Deswegen setzt sich diese Staatsregierung dafür ein, dass es keinen grundsätzlichen Richtungswechsel im Urheber
recht gibt. Es wird weiterhin Urheberrechte geben und sie werden geschützt. Ein „alles umsonst“, nur weil es im Internet zur Verfügung stehen könnte, wird von dieser Staatsregierung nicht mitgetragen.
Meine Damen und Herren! Mit der Anerkennung von Rechten von Urhebern, aber auch von Verlagen versteht sich die Position, dass wir eine sogenannte Kulturflatrate, wie sie bisweilen ins Gespräch gebracht wird, gegenwärtig als nicht machbar sehen. Sie entmündigt die Urheber. Sie gibt ihnen vor, was sie für ihre Werke verlangen könnten, sie bürokratisiert das Kulturleben – soweit es im Netz stattfindet – und eine Kulturflatrate ist auch mit dem Individualisierungsgebot aus dem europäischen Recht nicht vereinbar.
Dennoch gibt es gesetzgeberischen Handlungsbedarf. Reformthemen werden auch in der Urheberrechtsnovelle im sogenannten 3. Korb angesprochen, etwa mit den Vorschlägen des Gesetzentwurfs des BMJ zum Leistungsschutzrecht für Presseverlage. Anders als hier von der Linken vorgebracht, wird dieses Leistungsschutzrecht nicht dazu führen, dass nicht einmal der Hinweis oder ein einfaches Zitat aus Presseerzeugnissen möglich ist, sondern dieses Leistungsschutzrecht bezieht sich darauf, Erzeugnisse zu gewerblichen Zwecken öffentlich zugänglich zu machen und nicht nur einzelne Wortfetzen daraus.
Meine Damen und Herren! Das Urheberrecht in seiner Akzeptanz hängt aber nicht nur vom Inhalt des Rechtes ab, sondern auch von seiner Durchsetzungsfähigkeit, denn ein Recht, das nicht durchsetzbar ist, ist in der Wirklichkeit praktisch nichts wert. Die Akzeptanz des Rechts wird auf der anderen Seite beschädigt, wenn es aus formaler Position dazu genutzt wird, lediglich Erwerbsinteressen durchzusetzen. Da befinden wir uns in einer Auseinandersetzung mit der sogenannten Abmahnindustrie.
Meine Damen und Herren! Es ist völlig unakzeptabel, wenn der Download eines Liedes durch einen Minderjährigen anschließend drei- oder vierstellige Abmahnbeträge zur Folge haben soll. Hierbei geht es nicht mehr um Urheberrecht, sondern hierbei geht es um die Bekämpfung von Missbrauch rechtlicher Positionen.
Deswegen begrüßen wir auch den Entwurf des BMJ gegen unseriöse Geschäftspraktiken, etwa zur Frage der Festsetzung des Streitwertes. Wenn eine Privatperson bisher nicht zur Unterlassung einer konkreten Verletzung verpflichtet war, dann soll es mit einem Streitwert von maximal 500 Euro sein Bewenden haben. Gegen die sogenannte Abmahnabzocke lässt sich ein Kostenerstattungsanspruch einwenden, wenn jemand unberechtigt abgemahnt wird.
Auf der anderen Seite wissen wir auch, dass die Durchsetzung geistigen Eigentums nicht nur auf dem Papier stehen darf, sondern sie muss auch effektiv durchsetzbar sein.
Was das ACTA-Abkommen anbelangt, lässt sich aus unserer Sicht sagen, ist das Ziel richtig. Man ist aber bei der Umsetzung und bei der Wahl der Mittel, mit denen diese Ziele verfolgt werden sollen, weit über das normale Ziel hinausgeschossen. Internetsperren, die OnlineDurchsuchung von Computern oder Laptops und Speichermedien, die Verantwortlichkeit von Internetprovidern für etwaige Rechtsverletzungen – alles das geht viel zu weit. Das ist nicht verhältnismäßig. Deswegen ist das ACTA-Abkommen – wie ich finde – völlig zu Recht vor dem Europäischen Parlament durchgefallen.
