Wo liegen aber die Problemfelder? Die Rechtsprechung zu den einzelnen Vergabeverfahren im Rettungsdienst – nicht nur in Sachsen – hat die Komplexität der Materie verdeutlicht. Der Innenausschuss hat sich deshalb folgerichtig zu einer Expertenanhörung entschlossen. Diese fand, wie Herr Hartmann bereits erwähnte, im April statt und hat in mehreren Punkten für Klarheit gesorgt, auch für meine Fraktion. Die rechtlichen Unterschiede zwischen Subventions- und Konzessionsmodell sind also nicht so gravierend wie erwartet. Ohne bundes- und landesrechtliche Änderungen sind auch durch Konzessionsverfahren, wie wir sie bevorteilt hätten, kaum erhoffte Spielräume für die Aufgabenträger erschließbar.
Andere Bundesländer aber sind einen anderen Weg beim Rettungsdienst gegangen. Das Beispiel aus Niedersachsen führt deutlich vor Augen, welche Optionen bevorzugt werden könnten, wenn der Landesgesetzgeber diese Weichen entsprechend stellt. Mit der dort nämlich möglichen Aufgabenerfüllung durch die kommunale Hand ergeben sich Spielräume, die die Aufgabenträger ausfüllen können. In Sachsen sehe ich momentan dafür leider kaum Möglichkeiten. Nicht ein Landkreis oder eine kreisfreie Stadt hat sich gemeldet und für die Einräumung der Option zur Kommunalisierung geworben. Das bedaure ich sehr, da wir in anderen Politikfeldern oft die Vorteile der kommunalen Selbstverwaltung und die aus deren Kreativität entstehenden Lösungen bestaunen können.
Nicht zuletzt hat in der Sachverständigenanhörung der Vertreter der Krankenkasse verdeutlicht, dass diese deutlich mehr Geld für die Mitarbeitervergütung zur Verfügung stellt, als bei ihnen in der Lohntüte ankommt. Diese Budgetkonstellation wurde zu meinem Erstaunen auch von Leistungserbringern wie DRK oder Johannitern bestätigt. Dieser Teil der Anhörung wurde durch lautstarke Äußerungen von der Tribüne begleitet, auf der viele Rettungsdienstmitarbeiterinnen und -mitarbeiter Platz genommen hatten. Auch sie konnten sich die große Differenz zwischen dem kalkulierten Jahreskosteneinsatz pro Arbeiter von 39 000 Euro brutto und ihrem kläglichen Bruttolohn nicht wirklich erklären.
Wobei wir beim Kern der heutigen Debatte wären: Ich meine die Lage der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Rettungsdienst. Diese stellen faktisch den Puffer des Systems dar. Auf der einen Seite steht die Krankenkasse mit dem Interesse einer möglichst kostengünstigen Auf
gabenerfüllung, auf der anderen Seite befinden sich die freien und privaten Leistungserbringer im Wettbewerb um das kostengünstigste Angebot.
Da die meisten Kostenblöcke fix sind, ist die einzige Variable das Gehalt der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Wie bereits erwähnt, sind die Leistungserbringer sehr kreativ beim Kostensparen. Im Ergebnis ist zu konstatieren, dass die Krankenkassen zwar das Budget für die Beschäftigtenvergütung bereitstellen, das Geld dort jedoch teilweise nicht ankommt.
Auch die im Landtag anhängige Petition zum Rettungsdienst hat leider nicht zum Nachdenken oder zu einem Nachsteuern beigetragen. Das wird von der Mehrheit im Innenausschuss nach der Sommerpause wohl pflichtgemäß bearbeitet. Ich prophezeie einmal deren Beschlusstext voraus: Der Petition kann nicht abgeholfen werden. Als letzter Hilfeschrei war der E-Mail-Rundbrief an die CDU/FDP-Koalition zu verstehen. In ihrer Not baten viele Mitarbeiter des Rettungsdienstes darum, den Gesetzentwurf in dieser Form nicht zu beschließen. Für dieses Ansinnen ist es noch nicht zu spät, liebe Kolleginnen und Kollegen der Koalition. Auch die Sachverständigen haben die grundsätzliche Möglichkeit eines sanften Systemwechsels bestätigt. Juristisch sind mehrere Optionen möglich. Ansonsten droht sich die Spirale der Ausbeutung gerade gegenüber den Rettungsdienstmitarbeitern weiterzudrehen.
