Protocol of the Session on April 4, 2012

Tagesordnungspunkt 14

Bericht über den Vollzug des Garantiefondsgesetzes

gemäß § 5 Absatz 7 Sächsisches Garantiefondsgesetz

Drucksache 5/7963, Unterrichtung durch das Sächsische Staatsministerium der Finanzen

Drucksache 5/8607, Beschlussempfehlung des Haushalts- und Finanzausschusses

Das Präsidium hat, falls es noch gewünscht wird, eine Redezeit von 10 Minuten je Fraktion festgelegt. Wird das Wort gewünscht? – Das kann ich nicht feststellen. Meine Damen und Herren, wir stimmen nun über die – –

(Andreas Storr, NPD, begibt sich zum Rednerpult.)

Machen Sie so etwas mit Absicht? Ich schaue doch nun wirklich in die Runde.

(Andreas Storr, NPD: Ich hatte meine Hand gehoben!)

Bitte, Herr Abg. Storr.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Finanzminister berichtete dem Landtag, dass der Freistaat Sachsen im Jahr 2011 über 146 Millionen Euro an Haftungszahlungen leisten musste, weil im Jahr 2002 die damalige CDU-Regierung und ihr Finanzminister Georg Milbradt Vorstand und Verwaltungsrat der Sächsischen Landesbank dazu zwangen, sich dubiosen internationalen Finanzmarktgeschäften mit sogenannten

Asset-Backed-Securities etc. zuzuwenden, statt als sächsische Regionalbank dem gesetzlichen Auftrag treu zu bleiben.

Der Haushalts- und Finanzausschuss nimmt dies nun kommentarlos zur Kenntnis und empfiehlt dem Plenum des Landtages, dies ebenfalls zu tun. Ja, meine Damen und Herren, so ist es; denn schon die vorliegende Drucksache 5/8607 zeigt überdeutlich, dass keinerlei – wie auch immer geartete – kritische Diskussion im Ausschuss stattgefunden hat. Dabei wären ohne eine jährliche Garantiezahlung in der genannten Größenordnung viele schmerzhafte Einsparungen in Bereichen wie Familienförderung, Jugendarbeit, Kulturraumförderung, Regionalverkehr usw. nicht erforderlich gewesen.

Inzwischen gestrichene staatliche Leistungen, die Sachsen für die Erhaltung der ökologischen und demografischen Substanz in den Abwanderungsregionen unbedingt gebraucht hätte, hätten weiterhin bestehen bleiben können. Natürlich können die laufenden Veröffentlichungen der vierteljährlich abschließenden Garantiefondsmittel

nicht jedes Mal zu einer Grundsatzdiskussion führen. Die Staatsregierung wird wahrscheinlich sogar auf dem Standpunkt stehen, dass darüber genug gesprochen worden sei.

Dem möchte ich – auch im Namen meiner Fraktion, der NPD – auf das Entschiedenste widersprechen. Es ist in diesem Parlament zwar viel über die Verantwortung der Bankvorstände, aber praktisch überhaupt nicht über die der Politiker diskutiert worden. Bis auf meine NPDFraktion und den SPD-Abgeordneten Karl Nolle hat meines Wissens kein Abgeordneter und schon gar keine Fraktion die falsche Grundsatzentscheidung Georg Milbradts ernsthaft thematisiert, den Schwerpunkt der Sachsen LB weg vom Regionalgeschäft in Richtung Finanzmarkt und Spekulationsgeschäfte zu verschieben.

(Dr. André Hahn, DIE LINKE: Wir haben einen Untersuchungsausschuss eingesetzt!)

Noch wichtiger wäre es, den ursächlichen Zusammenhang der Landesbankmisere mit der landesbank- und sparkassenfeindlichen Politik der Europäischen Union, der von der EU-Kommission erzwungenen Abschaffung der Gewährträgerhaftung und Anstaltspflicht sowie den internationalen Rating-Vorschriften Basel II bzw. Basel III zu diskutieren. Ist das in diesem Hause jemals ernsthaft passiert, meine Damen und Herren? Ich denke: nein. Das sind aber die wirklichen Gründe dafür, dass wir heute keine Sächsische Landesbank mehr haben, und nicht die Bankvorstände. Diese haben nur das umgesetzt, was die Politik von ihnen verlangt hat.

Meine Damen und Herren! Natürlich müssen wir die vom Staatsminister der Finanzen vorgelegten Zahlen zur Kenntnis nehmen, wie es so schön heißt und wie uns die Mehrheit im Haushalts- und Finanzausschuss empfiehlt. Aber angesichts der verlogenen Behandlung dieses ganzen Themas ist meine Fraktion, die NPD, nicht bereit, diese Selbstverständlichkeit hier auch noch brav durch Handzeichen zu bestätigen. Deshalb werden wir uns der Stimme enthalten.

Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit, zumindest von den einigen Wenigen, die sie noch gehabt haben.

(Beifall bei der NPD)

Meine Damen und Herren, das war Herr Abg. Storr. – Gibt es weitere Wortmeldungen? – Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht Frau Abg. Hermenau. Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren Kollegen! Es haben sich außerordentlich viele Abgeordnete und Fraktionen in diesem Landtag mit der Frage der politischen Verantwortung befasst. Das ist auch aktenkundig. Man müsste es einfach mal nachlesen. – So viel zur Vorrede.

Es ist sicherlich richtig, dass wir immer wieder mal daran erinnern, was hier eigentlich geschehen ist. Es klingt ja

inzwischen wie das tägliche Bulletin des Finanzministers, dass wir jetzt einmal zu hören bekommen, wie viele Millionen gerade wieder über die Wupper gehen. Man hat sich irgendwie schon daran gewöhnt. Bei Verheerungen errichtet man normalerweise Mahnmale, aber bei so etwas wie der Sachsen LB und der Bürgschaft, die uns noch lange in Atem halten wird, ist das optisch nicht möglich, deshalb muss man ab und zu einmal mündlich daran erinnern.

Wenn wir einmal den damals vom Landesrechnungshof errechneten Anfangsschaden der Sachsen-LB-Anteilseigner von mindestens 364 Millionen Euro mit dem addieren, was bereits an Zahlungen für die Bürgschaft geflossen ist, sind wir schon bei 643 Millionen Euro, die uns die ganze Sache gekostet hat. Das ist „eine Menge Holz“.

Wir hatten ja öfter Diskussionen über Fragestellungen, wo wir uns was nicht leisten können. Ich spreche nicht von Gehältern, die wir über viele Jahre finanzieren, aber trotzdem: Die Fragestellung steht. Wir bekommen stattdessen nicht enden wollende Millionenhäppchen, und so wird sich diese astronomisch hohe Garantie von 2,75 Milliarden Euro stückchenweise vollziehen. Aber wir werden sie trotzdem bezahlen, und ich fürchte immer noch, in ganzer Höhe; denn die Lage hat sich nicht wirklich geändert. Ich denke, dass der Versuch, es nicht so hoch zu hängen, sondern es immer ein wenig zu verstecken – dann schreibt man einen Bericht und macht es ganz ordentlich –, natürlich dazu führt, dass die Bevölkerung nach und nach die Sache aus dem Blick verliert.

(Andreas Storr, NPD: Das ist aber wahrscheinlich!)

Das ist schade, wenn man sich einmal daran erinnert, wie der Rechnungshof damals beim Sonderbericht deutlich gemacht hatte, dass die Staatsregierung die Schieflage der Bank hätte verhindern können, dass es zu diesem Schaden also gar nicht hätte kommen müssen und zum Beispiel die Sachsenbank zu einer Kapitalmarktbank umgebaut wurde, die später sogar einmal 82 % ihres Betriebsergebnisses über Kapitalmarktaktivitäten eingetrieben hat, womit der öffentliche Auftrag – und somit auch der Heimatmarkt – bei 82 % Fremdmarkt nicht mehr im Vordergrund stand. Das kann man schon so sagen, und dass die unbegrenzte Haftung des Freistaates Schritt für Schritt ausgedehnt worden ist.

Insgesamt ermöglichte der Kreditausschuss der Sachsen LB – in dem auch Politiker saßen – die Ausdehnung der Geschäfte bis zu einer Höhe von 43 Milliarden Euro. Das ist das Dreifache des Staatshaushaltes; das ist ziemlich verrückt. Wir haben versucht, dies in den Aufklärungen herauszufinden. Sie, Herr Prof. Unland, haben versucht vorzutragen, warum die Staatsregierung darauf verzichtet, auch die Politiker mit anzuklagen. Wir hatten heute eine Führungsdebatte, in der es auch um Verantwortung ging, und meiner Meinung nach ist es wichtig, dass Leute für ihr Verhalten haftbar gemacht werden. Wir haben damals versucht, das zu beantragen und durchzusetzen, aber es ist

nicht dazu gekommen. Das haben wir zur Kenntnis nehmen müssen.

Aber ich zitiere nochmals aus dem Urteil des Verfassungsgerichtes vom 28. August 2009 – wer sich erinnert: es war zwei Tage vor der Landtagswahl –, in dem festgestellt worden ist, dass der Antragsgegner – gemeint war der damalige Finanzminister Dr. Metz – die Rechte des Landtages auch dadurch verletzt hat, dass er für den Freistaat Sachsen am 28. Dezember 2007 eine Garantie bis zur Höhe von 1,65 Milliarden Euro zugunsten der Sachsen LB und anderer Begünstigter abgegeben und diese mit Erklärung vom 15. Februar 2008 auf insgesamt 2,75 Milliarden Euro erhöht hat.

