Protocol of the Session on April 4, 2012

Dennoch sind uns allen noch die Ereignisse der Jenaer Terrorzelle vor Augen, die illegal in Zwickau operiert hat. Sie machen mich persönlich bis auf den heutigen Tag fassungslos. Hass und Gewalt, Fremdenfeindlichkeit und nochmals Hass sind die Dinge, die diese Menschen offensichtlich bewogen haben, insbesondere Ausländer, aber auch eine Polizistin, kaltblütig hinterrücks zu ermorden.

Jetzt geht es in der Tat darum, aufzuklären. Der Staatsminister des Innern, Herr Ulbig, aber auch der Justizminister haben für die Staatsregierung sowohl im Verfassungs-, Rechts- und Europaausschuss als auch im Innenausschuss umfassende Unterstützung, Mitwirkung und Aufklärung vorbehaltlich gesetzlicher Schranken zugesagt. Jetzt sind wir als Landtag über den Präsidenten gebeten worden, unsererseits die Mitwirkung zu leisten.

Diese ist zugesagt worden. Wir haben ganz bewusst bei diesem Antrag eine Fraktion nicht in diesen Antrag einbezogen, weil von dieser Fraktion in der Vergangenheit immer wieder genau das, was ich als Kritik in die Eingangsrede gebracht habe – eben Hass und Gewalt –, hier in das Hohe Haus getragen wurden,

(Heftige Empörung bei der NPD)

aber auch hier nach Dresden immer wieder hineingebracht worden sind. Ich weiß, dass es Ihnen schwerfällt, diese Vorhaltung zu ertragen. Aber mit Ihrer politischen Geisteshaltung, die sich an zahlreichen Dokumenten zeigt, die durch Ihre Fraktion verursacht worden sind, lässt sich das lückenlos nachweisen. Sie sind gegen Ausländer, Sie haben ein enges Weltbild und wir werden Sie deshalb in diesen Antrag auch nicht einbeziehen.

Unsere Aufklärungsarbeit ist zugesagt. Wir müssen ein formales Verfahren wählen. Deswegen ist dieser Antrag notwendig. Wir müssen aber bei weitergehenden Anträgen, die erbeten werden, gegebenenfalls auch Einzelbeschlüsse fassen. Das sind Geschäftsordnungsfragen, die im Detail für die Öffentlichkeit mitunter schwierig zu verstehen sind. Die Ausschüsse tagen jeweils in geschlossener Sitzung. In dem Moment, da auch der Bundestagsausschuss gegebenenfalls in öffentlicher Sitzung tagt, sind dann die bestimmten Vorbehalte zu beachten.

Ich will für die Antragsteller noch einmal deutlich erklären: Wir haben nichts zu verbergen! Wir wollen, dass die Aufklärung lückenlos passiert, und vor allem, dass strukturelle Mängel der Zusammenarbeit bei Behörden ermittelt werden und man damit möglichst versucht zu verhindern, dass sich solche schlimmen Ereignisse wiederholen.

Eines sollte klar sein: Der Sächsische Landtag ist ein Landtag, der sich der Gerechtigkeit und dem Frieden in dieser Welt, aber auch in unserem Land verpflichtet fühlt, und wir werden uns mit jedem hart auseinandersetzen, der dies nicht tut.

Ich denke, Joachim Gauck als Bundespräsident hat es deutlich gesagt: Ihr Hass stachelt uns an, unser Land in Frieden zu verteidigen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Die Fraktion DIE LINKE; Herr Bartl, bitte.

(Klaus Bartl, DIE LINKE: Im Moment kein Bedarf!)

Dann Herr Nolle von der SPD, bitte. – Auch nicht. Herr Biesok? – Auch nicht. Aber der Herr Schimmer sicher, davon gehe ich aus. – Für die NPD Herr Abg. Schimmer, bitte.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Auch die NPD-Fraktion hält den Antrag des Bundestagsuntersuchungsausschusses für legitim und auch den vorgeschlagenen Weg über eine Abweichung von der Geschäftsordnung rechtlich für zulässig und wird ihre Zustimmung deshalb nicht verweigern.

Ich möchte aber die Gelegenheit nutzen, um für die NPDFraktion klarzustellen, dass wir die Kooperation des Bundestages auch in der umgekehrten Weise erwarten, wenn also der 3. Untersuchungsausschuss von dort Informationen anfordert, soweit das rechtlich zulässig ist.

