Protocol of the Session on June 13, 2012

Bereits heute sind die politischen Rahmenbedingungen für die Herstellung von Chancengleichheit an sächsischen Hochschulen vorhanden. Das Sächsische Hochschulgesetz in der aktuellen Fassung beinhaltet die Herstellung der Chancengleichheit von Frauen und Männern als Aufgabe der Hochschulen. Es bestehen Programme wie das Professorinnenprogramm von Bund und Ländern; diese sind ausdrücklich auf die Förderung von Frauen im Wissenschaftsbereich ausgerichtet. Es gibt eine ganze Reihe weiterer Programme, in denen der Aspekt der Chancengleichheit ebenfalls als Förderkriterium eine wichtige Rolle spielt.

Bereits heute orientiert sich die Staatsregierung im Rahmen der Hochschulentwicklungsplanung – das hätten Sie tiefergehend ausführen müssen – am Kaskadenmodell.

Dieses Modell zur Erhöhung des Frauenanteils bei der Professurenbesetzung wird zukünftig wohl auch stärker als bisher bei der Budgetierung berücksichtigt.

Für die Verankerung staatlicher Quoten sehen wir überhaupt keinen Raum.

Die Stellungnahme der Staatsregierung zu Ihrem Antrag zeigt – im Gegenteil! –, dass bereits vielfältige Ansätze zur Förderung der Gleichstellung verfolgt werden. Diese sind nicht ohne Wirkung geblieben. Sie haben auf das „Hochschulranking nach Gleichstellungsaspekten 2011“ hingewiesen. Das „Kompetenzzentrum Frauen in Wissenschaft und Forschung“ – CEWS – hat darin dem Freistaat eine positive Entwicklung bei der Erreichung von mehr Chancengleichheit an den Hochschulen ausgestellt. Sachsen hat sich gegenüber dem Jahr 2009 immerhin um eine Ranggruppe verbessert. Besonders möchte ich an dieser Stelle die Westsächsische Hochschule Zwickau hervorheben, die unter den Fachhochschulen deutschlandweit insoweit in der Spitzengruppe liegt. Ich glaube, das darf man auch einmal sagen.

Die Studie zeigt aber auch – ich räume das ohne Weiteres ein –, dass die verschiedenen Indikatoren, etwa der Anteil weiblicher Professuren, sachsenweit betrachtet relativ langsam steigen. Hieraus mag die Aufgabe resultieren, zielgenau nachzusteuern. Allerdings hat jede Hochschule ihre eigene, besondere Grundlage. Sie braucht also eigenständige, besonders auf sie zugeschnittene, differenzierte Herangehensweisen. Das ist eine Aufgabe, die nach dem gegenwärtig geltenden Recht – auch nach dem, was wir im Hochschulbereich auf den Weg bringen wollen – in Form von Zielvereinbarungen umsetzbar ist. Das ist doch auf dem Weg!

Wenn wir den Blick auf die sächsischen Hochschulen richten, wird deutlich, dass die Hochschulen in Gänze im Freistaat Anstrengungen unternehmen, um auf Chancengleichheit weiter hinzuwirken. Ich will jetzt auf die Themen Gleichstellungsreferate, Mentoringprogramme, Zertifizierungen für familiengerechte Hochschulen nicht tiefer eingehen. Aber die Frage ist doch: In welcher Form können diese Anstrengungen unserer Hochschulen noch weiter befördert werden?

Herr Prof. Schneider, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Herr Mann, bitte.

Danke. Sehr geehrter Herr Kollege Schneider! Können Sie mir sagen, welche der Maßnahmen, zu denen die Staatsregierung Stellung genommen hat, seit 2009 neu eingeführt worden ist, um die Gleichstellung an den Hochschulen zu fördern?

Aber, Herr Mann, Sie wissen doch auch, dass das Thema Zielvereinbarung jetzt auf dem Weg ist. Das sind doch genau die Punkte,

die im Moment auf dem Weg sind. Zielvereinbarungen sind jetzt abzuschließen und die einschlägigen Punkte können dort implementiert werden.

Kollege Schneider, meine Frage bezog sich nicht auf die Zielvereinbarung, auch nicht allein – –

Herr Mann, ich muss erst Herrn Schneider fragen, ob er noch eine zweite Zwischenfrage zulässt.

Herr Schneider, lassen Sie noch eine zweite Zwischenfrage zu?

Wenn er sie unbedingt stellen will, gern.

Sie hätten jetzt noch die Gelegenheit, Herr Mann. – Sie verzichten darauf. Dann fahren Sie bitte in Ihrer Rede fort, Herr Schneider.

Vielen Dank, Herr Präsident.

