Protocol of the Session on June 14, 2012

Gesetz über die Förderung des Sports im Freistaat Sachsen

(Sächsisches Sportförderungsgesetz – SächsSpFG)

Drucksache 5/9232, Gesetzentwurf der Fraktion der SPD

Eine allgemeine Aussprache ist nicht vorgesehen. Ich bitte jetzt die einbringende Fraktion, das Wort zu nehmen. Hanka Kliese, SPD: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! „Der Sport verhält sich zum Alltag wie das Heilige zum Profanen.“ Das hat der deutsche Philosoph Peter Sloterdijk einmal

gesagt, und vielleicht ist das bereits der Grund dafür, dass sich in Sachsen mehr als 577 000 Menschen in 4 500 Sportvereinen engagieren. Sport erfüllt in besonderer Weise gemeinsam orientierte Aufgaben. Er trägt zur Erhaltung der Gesundheit und der körperlichen Leistungsfähigkeit bei und fördert die gesellschaftliche Integration. Der Sportverein ist der Ort des gemeinsamen Engagements und des lebensbegleitenden sozialen Netzwerkes.

Vor diesem Hintergrund müssen wir uns fragen: Schaffen wir hier im Freistaat Sachsen auch die bestmöglichen Rahmenbedingungen für den Sport, die all die Aktiven und Ehrenamtlichen verdient haben? Die Staatsregierung zeigt sich gern auf der Ehrentribüne beim Fußball oder beim Sportlerball, aber wie unterstützt der Freistaat den Breitensport tatsächlich?

Marode Schwimmhallen, undichte Turnhallen, sanierungsbedürftige Sportplätze, Ausfall von Wettkämpfen gerade im Nachwuchsbereich, da es nicht genügend verfügbare Wettkampfstätten gibt oder die Hallengebühren derart angestiegen sind, dass die Vereine sie sich nicht mehr leisten können, Nachwuchsstopp zum Beispiel in Schwimmvereinen wegen fehlender Hallenkapazitäten, darüber hinaus zunehmend fehlende wettkampftaugliche Sportanlagen für überregionale Sportveranstaltungen, zum Beispiel Volleyball- und Basketballhallen,

Schwimmanlagen mit einer 50-Meter-Bahn – die Aufzählung ließe sich beliebig fortsetzen.

Der alters- und behindertengerechte Umbau vieler sächsischer Sportstätten ist jetzt ebenfalls eine zu lösende Aufgabe. Nach Aussagen des Landessportbundes und des zuständigen Ministeriums hat Sachsen einen Investitionsstau von 1,2 Milliarden Euro bei der Sportinfrastruktur. Was die meisten nicht wissen: Der Freistaat hat im eigentlichen Sinne noch nie sächsisches Geld ausgegeben, sondern immer nur umgewidmete SoBEZ-Mittel eingesetzt. Diese Mittel werden bis 2019 um rund

200 Millionen Euro jährlich kontinuierlich abschmelzen. Man muss sich also Gedanken machen, wie man das in Zukunft fortführen will. Es ist schon längst überfällig, dass der Freistaat selbst die finanzielle Verantwortung für den Sport und die Sportinfrastruktur übernehmen muss. Dieser Aufgabe hat er sich bisher komplett verweigert.

(Beifall bei der SPD)

Ich möchte aus der Regierungserklärung von Herrn Wöller vom 13. März 2009 zitieren. Er sagte: „Wir benötigen eine leistungsfähige Infrastruktur der Sportstätten. Trotz der Anstrengungen ist der Bedarf nicht ausreichend gedeckt und auch die vorhandenen Anlagen bedürfen teilweise weiterer Sanierungen. Der Neubau und die Sanierungen von Sportstätten zählen weiterhin zu den wichtigsten Aufgaben des Sportministeriums.“