Um dem unverzüglichen Preiswettbewerb auf deren Rücken Einhalt zu gebieten, sind dem Landesgesetzgeber Instrumente an die Hand gegeben. Die Fraktionen der SPD und der LINKEN haben hierzu mit der Drucksache 5/9013 einen gangbaren Weg aufgezeigt. Mit einem von zwei Fraktionen vorgeschlagenen Landesvergabegesetz kämen nur noch tariftreue Unternehmen bei öffentlichen Aufträgen zum Zug – und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Rettungsdienst als Auffanglinie in den Genuss eines gesetzlichen Mindestlohns.
Am Ende meiner Rede möchte ich noch einmal auf die Qualität des Bestandteils Notfallrettung eingehen. Hier liegt nach unserer Auffassung der Schwerpunkt im Rettungsdienst. Es handelt sich ganz klar um eine Gesundheitsdienstleistung, und diese steht und fällt mit der Qualität der zum Einsatz kommenden Notärzte.
Was sieht die CDU/FDP-Koalition hier vor? Die Änderung in § 28 BRKG kommt ganz harmlos daher, entpuppt sich aber durch den Begründungstext: Der Notärztemangel soll behoben werden, indem die Anforderungen an deren Ausbildung gesenkt werden. DIE LINKE kann diesen Weg nicht mitgehen. Wir sind gegen diese vorgesehene Aufweichung der Eignungsvoraussetzungen für die Notärzte.
Sehr geehrte Damen und Herren der Koalition! Ich glaube, ich habe Ihnen deutlich gemacht, warum die Fraktion DIE LINKE diesen Gesetzentwurf ablehnen muss. Gleichzeitig kündige ich einen Entschließungsantrag an, in dem wir später noch einmal unseren Aufruf begründen werden.
Herr Präsident, vielen Dank! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist in den letzten Monaten bei der Debatte um den Gesetzentwurf viel über die Leistungserbringer gesprochen worden, über die Kostenträger, die Träger des Rettungsdienstes, also über Institutionen und Strukturen sowie über rechtliche Regelungen – und doch eigentlich relativ wenig über die Menschen, die Herr Kollege Hartmann in seinem Redebeitrag auch in den Mittelpunkt gestellt hat.
Dann wollen wir dies einmal tun und die Menschen in den Mittelpunkt stellen, die von diesem Gesetz betroffen sind. Das sind zum einen die Mitarbeiter der Rettungsdienste und zum anderen die Patientinnen und Patienten sowie die potenziellen Patienten – also eigentlich alle Menschen, die in Sachsen leben. Wenn man die Menschen in den Mittelpunkt stellen will, dann muss man über die Menschen sprechen. Dies sollten wir erst einmal tun.
Wir haben im Land Sachsen rund 3 300 Frauen und Männer, die in den Rettungsdiensten tätig sind und diese Aufgabe entweder kommunal, in den Hilfsorganisationen oder auch in privaten Unternehmen erledigen. Im Schnitt sind diese Menschen mit vielen physischen und psychischen Belastungen in ihrem Beruf konfrontiert. Sie sind bis zu 48 Stunden in der Woche unterwegs, sie haben Schichtdienst und arbeiten tags und nachts, an Feiertagen und Wochenenden. Sie erfahren ihren Dienstplan nicht einige Wochen oder gar Monate im Voraus – so wie wir unsere Sitzungstermine –, sondern manchmal von heute auf morgen. Sie haben Unfallopfer zu bergen und zu versorgen, Schwerverletzte genauso wie alkoholisierte Menschen, und haben manchmal sogar Angriffe auszustehen, und das alles für durchschnittlich 1 700 Euro Bruttoverdienst im Monat. Und wenn das der Durchschnitt ist, dann wissen wir auch: Die älteren Kolleginnen und Kollegen haben etwas mehr und die Jüngeren deutlich weniger.