Was eigentlich jedem klar sein sollte, ist in der gegenwärtigen Hysterie um ein NPD-Verbot leider überhaupt nicht mehr selbstverständlich. Für Irritation sorgte vor allem der Vorsitzende des 2. Bundestagsuntersuchungsausschusses selbst. Herr Edathy kündigte an, wegen des NPDVertreters, also mir, im Sächsischen Untersuchungsausschuss könne es keine Zusammenarbeit mit dem Thüringer und dem Bundestags-Untersuchungsausschuss geben.

Nichts zeigt das fragwürdige Demokratieverständnis dieses Sozialdemokraten klarer als diese Äußerung. Man muss überhaupt den Eindruck haben, dass Herr Edathy den Ausschuss eher als Instrument zur Vorbereitung eines NPD-Verbotsverfahrens missbraucht, als dass bei ihm von einem echten Aufklärungswillen die Rede sein kann – so der Eindruck aus der Ferne.

Das ist keine gute Grundlage für eine sachgerechte Arbeit, und es ist zugleich ein Beispiel für den Missbrauch des parlamentarischen mittels eines Untersuchungsausschusses durch einen Vertreter der etablierten Parteien. Dass der Vorwurf dieses Misstrauens durchaus zutrifft, zeigt leider übrigens auch der vorliegende Antrag, der gemeinsam von allen anderen Fraktionen außer der NPD gestellt wurde, obwohl wir Nationaldemokraten in den Ausschüssen ja nie signalisiert haben, dass wir dieses Anliegen hier ablehnen.

Die NPD-Fraktion stimmt dem Antrag ausdrücklich mit der Maßgabe zu, dass damit neben den rechtlichen Aspekten auch ein Signal für eine gleichberechtigte Zusammenarbeit beider Ausschüsse gegeben wird. Wenn wir als NPD-Fraktion von einer Zusammenarbeit der Ausschüsse sprechen, dann meinen wir natürlich tatsächlich die Ausschüsse und nicht die Fraktionsvertreter im Bundestagsuntersuchungsausschuss, die mit ihren Parteifreunden hier im Landtag kungeln und vertrauliche Informationen weitergeben, die der NPD vorenthalten werden sollen.

(Andreas Storr, NPD: Das wäre ja antiparlamentarisch!)

Wir als NPD-Fraktion fragen uns seit Langem ja sowieso schon, wovor Sie eigentlich so große Angst haben. Jeder

objektive Beobachter muss doch darüber ins Grübeln kommen, was Sie vor der NPD verheimlichen wollen, wenn hier schon ganz offen darüber spekuliert wird, dass die Ergebnisse eines solchen Untersuchungsausschusses der NPD in einem möglichen Verbotsverfahren zugutekommen könnten. Im Umkehrschluss heißt das ja, die NPD kann nur verboten werden, wenn die Hintergründe der mutmaßlichen Zwickauer Terrorzelle unentdeckt und geheim bleiben.

Deswegen stellt sich für uns die Frage: Haben Sie vielleicht Angst, dass im Rahmen einer sauberen Aufklärung des vermeintlichen Versagens der Sicherheitsbehörden im Hinblick auf die Zwickauer Terrorzelle herauskommen könnte, dass es nicht nur ein Versagen war, sondern eine gezielte oder aus dem Ruder gelaufene Aktion der Geheimdienste mit dem irreführenden Namen Verfassungsschutz? Haben Sie Angst, dass am Ende keine Verbindung des sogenannten Nationalsozialistischen Untergrundes zur NPD nachgewiesen werden kann, sondern vielmehr zu der Spitzelgruppe von Herrn Sippel in Erfurt und Herrn Boos in Dresden? Offensichtlich – so die Auffassung meiner Fraktion – besteht gerade beim Sächsischen Landesamt ein immenser Aufklärungsbedarf.

So vermutete – um nur ein Beispiel zu nennen – der investigative Journalist Andreas Förster schon in einem am 13. Februar in der „Berliner Zeitung“ veröffentlichten Artikel, dass über den mutmaßlichen Hersteller des dubiosen Bekennervideos André E. eine „dicke Akte“ beim Sächsischen Landesamt existieren dürfte, und erklärte die, wohlwollend ausgedrückt, zurückhaltende Informationspolitik des Landesamtes über E. damit, dass das Amt womöglich – man horche jetzt auf! – einen Informanten schützen wolle.