Gleichwohl lässt sich aber sagen – ohne ACTA: Auch ein grenzüberschreitender Schutz vor geistigem Eigentum ist möglich. Wir haben das in Sachsen mit dem Vorgehen der Staatsanwaltschaften in dem Verfahren gegen die Betreiber von Kino.to bewiesen. Es ist tatsächlich möglich, geistiges Eigentum zu schützen. Man muss es aber mit Augenmaß machen und immer daran denken, welche Nebenwirkungen etwaige Schutzmaßnahmen haben. Das ist kein leichtes Thema. Es wird ein Thema sein, das uns immer wieder beschäftigen wird; denn die technische Entwicklung bleibt nicht stehen, sie wirft immer wieder neue Fragen auf. Aber wir werden diesen mit rechtlichen Mitteln folgen und gerechte Lösungen finden können.
Ich möchte nach dem Redebeitrag von Herrn Martens noch einmal die Gelegenheit nutzen, kurz darauf zu erwidern. Sie hatten über die Nutzung der Texte hinsichtlich des Leistungsschutzrechtes der Presseverlage für gewerbliche Zwecke gesprochen. Dass es ausschließlich gewerblichen Zwecken dient, hatte ich vorhin ausgeführt.
Ich zitiere: „...die Nutzung, die mittelbar und unmittelbar der Erzielung von Einnahmen dient.“ Allerdings – das ist der Streitpunkt – gibt es eine Erweiterung. Diese lautet: „… jede Nutzung, die im Zusammenhang mit einer Erwerbstätigkeit steht“. In der Begründung des Gesetzentwurfs wird darauf eingegangen, was die Folge ist, wenn jemand einen Blog betreibt, der völlig kostenfrei angeboten ist, aber dieser Blog von einem freien Journalisten betrieben wird. Dann ist diese Nutzung im Zusammenhang mit einer Erwerbstätigkeit – das ist sogar dort ausgeführt – als das Konstrukt, dass es ebenfalls gewerbsmäßig ist, anzusehen. Das heißt, auch dieser darf nicht in der Form auf diese Texte verweisen.
Das ist die Diskussion, Herr Martens, es tut mir furchtbar leid. Das ist doch genau das Problem, denn wenn ich das weiterdenke – diese Ausführungen finden Sie auch im Netz –, dann ist auch das, was der Unternehmenssprecher oder der Pressesprecher Ihres Ministeriums, der auf Twitter postet: „Mein Chef hat heute im Netz irgendwas
gesagt“ und die Überschrift in der Zeitung mit dem Link versendet, lizenzpflichtig. Das ist das Problem dabei, und das steht im Gesetzentwurf. Das war die Kritik.
ich noch einmal in die Runde. Ich glaube, jetzt kann ich die 1. Aktuelle Debatte wirklich abschließen.
Es beginnt die einreichende Fraktion. Danach folgen CDU, SPD, FDP, GRÜNE, die NPD und die Staatsregierung, wenn sie das wünscht. Herr Abg. Külow, bitte.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zweifellos stehen die heutigen beiden Aktuellen Debatten in einem untrennbaren inhaltlichen Zusammenhang, wobei sich mir die landespolitische Aktualität des von der Koalition gesetzten Themas bislang nicht ganz erschlossen hat, aber das können wir jetzt vielleicht nachholen.
Wie Sie sicherlich wissen, hat die Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte – abgekürzt GEMA – mit dem Feingefühl einer Planierraupe in den letzten Wochen einen Konflikt losgetreten, der bundesweit Aufmerksamkeit erzeugt hat. Ich hoffe, dass wir mit dieser Debatte – auch wenn sich die Reihen etwas gelichtet haben – unsere Ausstrahlung zumindest bis in die Zittauer Straße 31 zur Bezirksdirektion der GEMA hinwenden können, die immerhin für Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen zuständig ist.
