In letzter Konsequenz muss man aber sagen: Bei einem Haushalt von 27 Millionen Euro und wohlbekannten Kosten für auch nur einen Schulneubau von mindestens 5 Millionen Euro – das ist noch eine kleine, günstige Schule; es dürften eher 10 Millionen Euro sein – mehr Projekte zu fördern, ist lächerlich. Was nützt es mir, 20 Projekte initiieren zu können, wenn allein in einer der beiden großen Städte Sachsens der Bedarf bis 2020 bei 20 Schulen je bis zu 10 Millionen Euro liegt? Da können Sie sich Ihre kleinen Projekte stecken; das hilft so niemandem.
Meine Damen und Herren! Wir setzen mit der Aussprache fort. Ich frage noch einmal die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Herr Dr. Gerstenberg?
Meine Damen und Herren! Ich möchte Ihnen gern Gelegenheit geben, wenn Sie das wollen. Ich kann den Platz verlassen, da haben Sie 30 Minuten Zeit.
Okay, weiter mit der Aussprache. Ich frage noch einmal BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, ob in der zweiten Runde noch einmal das Wort gewünscht wird. –
Dann ist die CDU-Fraktion an der Reihe. Herr Abg. Colditz, bitte. Ich wünsche Ihnen jetzt gutes Gelingen.
Meine Damen und Herren! Herr Präsident! Mit Blick auf das, was wir gerade getan haben, finde ich es gut und richtig, dass wir so engagiert, so vielgestaltig und auch so kontrovers um das Thema Bildung hier im Hause und auf anderen Ebenen miteinander ringen.
Meine Damen und Herren, das ist dem Thema auch völlig angemessen. Es ist dem Thema auch angemessen, dass wir die Diskussion so vielgestaltig zwischen den Fraktionen, aber auch bei uns in der Koalition mit großem Engagement und Emotionalität und auch mit großer Kontroverse führen. Ich sage an der Stelle auch, dass ich es gut finde, dass heute vor dem Landtag junge Menschen aufmarschieren und für Bildung in diesem Land protestieren.
Meine Damen und Herren, das ist nicht nur etwas Gutes für Sie als Opposition, weil damit eine gewisse Schelte an die Koalition und an die Staatsregierung erteilt wird, sondern für uns ist es auch gut. Das sage ich einfach so. Protestieren heißt im Grunde genommen nicht nur, gegen etwas zu sein, sondern auch, für etwas einzutreten.
So sehe ich die heutige Veranstaltung der jungen Leute. Es kann uns doch als Politiker gar nichts Besseres passieren, als so eine breite gesellschaftliche Diskussion, noch dazu von jungen Menschen, denen die Zukunft dieses Landes gehört, und dass so ein breites gesellschaftliches Eintreten für gute Bildung in Sachsen vorhanden ist. Das hilft uns doch auch, und den Optimismus habe ich nach wie vor, dann, wenn es zu Entscheidungen kommt, eine komfortable Ausgangssituation zu haben und Prioritätensetzungen vorzunehmen.
Gegenstand des vorliegenden Antrages ist auch Punkt 4, die Unterrichtsversorgung, wozu ich in meinem Redebeitrag einiges sagen will. Die wirksamste und verlässlichste Maßnahme gegen Unterrichtsausfall ist sicher die bedarfsgerechte, schulart- und fächerspezifische Planung und Ausstattung der Schulen mit Personal. Da bin ich wieder bei dem, was ich vorhin gesagt habe: die nach wie vor anstehende Aufgabe, der wir uns im Rahmen des bevorstehenden Haushaltes zu stellen haben. Und ich sage auch noch einmal, dass das bisher vorliegende Bildungspaket zur Lösung nicht ausreicht.
Die kürzlich beschlossenen Personalmaßnahmen sind sicher ein erster ganz wichtiger Schritt in die richtige Richtung, und ich bin froh, dass es der neuen Ministerin vergönnt war, dies gleich zum Amtsantritt so auf die Reihe zu bringen, wobei wir uns auch vergegenwärtigen müssen, dass diese Maßnahmen mit Blick auf das Schuljahr in einem sehr engen zeitlichen Rahmen zu realisieren sind. Es ist das Notwendigste, das getan werden muss, möglicherweise auch mit Konflikten behaftet, aber – und das sollte man nicht kleinreden – es ist auch ein deutliches Signal für junge Lehramtsabsolventen, dass sie in Sachsen eine Perspektive haben. Diese 565 geschaffenen Stellen – unabhängig davon, ob es reicht – sind ein wichtiges Signal, dass wir jungen Menschen diese Perspektive aufzeigen.
Wir müssen aber über diese Entwicklung hinaus weiterdenken an die kommenden Jahre. Das wird Gegenstand des kommenden Haushalts sein. Diese Verpflichtung haben wir uns als Fraktion auferlegt.
