Protocol of the Session on June 13, 2012

(Vereinzelt Beifall bei den LINKEN und den GRÜNEN)

Es sind nicht nur die Erzieherinnen und Erzieher selbst, die die permanente Arbeitsüberlastung in den Kitas und die darunter leidende individuelle Betreuung und unzureichende Arbeit auch mit den Eltern beklagen. Es sind auch die Eltern, die sich mehr Zeit der Erzieherinnen und Erzieher für ihre Kinder und für Elterngespräche wünschen.

Ich darf daran erinnern, es war im Jahr 2008 noch unter der CDU-Sozialministerin Helma Orosz, die nach der flächendeckenden Einführung des Bildungsplanes 2006 eine Verbesserung des Personalschlüssels für notwendig hielt. Finanzpolitisch übersetzt, Herr Unland, heißt das: Die Ausgaben müssen den Aufgaben folgen und nicht anders herum.

(Vereinzelt Beifall bei den LINKEN)

Es nützt den ehrgeizigen bildungspolitischen Zielen der Staatsregierung nichts, wenn man sich eine Evaluation leistet, wie das SMK es getan hat, deren wegweisende Ergebnisse und Handlungsvorschläge aber im Nirwana oder in der Schublade des Ministeriums landen, Frau Firmenich. Ich frage Sie wirklich: Was hat Ihre Staatsregierung seit dem Erscheinen des Bildungsplanes im letzten Sommer davon an Vorschlägen umgesetzt?

Es reicht eben auch nicht, sich mit guten Modellprojekten wie der Sprachförderung und den Konsultationskitas zu schmücken. Sie haben sie alle brav aufgezählt. Aber was folgt denn daraus für Sachsen, wenn man außer Presseterminen und Fachgesprächen keinen Plan, keine Ideen für die Weiterführung und Implementierung in die Kinderbetreuungslandschaft hat?

Frau Kurth als neue Kultusministerin tritt – das erkenne ich auch an – ein schweres Erbe an. War es ihrem Vorgänger, Herrn Wöller, kein besonderes Anliegen, sich für eine verbesserte Kindertagesbetreuung starkzumachen, so ist die Baustelle im Bildungsbereich in Sachsen inzwischen so groß geworden, dass sich mehrere Kräne gleich

zeitig drehen müssen und der Finanzminister eigentlich mit einem Sack Geld extra vorbeikommen muss.

Wir reden seit Monaten über Unterrichtsausfall, über Lehrermangel, über Investitionsstau, über Inklusion, Fachkräftemangel und über den Betreuungsschlüssel. Ich will das Kultusministerium ausdrücklich auffordern und auch ermutigen, Frau Kurth, sich im Interesse der Kinder, der Eltern und der Erzieherinnen und Erzieher, kurz, sich im Interesse Sachsens als Bildungsstandort starkzumachen, und zwar stark für mehr Personal, für kleinere Gruppen und auch für Inklusion in den Kitas.

(Beifall bei den LINKEN und der SPD)

Frau Kurth, knicken Sie nicht ein vor dem Finanzministerium! Opfern Sie die dringend notwendigen Verbesserungen im Kitabereich nicht der Lehrernachwuchssicherung. Alle Bildungsbereiche von der Krippe über die Schule bis zu Berufsausbildung und Hochschule müssen zusammengedacht und auch gemeinsam gleichwertig finanziert werden.

(Beifall bei den LINKEN und der SPD)

Wenn wir im Kitabereich – das will ich ausdrücklich betonen – weiterhin nichts für die Verbesserung tun, dann verlieren wir auch noch die benötigten Nachwuchskräfte. Sie wissen es: In den alten Bundesländern werden in den nächsten drei Jahren mindestens 24 000 Erzieherinnen und Erzieher zusätzlich benötigt, um den Krippenausbau mit dem Rechtsanspruch personell zu untersetzen. Wir müssen hier alles tun, um die Fachkräfte, die aus den Schulen kommen, in Sachsen zu halten. Das kann aber nur mit guten Arbeitsbedingungen geschehen.

Frau Kurth, auf den Anfang kommt es an. Wagen Sie große Sprünge, damit wenigstens kleine Schritte daraus werden!

Vielen Dank.

(Beifall bei den LINKEN, der SPD und den GRÜNEN)

Für die FDP Frau Abg. Schütz, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Der Sächsische Bildungsplan ist als positive professionelle Grundlage der pädagogischen Arbeit in Krippen, Kindergärten und Horten angekommen. Die vorliegenden Ergebnisse der wissenschaftlichen Untersuchungen, die Sie in Ihren Anträgen auch ansprechen, bestätigen die wesentlichen Inhalte und Ziele des Bildungsplanes. Besonders positiv hervorgehoben werden die pädagogischen Basisvorstellungen des Bildungsplanes, das heißt, die Bildungsangebote aus den sechs Bildungsbereichen. Somatische, soziale, kommunikative, ästhetische, naturwissenschaftliche und mathematische Bildung sind als Einheit zu sehen, was so in den Kindertageseinrichtungen umgesetzt wird.

