Ich kann nachvollziehen – Frau Stange, hören Sie bitte zu! –, dass die Zahlen bei der Staatsregierung in einem bestimmten Fokus stehen. Es ist die Ehrlichkeit und Offenheit von Frau Staatsministerin, dass wir Vertrauen zurückgewinnen und damit die Grundlage schaffen, den Lehrerbedarf in Sachsen in Zukunft erfolgreich abzusichern.
Ich möchte es noch einmal benennen, weil es in der Debatte noch nicht gesagt wurde: Wir werden 565 unterrichtswirksame Einstellungen vornehmen. Zusätzlich werden 290 Stellen aus dem Bereich GTA wieder in den Unterricht zurückgeführt.
Ich sage auch relativ deutlich: Die Ganztagsangebote werden wie früher, wie bis 2010, wieder ausschließlich aus Honorarmitteln bezahlt. Das war der Sinn, als sie 2005 erstellt wurden.
Das ist inhaltlich richtig und steht für die Ganztagsangebote. Deshalb ist es anders, als es einige in der Öffentlichkeit bezeichnet haben: Es wird nicht irgendwo eine Lücke geschlossen, indem man irgendwo eine andere Lücke reißt, sondern hier führen wir das, was ursprünglich immer als Übergangslösung geplant war, aufgrund des Auslaufens des BTV wieder auf die Ursprünge zurück. Deshalb ist es die richtige Entscheidung, jetzt genau das und in dieser Form zu tun.
Vielen Dank. – Herr Bläsner, vor dem Einsatz der Lehrer aus dem GTV in den Ganztagsangeboten hatten wir 30 Millionen Euro für Ganztagsangebote. Danach hatten wir nur noch
20 Millionen Euro. Wenn ich es richtig verstanden habe, werden jetzt bei der Nachbesserung des Bildungspaketes 2 Millionen Euro zur Verfügung gestellt.
Ist Ihre Aussage so zu verstehen, dass ab dem kommenden Schuljahr wieder 30 Millionen Euro für Ganztagsangebote im Haushalt zur Verfügung stehen?
Liebe Frau Dr. Stange, zum Ersten: Über den kommenden Haushalt werden wir in diesem Jahr verhandeln.
Zweitens sind die 2 Millionen Euro für die Zeit von September bis Dezember geplant. Das wissen Sie. Das ist nur ein Teil des Jahres.
Moment, Sie wissen, dass das Thema Lehrerstellen für GTA nur im Bereich Mittelschule und Gymnasium gilt, aber nicht für die gesamten 30 Millionen Euro. Das wissen Sie hoffentlich. Sie wissen auch, dass jährlich – das haben wir auch als Opposition immer erfragt – viele Mittel aufgrund des Verfahrens leider nicht abfließen, weil Angebote nicht zustande kommen oder weil Angebote zurückgezogen werden.
Deshalb sind die 2 Millionen Euro völlig ausreichend. Es ist alles andere als eine Kürzung im GTA-Bereich. Ich bin dankbar dafür, dass hier nicht wirklich etwas weggenommen, sondern umgesteuert wurde auf das System, das wir hatten, nämlich ausschließlich Honorarmittel dafür bereitzustellen.
Dass die Umstellung Schwierigkeiten mit sich bringt, brauchen wir hier nicht wegzudiskutieren. Die Kultusverwaltung hat versprochen, hierfür Hilfestellung zu geben und das Wesentliche zu tun. Deshalb ist es richtig, jetzt umzusteuern. Wir brauchen die Lehrer in der Schule, im Unterricht. Wir müssen im GTA-Bereich dorthin zurückkommen, wo wir einmal waren, damit diese ungesunde Konkurrenz zwischen Lehrerstelle und GTA, was wir oft bedauert haben, beseitigt ist. Man muss das trennen, indem man sagt: Das eine ist für die Unterrichtsversorgung und das andere ist für die GTA. Das ist eine klare, saubere Linie, und das ist es, was wir machen, und es ist richtig.
Wir werden – das möchte ich ausdrücklich betonen – 90 nicht unterrichtswirksame Einstellungen aufgrund des ESF-Programmes „Qualitätsmanagement“ vornehmen. In irgendwelchen Pressemitteilungen ist es angeklungen, dass wir uns als Koalition dafür feiern lassen würden. Ich
glaube, hier hat sich niemand feiern lassen. Wir haben das getan, was unsere Pflicht ist: Wir haben unsere Planungen vorgestellt und das, was nächstes Schuljahr erwartet wird. Die Öffentlichkeit hat ein Recht darauf, das zu erfahren. Sie hat auch ein Recht zu erfahren, dass wir als Koalition dahinterstehen. Das haben wir getan – nicht mehr und nicht weniger.