Ich möchte auch darauf eingehen, dass beispielsweise output-orientierte Steuerungen über die Drei-SäulenBudgetierung der Hochschulen zukünftig stärkere Anreize setzen können. Das kann man alles machen. Das ist doch nicht der Punkt. Eine tiefer gehende staatliche Steuerung als bisher ist in diesem Bereich nicht erforderlich. Die Verankerung des Gleichstellungsauftrages in die Zielvereinbarungen zwischen SMWK und Hochschulen ist gesetzlich vorgeschrieben. Das ist genau der richtige Platz. Hier wird man die konkreten und realistischen Zielgrößen vereinbaren können. Jenseits dessen ist für staatliche Steuerung kein Raum.

Abschließend, meine Damen und Herren, bin ich überzeugt, dass Hochschulen, die Frauen fördern und damit auf ihre Weise einen angemessenen Frauenanteil erreichen, im Wettbewerb sicher besser abschneiden werden. Eine staatliche Steuerung auf diesem Wege zusätzlich zu implementieren, wäre wirklich exakt der falsche Weg. Man sollte nicht vergessen, dass im Freistaat Sachsen, ich nenne jetzt den Hochschulstandort Leipzig, immerhin drei Rektorinnen tätig sind: Frau Schücking, Frau Lieckfeldt und Frau Dimke. Das ist doch der beste Ausdruck dessen, dass wir auf einem Weg sind, der nicht schlecht ist. Ich erinnere im Übrigen an eine Antwort der Staatsregierung auf eine Große Anfrage der Fraktion DIE LINKE vom März 2012. Dort ist Näheres zu ersehen. Also, meine Damen und Herren, Raum für einen Antrag, der in anderer Form wiederholt Gegenstand der Debatte im Sächsischen Landtag war, ist auch heute nicht.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Nächste Rednerin für die Fraktion DIE LINKE ist Frau Gläß. Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Antragsteller fordern die Staatsregierung auf, ein breites Spektrum gleichstellungspolitischer Instrumente von ständiger Analyse über daraus abgeleitete Zielsetzungen und Aufgaben bis hin zur Personalplanung und speziell der Frauenförderung zu nutzen, um an sächsischen Hochschulen wirkliche Chancengleichheit für Frauen zu schaffen.

In der Stellungnahme der Staatsregierung und auch im Beitrag von Herrn Prof. Schneider haben wir gehört, dass man diese Ratschläge nicht braucht, dass man alles selbst weiß und auch macht. Die Mittel des Professorinnenprogramms werden genutzt und neun Professorinnen an vier Hochschulen werden dadurch gefördert. Gender-Aspekte werden in allen Bereichen beachtet, und die Einführung von Gender Budgeting ist nicht sinnvoll. Das haben wir an anderen Stellen auch schon gehört. Gleichstellungspläne oder Frauenförderpläne sind an den Hochschulen erstellt und werden fortgeschrieben. Kinderbetreuung wird auf dem Campus oder in Kooperation mit den Kommunen angeboten. Familienfreundlichkeit gehört zum Leitbild fast jeder sächsischen Hochschule.

Wenn das alles so wunderbar ist, ergibt sich für mich die Frage, warum nur sechs von 34 Rektoren, also 17,6 %, weiblich sind, warum in Leitungsfunktionen an Hochschulen nur 16 % Frauen arbeiten, warum nur 18,8 % der Professuren von Professorinnen besetzt werden. Steigerungen in den letzten zehn Jahren sind feststellbar – ja, das haben wir gehört –, aber auf sehr, sehr niedrigem Niveau, zwischen 1 bis maximal 10 % in den verschiedenen Bereichen der Hochschulen. Das geht aus der Großen Anfrage unserer Fraktion hervor. Die Steigerungen sind also wesentlich zu gering. So liegen sie deutlich unter den Zielen, die sich die Hochschulen teilweise selber gestellt haben oder das Erreichen ihrer Ziele ist noch in weite Ferne gerückt.

Die TU Dresden konstatiert in ihrem Gleichstellungskonzept: Die Geschlechterquoten im Qualifizierungsverlauf entsprechen dem gesamtdeutschen Phänomen des abnehmenden Frauenanteils mit steigender Qualifikationsstufe. Schöner Satz, gefällt mir, obwohl gerade die TU Dresden im Vergleich zu anderen Technischen Universitäten seit einigen Jahren mit circa 46 % auf einen sehr hohen Studentinnenanteil verweisen kann. Uns begegnen in Diskussionen immer wieder die Argumente, dass man sehr gute Pläne hat, die Frauen aber nicht wollen, dass die Frauen nicht bereit sind, Führungsfunktionen zu übernehmen. Für mich ergibt sich daraus die Frage: Warum? Schieben wir doch nicht gleich den Frauen den Schwarzen Peter zu, sondern schaffen wir in Sachsen an den Hochschulen, aber nicht nur dort, Möglichkeiten, die es Frauen leichter machen, ihre Chancen zu nutzen.

