Protocol of the Session on June 11, 2012

(Andreas Storr, NPD: Er wird ja weich fallen! – Beifall bei der CDU)

Dafür sprechen wir und auch ich persönlich ihm großen Respekt und Anerkennung aus.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Für die CDU-Fraktion war das Herr Kollege Prof. Schneider. Gibt es weiteren Redebedarf? – Bitte für die Fraktion DIE LINKE Herr Kollege Dr. Hahn, danach die anderen Fraktionen.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich finde es schon bemerkenswert. Herr Prof. Schneider, Sie haben sich vorbereiten können, da Sie vom Innenminister informiert waren. Wir sind durch den Minister jetzt hier im Parlament informiert worden. Deshalb kann es logischerweise auch nur um eine erste kurze Reaktion gehen.

Ich stelle nur fest, dass das Sächsische Landesamt für Verfassungsschutz über zehn Jahre lang von dem rechten Terrornetzwerk nichts, überhaupt nichts mitbekommen hat. Das war der erste Skandal. Das ist nicht nur ein Zeichen von Untätigkeit, sondern auch von Unfähigkeit.

(Beifall bei den LINKEN und des Abg. Johannes Lichdi, GRÜNE)

Die jetzt aufgefundenen Akten sind ein weiterer ungeheuerlicher Vorgang, im Übrigen auch gegenüber dem Parlament als Ganzes, nicht nur gegenüber dem Innenminister, und auch gegenüber der Öffentlichkeit.

Ich will aber noch einmal das aufgreifen, was der Innenminister sagte. Sie haben gesagt, die PKK hätte dem Verfassungsschutzpräsidenten das Vertrauen ausgesprochen. Es tut mir leid, dann müssen Sie den Bericht der Mehrheit der Parlamentarischen Kontrollkommission nicht richtig gelesen haben. Dort ist harsche, massive Kritik an der Arbeit des Landesamtes für Verfassungsschutz geübt worden.

Wir haben deutlich ausgesprochen, was an Missständen vorhanden ist. Es gab noch ein Minderheitenvotum von meiner Kollegin Köditz und von mir, weil wir bestimmte Dinge noch kritischer gesehen haben. In diesem Minderheitenvotum steht im Übrigen, dass wir den dringenden Verdacht haben, dass die Parlamentarische Kontrollkommission entgegen den Beteuerungen, die gemacht wurden, nicht alle Akten erhalten hat. Wir haben Fälle, dass Journalisten über Unterlagen mit dem Briefkopf „Landes

amt für Verfassungsschutz“ verfügen, die wir in der Parlamentarischen Kontrollkommission nie gesehen

haben.

(Stefan Brangs, SPD: Unglaublich!)

Das ist die Realität. Darüber muss natürlich auch hier im Parlament gesprochen werden. Das Parlament hat im Übrigen auch einen Untersuchungsausschuss eingesetzt.

(Zuruf des Abg. Klaus Bartl, DIE LINKE)

Dieser Untersuchungsausschuss hat Akten angefordert. Die Staatsregierung ist in der Pflicht, diese Akten zu liefern und nachzusehen, welche Akten noch vorhanden sind.

(Karl Nolle, SPD: Das ist doch abgelehnt worden!)

Das ist offensichtlich nicht passiert. Sonst hätten Sie die Unterlagen deutlich früher auffinden müssen.

Ich habe noch eine weitere Frage, Herr Staatsminister Ulbig: Sie haben jetzt vom Rücktritt des Präsidenten des Landesamtes für Verfassungsschutz gesprochen. Ich frage ganz klar: Was ist mit Herrn Vahrenholt in dieser Situation?

Er ist der Einzige, der die ganzen Jahre in diesem Bereich als ständiger Vertreter des Präsidenten beschäftigt und bei mehreren Präsidenten für diesen Teil der Arbeit des Verfassungsschutzes zuständig war. Ich erwarte

(Zuruf des Abg. Johannes Lichdi, GRÜNE)

von Ihnen als Minister, dass auch dessen persönliche Verantwortlichkeit geprüft wird. Es gibt noch sehr viel aufzuklären.

(Beifall bei den LINKEN und den GRÜNEN)

Für die Fraktion DIE LINKE sprach Herr Kollege Dr. Hahn. – Für die SPDFraktion schließt sich jetzt Frau Kollegin Friedel an.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich finde, es gibt kaum eine peinlichere Situation als die, die wir hier gerade erlebt haben, dass ein Staatsminister eine solche Erklärung völlig ungeplant in einer Plenarsitzung, in der es eigentlich um etwas ganz anderes geht, abgeben muss. Das ist nicht nur eine peinliche Situation für Sie, Herr Staatsminister, sondern das ist eine peinliche Situation für ganz Sachsen. Sie manövrieren Sachsen bei der Aufarbeitung immer weiter in die Peinlichkeiten hinein.

(Kerstin Köditz, DIE LINKE: So ist es!)

Das, was wir gerade erleben,

(Beifall bei der SPD, den LINKEN und den GRÜNEN)

ist der Preis, den wir jetzt für das Nichtstun zahlen,

(Kerstin Köditz, DIE LINKE: Genau!)

für das Nichtstun dieser Staatsregierung bei Aufklärung, Analyse und der Aufarbeitung des Behördenhandelns;

(Beifall bei der SPD, den LINKEN und den GRÜNEN)

Nichtstun die vergangenen sechs, sieben Monate lang. Sie haben vor wenigen Minuten hier erklärt, Sie wollen es so halten wie immer: umfassende Aufklärung, uneingeschränkte Transparenz und Offenheit.