Das sind die Menschen, die mit dem Gesetz leben müssen, mit der Regelung, die wir hier treffen, und die wir eigentlich zuallererst im Blick haben sollten, und erst danach sollten wir über Leistungserbringer, Träger und Kostenstrukturen sowie Krankenkassen sprechen. Denen sagt die Mehrheit des Landtages nun mit diesem Gesetz: Alle sieben Jahre werden die Karten neu gemischt. Alle sieben Jahre können wir mal sehen, ob ihr eure Arbeit noch fortführt oder ob jemand anderes genommen wird, ob euer Arbeitsverhältnis übernommen wird und, wenn ja, zu welchen Bedingungen. Alle sieben Jahre werden dann auch die Leistungserbringer, die Hilfsorganisationen und privaten Unternehmer, schauen müssen: Bekommen wir unseren Auftrag noch, oder bekommt ihn jemand anderes?
Dabei ist eine Frage in den letzten Monaten sehr oft gestellt worden: Was soll die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unter diesen Umständen motivieren, mehr als 100 % zu geben? Was soll die Leistungserbringer motivieren, in ihr Personal zu investieren – Fortbildung, Gesundheitsmanagement, langfristige Personalentwicklung?
Wir haben in der Anhörung von einem Sachverständigen den Satz gehört, bei ihm komme unweigerlich der Gedanke auf, ob der Rettungsdienst überhaupt markt- und wettbewerbstauglich ist. Diesen Gedanken können wir sehr gut nachvollziehen, und wir sagen: Nein, das ist er nicht. Es ist eine Aufgabe der Daseinsvorsorge, und kein Mensch – außer vielleicht die sächsische FDP-Fraktion – käme auf die Idee, Polizeireviere alle sieben Jahre neu auszuschreiben.
Kein Mensch käme auf die Idee, Lehrerstellen alle sieben Jahre neu auszuschreiben. Warum das beim Rettungsdienst anders sein soll – das ist hier erklärt worden –, liegt natürlich auch an Gründen, auf die wir vom Sächsischen Landtag aus keinen Einfluss haben. Da sind das Stichwort Bundesebene und die Frage der Einordnung als medizinische Leistung oder als Transportdienstleistung im Sozialgesetzbuch gefallen. Da müssen wir ran, da müssen wir uns alle kümmern. Ich habe gehört, dass es eine gemeinsame Bundesratsinitiative geben soll, die die Einstufung als medizinische Versorgung im SGB V zum Gegenstand hat. Wenn es das geben wird, dann fordere ich Sachsen auf, hier sofort mitzumachen.
Außerdem wurde die Europäische Union als Ebene genannt. Die Bundesratsinitiative hat Kollege Gebhardt schon erwähnt. Hier hat Sachsen sogar mitgestimmt und gesagt: Weg mit dem Wettbewerb aus dem Rettungsdienstbereich! Es ist eine tolle Sache, dass wir das mitgemacht haben. Umso unverständlicher ist es, dass wir hier vor Ort das genaue Gegenteil tun.
Bundesebene, Europäische Union, natürlich, das sind langfristige, weiter entfernte Punkte, an die wir nicht sofort herankönnen. Aber was man in Sachsen tun kann, um die Qualität und die Arbeitsbedingungen zu verbessern, das muss man eben auch in Sachsen tun. Dazu gehört es, den ruinösen Preiswettbewerb, der jetzt droht, einzudämmen. Dazu bietet unserer Auffassung nach das Konzessionsmodell bessere Möglichkeiten als das Submissionsmodell. Dabei gehört dazu, Lohndumping vorzubeugen. Das Vergabegesetz ist genannt worden. Ringen Sie sich durch, geben Sie sich einen Ruck und stimmen Sie endlich für ein Vergabegesetz, das Tariftreue ermöglicht.