Trotz solcher Lippenbekenntnisse über die Wichtigkeit des Sports durch die Staatsregierung ist dieser Bereich seit 2010 zum Opfer einer kurzsichtigen Haushaltspolitik geworden. Ich erinnere hier ganz kurz an die Zahlen: Beim letzten Doppelhaushalt waren es 2010 für den

investiven Bereich der Sportstätten 23 Millionen Euro. Im Jahr 2012 ist das auf 880 000 Euro abgesunken. So viel zum Thema „Das gehört zu den wichtigen Aufgaben des Sportministeriums“. Hier sieht man eindrucksvoll, was aus Sachsens Erklärungen zur investiven Sportförderung wird. Sie wurde de facto fast auf null heruntergefahren. Schwarz-Gelb hat damit Sachsens Sportlandschaft massiv gefährdet.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, Sachsen ist ein Sportland und soll es in Zukunft bleiben. Deshalb brauchen seine Vereine und die vielen Ehrenamtlichen auch in der Zukunft die bestmöglichen Rahmenbedingungen. Um die positiven Eigenschaften des Sports nachhaltig sicherzustellen, braucht Sachsen eine gesetzliche Grundlage für die Belange des Sports, ein Sportfördergesetz.

(Beifall bei der SPD)

Schon in der 4. Legislaturperiode hat sich die SPDFraktion für ein solches Sportfördergesetz stark gemacht. Hier gab es zur Regierungserklärung auch einen Kommentar von Stefan Brangs, in dem er die Grundzüge unseres Gesetzentwurfes noch einmal umrissen hat. Leider konnte sich der damalige Koalitionspartner nicht überzeugen lassen.

(Christian Piwarz, CDU: Weil es bessere Konzepte gibt!)

Von Ihnen bestimmt nicht!

(Christian Piwarz, CDU: Fragen Sie mal beim Landessportbund nach! – Zuruf des Abg. Wolf-Dietrich Rost, CDU)

Herr Rost, zu Ihnen komme ich gleich.

Vielleicht noch einmal ganz kurz zu Ihren Konzepten und zum Kahlschlag im letzten Doppelhaushalt: Bei der Vorstellung des Haushalts ist der Bereich Sport komplett ausgespart worden, wenn wir uns an die Rede des damals zuständigen Ministers zum Einzelplan 05 erinnern. Da wurde ja der Sport nicht einmal erwähnt. Es gab nicht einen einzigen Redebeitrag zu diesem Thema.

(Uta-Verena Meiwald, DIE LINKE: Es gab ja kein Geld dafür!)

Genau, es gab ja auch kein Geld dafür. Alle eingereichten Änderungsanträge wurden abgelehnt.

Was wurde seitens der CDU getan? Herr Rost, ich habe gesagt, ich komme noch zu Ihnen. Es gab ein schönes Positionspapier, in dem stand, man wolle mehr Geld in Sportstätten investieren und die Kürzungen im neuen Haushalt zurücknehmen. Herr Rost, ich zitiere Sie: „Eine wesentliche Forderung ist die Sicherung der Sportinfrastruktur, um künftig noch stärker national und international als Ausrichter von Wettkämpfen aufzutreten. Ich setze mich daher in meiner Fraktion für ein nachhaltiges Sportinvestitionspaket in den kommenden Jahren ein.“

Da frage ich natürlich: Wo ist das Sportinvestitionspaket?

(Christian Piwarz, CDU: Warten Sie doch mal die Haushaltsberatungen ab!)

An dieser Stelle fällt mir nur noch ein Zitat eines anderen philosophisch sehr begabten Sportlers ein, nämlich von Berti Vogts. Er sagte einmal: „Die Realität ist anders als die Wirklichkeit.“

(Heiterkeit und Beifall bei der SPD, den LINKEN und den GRÜNEN)