(Zurufe von der SPD, den LINKEN und den GRÜNEN – Unruhe)

Das haben wir bisher noch nie erlebt, und wir werden es auch weiterhin nicht erleben. Das, was hier gerade passiert – – Wir wissen noch gar nicht genau, was passiert ist. Es sind irgendwelche Akten aufgetaucht, von denen bisher niemand etwas weiß. Wenn Sie untersucht hätten, wären Sie jetzt nicht überrascht von dem, was auftaucht. Wenn Sie in den Behörden Fehleranalyse betrieben hätten, sowohl im Landesamt für Verfassungsschutz als auch bei der Polizei, kann so etwas nicht überraschend passieren, dann würden wir jetzt nicht hier stehen, sondern dann hätten diese Vorgänge beispielsweise Eingang in den Bericht der PKK gefunden, Eingang in den Bericht, den Sie vorgelegt haben.

Das, was wir gerade erleben, bestätigt nicht nur die Zweifel an der Aufarbeitung, die wir in den letzten Monaten immer wieder geäußert haben, sondern das weckt auch Zweifel an Ihrer eigenen Urteilsfähigkeit, Herr Staatsminister.

Es ist keine Woche her, als Sie dem Chef des Landesamtes für Verfassungsschutz Ihr tiefes Vertrauen ausgesprochen haben. Es ist keine Woche her, da haben Sie uns nicht nur in einer Pressekonferenz, sondern auch im Innenausschuss immer wieder versichert, Sie sehen kein pflichtwidriges Unterlassen im Landesamt für Verfassungsschutz. Sie sehen keine Fehler, die Sachsen gemacht habe.

Ich glaube und bin sicher, wir werden noch weitere Überraschungen erleben. Das ist jetzt die erste, und dabei hat Sachsen noch nicht richtig angefangen zu untersuchen. Dabei sind wir im Untersuchungsausschuss noch nicht so weit gekommen, wie wir eigentlich – zumindest auf der einen Seite des Parlamentes – schon hätten sein wollen.

Sie haben dem Landesamt einen Persilschein ausgestellt. Sie erleben jetzt, dass dieser Persilschein alles, aber nicht richtig war. Er war voreilig. Wir erleben zusammen, dass eine Fehleranalyse in sächsischen Behörden nicht stattgefunden hat. Wenn sich nichts ändert, wird diese auch weiterhin nicht stattfinden. Nun stellen Sie endlich fest, dass man einen unabhängigen Dritten hinzuziehen muss. Vor einem halben Jahr haben wir das gemeinsam mit unseren Partnern beantragt.

(Beifall bei der SPD, den LINKEN und den GRÜNEN)

Nun stellen Sie endlich fest, dass es Konsequenzen geben muss. Das ist eine für Sachsen sehr peinliche Situation.

Es wird nicht die letzte Überraschung sein. Ich bin sehr gespannt, ob Sie alle noch folgenden Überraschungen von der Regierungsbank aus erleben werden.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD, den LINKEN und den GRÜNEN)

Für die SPD-Fraktion sprach Frau Kollegin Friedel. – Für die FDP-Fraktion spricht nun Kollege Biesok.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Als ich gerade die Nachricht vernahm, hat sie mich betroffen gemacht, weil ich den Präsidenten des Landesamtes für Verfassungsschutz für einen sehr integren Mann halte. Ich habe ihn in der PKK im Rahmen der Aufarbeitung der Vorkommnisse kennengelernt. Ich glaube nicht, dass er bewusst oder grob fahrlässig die Aufklärung in irgendeiner Form behindert hat.

Ich finde es sehr konsequent und rechne es ihm persönlich hoch an, dass er sich an sein Wort, das er uns gab, gehalten hat. Er hat uns versichert, dass er uns über die Vorkommnisse vollständig aufklärt und das, was er weiß, der PKK sagen wird. Ebenso wollte er uns die Unterlagen zugänglich machen. Er merkte, dass er die Zusage, die er dem dafür zuständigen Gremium gegeben hat, in einem Punkt nicht halten konnte.

Das ist nicht der Fall, weil er persönlich, sondern – wie es erklärt wurde – ein Mitarbeiter versagt hat. Wer Leiter einer so großen Behörde ist, kann nie ausschließen, dass ihm untergeordnete Mitarbeiter ein persönliches Fehlverhalten begehen. Er haftet jedoch dafür. Deshalb habe ich einen hohen Respekt davor, dass er den Innenminister gebeten hat, ihn von seinen Aufgaben zu entbinden. Dadurch wird die Möglichkeit geschaffen, diesen Vorgang mit neuen Personen zu untersuchen und die entsprechenden Konsequenzen daraus zu ziehen.

Herr Kollege Jennerjahn, Sie sprachen das Vertrauen in den Präsidenten und in den Innenminister ab. Ich habe den Innenminister anders als Sie wahrgenommen. Ich habe ihn stets auf der Seite der Aufklärer gesehen. Sie haben vielleicht andere Vorstellungen davon, was geleistet werden soll. Ich habe an keiner Stelle festgestellt, dass er versuchte, die Aufklärung sowohl gegenüber den regierungstragenden Fraktionen als auch gegenüber der Opposition zu blockieren.

(Beifall bei der FDP und der CDU – Zuruf des Abg. Johannes Lichdi, GRÜNE)