Da muss ich einmal Kollegen Biesok fragen, der gerade anwesend ist: Worin besteht denn – ich zitiere – die „hilfreiche Handreichung der Opposition für die NPD“, von der der Kollege Biesok gern spricht? Damit die anderen Abgeordneten wissen, was ich meine, hier eine Kostprobe aus einer Pressemitteilung der FDP vom 7. März 2012. Ich zitiere: „Welcher Aussteiger aus der rechten Szene sagt noch bei der Polizei vollständig und wahrheitsgemäß aus, wenn er weiß, dass diejenigen, die noch kurz zuvor mit ihm zusammen mit der Bierflasche in der Hand und mit Springerstiefeln an den Füßen auf Skinhead-Konzerten gegrölt haben, jetzt seine Aussage auf mögliche Versäumnisse der Polizei überprüfen?“ – Also, es tut mir leid. Ich schätze Sie sonst durchaus, Herr Biesok, aber dümmer geht’s nimmer.

Doch nicht nur FDP und CDU wollen offensichtlich etwas vertuschen, sondern auch die Fraktionen, die den Untersuchungsausschuss eingesetzt haben, scheinen etwas anderes im Sinn zu haben als eine transparente Aufklärungsarbeit. Sie wollen – ich zitiere aus der gemeinsamen Presseerklärung vom 20. März 2012 – „dafür Sorge tragen, dass die NPD aus diesem U-Ausschuss, in dem sie keinen einzigen Beweisantrag wird durchbringen können,“ – das weiß man schon jetzt – „keinen Nutzen zieht.

Wir sind auch jederzeit zu Gesprächen mit den Mitgliedern der Partnerausschüsse des Bundestages und Thüringer Landtages über konkrete Fragen bereit, wie diesem Ziel am besten Rechnung getragen werden kann.“

Diese Aussagen sprechen nun wirklich für sich und zugleich für das Selbstverständnis der selbst ernannten demokratischen Opposition in diesem Hause. Ich kann Ihnen versichern, dass die NPD-Fraktion alle rechtlichen Möglichkeiten ausschöpfen wird, um die ihr zustehenden Rechte durchzusetzen, und notfalls sehen wir uns in Leipzig vor dem Verfassungsgerichtshof wieder.

Wenig überzeugend – damit zurück zum Antrag des Bundestagsuntersuchungsausschusses – ist die rechtliche Form, in der Herr Edathy sein Begehren vorgebracht hat. Da ist allen Ernstes von „Akten der Behörden des Freistaates Sachsen“ die Rede. Das ist stümperhaft, denn ein Landtag ist schließlich keine Behörde, wie der Landtagspräsident in seinem Antwortschreiben an Herrn Edathy völlig richtig festgestellt hat. Wenn es bereits bei solchen Kleinigkeiten Mängel gibt, fragt man sich schon, was der Berliner Ausschuss wohl sonst noch zustande bringt. Gegenwärtig sieht die Arbeit ja, wie auch in Thüringen, eher nach einem Beschäftigungsprogramm für sogenannte Rechtsextremismusexperten aus.

Ich glaube es zwar nicht, aber vielleicht sorgen die Akten unseres Rechts- und Innenausschusses für neue Erkenntnisse und Ideen in Berlin. Wir Nationaldemokraten wollen der Wissbegier des Bundestages jedenfalls nicht im Wege stehen.

Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der NPD)

Meine Damen und Herren! Sie möchten jetzt sprechen, Herr Bartl? – Bitte sehr.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die demokratischen Fraktionen dieses Hohen Hauses waren sich in der Frage, dass gemäß dem Beschluss des Bundestagsuntersuchungsausschusses mit dem Ersuchen die entsprechenden Unterlagen des Verfassungs-, Rechts- und Europaausschusses, des Innenausschusses des Sächsischen Landtages und weitere Dokumente zur bisherigen Untersuchung und Prüfung der Sachverhalte um die Verbrechen der sich selbst „Nationalsozialistischer Untergrund“ nennenden Gruppierung und ihrer Unterstützerinnen zur Verfügung gestellt werden. Ebenso, dass wir ganz selbstverständlich allen Wert darauf legen, mit dem Bundestagsuntersuchungsausschuss kooperativ zusammenzuarbeiten und die Tätigkeit dieses Ausschusses wie auch anderer parlamentarischer Untersuchungsausschüsse, die sich diesem Thema widmen, zu unterstützen.

Wir halten deshalb auch eine ausufernde Debatte zu diesem Antrag, den die Fraktionen in diesem Hohen Hause, die der Demokratie verpflichtet sind, eingebracht haben, für nicht erforderlich. Was prinzipiell dazu zu

sagen ist, hat Kollege Bandmann hier dargelegt; das können wir aus unserer Sicht nur unterstreichen.