Meine Damen und Herren! Die aktuelle Situation ist nicht zu rechtfertigen und es bedarf tatsächlich eines Gegensteuerns, so wie ich es eben gesagt habe. Als Fachpolitiker sind wir uns überfraktionell einig – so ehrlich muss man sein –, dass es trotzdem immer Unterrichtsausfall geben wird. Die Frage ist letztlich nur: Wie kann es gelingen, das Ausmaß des Unterrichtsausfalls so zu begrenzen, dass die Qualitätsverluste schulischer Ausbildung aufgehoben werden? Die zweite Herausforderung ist, wie es gelingen kann, dass wir flexibel und schnell auf dieses Problem reagieren können und das Ganze zu Akzeptanz vor Ort führt.
Unterrichtsausfall an Schulen ist sicher kein rein sächsisches Problem. Nun kann der Blick in andere Bundesländer keine Rechtfertigung dafür sein, dass wir sagen, bei anderen sieht es nicht viel anders aus. Ich denke aber, ein Blick darauf, wie anderswo mit diesem Problem umgegangen wird, lohnt sich dennoch. Der Vergleich mit anderen Ländern, der in der Vergangenheit zu Rechtfertigungen bestimmter Personalvorgaben geführt hat, ermunterte mich, einmal den Blick über die Landesgrenzen hinaus zu richten, wie man anderswo mit dem Unterrichtsausfall umgeht. Im Internet habe ich von Bayern eine ganz interessante Anmerkung gefunden. Dort hat der Kultusminister im Oktober vergangenen Jahres einen Runden Tisch gegen Unterrichtsausfall einberufen und Lehrer, Eltern und Schuldirektoren eingeladen. Dabei ging es um gemeinsam getragene Konzepte, um dem Problem, das auch in Bayern offensichtlich ein Thema ist, gerecht zu werden. Eine Woche zuvor hatte der Minister die Aufstockung mobiler Lehrerreserven und ein Budget zur Finanzierung eigenständiger Vertretungen und bezahlter Mehrarbeit für die Lehrer in Aussicht gestellt und dann auch wirklich realisiert.
Warum erwähne ich das an dieser Stelle, meine Damen und Herren? Meines Erachtens löst eine solche Herangehensweise das Problem am zielführendsten und sollte, wenn auch nicht ad hoc, auch bei uns zu Überlegungen
Anlass geben. Neben der generellen bedarfsgerechten Bereitstellung von Lehrern für das Gesamtsystem bedarf es mit Blick auf die konkrete Unterrichtsabsicherung immer auch des konkreten Blicks auf die Schule vor Ort, wobei es nicht darum gehen kann – auch das müssen wir offen und ehrlich diskutieren –, die Verantwortung dorthin zu delegieren und nicht auch die Rahmenbedingungen zu schaffen, damit Handlungsmöglichkeiten vor Ort bestehen.
Meine Damen und Herren! Es ist auch wenig hilfreich, wenn staatliche Konzepte entwickelt werden, die dann von Dresden aus dem ganzen Land übergestülpt werden. Der in Bayern eingeschlagene Weg der Verständigung mit den Betroffenen vor Ort ist da ein wesentlich zielführenderer Weg. Er ermöglicht eine konkrete und differenzierte Sicht auf die Probleme und nimmt die unmittelbar und mittelbar Betroffenen mit in die Verantwortung und die Lösungsfindung hinein. Damit werden sicher nicht alle Schwierigkeiten von vornherein aufgelöst, aber die Akzeptanz und das Engagement im Umgang mit diesem Thema werden anders befördert, als dies bisher bei uns gelungen ist.
So wenig planbar und vorhersehbar Unterrichtsausfall bei einer vorausgesetzten Personalplanung in Gänze ist, so flexibel muss die Reaktion darauf erfolgen. Das lässt sich aber nicht mit zentraler Steuerung effektiv erreichen. Wenn man sich vergegenwärtigt – und da sind wir bei dem Thema, das wir vor Augen haben –, dass zum Beginn des jetzt schon laufenden Schuljahres Tausende von Personalmaßnahmen realisiert worden sind und hinter diesen Maßnahmen ebenso viele Lehrkräfte standen, die kurz- und mittelfristig oftmals schulart- und fächerfremd abgeordnet werden mussten und das Ganze von der Schulbehörde durchexerziert wurde, dann muss man sich über den daraus erwachsenden Frust, den wir gemeinsam vermittelt bekommen haben, nicht wundern.
Eine ähnliche Gefahr besteht dann, wenn wir von einem Konzept ausgehen, das zentral vom Kultusministerium vorgegeben und letztlich auf der Ebene der Regionalschulämter durchgesteuert wird. Demgegenüber sehe ich in der genannten bayerischen Initiative einen zielführenderen Weg aus zweierlei Sicht.