Es geht nicht darum, schulfachliches Wissen zu vermitteln, sondern darum, die Persönlichkeitsbildung, an den Ressourcen jedes Kindes orientiert, zu unterstützen. Diese Arbeit leisten unsere Erzieherinnen und Erzieher in den Einrichtungen. Dafür auch von unserer Seite ein herzliches Dankeschön.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Positiv hervorgehoben wird zudem die kindliche Entwicklung aus konstruktivistischer Sicht, das heißt, dass das Kind sich selber bildet. Aber es braucht dafür natürlich eine anregende Lernumgebung und den Dialog zu bereitstehenden Kokonstrukteuren, die mit ihm in Dialog treten, also mit den entsprechenden Erzieherinnen und Erziehern.

Diese zentralen Methoden der Projektarbeit, die Überlegungen zur Gestaltung von Lernumgebungen und die Beobachtung der Bildungsergebnisse der Kinder werden hier in dem Evaluationsbericht zum Sächsischen Bildungsplan hervorgehoben. Es wird dabei ganz deutlich: Die Ergebnisse bestätigen die eingeschlagene Richtung. Die Gewinner in Sachsen sind unsere Kinder.

Nicht verhehlen möchte ich natürlich auch, dass es bei dieser ganzen Situation noch Schwierigkeiten gibt. Gerade beim Übergang vom Kindergarten zur Schule stellen sich immer noch besondere Herausforderungen. Kooperationen zwischen Kindergärten und Schulen müssen zukünftig als Netzwerke betrachtet werden, als Netzwerke im Quartier bzw. in definierten Einzugsgebieten. Häufig ist es ja heute schon so, dass in eine Grundschule Kinder aus vier oder fünf Kindertageseinrichtungen kommen, so wie es bei mir in Görlitz ist, wo das gesamte Stadtgebiet praktisch ein Grundschulbezirk ist, wo also die Kooperationen, die zwischen Kindergärten und einzelnen Schulen bestehen, gar nicht mehr so möglich sind. Das Kind besucht eine Kindertageseinrichtung und hat eine Kooperation mit einer Grundschule, in die es aber gegebenenfalls gar nicht geht.

Dort sind die Ansätze trägerübergreifend zu überdenken, die Kindertageseinrichtungen, aber auch die Schule betreffend. Hier – das darf ich an dieser Stelle auch sagen – hat die Bündelung in einem Ministerium bisher noch nicht alle Erwartungen der Beteiligten erfüllt, die man sich daraus verspricht. Hier könnten noch mehr positive Effekte erbracht und könnte noch mehr an ressourcenorientierter Bereitstellung gearbeitet werden, an einer Kooperation auf Augenhöhe. Das möchte ich ganz deutlich hervorheben. Die Pädagogen haben, sei es das fünf-, sechs- oder siebenjährige Kind, immer das gleiche Kind, an dem sie sich orientieren, um ihm einen guten Übergang von der vorschulischen in die schulische Bildung zu gewährleisten.

Die personelle Ausstattung in diesem Bereich spielt unumstritten eine sehr wichtige Rolle. Das pädagogische Personal in Sachsen hat überwiegend einen Fachschulabschluss als Staatlich anerkannter Erzieher, Heilpädagoge oder als Diplom-Sozialpädagoge in der Frühpädagogik. Mit einem Anteil von circa 87 % in Sachsen liegt deren

Anteil deutlich über dem Bundesdurchschnitt, der circa 72 % beträgt. Das zeigt also, dass die pädagogische Arbeit auf hochwertigem Niveau erfolgt; denn wir haben sehr gut ausgebildetes Personal, das bundesweit hohe Anerkennung genießt. Nicht umsonst würden wir mittlerweile so viele unserer ausgebildeten Kräfte an andere Bundesländer verlieren.

Unsere Erzieherinnen sind es ganz besonders, die zum guten Erfolg des Bildungsplanes auf allen Ebenen beigetragen haben. Das zeigt, wir haben die Kompetenz in Sachsen, und darauf können wir stolz sein.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Danke schön. – Der uns vorliegende Antrag der SPD verfolgt natürlich hehre Ziele, vor allem in Anbetracht dessen, dass Sie bereits regierungstragende Fraktion waren und all diese Forderungen hätten umsetzen können. Aber auch der Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erwähnt das Thema Personalschlüssel.

