Liebe Frau Kollegin Herrmann, bisher habe ich die GRÜNEN immer so wahrgenommen, dass sie alle Anträge ablehnen, die kein konkretes Finanzierungskonzept enthalten. Ein gutes Beispiel hierfür gab es gestern. Deshalb wundert es mich, weshalb Sie gerade diesem Antrag, der kein Finanzierungskonzept enthält, zustimmen.
Hier steht: Wir wollen es prüfen und vorbereiten. – Und für mich gehört bei einer Prüfung dazu, dass ich ganz genau weiß, was das kostet, und danach die Entscheidung gefällt wird, dass wir uns das leisten wollen und das Geld dafür im Haushalt einstellen.
Liebe Kollegin, können Sie sich vorstellen, dass Sie mit Ihrer Meinung auch dazu beitragen können, dass Ihre Fraktionsvorsitzende diese Meinung übernimmt?
Wie gesagt, ich stimme heute nicht über Geld ab, sondern ich empfehle unserer Fraktion, dem Antrag zuzustimmen, weil dort ein Prüfauftrag enthalten ist.
Sie können doch nichts gegen eine Prüfung haben! Es ist eine gute Idee, das so zu machen. Andere Länder machen das. Ich bin der Meinung, wir sollten prüfen, feststellen, wie viel das kostet, was wir uns leisten wollen, und dann sagen: Ja, wir machen das, wir nehmen das Geld dafür irgendwo weg, denn irgendwo muss es ja herkommen, und wir wollen das so machen. Deshalb, denke ich, können wir diesem Antrag heute zustimmen.
Sie haben jetzt den letzten Teil meiner Rede fast vorweggenommen. Ich hätte noch angefügt: Ich bin sehr gespannt auf die Haushaltsaufstellung, bei der das Geld ja erscheinen muss, bei der es eingestellt werden muss. Ich hoffe, dass es vorher noch eine Diskussion darüber in dem Sinne gibt, wie wir uns gerade unterhalten haben.
Herr Löffler für die NPD-Fraktion als letzter Redner in der ersten Runde der allgemeinen Aussprache. Herr Löffler, Sie haben das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Dass die Regierungsparteien CDU und FDP in Bund und Land immer einfallsreicher werden, wenn es darum geht, die offiziellen Arbeitslosenstatistiken zu schönen – um nicht zu sagen, zu fälschen –, hat sich mittlerweile herumgesprochen. In diese Kategorie fällt auch der propagandistisch hochgejubelte Bundesfreiwilligendienst, der Ihnen vor allem die Möglichkeit eröffnet, auf reguläre, vernünftig bezahlte Arbeitsplätze in der Kindertagespflege, in Alten- und Pflegeheimen und künftig vielleicht sogar an Schulen zu verzichten – oder sollte man besser sagen, diese zu vernichten? – oder der Ihnen die Möglichkeit eröffnet, Arbeitslose zeitweilig aus der Statistik herauszunehmen. Dafür, dass das auch mit älteren Erwerbslosen machbar ist, und zwar immer wieder, haben Sie durch den Verzicht auf eine Altersobergrenze, wie sie nach dem FSJ vorgesehen ist, und durch die mehrfache Wiederholungsmöglichkeit des Freiwilligendienstes gesorgt.
Wie grotesk das alles ist, erkennt man, wenn etwa die Sozialversicherungspflicht des Bundesfreiwilligendienstes als besondere Leistung hervorgehoben wird, auf der anderen Seite aber in Unionskreisen die widersinnige Versteuerung des BFD-Taschengelds, also eine Steuer auf eine freiwillige, gemeinwohlverpflichtete Leistung diskutiert wird. Welchen Rentenanspruch wird demgegenüber ein Dienstleistender nach BFD wohl für sein schlankes Salär von 330 Euro erwerben? Wenn ich mir vorstelle, dass vielleicht gerade ältere Arbeitnehmer oder vormalige Hartz-IV-Empfänger diese Möglichkeit anstelle bisheriger Minijobs oder Ein-Euro-Jobs wahrnehmen, kann ich mit Blick auf die drohende Altersarmut dieser Landsleute nur sagen: Ihr seid vom Regen in die Traufe gekommen.
Wir Nationaldemokraten sind daher auch hier zu Recht misstrauisch – sowohl gegenüber dieser Bundesregierung als auch gegenüber der Staatsregierung aus CDU und FDP –, weshalb wir Ihrem Vorstoß nach einem verstärkten Einsatz von FSJ und BFD in Schule und Kita äußerst kritisch gegenüberstehen. Der Einsatz von Freiwilligen in Kindergärten und Kitas ist jetzt schon möglich. Diese Einsatzstellen sind als solche bereits seitens des Bundesfreiwilligendienstes benannt und auch das Freiwillige Soziale Jahr sieht dem Grunde nach einen Einsatz der Kräfte an Kitas und in der Schule vor. Die „Lausitzer Rundschau“ berichtete gerade dieser Tage in ihrer Ausgabe vom 26. März 2012 unter der Überschrift „Helferwelle schwappt in Kindergärten“ über die in der Region zum Einsatz kommenden Kräfte.
Wenn es hier also Engpässe gibt, dann wäre es vor allem hilfreich gewesen, eine Aufstockung der vom Bund bereitgestellten Mittel für den BFD zu fordern. Doch diese logische Schlussfolgerung sucht man in Ihrem Antrag vergebens. Vergegenwärtigen wir uns dabei, dass den 90 000 weggefallenen Zivildienststellen nur 35 000 Bundesfreiwilligendienstleistende gegenüberstehen! Das heißt, zwei Drittel sind weggefallen.