Die im Antrag vorgeschlagenen Maßnahmen sind daher durchaus sinnvoll, um Änderungen anzuschieben und

vorausschauend zu agieren, um auch nach dem Auslaufen von europa- und bundesweiten Programmen und Förderungen gleichstellungspolitische Ziele zu erreichen. Ich kann daher vonseiten unserer Fraktion nur Zustimmung signalisieren.

(Beifall bei den LINKEN und den GRÜNEN)

Herr Mann als nächster Redner für die SPD-Fraktion. Herr Mann, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr verehrte Damen und Herren! Zu den Sachverhalten befragt, kann die Staatsregierung entweder aus dem Vollen schöpfen oder muss zusehen, wie sie es schafft, eine Antwort zu geben, die das eigene Unwissen nicht zu deutlich hervortreten lässt. Nicht anders, so hatten wir den Eindruck, verhält es sich mit der Stellungnahme des SMWK zu dem aus unserer Sicht sehr wichtigen Antrag der GRÜNEN.

Die Stellungnahme ist zwar fünf Seiten lang, weist aber kaum das Engagement des Freistaates bei der Umsetzung von Geschlechtergerechtigkeit an Hochschulen nach. Hier will ich noch einmal betonen, nicht zuletzt, weil in den letzten Jahren seit 2009 kaum etwas Neues unternommen wurde oder nicht mehr als Ideen, die teilweise von uns stammen, in Schriftstücken niedergelegt wurden. Beispiel Lehrstuhlbesetzung. Es wurde schon gesagt, dass mehr als die Hälfte aller akademischen Studienabschlüsse an sächsischen Hochschulen von Frauen erreicht werden. Dennoch sind sie selbst in der geringsten Entlohnungsgruppe bei den Hochschullehrern gerade einmal mit 19 % vertreten. Wo steht denn in der Stellungnahme der Staatsregierung, Frau Ministerin, dass Sie sich mit diesem Umstand nicht wirklich abfinden wollen und verbindliche Maßnahmen ergreifen, um dies zu ändern? Die Erwähnung des Kaskadenmodells, das wir bereits im Prozess der Hochschulentwicklungsplanung vor zwei Jahren eingebracht haben, reicht da nicht aus.

Ich persönlich vermisse zudem eine Aussage, dass Sie sich am Ende Ihrer Amtszeit daran messen lassen wollen, dass die Hochschulen weiblicher geworden sind. Da Sie diese Zielstellungen nennen, fehlen mir die Aussagen, wie Sie die konkret untersetzen und mit den Hochschulen umsetzen wollen. Wie sieht es aus mit Geschlechterquoten in den Berufungskommissionen? Wir sind der Meinung, dass drei von elf Mitgliedern, die darüber entscheiden, wie eine neue Stelle besetzt wird, also gerade mal 27 % Frauenanteil durchaus machbar wären, nichts aber davon findet sich in Ihrem aktuellen Gesetzentwurf. Warum nicht auch die Amtszeiten von Gleichstellungsbeauftragten so anpassen, dass auch Studierende und Doktoranden diese sinnvoll ausfüllen können, denn gerade dort ist der Anteil von Frauen noch einigermaßen hoch? Auch dies findet sich nicht bei Ihnen, wohl aber in unserem Antrag zum Hochschulgesetz. Warum wollen Sie die Hochschulen nur auffordern und ihnen nicht vorschreiben, die Geschlechterverhältnisse bei der Berichterstat

tung abzubilden? Wie will die Staatsregierung den Anteil der Professorinnen an den Promoventinnenanteil eines Studienganges angleichen, wenn sie nicht auch steuert? Anders kann ich es nicht verstehen, wenn man das Kaskadenmodell zwar erwähnt, aber auch Sie, Herr Schneider, sich hier wieder gegen klare Vorgaben, die sich nun mal an bestimmten Quoten festmachen, wenden.

Die SPD-Fraktion will deshalb, dass die Gleichstellungsbeauftragten auch Stimmrecht bei allen Berufungen in der Kommission erhalten, unabhängig davon, ob es sich um reguläre oder außerordentliche Berufungen handelt. Wenn Mann oder Frau wissen will, wie Gleichstellungspolitik aussehen kann, dann muss der Blick leider in andere Bundesländer gehen. Da ist manches machbar, was hier in Sachsen für Frauen im Wissenschaftsbetrieb nur ein Traum bleibt.