Dazu gehört auch, den Missbrauch der Rettungshelferstellen einzudämmen. Das können wir in der Landesrettungsdienstplanverordnung regeln. Auch dazu erwarte ich vom Innenministerium eine klare Position. Und dazu gehört eben auch, mehr Kommunalisierung zu ermöglichen;
denn es gibt in Sachsen durchaus Kommunen, die sich eine eigenständige Durchführung sehr wünschen. Viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sagen: Das wäre auch für uns eine gute Sache.
All die Punkte, die man in Sachsen erledigen kann, auch in Sachsen zu erledigen, das wäre wirklich Wertschätzung gegenüber den Menschen, die wir doch in den Mittelpunkt des Gesetzes stellen wollen. Aber die Koalition hat das nicht gemacht. Im Gegenteil, die Koalition hat einen Gesetzentwurf vorgelegt, der wirklich ein Wettbewerbsgesetz ist, einen Gesetzentwurf, in dem nicht einmal der Betriebsübergang für die Mitarbeiter bei einem Anbieterwechsel gesichert wird, einen Gesetzentwurf, in dem der Katastrophenschutz eben nicht ausreichend berücksichtigt worden ist.
Und dann, Herr Karabinski, erzählen Sie mir, dass wir die Mitarbeiter verunsichern würden. Hier verwechseln Sie, glaube ich, die Botschaft und den Überbringer der Botschaft.
Das Gesetz, das Sie vorgelegt haben, das Gesetz, das alle sieben Jahre den Arbeitsplatz infrage stellt, das verunsichert doch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.
Deswegen haben sich Menschen, kurz nachdem der Gesetzentwurf draußen war, auf den Weg gemacht und gesagt: Nein, das wollen wir so nicht, da mischen wir uns ein. – Sie haben eine Petition erstellt. Bei der Übergabe versicherte der Landtagspräsident, das sei die Petition mit den bisher meisten Unterschriften in der Geschichte des Freistaates Sachsen. 30 115 Unterschriften sind da innerhalb von fünf Wochen gesammelt worden, weil es den Menschen wichtig ist, was hier passiert, und weil es den Menschen wichtig ist, dass sie ihre Arbeit gut, in ausreichender, in guter Qualität und unter fairen Bedingungen durchführen können.
Es ist schön genug, dass diese 30 000 Unterschriften wenigstens ein paar kleine Änderungen erzwungen haben. Herr Kollege Hartmann hat sie genannt. Der Betriebsübergang müsste jetzt gesichert sein, die Mitwirkung im Katastrophenschutz ist etwas stärker berücksichtigt. Das ist aber nur ein Teilerfolg, und es gibt viele weitere Punkte, die es zu verbessern gilt, entweder mit der Hilfe des Freistaates und der Koalition oder – das haben die 30 000 Unterschriften gezeigt – notfalls auch gegen sie. Da ist noch viel zu machen.
Ich bin wirklich dankbar, dass der Gesetzentwurf eines geschafft hat: Er hat die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Rettungsdienst mobilisiert, für ihre eigenen Interessen auch selbst aufzustehen. Das haben Sie selbst an den EMails der vergangenen Wochen und Monate gemerkt.
Wir können trotz alledem dem Gesetzentwurf nicht zustimmen, auch wenn wir den kleinen Änderungen, die jetzt erzwungen worden sind, natürlich den nötigen Respekt entgegenbringen. Besser als nichts, aber noch lange nicht gut.