Ein echter Zugewinn – das möchte ich ausdrücklich betonen – ist die 1 Million Euro für das Programm „Unterrichtsgarantie“. Hier ist ein Einstieg geschaffen worden, um schnell und flexibel vor Ort auf Unterrichtsausfall reagieren zu können. Das ist eine Forderung, die wir als FDP schon sehr lange haben, auch schon zu Oppositionszeiten. Hier ist der Einstieg geschafft, und das ist Geld, das wirklich zusätzlich bereitsteht, um den Unterrichtsausfall einzudämmen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir als Koalition werden jetzt gemeinsam mit der Staatsregierung die mittel- und langfristige Planung in Angriff nehmen. Es wurde gesagt, es war nur für das nächste Schuljahr. Klar, wir hatten auch nichts anderes im letzten Plenum gesagt: bis Ende April das nächste Schuljahr, bis Ende Juni die mittel- und langfristige Planung. Deshalb geht Ihr Bedauern, dass das nur ein Schuljahr wäre, völlig ins Leere. Wir haben es von Anfang an gesagt und deshalb haben wir überhaupt kein Problem zu sagen: Ja, wir haben nur das erste Schuljahr vorbereitet.
Notwendig ist jetzt, sich den Strukturen zuzuwenden. Die Aussagen zu Einstellungsprognosen, die im Dezember gemacht wurden, sind so nicht mehr haltbar. Das ist durch den Kassensturz auch deutlich geworden. Darüber werden wir bis Juni entscheiden und dazu beitragen, dass wir, wie im Dezember angesprochen, den Schulen mehr Freiheit geben, dass wir strukturell umsteuern und uns für flexible Mittel für die Unterrichtsabsicherung, also Vermeidung von Unterrichtsausfall, und für besondere Angebote verwenden.
Wenn wir sagen, mehr Freiheit für die Schulen, dann dürfen wir sie auch nicht allein lassen und sollten wie in anderen Ländern einen Lehrerpool einrichten. Wir müssen konsequent an der Einführung eines Einsteigerprogramms festhalten und dieses fortführen. Das ist zwar keine Generallösung, aber eine Chance, auch kurzfristig qualifiziertes Personal zu bekommen und das System offener zu gestalten. Wichtig sind die abgeschlossene Laufbahn im Lehrerbereich sowie die Teilbereiche, ob wir nun den berufsbildenden Bereich sehen oder das Grundschullehramt, in dem es die Bereiche gibt. Hier wie bei den Sozialpädagogen muss durch eine Weiterbildung qualitativ hochwertiger Ersatz geschaffen werden, denn hier besteht Bedarf.
Wir müssen, wie bereits passiert, kritisch die Aufgaben der Schulverwaltung überprüfen. Frau Kurth hat hier bereits 66 Stellen freigeschaufelt, die in das System Schule zurückgeführt werden können und im nächsten
Jahr im Bereich der Lehrerausbildung zum Einsatz kommen. Wir müssen auch aufklären, welches Qualitätsniveau und welche Finanzierung wir in Sachsen wollen. Für die FDP steht deshalb fest, dass wir uns nicht sklavisch an andere Bundesländer koppeln wollen. Selbstverständlich erwarte ich von jeder Verwaltung, dass wir Effizienzreserven heben und Ressourcen effizient einsetzen. Das wird auch bei der neuen Kultusministerin gut aufgehoben sein.
Auch die Diskussion um das zukünftige Bildungspaket 2.0 muss qualifiziert erfolgen, und es darf nicht ein vorgegebener Finanzrahmen diese einbremsen. Sachsen war PISA-Sieger, und Sachsen muss auch spitze bleiben. Das ist unser Anspruch und nicht nur Vergleiche in die eine oder andere Richtung.
Die Herausforderungen sind gewaltig nicht nur für die tatsächliche Entscheidung, denn wir können uns zum Beispiel keine Grundschullehrer backen. Wir bilden derzeit zu wenig aus, möchten aber mehr einstellen. Doch wir müssen zur Kenntnis nehmen, dass es auf dem Markt zu wenige gibt. Das ist eine schwierige Situation. Andererseits müssen wir über Strukturen nachdenken, die für die Zukunft stabil sind.