Die Fraktion DIE LINKE nimmt – das zeigt schon das Motto unserer Aktuellen Debatte – die Sorgen sehr ernst und steht für den Erhalt einer kreativen Kultur, einer Klubkultur und einer soziokulturellen Vielfalt in Sachsen. Wir sind sehr froh, dass die Betroffenen sehr frühzeitig auf Protestmodus umgestellt und sinnbildlich gesprochen das legendäre „Spiel mir das Lied vom Tod“ angestimmt haben.
Es ist fünf vor zwölf, wie es die Discobetreiber an dem Samstagabend vor zehn Tagen deutlich gemacht haben. Die Online-Petition an den Bundestag hat in wenigen Tagen immerhin fast 250 000 Unterzeichnerinnen und Unterzeichner gefunden.
Die DEHOGA hat zu Recht – ich glaube, Sie haben den Brief auch bekommen, Herr Minister Morlok – von "Mondtarifen" gesprochen und gefordert, dass sich die Politik entsprechend kümmern muss, weil unter anderem auch Gefahren für die Umsetzung der Tourismusstrategie 2020 bestehen.
Erschreckt über den Gegenwind, jammert nun die GEMA. Dies gleicht aber im Grunde genommen dem Heulen eines Tyrannosaurus Rex, dass er kein Plüschkaninchen sei. Worum geht es in dem Konflikt? Das ist schnell erzählt. Ab 01.01.2013 soll von elf auf zwei Tarife für Livemusik und Tonträger umgestellt werden. Die Tarife sind abhängig von der Größe und der potenziellen Besucherzahl der Einrichtung und unabhängig von der tatsächlichen Besucherzahl. Mit der Berechnungsgrundlage von 10 % der Eintrittsgelder geht ein großer Teil der bisherigen Einzelfallgerechtigkeit verloren.
Das bedeutet für viele Einrichtungen der Musikindustrie eine existenzielle Gefährdung. Wie sich das konkret äußert, wird meine Fraktionskollegin Annekatrin Klepsch im zweiten Diskussionsbeitrag deutlich machen. Niemand stellt die GEMA – das will ich sehr deutlich an dieser Stelle sagen – infrage, ganz im Gegenteil. Sie hilft den Kreativen – wir haben das gerade gehört – von ihrer Arbeit zu leben, und auch dafür sind wir.
Wir halten eine zeitgemäße Reform der GEMA durchaus für angezeigt, aber es geht nicht um Abzocke, wie es im Augenblick geschieht, und einseitig zulasten der Veranstalter. Es gibt unendlich viele Fallstricke, die zum Teil bizarr sind. Selbst wenn ein Musiker ausschließlich seine eigenen Titel spielt und sogar eigener Veranstalter ist, muss er GEMA-Gebühren zahlen.
Mit dem neuen Tarif drohen nicht nur gravierende wirtschaftliche Verschlechterungen – Stichwort Arbeitsplätze –, sondern mindestens zwei Aspekte sind für DIE LINKE noch von Bedeutung: Es drohen Preiserhöhungen für Getränke, für Eintrittspreise, das heißt mit Preiserhöhungen wird eine soziale Auslese betrieben. Das kann nicht im Interesse Sachsens sein und es droht eine kulturelle Verarmung und Verflachung. Denn insbesondere für Newcomer, experimentelle Künstlerinnen und Künstler, Nachwuchsbands, die abseits vom Mainstream agieren und nicht öffentlich gefördert werden, verschlechtern sich die Auftrittsmöglichkeiten. Aber es müssen künftig auch schwach ausgelastete Abende mit Bands jenseits des Mainstreams möglich sein.