Ich möchte den Satz, der von Anfang an die Debatte hier bestimmt hat, zumindest bei denen, die wirklich die Menschen in den Mittelpunkt stellen, an den Abschluss meiner Rede stellen. Er ist Ihnen mittlerweile oft begegnet und ich glaube, je öfter man ihn hört, desto wahrer wird er: Eine gute Notfallrettung kostet Geld, eine schlechte kostet Menschenleben.
Meine Damen und Herren, nun die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Frau Abg. Jähnigen. Frau Jähnigen, bitte, Sie haben das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Dieser Gesetzentwurf zu Feuerwehr, Katastrophenschutz und Rettungsdienst löst keine Probleme, sondern er verschärft sie. Besondere Sorge macht der GRÜNEN-Fraktion die Tatsache, dass die realen Standards in Feuerwehr und Rettungsdienst zwischen Stadt und Land im Land bereits jetzt auseinanderzudriften beginnen. Nehmen Sie nur die Situation einiger freiwilliger Feuerwehren in Ostsachsen, denen es schlichtweg an Menschen fehlt, und vergleichen Sie nur die rettungsdienstliche Versorgung in der Landeshauptstadt Dresden mit einem der sächsischen Landkreise außerhalb der Ballungsräume.
Wir müssen uns klarmachen: Wenn nicht jetzt konsequent gute Standards für das ganze Land gesetzt und durchgesetzt werden, wenn die Kommunen bei der Durchführung dieser Aufgaben alleingelassen werden, wird diese Schere noch weiter auseinandergehen. Was ich aus der leider nur internen, fast geheimen Diskussion um die neue Rettungsdienstplanverordnung höre, nämlich über einen möglichen Ersatz von Rettungsdienstwagen durch Notfallkrankenwagen im Einsatz zur Erfüllung der Hilfsfristen, macht mir da noch mehr Sorgen.
Gerade beim Rettungsdienst werden die steigenden Kosten der zunehmenden Einsatzzahlen allgemein beklagt, aber ihre Ursachen sind weder von der Regierung noch von den Koalitionsfraktionen genügend analysiert worden. Deshalb greifen Sie zur Bekämpfung des Problems zu untauglichen Mitteln. Ihr Allheilmittel sind die Ausschreibungen aller Rettungsdienstleistungen. Aber schon die wenigen Ausschreibungen, die wir hatten, haben gezeigt: Sie erreichen Lohndumping, Sie erreichen schlechte Arbeitsbedingungen und Sie schaden damit der Qualität des Rettungsdienstes. Perspektivisch werden Sie dadurch Fachkräfte verlieren, die Sachsen dringend braucht, und diejenigen, die wir hier noch ausbilden, werden auch mehrheitlich abwandern.
Es ist aus Sicht unserer Fraktion schon jetzt deutlich, dass die Medizin, die Sie dem Rettungsdienst und auch den Notärzten verordnen, das System noch kränker machen wird. Deshalb lehnen wir diesen untauglichen Therapie
entwurf entschieden ab. Wir stehen durchaus für Wettbewerb, aber für Dienstleistungswettbewerb mit Bindung an Tariflöhne und klare ökologische und soziale Standards, wie wir Ihnen das in unserem grünen Vergabegesetzentwurf vorgelegt haben. Wir werden Ihnen dann mit unserem Entschließungsantrag klare Handlungsaufträge zu einem Neustart im Rettungsdienst geben.
Richtig ist, dass die ungenügende Verzahnung der ambulanten mit der stationären medizinischen Versorgung in Sachsen gerade durch das überdurchschnittlich hohe Alter der Bevölkerung zu Versorgungsproblemen und unnötigen Belastungen der Rettungsdienste führt. Das muss auf Bundesebene dringend angegangen werden. Aber hier im Sächsischen Landtag müssen wir uns klarmachen, dass die Regierung Sachsens ihre eigenen Handlungsmöglichkeiten nicht nutzt. Derzeit können kassenärztlicher Bereitschaftsdienst und Rettungsdienst von den Bürgern quasi aufgrund deren eigener Entscheidung parallel in Anspruch genommen werden. Und wer kann da als Patient schon die richtige Entscheidung treffen?