Ich habe die Diskussion, bei der es um den dritten Standort der Lehrerausbildung ging, an der auch unser ehemaliger Sprecher, Herr Schmalfuß, teilnahm und hart geblieben ist, verfolgt. Wie ist denn in anderen Studienfächern die Verteilung über die Universitäten? Aus hochschulpolitischer Sicht sage ich einmal – mag das völlig anders sein –, dass ich es nicht verstanden habe, warum wir darüber diskutieren, ob überhaupt an drei Standorten Lehrer ausgebildet werden, aber hingenommen wird, dass an drei Stellen Politikwissenschaftler ausgebildet werden. Das habe ich als Schulpolitiker erst einmal zur Kenntnis genommen, konnte aber, wenn ich Prioritäten setzen möchte, keine wirklich gute Begründung finden. Das mag man an anderer Stelle ausdiskutieren, doch ich gebe zu bedenken, dass wir mehr Prioritäten setzen müssen. Das Geld wird nicht mehr, und wir müssen flexibel sein. Bis Ende Juni werden wir die ersten wichtigen Strukturentscheidungen treffen. Ich denke, dass uns das gelingen wird. Da helfen auch nicht solche Pseudoanträge wie die von der vereinigten links-grünen Opposition.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es knirscht bedenklich im Gebälk der Bildungslandschaft des Freistaates Sachsen, und es knirscht bei diesem Thema nicht nur zwischen den Oppositionsparteien, sondern auch innerhalb der Regierung selbst. Dies könnte uns natürlich Grund zur Schadenfreude sein, wenn es uns nicht um so eine ernsthafte Sache wie die Zukunft unserer Jugend ginge. Deshalb kurz und bündig.
Den Punkten 1 bis 3 des Antrages, die sich der Herstellung eines realistischen Bildes der Situation in den Hochschulen widmen und deren Finanzierung im Auge haben, können wir bedenkenlos zustimmen.
Es bleiben die gedrechselt formulierten Sätze des Punktes 4. Ich erspare mir, sie samt der dazugehörigen Begründung vorzutragen, und fasse zusammen: Es gibt Unterrichtsausfall und unzufriedene Lehrer, die Ergebnisse der schulischen Ausbildung sinken dramatisch. Die Ausbildungsfähigkeit angehender Lehrlinge lässt ebenso zu wünschen übrig wie die Studienreife der Abiturienten. Damit geht eine Überalterung beim Lehrkörper einher, die, wie absehbar, zu einem gravierenden Lehrermangel führen wird. Da klingt es gut, wenn etwas dagegen unternommen werden soll. Doch wie sieht die Praxis aus?
101. Mittelschule „Johannes Gutenberg“ in Dresden, für Irritation. In dem Schreiben wird am Beispiel einer Klasse verdeutlicht, welchem organisatorischem Aufwand,
welchen individuellen Problemen und vor allem welcher pädagogischen Einzelarbeit sich die Klassenleiter, die Fachlehrer sowie die Schulleitung permanent stellen müssen.
Unter Verweis auf die bisherige erfolgreiche Arbeit, die Integrationskindern den Weg in ein weitgehend normales Leben ermöglicht hat, werden eine wachsende Arbeitsbelastung und die unzureichende Anerkennung seitens Gesellschaft und Arbeitgeber beklagt.
Mit den im genannten Diskussionspapier angeführten Problemen steht die Dresdner Mittelschule nicht allein. Es häufen sich Berichte über negative Erfahrungen im Zusammenhang mit der Art und Weise der Durchsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention, auch aus anderen Ländern, zum Beispiel aus Sachsen-Anhalt. Nach Ansicht des Erziehungswissenschaftlers Andreas Gatzemann
besteht auch dort zunehmend die Gefahr, dass die Zahl der Schulversager steigt. Seiner Ansicht nach sind viele geistig behinderte und lernbehinderte Kinder an Grund- und Sekundarschulen völlig überfordert, zumal es eklatant an Fachpersonal mangelt.
Laut einer kürzlich erschienenen Studie der BertelsmannStiftung benötigt der Freistaat Sachsen in den kommenden Jahren 1 600 Lehrer zusätzlich. Pro Jahr kommen so 114 Millionen Euro Mehrkosten auf das Land zu. Angesichts des zunehmenden Lehrermangels und der Sparziele der Staatsregierung ist zu befürchten, dass die Entwicklung der 101. Mittelschule in Dresden zur Normalität wird. Unter solchen Umständen ist eine Umsetzung der Behindertenrechtskonvention in der derzeit angestrebten Weise nicht möglich. Entweder wird das Ziel, eine inklusive Beschulung aller Kinder zu ermöglichen, nicht erreicht, oder Lernergebnisse und daraus folgend die Lebenssituation der Schüler mit, aber auch ohne Förderbedarf verschlechtern sich im Vergleich zu den gegenwärtigen Möglichkeiten.
Unter diesen Gesichtspunkten ist es schon mehr als scheinheilig, Qualitätssicherungskonzepte zu fordern, wenn sinnvolles Handeln im Interesse von Schülern und Lehrern angesagt wäre. Voraussetzung dafür ist die sofortige Beendigung aller schulpolitischen Experimente. Aus diesem Grund können wir Punkt 4 nicht zustimmen.