Das Hin- und Hertaktieren von Haushaltsjahr zu Haushaltsjahr muss endlich ein Ende haben. Die sächsischen Vereine und Verbände brauchen endlich Planbarkeit und Verlässlichkeit. Sachsen braucht eine gesetzliche Regelung für den Sport.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die SPDFraktion hat auf der Grundlage des Entwurfes aus der 4. Legislaturperiode im vergangenen Dreivierteljahr eine intensive Debatte mit den Beteiligten vor Ort geführt. Das heißt, wir haben mit den Vereinen vor Ort gesprochen, wir haben mit den Sportlern vor Ort gesprochen, mit den Ehrenamtlichen, mit den Kommunalpolitikern, mit Vertretern vieler Kreissportbünde. Wir haben die Behindertensportbünde einbezogen. Wir hatten einen Gebärdendolmetscher in unseren Sitzungen, damit auch der Gehörlosensportverband sein Recht geltend machen konnte, was bisher nicht möglich war. Ich glaube, bei Ihnen auch nicht. Ich denke, das war ein guter Prozess, in dessen Rahmen wir jetzt zu einem Entwurf gekommen sind, der die Folge einer Aushandlung ist, bei der wirklich die Leute, die es am Ende betrifft, intensiv beteiligt waren.

Welches sind nun die Schwerpunkte unseres Gesetzentwurfes? – Das Sportfördergesetz garantiert die finanzielle Grundausstattung des sächsischen Breitensports, es schafft mehr Transparenz und mehr Planbarkeit und die Einrichtung eines Landesinvestitionsprogrammes für die kommunale Sportinfrastruktur von jährlich 25 Millionen Euro. Die Verbesserung der Sportinfrastruktur soll vor allem dafür genutzt werden, die Sportstätten alters-

und behindertengerecht umzugestalten. Hierbei müssen wir auch dem demografischen Wandel und der Behindertenrechtskonvention Rechnung tragen. Es soll eine Verbesserung und Unterstützung des ehrenamtlichen Engagements geben, zum Beispiel durch die Senkung der Hallen- und Sportplatzgebühren für den Kinder- und Jugendsport sowie Zuschüsse für Sportveranstaltungen von überregionaler Bedeutung.

Wegen der steigenden Mitgliederzahlen wollen wir die Unterstützung der Landes- und Kreissportbünde von jährlich 16,5 Millionen Euro auf 20 Millionen Euro

erhöhen. Diese finanzielle Aufstockung soll aber an die bessere Finanzierung von Weiterbildung und Qualifizierung, bei der Trainerausbildung zum Beispiel, gekoppelt werden. Darüber hinaus wollen wir eine Verbesserung der Nachwuchsförderung erreichen, indem der Landessportbund zum Beispiel finanzielle Mithilfe für Regionaltrainer erhält, die eine bessere Zusammenarbeit zwischen den Vereinen und Schulen erzielen sollen.

Da meine Redezeit zu Ende ist, werde ich gar nicht mehr viel weiter ausführen können. Aber die wesentlichen Inhalte unseres Gesetzes sind hiermit umrissen. Abschließend möchte ich noch sagen: Die Wertschätzung des Sportes zur gesellschaftlichen Entwicklung muss sich in der Bereitschaft ausdrücken, die finanzielle Grundabsicherung des Sportes endlich gesetzlich zu verankern. Für dieses Vorhaben bitte ich um Ihre Zustimmung.

(Beifall bei der SPD und den LINKEN)

Meine Damen und Herren! Das Präsidium schlägt Ihnen vor, den soeben eingebrachten Entwurf an den Ausschuss für Schule und Sport – federführend – und an den Haushalts- und Finanzausschuss zu überweisen. Ich bitte jetzt um Ihre Zustimmung. Gibt es Stimmen dagegen? – Stimmenthaltungen? – Ich sehe Einstimmigkeit. Damit ist die Überweisung beschlossen und der Tagesordnungspunkt ist beendet.

Wir kommen zum

Tagesordnungspunkt 3

Frühe Hilfe ausbauen – Aufbau eines Netzes von Familienpaten befördern

Drucksache 5/8591, Antrag der Fraktionen der CDU und der FDP,

mit Stellungnahme der Staatsregierung

Hierzu können die Fraktionen wieder Stellung nehmen. Es beginnen die einreichenden Fraktionen, danach folgen DIE LINKE, SPD, GRÜNE, NPD und die Staatsregierung, wenn sie es wünscht. Ich erteile jetzt Herrn Abg. Wehner das Wort.