Damit kommen wir zur Verantwortung der Staatsregierung, die hierbei gewissermaßen ressortübergreifend –
sowohl kulturpolitisch als auch wirtschaftspolitisch – gefordert ist. Vor allem für Sie, Herr Morlok, wächst der Druck. Es gibt zwei Landtagsbeschlüsse, in MecklenburgVorpommern und in Berlin, die deutlich machen, dass auch die Landespolitik Möglichkeiten hat einzugreifen. In Berlin haben sich fünf Parteien dazu verständigt. Das wäre sicherlich ein Novum in Sachsen oder zumindest ein Seltenheitswert im Sächsischen Landtag. Wenn es die FDP im Berliner Abgeordnetenhaus noch gäbe, Herr Morlok, dann hätte diese wahrscheinlich auch unterschrieben.
Es geht um einen sinnvollen Interessenausgleich und einen akzeptablen Kompromiss für alle Seiten. Mit Verlaub, Herr Morlok: Die fluffige Antwort auf die Kleine Anfrage des Kollegen Gerstenberg lässt befürchten, dass Sie Ihre Vogel-Strauß-Politik gegenüber der Kultur- und Kreativwirtschaft immer noch nicht aufgegeben haben. Aber Sie haben zumindest bei der Notenspur „MMM – Morlok mag Musik“ gezeigt, dass Sie auch anders können. Vielleicht könnten Sie sich auch in diesem Bereich endlich einmal überwinden. Wir brauchen den Einsatz der Landespolitik für transparente und gerechte GEMA-Tarife bei der Schiedsstelle des Deutschen Patent- und Markenamtes.
Ich hoffe, dass Sie jetzt aktiv werden, denn sonst wird vielleicht der Titel „Spiel mir das Lied vom Tod“ für die sächsische FDP aktueller, als es Ihnen vielleicht lieb ist.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Seit einigen Wochen bestimmt die Diskussion um die Tarifstruktur der GEMA die öffentlichen Debatten – jedenfalls zum Teil. Es ist gut, dass wir heute die Gelegenheit haben, einmal darüber nachzudenken und zu eruieren, über welche Dinge wir sprechen.
Was ist die GEMA? Was sind die Folgen der Tarifstruktur, die sie jetzt in Angriff nimmt? Welche Schlussfolgerungen sollen wir daraus ziehen? Was können vor allem wir dafür tun?
Es ist zunächst einmal zu schauen, was die GEMA eigentlich ist. Das ist ein privatrechtlicher Akteur, die GEMA ist als Verein strukturiert und sie vertritt die Nutzungsrechte und die Nutzerrechte aus dem Urheberrecht, und zwar derjenigen Urheber von Musikwerken, die letztlich in der GEMA Mitglied sind.
Das bedeutet in der Praxis, dass für die öffentliche Aufführung von urheberrechtlich geschützten Werken eine Lizenzvergütung an die GEMA abgeführt werden muss, und die wird dann wiederum nach einem relativ komplizierten Verteilschlüssel wieder an die Mitglieder ausgeschüttet.
Momentan plant die GEMA eine Änderung ihrer Tarifstruktur. Sie begründet das damit, dass die bisherige zu kompliziert gewesen sei und man das Ganze vereinfachen wollte. Aber was die ganze Sache pikant macht, ist im Prinzip tatsächlich die Ausgestaltung der Tarife. Da habe ich mir einmal zwei Beispiele von der DEHOGA ausgedruckt, die das für eine Diskothek mit einer Raumgröße von 120 Quadratmetern durchgerechnet hat, die einen Eintritt von 6 Euro nimmt und bei drei Veranstaltungen pro Woche im Jahr bisher circa 7 000 Euro an die GEMA abführen musste. Nach den neuen Tarifen werden das zukünftig 42 000 Euro im Jahr sein.
Das Ganze noch einmal für eine Diskothek mit 410 Quadratmetern, die 8 Euro Eintritt nimmt und zwei Mal pro Woche eine Veranstaltung durchführt: Sie bezahlt momentan jährlich circa 14 000 Euro. Zukünftig sollen es circa 95 000 Euro sein.
Das, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist nicht nur unverhältnismäßig. Das ist in meinen Augen eine richtiggehende Unverschämtheit. Es führt dazu, dass unsere Veranstalter in ihrer Existenz gefährdet werden, und so weit darf es nicht kommen.