Durch die Einbeziehung von Eltern und Schülern vor Ort in die Probleme lassen sich erstens Gestaltungsmöglichkeiten besser finden und Konflikte, die es trotzdem geben wird, im Vorfeld abbauen und Akzeptanz bei den Betroffenen herstellen. Durch den Einsatz eines flexibel handhabbaren Budgets lässt sich zweitens der Einsatz einer mobilen oder integrierten Lehrerreserve oder die finanzielle Unterstützung von Mehrarbeit von Lehrern ermöglichen.
Nun könnte ich an dieser Stelle Schluss machen und sagen: Nun lasst uns den Startschuss geben, lasst uns genau das realisieren. Jedoch denke ich, dass spätestens
nach der Kritik am Hause Kultus bezüglich des Umgangs mit Haushaltsvorgaben der jüngeren Vergangenheit es kaum einen im Kultusressort geben wird, der das jetzt nur aufgrund von kreativen Ideen und schöpferischem Engagement lostritt. Das heißt, dass wir für einen solchen sinnvollen und eigentlich alternativlosen Weg auch haushalterische Vorgaben treffen müssen. Insofern kann die Diskussion zu diesem Punkt eine Empfehlung sein – auch an das Kultusministerium und an die Staatsregierung –, diesen Ansatz weiter zu verfolgen und dabei jene Überlegungen einzubinden, die ich am Anfang genannt habe, um das Bildungspaket inhaltlich weiterzuentwickeln. So sind sicherlich auch die angedachten Überlegungen im Maßnahmenkatalog mit Blick auf das Programm „Unterrichtsgarantie“ zu sehen, wobei 1 Million Euro als Mittelansatz zur Verfügung gestellt werden soll, um die Unterrichtsversorgung zu gewährleisten. Das ist sicherlich eine gute Grundlage, um darauf qualitativ und inhaltlich weiter aufzubauen.
Das Programm „Unterrichtsgarantie“ macht sehr deutlich auf die Notwendigkeit eines flexiblen und bedarfsgerechten Umgangs mit dem Unterrichtsausfall im Land aufmerksam. Das ist eine neue Sichtweise, die es bisher so nicht gab. Darauf können Konzepte wie die eben genannten aufgebaut, abgestimmt und weiterentwickelt werden.
Ob die bisher zur Verfügung stehenden Mittel in Höhe von 1 Million Euro wirklich ausreichend sind, ist sicherlich mit einem Fragezeichen zu versehen. Ende des Jahres gibt es Haushaltsberatungen. Möglicherweise können wir dann darauf aufbauend Mittel im Haushalt aufstocken.
Wir haben außerdem die Möglichkeit, in dem uns zur Verfügung stehenden Zeitraum und mit den uns zur Verfügung stehenden Mitteln Konzepte zu erproben und zu entwickeln, wie ich sie gerade beschrieben habe, um des Problems Herr zu werden.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte gern eine Kurzintervention zum Beitrag von Herrn Kollegen Colditz einbringen, der, denke ich, viele richtige und nachdenkenswerte Dinge gesagt hat.
Erstens: Herr Colditz hat gesagt, dass es Unterrichtsausfall immer geben wird. Das ist sicherlich richtig, wenn es um kurzfristige Erkrankungen oder anderweitige Ausfälle geht. Jedoch hoffe ich, Herr Colditz, dass Sie mit mir darin übereinstimmen, dass es planmäßigen Unterrichts
ausfall, der seit Jahren stetig zunimmt, nicht geben darf, auch nicht in Sachsen. Damit muss endlich Schluss sein.
Ich habe Zweifel, dass die jetzt vorgelegten Zahlen geeignet sind, den planmäßigen Unterrichtsausfall tatsächlich zurückzudrängen.
Zweitens: Herr Colditz hat gesagt, dass die Staatsministerin etwas erreicht hat bzw. ihr etwas vergönnt gewesen sei, was ihrem Vorgänger nicht vergönnt war. Ich finde es auch richtig, dass mehr Geld zur Verfügung gestellt worden ist. Wenn Sie aber auf die Haushaltsberatungen hinweisen – das ist das Dritte, was sich damit verbindet –, dann finde ich es völlig unangemessen, dass der Finanzminister dieses Landes, obwohl er in der Liste für den ganzen Tag als anwesend ausgewiesen ist, an dieser Debatte nicht teilnimmt und durch Abwesenheit glänzt. Das finde ich nicht akzeptabel.
Meine Damen und Herren, wir setzen in der Aussprache fort. Für die FDP-Fraktion spricht Herr Abg. Bläsner. Sie haben das Wort.