Dass dies ein Problem und ein Verstoß gegen die Verfassung war, haben wir dann festgestellt bekommen. Ich erinnere mich an die Debatte hier im Landtag. Ich habe vorgetragen, wenn die Bürgschaft in Zweijahrestranchen bzw. -scheiben zerlegt wird – das haben die Herren Milbradt und Tillich damals veranstaltet –, dass dies trotzdem eine Bürgschaft ist und gegen die Verfassung verstößt. Aber kühn und tapfer hat die Regierung es einfach umgesetzt und gegen die Verfassung verstoßen.

(Zuruf des Abg. Andreas Storr, NPD)

Es hat keinen gejuckt. Ich finde das ziemlich bedenklich, das muss ich so deutlich sagen. Wenn man nicht klüger handelt und vorher ausführlich diskutiert, darüber redet und sich verständigt und stattdessen alles nur in seinem stillen Kämmerchen ausbrütet, dann ist der Irrtum ganz in der Nähe.

Danke schön.

(Beifall bei den GRÜNEN und des Abg. Andreas Storr, NPD)

Meine Damen und Herren, mir liegen weitere Wortmeldungen vor. Für die CDU-Fraktion spricht Herr Abg. Michel. Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Auf der Tagesordnung steht der Bericht über den Vollzug des Garantiefondsgesetzes. Dazu hat der Haushalts- und Finanzausschuss auch beraten. Die Mitglieder haben mit 16 Stimmen dafür, keiner Gegenstimme und einer Stimmenthaltung den Ihnen vorliegenden Bericht beschlossen. Es geht heute im Prinzip darum, einen Bericht über die Zahlungen zur Kenntnis zu nehmen. Es geht heute nicht um eine Debatte. Niemandem von uns macht es Spaß, diese Zahlungen zu leisten. Über die Ursachen ist in diesem Hohen Haus schon oftmals diskutiert worden. Es macht keinen Spaß. Wir können es nicht mehr ändern.

(Andreas Storr, NPD: Man muss aber Lehren aus solchen Dingen ziehen!)

Meine Damen und Herren! Wir sollten uns einfach an die Tagesordnung halten. Wir können darüber gern bei anderer Gelegenheit diskutieren. Heute geht es aber um

den schlappen Bericht. Das macht niemandem Spaß. Es geht einfach darum, die Zahlen zur Kenntnis zu nehmen. Ich bitte Sie, das zu tun.

(Beifall bei der CDU)

Ich frage die Fraktion DIE LINKE. – Herr Abg. Bartl. Sie haben das Wort, Herr Bartl.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Hermenau hat mit allem, was sie gesagt hat, recht. Es macht es nicht besser, es zu wiederholen. Es macht es nicht rückgängig, wenn wir jetzt – gewissermaßen bei Gelegenheit dieser Unterrichtung – eine ausführliche Debatte lostreten.

Mein persönliches Problem als rechtspolitischer Sprecher meiner Fraktion ist, dass in diese Unterrichtung nach dem Garantiefondsgesetz eigentlich auch die Unterrichtung des Landtages darüber gehört, was gemacht worden ist, um den entstandenen Schaden zu minimieren, indem die entsprechenden Regressansprüche geltend gemacht

werden, wie der Stand der Geltendmachung ist und zum Beispiel auch wie der Stand der Strafverfahren ist. Nach dem, was ich aus der Presse über den Stand der Strafverfahren weiß – das Parlament wird darüber ja nicht mehr unterrichtet –, gibt es drei Anklagen, die gegen Vorstände erhoben worden sein sollen, die vom Verfahren her aber noch nicht einmal eröffnet worden sind – und dergleichen mehr.

Ich meine, dass die sachgerechte Auslegung des Garantiefondsgesetzes der Staatsregierung die Verpflichtung aufgibt, darüber zu unterrichten. Das ist ein Mangel an der Unterrichtung. Diesen Mangel aber jetzt auszutragen, auf der Grundlage des Berichts, hat wenig Tiefgang und wird wenig Ergebnis haben.

Wir befassen uns als Fraktion mit einem entsprechenden Antrag, in welchem wir die Staatsregierung bitten werden, uns über diese Anstrengungen, zumindest den eingetretenen Schaden zu minimieren, in Kenntnis zu setzen. Dann soll die Debatte auf der Grundlage dieses Antrags geführt werden. Dann wollen wir klare Auskünfte.

Danke schön.