Herr Schimmer, es ist einigermaßen unerträglich, dass sich 67 Jahre nach dem Ende des vom Hitlerfaschismus vom Zaun gebrochenen Zweiten Weltkrieges mit all den ungeheuerlichen Verbrechen und nach Erkenntniserlangung der Öffentlichkeit in diesem Freistaat Sachsen, dass sich unter Berufung auf ebenderartige nationalsozialistische Traditionen hier Menschen gefunden haben, die in nahezu professioneller Weise, muss man sagen, losgezogen sind, um andere Menschen umzubringen, um zu morden, zu brandschatzen, Banküberfälle zu begehen und dergleichen mehr. Eine Fraktion in diesem Hause versucht sich mit diesem Thema noch dahingehend zu profilieren, dass sie quasi anderen vorzuwerfen versucht oder vorwirft, man wolle diese Untersuchung praktisch noch antidemokratisch nutzen.

(Andreas Storr, NPD: Das ist doch Quatsch! Nach den Spielregeln des Parlamentarismus haben wir die gleichen Rechte wie Sie! Das sollten Sie einmal zur Kenntnis nehmen!)

Wir sind der festen Überzeugung, dass dieser Untersuchungsausschuss des jetzigen 5. Sächsischen Landtages alle rechtlichen und gesetzlichen Voraussetzungen dafür hat, dass er untersuchen kann – ohne dass sich die NPD hiervon in irgendeiner Form, in irgendeiner Form, sage ich ausdrücklich dazu, noch distanzieren kann –, inwieweit es personelle und sonstige Verwicklungen zu den entsprechenden Unterstützernetzwerken dieser NSULeute gibt. Das ist jetzt bereits erkennbar.

Wir unterstützen den entsprechenden Antrag und wir werden dem Untersuchungsausschuss des Deutschen Bundestages – und, wenn es nötig wird, dem des Thüringer Landtages – alle Dokumente zur Verfügung stellen. Wir werden alle erforderlichen rechtlichen und sachlichen Voraussetzungen dafür finden, dass wir eine korrekte Arbeit dieses Ausschusses gewährleisten – im Sinne der Aufklärung strukturellen Versagens, des Versagens von Verwaltungsorganisationen, von entsprechenden Organisationsmängeln, die dazu beitragen konnten, dass über so lange Zeit vom Territorium des Freistaates Sachsen aus derartige schwere Verbrechen begangen werden konnten.

(Beifall bei den LINKEN, der FDP, der Abg. Sabine Friedel, SPD, und vereinzelt bei den GRÜNEN)

Herr Abg. Biesok, bitte.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich möchte mich zunächst einmal meinen Vorrednern Herrn Bandmann und Herrn Bartl ausdrücklich anschließen. Ich möchte nicht wiederholen, was sie gesagt haben, aber die Einschätzung, die hier gegeben wurde, teile ich im Namen meiner Fraktion voll und ganz.

(Andreas Storr, NPD: Welche Einschätzung?)

Wir haben den Untersuchungsausschuss im Bundestag als den richtigen Ort angesehen, um Aufklärung über die Verbrechen der NSU zu gewinnen. Wir haben es hier im Plenum so gesagt und wir werden alles tun, um die Arbeit des Untersuchungsausschusses des Bundestages zu unterstützen.

Die Aktenübersendung mit den Maßgaben, so wie sie in unserem Antrag festgestellt wurden, ist dafür genau der richtige Weg und wir sollten diesen Antrag heute so beschließen, um dem Bundestag die Möglichkeit zu geben, die Untersuchungen zügig vorzunehmen.

Ich bin mir sehr sicher, dass der Untersuchungsausschuss auf Bundesebene verantwortungsbewusst mit den Akten umgeht, die wir ihm übersenden. Gerade der Vorsitzende, Herr Edathy, hat sehr deutlich gemacht, wo das Risiko bei diesen Untersuchungsmaßnahmen liegt. Er hat eine Kooperation mit dem Untersuchungsausschuss hier im Sächsischen Landtag wegen der NPD-Beteiligung ausgeschlossen.

Ich halte das für den richtigen Weg und deshalb möchte ich mich ausdrücklich dagegen verwahren, dass das jetzt ein Austausch von Informationen zwischen dem Landtagsuntersuchungsausschuss und dem Bundestagsuntersuchungsausschuss ist. Wir beschließen heute darüber, dass wir unsere Informationen, die uns vorliegen, dem Bundestagsuntersuchungsausschuss zur Verfügung stellen, damit dieser untersuchen kann.

Herr Schimmer, Sie haben sehr deutlich gezeigt, wie Sie denken: Sie wollen diesen Bundestagsuntersuchungsausschuss jetzt anzapfen, um an Informationen zu kommen.

(Andreas Storr, NPD: Wir wollen aufklären!)