Wir meinen, durch eine gemeinsame Einsatzsteuerung von Rettungsdienst und Kassenärztlichem Bereitschaftsdienst in einer Leitstelle auf der Grundlage eines einheitlichen Indikationskatalogs und mit medizinisch ausgebildeten Disponenten lässt sich die bestmögliche Versorgung der Patienten mit der Vermeidung unnötiger Rettungseinsätze verbinden. Einige kreisfreie Städte machen das ja schon. Warum gehen Sie das nicht für das ganze Land an, meine Damen und Herren in den Koalitionsfraktionen? Und verweisen Sie jetzt bitte nicht auf kommunale Zuständigkeiten! Das kann und muss landesweit geregelt werden.
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, Sie haben behauptet, dass mit diesem Gesetz mehr Wettbewerb und gute Dienstleistungen entstünden. Herr Kollege Karabinski, ich glaube ja, dass Sie das meinen, wovon Sie reden; nur, es wird nicht so sein. Sie haben in Ihrem Änderungsantrag zum eigenen Änderungsantrag nämlich ganz zum Schluss der Beratung eine wettbewerbsverhindernde Wettbewerbsargumentation eingeführt.
Als Vergabevoraussetzung haben Sie anstatt der bisher vorgesehenen Bereitschaft zur Mitwirkung beim Katastrophenschutz eine tatsächliche Mitwirkung eingeführt. Mit anderen Worten gesagt: Es kämen nur die Anbieter zum Zuge, die schon beim Katastrophenschutz mitwirken, nicht aber die, die willig und in der Lage sind, mitzuwirken, es aber noch nicht tun konnten. Ich halte das nicht für Wettbewerb und für wettbewerbsfähig.
Damit wird der von Ihnen so schön angekündigte Wettbewerb für kleine und mittelständische Unternehmen behindert und nicht gefördert; denn neue, potenziell geeignete Anbieter kommen so nicht zum Zug. Wenn ich höre, wie in der neuen Rettungsdienstplanverordnung die Standards definiert werden, wie die Maßstäbe sind, vermute ich, dass nur ein oder nur ganz wenige Anbieter zum Zuge kommen werden.
Strebt Ihre angebliche Reform neben Lohndumping auch noch die Monopolstellung bestimmter Anbieter an? – Wir werden die Ergebnisse sehen, wenn Sie das Gesetz heute beschließen werden. Wir GRÜNEN fordern gute und transparente Standards für Leistungen, Vergaben und Kosten für das ganze Land, und zwar unabhängig davon, ob ein Konzessions- oder ein Submissionsmodell gewählt wird.
Die sächsische Öffentlichkeit hätte erwarten können, dass solche Diskussionen im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens hier im Parlament geführt werden, und zwar im Sozialausschuss – das wollten Sie von der CDU nicht – und im Innenausschuss. Übrigens hat gerade ein von der Koalition benannter Sachverständiger, der Rechtsanwalt Dr. Christian Braun, meines Wissens auch Mitglied der CDU, dem Parlament ausdrücklich empfohlen, wichtige Standards für die Vergabe der Leistungen im Gesetz zu regeln und nicht in einer Rechtsverordnung unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Sie können das auf Seite 82 des Anhörungsprotokolls nachlesen.
Schade, dass Sie nicht einmal dieser gute Rat nachdenklich gemacht hat. Wenn Sie, werte Kolleginnen und Kollegen von FDP und CDU, heute diesen Gesetzentwurf gegen die Stimmen der Opposition beschließen, drohen uns weitere Demonstrationen in Sachen Rettungsdienst. Die angebliche Medizin kann ich nur als Gift für den Rettungsdienst bezeichnen.