, sondern am Ende auf Kosten der Verbraucher.

Worum geht es mir? Die aktuelle Haftungsregelung, die vom Bundeswirtschafts- und Bundesumweltminister gebilligt wurde – dass bei nicht termingerechtem Anschluss der Offshore-Windparks die Netzbetreiber, zum Beispiel Tennet, zwar Schadenersatz zahlen sollen, sich diesen aber vom Stromverbraucher wieder zurückholen können –, halte ich für irrwitzig. Man muss sich einmal vorstellen: Ab dem elften Tag des nicht erfolgten Anschlusses der Netzbetreiber an diese Stromerzeugungsanlagen Offshore werden bis zu 90 % dem Offshore-Park über die Netzbetreiber erstattet, die sich das Geld dann wieder vom Stromkunden zurückholen können.

Das ist wieder eine Regelung zulasten der Verbraucher. Sie reiht sich ein in eine Kette negativer Regelungen zulasten der Verbraucher. Nach der kostenlosen Abgabe der CO2-Zertifikate gab es die Befreiung von der EEGUmlage und Netznutzungsentgelte für Großverbraucher.

Sicher sind das Maßnahmen, um wettbewerbsfähig zu sein, aber immer werden die Kosten auf die Stromkunden umgelegt. Das ist nicht in Ordnung.

Ein wesentlicher, wichtiger Punkt, zu dem ich von Herrn Staatsminister Morlok wissen wollte, wie erfolgreich er in den letzten Monaten war, ist die Frage der unterschiedlichen Netzentgelte innerhalb der Bundesrepublik Deutschland. Unser Netzgebiet Ost, betrieben durch ehemals Vattenfall, jetzt das Unternehmen 50 Hertz, ist dazu verdonnert, dass er bei der Vielzahl der Anlagen im erneuerbaren Bereich die Kosten allein im Netzgebiet Ost abwälzt und dass dies nicht etwa über eine bundesweite Wälzung geschieht. Dazu hat Staatsminister Morlok bereits am 30. September 2010 angekündigt, dass er sich dieses Themas in Sonderheit annehmen will. Ich hätte heute gern erfahren, wie weit er dabei gekommen ist.

Meinen zweiten Redebeitrag werde ich dafür nutzen, um zu weiteren Aspekten des Strompreises Stellung zu beziehen.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei den LINKEN)

Vielen Dank, Herr Jurk. – Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht Herr Abg. Lichdi. Herr Lichdi, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Natürlich kann man nach einem Jahr Energiewende Bilanz ziehen. Herr von Breitenbuch, ich habe das so aufgenommen; denn mir war nicht klar, warum wir zum x-ten Mal hier über Strompreise reden müssen.

Sie wissen, dass wir die Frage im Zusammenhang mit der Zerschlagung der Fotovoltaikindustrie, die Sie als CDU- und FDP-Fraktion in Sachsen ja befürworten, sehen. Zum Glück hat der Ministerpräsident dann zwar unangekündigt, aber doch noch im Bundesrat die Kurve bekommen. Wir können gern über die Frage der Energiewende sprechen. Die Energiewende ist aus unserer grünen Sicht natürlich überfällig gewesen und sie geht viel zu langsam vonstatten.

Zu dieser überlangen Laufzeit der Atomkraftwerke bis 2022: Nach einem Jahr erweist sich, dass die gesamten Tatarenmeldungen, Schreckensmeldungen – dass wir im Winter 2011/2012 erfrieren würden usw., Kaltreserve und was da alles diskutiert wurde – Märchen waren.

(Torsten Herbst, FDP, steht am Mikrofon.)

Es ist eben auch nicht so, dass der Strompreis aufgrund der Abschaltung nach unten geht. – Nein, ich lasse keine Zwischenfrage zu, Herr Herbst. – Es ist tatsächlich so: Warum geht es mit der Energiewende nicht vorwärts? Ich nenne einen ganz anderen Grund. Schwarz-Gelb in Berlin und hier in Sachsen soll diese Energiewende vollführen, aber sie wollen sie im Kern nicht. Sie tun jetzt so, als ob das Konzept der Energiewende – die Umsteuerung auf 100 % erneuerbare Energien – ein verfehlter Ansatz wäre.

Das ist so ähnlich, wie wenn der Einbrecher sich nachts davonstiehlt und schreit: Haltet den Dieb! So ungefähr kommt mir Ihre Politik vor und deswegen kann ich nicht ernst nehmen, was Sie hier vorgetragen haben.

Wenn wir auf die Energiepreise, nicht nur auf die Strompreise, schauen, möchte ich Sie auf eine Studie aufmerksam machen, die unsere grüne Landtagsfraktion vor Kurzem veröffentlicht hat, nämlich zum Peak Oil in Sachsen, die erstmals Zahlen nennt und sich überlegt, wie Sachsen mit dem anstehenden Peak Oil umgeht. Wir müssen einfach feststellen, dass wir circa 3 Milliarden Euro für fossile Heizenergie ausgeben. Insgesamt sind es 6 Milliarden Euro für Energie, Strom und Wärme. Diese Fragen sollten wir ernsthaft beantworten. Sie gehen wesentlich weiter als die Fragen, die jetzt unter dem Stichwort Energiewende diskutiert werden.