Ich weise an dieser Stelle gern auf das Landesprogramm für geschlechtergerechte Hochschule in NRW hin. Hier werden die Mittel für die drei Programmschwerpunkte Stärkung der Gleichstellungsbeauftragten, Nachwuchsförderung und Gender-Forschung gerade fast verdoppelt. So werden die Gleichstellungsbeauftragten unterstützt, die in Sachsen noch nicht einmal Budgetrecht besitzen. So lassen sich strukturelle Maßnahmen und Fächergruppen mit besonders wenigen Frauen umsetzen; Maßnahmen, die zugleich zu einer Verbesserung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf wie auch der Förderung von Mitarbeiterinnen in Technik und MINT-Fächern dienen, die wir doch so dringend bräuchten.

Mit diesen Geldern werden auch Wissenschaftlerinnen in der Post-hoc-Phase mit einem konkreten Interesse an der Fachhochschullaufbahn oder Gender-Forschung unterstützt. Dass das in Sachsen bei unseren Mehrheitsverhältnissen noch utopisch erscheint, sah Mann und Frau zuletzt in der Sachverständigenanhörung zum Gender Mainstreaming im Sozialausschuss.

Meine Damen und Herren, wir, die SPD, unterstützen den Antrag nicht nur, weil dies auch unsere Vorschläge sind und es sich Sachsen nicht leisten kann, auf die Leistungen der Frauen zu verzichten. Wir sind der Meinung, dass dieser Antrag unterstützt werden muss, weil es schlicht ein Gebot der Gerechtigkeit ist, dass bestehende Benachteiligung von Frauen in unserer Gesellschaft überwunden wird.

Danke schön.

(Vereinzelt Beifall bei der SPD, den LINKEN und den GRÜNEN)

Abschließender Redner ist Herr Tippelt für die FDPFraktion.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Liebe Kolleginnen und Kollegen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN! Der Geschlechterkampf lebt, oder wie sonst soll ich den auffordernden Titel des vorliegenden Antrags von

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN verstehen? Schade, dass ein tatsächlich wichtiges Thema, nämlich die Sicherung unseres wissenschaftlichen Nachwuchses, wieder einmal auf das Geschlecht beschränkt wird. Dabei gehört die Gleichstellung von Männern und Frauen zu den ständigen Aufgaben der Hochschulen, und das nicht erst, seitdem die GRÜNEN im Landtag sind.

(Zuruf von den GRÜNEN: Ja, ja!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, malen wir den Teufel nicht an die Wand und schauen uns die tatsächlichen Verhältnisse an den sächsischen Hochschulen an. Schauen wir im Besonderen einmal darauf, was sich in den Führungsspitzen unserer Hochschulen gerade in den vergangenen Jahren getan hat. Zum einen die Universität Leipzig: Seit März vergangenen Jahres führt Frau Prof. Dr. Beate Schücking das Rektorat dieser großen Hochschule. Kurz danach hat Frau Prof. Dr. Renate Lieckfeldt das hohe Amt der Rektorin an der HTWK in Leipzig angetreten. Weitere Beispiele seien genannt, zum Beispiel die Hochschule für Grafik und Buchkunst in Leipzig, an der Prof. Dr. Ana Dimke Rektorin ist, oder die Studienakademie in Leipzig, an der Prof. Dr. habil. Ulrike Gröckel Direktorin ist.

Sie sehen, die Strukturen lassen es zu. Wie Prof. Schneider es bereits ausgeführt hat: Immer mehr Frauen nehmen Führungspositionen an sächsischen Hochschulen ein. Dazu waren keine entsprechenden Anordnungen unserer zuständigen und, wohlgemerkt, weiblichen Wissenschaftsministerin Frau Prof. Dr. Sabine von Schorlemer notwendig.

Meine sehr geehrten Damen und Herren von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, in Ihrem Antrag fordern Sie unter anderem umfangreiche Berichtspflichten. Dabei enthalten die Berichte des Statistischen Bundesamtes zu den nicht monetären Hochschulstatistiken Kennzahlen über mehrere hundert Seiten hinweg, umfangreiche Auflistungen über geschlechterspezifische Studienberechtigtenquoten,

Studienanfängerquoten, Absolventenquoten usw. Allein für das Personal an Hochschulen gibt es extra Veröffentlichungen.

Des Weiteren sprechen Sie von subtilen Diskriminierungsmechanismen, wie in der Antragsbegründung geschehen. Das geht unserer Meinung eindeutig zu weit. Sie bringen die Debatte zur Förderung von wissenschaftlichem Nachwuchs