Frau Präsidentin! Meine lieben Kollegen! Wir kommen also vom Sport zu den Familienpaten. Etwas haben die Familienpaten und der Sport gemeinsam, das ist das Ehrenamt. Wir beschäftigen uns

also mit diesem Antrag ganz speziell wieder mit dem Ehrenamt. Wir wollen die Menschen in Sachsen untereinander verbinden. Wir wollen, dass Menschen verschiedener Altersgruppen, dass Menschen, die alleinerziehend sind, dass Menschen, die in Familien leben, miteinander verbunden werden, dass Menschen aus jeder sozialen Schicht am Leben teilhaben können, am Prozess teilhaben können und dafür wollen wir die Familienpaten auf ihre Leistungsfähigkeit prüfen.

Wir haben auch andere Projekte mit dem Ehrenamt ins Leben gerufen. Wir haben die Alltagsbegleiter in Sachsen und Sie alle kennen die Förderung über das Programm „Wir für Sachsen“, das hervorragende Möglichkeiten für ehrenamtliche Arbeit in Sachsen eröffnet.

Was ist also ein Familienpate? Was sind Familienpaten? – Familienpaten sollen das gesunde Aufwachsen von Kindern befördern, und das bis zum dritten Lebensjahr. Sie sollen Familien helfen, sollen Behördengänge oder sonstige Dinge, die im Alltag anfallen, begleiten. Familienpate kann jeder werden, der 18 Jahre alt oder älter ist. Er soll mit Rat und Tat zur Seite stehen und wird regelmäßig durch Weiterbildung qualifiziert. Wichtig ist aber zu sagen, dass der Familienpate keine Berufsausbildung in dem Sinne hat, sondern dass er immer wieder durch Weiterbildung qualifiziert wird, dass er aber aus dem Leben kommt und dass er immer für jeden zugänglich ist.

Wir haben bereits ein Modellprojekt, das jetzt über drei Jahre laufen soll. Das ist vom Carus Consilium Dresden und dem Universitäts-Kinder- und Frauenzentrum der Uniklinik und wird auch vom Staatsministerium gefördert. Nach Durchführung dieses Modellprojekts muss man dann die Frage prüfen, ob sich diese Familienpaten bewähren.

Wir haben jetzt in Sachsen, speziell in Dresden, 14 Paten ausgebildet und diese 14 Paten betreuen fünf Familien. Da stellen sich noch die Fragen: 14 Paten, fünf Familien? Wie stehen Angebot und Nachfrage zueinander? Wie wird sich das in den nächsten Monaten ändern? – Wir haben zurzeit Paten im Alter von 21 bis 63 Jahren. Das zeigt schon jetzt, dass alle Altersschichten an diesem Prozess teilnehmen. Es werden auch Informationsabende in Krankenhäusern durchgeführt, um direkt bei den Menschen zu sein, noch vor der Geburt mit den Menschen in Kontakt zu kommen, um dann dieses Hilfsangebot zu machen. Das Angebot hat also einen niederschwelligen Zugang für Familien, es ist für jeden erreichbar und soll auch so beibehalten werden.

Jetzt kommen wir ganz konkret zu dem Ihnen vorliegenden Antrag. Wir müssen und wir wollen mit diesem Antrag prüfen, wie sinnvoll dieser Baustein für die Ehrenamtsförderung ist, also die Frage stellen: Sind Familienpaten sinnvoll, ist es das richtige Konzept? – Wir wollen jetzt auch prüfen: Wie stehen Angebot und Nachfrage im Verhältnis, welche Netzwerke bestehen schon in Sachsen, welche Qualifikation sollte ein Pate idealerweise haben und welche Informationsangebote bestehen über das hinaus, was ich jetzt schon sagte, kurzum, wie kann der Freistaat Sachsen Familienpaten in Zukunft unterstützen?