Wir können feststellen, dass die Preise für fossile Rohstoffe seit Jahren steigen und nach allen Prognosen weiter steigen werden. Das heißt, wir haben hier einen langfristigen Trend, der auch aus wirtschaftlichen Gründen uns dazu veranlassen sollte, möglichst schnell auf heimische erneuerbare Energien umzustellen. Es war hier schon wieder zu beobachten, dass sowohl die FDP- als auch die CDU-Fraktion den Grundimperativ einer modernen Energiepolitik – nämlich dass angewandte Energiepolitik Klimaschutzpolitik ist – immer noch nicht verinnerlicht haben.

(Beifall der Abg. Eva Jähnigen, GRÜNE)

Ich habe es schon oft gesagt und wiederhole es gern: Schauen wir uns allein die CO2-Emissionen Sachsens an. Dank Ihrer Politik mit Boxberg neu liegen die bei circa 62 Millionen Tonnen. Wenn ich die 70 Euro externe Kosten ansetze, die nicht in die Preise integriert sind – das ist eine Annahme des Umweltbundesamtes –, dann kommen wir allein auf 4,2 Milliarden Euro, die nicht in dem Strompreis, der fossil erzeugt ist, enthalten sind. Unter diesem Aspekt davon zu sprechen, dass der fossile Strom günstig und sicher wäre, ist einfach nicht nachzuvollziehen.

Aber wir haben durchaus auch positive Entwicklungen bei den erneuerbaren Energien, die wir nicht vergessen sollten. Mittlerweile produzieren wir Wind-Onshore für 6 Cent oder etwas mehr. Das ist sehr wenig. Sie sprechen immer von 3 bis 4 Cent in den sächsischen Braunkohlekraftwerken. Aber Sie vergessen dabei die ökologischen Kosten, und dann wären wir bei 11 Cent.

Es ist also völlig eindeutig, dass die erneuerbaren Energien Wind, aber auch Fotovoltaik jetzt schon volkswirtschaftlich günstiger produziert werden können als die fossile Energie. Vor allem haben wir dort noch technischen Spielraum. Weil die Technologie dort weiter voranschreitet, wird sich dieses positive Verhältnis zugunsten der erneuerbaren Energien weiter fortsetzen.

Meine Kollegen haben es schon angesprochen; ich dachte, dass Sie dieses Thema jetzt wieder reiten: die EEGUmlage. Es kann nicht oft genug wiederholt werden: Die

EEG-Umlage 2012, derzeit 3,6 Cent, wäre bei 2,9 Cent, also stark gesunken, wenn Sie nicht Ihre Freundinnen und Freunde aus der Großindustrie mit dieser Privilegierung, dieser erneuten Subventionierung, weiterhin unterstützt hätten.

Das ist genau diese Politik, die ich kritisiere. Sie schreien immer, die Energiewende klappt nicht, das haut alles nicht hin, es wird alles zu teuer, aber Sie selbst sorgen dafür, dass die Energiewende torpediert wird.

(Beifall bei den GRÜNEN, den LINKEN und vereinzelt bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Lichdi. – Für die NPD-Fraktion spricht Herr Abg. Storr. Herr Storr, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Motto der Aktuellen Debatte lautet „Energiepolitik mit Augenmaß“. Ich frage mich, ob Energiepolitik und Augenmaß, so wie Energiepolitik tatsächlich stattfindet, überhaupt zusammenpassen.

Gerade die CDU muss sich an einigen Fakten messen, wenn man sieht, dass die Strompreise seit 2005 um 40 % gestiegen sind – und ohne dass die Energiewende stattgefunden hat. Seinerzeit ist die Ökosteuer von Rot-Grün eingeführt worden mit dem guten Zweck, die Umwelt zu schützen, indem man Anreize schafft, weniger Energie zu verbrauchen. Damals hat die CDU die Ökosteuer bekämpft und erklärt, die Ökosteuer müsse abgeschafft werden. Nachdem sie in Regierungsverantwortung im Bund kam, hat sie daran festgehalten.

Leider wurde es von keinem gesagt, auch nicht von der FDP, der man das vielleicht noch am ehesten zutrauen könnte: Teil des Problems ist natürlich auch der Staat mit seinen hohen Steuern, die er auf Stromleistungen legt. Auch das muss einmal zum Thema gemacht werden. Ich denke nicht, dass man feststellen kann, dass in Deutschland Energiepolitik mit Augenmaß gemacht wird.

Auch die Wendung der CDU um 180 Grad ist festzuhalten: Im Herbst 2010 war man noch für die Atomenergie, um ein halbes Jahr später, nach Fukushima, davon Abstand zu nehmen. Das ist eher für mich ein Zeichen für reflexhaftes, aber nicht unbedingt für konzeptionelles Handeln.