Die schrittweise Verbesserung der Betreuungsrelation geht automatisch mit einer steigenden Kostenentwicklung einher. Damit sage ich Ihnen nichts Neues. Allein für das erste Jahr mit geändertem Schlüssel kämen wir bei den von Ihnen vorgeschlagenen Verhältnissen in Krippe, Kindergarten und Hort auf circa 300 Millionen Euro. Orientieren wir uns an der bisherigen Systematik, der dritten Regelung, müssten allein die Kommunen circa 130 Millionen Euro und das Land einen ebenso großen Anteil stemmen. Ein nicht unerheblicher Rest würde bei den Elternbeiträgen übrig bleiben. Es wäre ein enormer finanzieller Aufwand, würde man Ihrem Vorschlag folgen.

Wer allerdings nicht nur an sich denkt, sondern Verantwortung gegenüber Kindern und Enkeln ernst nimmt, kann solche ungedeckten Vorschläge heute hier nicht akzeptieren.

(Johannes Lichdi, GRÜNE: Und morgen?)

Sicher ist, dass Ihr Vorschlag nicht im Alleingang eines Beteiligten umgesetzt werden kann. Ihr Vorschlag ist rein auf der Landesebene begründet.

(Dr. Eva-Maria Stange, SPD: Machen Sie einen Gegenvorschlag!)

Es sind reine Forderungen an das Land. Grundsätzlich – das hat meine Vorrednerin Frau Firmenich bereits gesagt – sind dabei alle Beteiligten ins Boot zu holen, die Landkreise und die Eltern.

(Dr. Eva-Maria Stange, SPD: Tun Sie es!)

Helfen Sie uns dabei, gemeinsam vor Ort, Frau Stange, dann haben wir dort gute Argumente.

Über den Doppelhaushalt 2013/2014 entscheidet der Landtag erst Ende dieses Jahres in seiner DezemberSitzung. Wir werden dem Haushalt nicht vorgreifen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Einsetzung einer Expertengruppe zur Umsetzung der Empfehlungen des Sächsischen Bildungsplanes kommt aus meiner Sicht

viel zu spät. Am Schwerpunkt der Verzahnung von Schulvorbereitungsjahr und Schuleingangsphase arbeiten bereits drei Arbeitsgruppen. Die Empfehlungen des Landesjugendhilfeausschusses, die der Antrag der GRÜNEN anspricht, wurden dabei bereits beraten.

Die Ausweitung der Evaluation des Bildungsplanes auf die Bereiche Hort und Kindertagespflege halte ich selbstverständlich für sehr sinnvoll. Es ist notwendig, die Wirkungsweise und die Anregungen für eine weitere Fortentwicklung mit herauszuarbeiten. Aber auch hier müssen wir auf die haushalterischen Bedingungen schauen, ob es Möglichkeiten dafür gibt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Auch wenn – wie ich bereits sagte – die Studie unsere eingeschlagene Richtung bestätigt, gibt es unbestritten noch Handlungsbedarf. Wir wollen und können uns auf den Lorbeeren nicht ausruhen. Das ist nicht unser Anspruch, sondern wir wollen tatsächlich weiter sehen. Den Handlungsbedarf sehe ich allerdings nicht nur beim Thema Personal, sondern genauso beim Thema der Entlastung der KitaErzieherinnen von bürokratischen Hürden. Daran arbeiten wir gemeinsam. Wir sind sozusagen in Bewegung und arbeiten konzentriert weiter.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Aus den genannten Gründen wird die FDP-Fraktion Ihren Antrag ablehnen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Gibt es weiteren Redebedarf vonseiten der Fraktionen? – Das ist nicht der Fall. Frau Ministerin, wünschen Sie das Wort? – Bitte schön.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Evaluation des Sächsischen Bildungsplanes wurde von meinem Haus in Auftrag gegeben – wie schon gesagt wurde –, um den Stand der Implementierung in der Praxis festzustellen und zu untersuchen, inwiefern der Bildungsplan bzw. seine Rahmenbedingungen weiterentwickelt werden müssen.

Daher ist es selbstverständlich, dass in meinem Haus die nötigen Schlussfolgerungen gezogen wurden und werden. Die Forderungen der Antragsteller bilden einen Katalog durchaus wünschenswerter Verbesserungen. Lassen Sie mich deshalb auf einige Punkte näher eingehen.

Über die Verbesserung des Personalschlüssels im Kindergarten haben wir hier schon sehr oft diskutiert. Wie schon mein Vorgänger weise auch ich erneut darauf hin: Die Kindertagesbetreuung ist eine Pflichtaufgabe der Kommunen. Das hat auch Frau Firmenich betont. Ein verbesserter Personalschlüssel ist nur umsetzbar, wenn die Kommunen die damit verbundenen Kosten mittragen. Dazu kann ich derzeit keine Bereitschaft erkennen.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU und Beifall bei der FDP)

Allein die Kosten für eine Verbesserung von 1 : 13 auf 1 : 12 im Kindergarten betragen 32,5 Millionen Euro.