Wenn Sie von einem verstärkten Einsatz in Schulen sprechen, dann kommen mir zudem große Bedenken, wie sich das auf die Qualität des schulischen Angebots für unsere Kinder auswirken wird, gerade vor dem Hintergrund der dieser Tage diskutierten verfehlten Personalpolitik der Staatsregierung, insbesondere im Bildungsbereich. Solange Freiwillige zusätzliche Arbeiten erledigen – etwa bei der Hausaufgabenbetreuung oder in Ganztagsangeboten oder wenn es um handwerkliche und organisatorische Zuarbeiten für Hausmeistertätigkeiten geht –, mag das noch angehen. Wenn aber die freiwilligen Kräfte den staatlich organisierten Mangel an Qualifizierten ausgleichen sollen, um die Staatskasse zu schonen, dann stößt dies auf unseren entschiedenen Widerstand, und diese Vorstellung ist nicht abwegig, wenn Sie sich etwa vor Augen führen, dass in der Vergangenheit Schulsozialarbeiter bei drohendem Unterrichtsausfall auch schon als pädagogische Ersatzkräfte in Aktion treten mussten.
Im Zweifelsfall, meine Damen und Herren, kommen Sie eben nicht daran vorbei, für die Aufgaben der öffentlichen Daseinsvorsorge wie auch für Bildung, Kinderbetreuung oder Altenpflege gut ausgebildete und ordentlich bezahlte deutsche Arbeitskräfte einzustellen. Sobald das geschehen ist, können wir uns gern noch einmal über Freiwilligendienste unterhalten.
Zu Ihrem Schaufensterantrag werden wir uns hingegen enthalten, denn er bringt nichts substanziell Neues, ist inhaltlich unausgegoren und dient ganz offensichtlich der Profilierung der Regierungsparteien, und dafür fühlt sich die NPD-Fraktion, wie Sie sicher verstehen werden, nicht zuständig.
Das war die erste Runde der allgemeinen Aussprache. – Ich rufe eine zweite Runde auf. Es gibt eine Wortmeldung. Herr Schreiber für die CDU-Fraktion.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Erst einmal herzlichen Dank an fünf Fraktionen in diesem Haus für eine sachliche, konstruktive inhaltliche Debatte zu diesem Thema. Herr Löffler, solange die NPD unseren Anliegen, Wünschen und Vorstellungen kritisch gegenübersteht,
(Alexander Delle, NPD: Das haben wir auch schon oft getan! – Jürgen Gansel, NPD: Das kommt manchmal vor!)
Ich bin vor allem dankbar für Ihre inhaltlichen Beiträge, sehr geehrte Frau Herrmann, Frau Dr. Stange und Frau Klepsch, und auch für die Fragen, die Sie aufgeworfen haben. Vor allem, dass Sie, Herr Brangs, Frau Herrmann nach der Finanzierung gefragt haben, war ein entscheidender Kritikpunkt Ihrerseits. Frau Herrmann hat ganz klar geantwortet, worum es geht: Es geht noch nicht darum, jetzt und heute und morgen dieses FSJ Kita und Schule bzw. BFD Kita und Schule in dem Maße einzuführen, wie wir uns das vorstellen. Vielmehr ist das zunächst ein Berichtsantrag und danach soll geprüft und vorbereitet werden. Es steht unter Punkt II des Antrags ein Termin, der 30. April 2012.
Ich würde hiermit, Herr Präsident, gleich den Änderungsantrag einbringen. Wir werden diesen Termin auf den 30. Dezember 2012 verlängern, da der 30. April etwas kurzfristig ist. Vielleicht zur Historie, Frau Dr. Stange. Sie sehen schon an diesem Termin, dass dieser Antrag bzw. der Entwurf des Antrags doch schon – ich will nicht sagen, dass er alt ist – einige Zeit brauchte, bis er das Plenum erreicht hat.
Das ist vielleicht der Unterschied, dass wir als Regierungsfraktionen bestimmte Dinge im Vorfeld abstimmen müssen, auch zwischen den Koalitionspartnern und dann auch mit den entsprechenden Häusern. Deswegen ist es ein glücklicher Zufall – wie Sie es gesagt haben, vielleicht ein gelungener Zufall –, dass der Antrag mit dem Thema Schule heute auf der Tagesordnung steht.
Da bin ich gleich noch einmal bei dem Thema. Sowohl Frau Klepsch, aber auch Herr Löffler haben es angemahnt. Es geht eben nicht darum, dass diese Bufdis oder die FSJler qualifiziertes Lehrpersonal oder qualifiziertes Kita-Personal ersetzen sollen. Vielmehr stellen wir uns klipp und klar vor, dass es eine Möglichkeit ist, gerade bei zurückgehenden Kinderzahlen – diese sind nach wie vor Fakt – einfach für diese Berufe zu werben, diese Berufe
hautnah erlebbar zu machen, Schule beispielsweise einmal aus einem anderen Blickwinkel zu betrachten, als wenn man als Schüler auf der Schulbank sitzt und erst einmal froh ist, dass man das nicht mehr machen muss, einfach einmal zu zeigen, wie die Perspektive von der anderen Seite des Lehrertisches aussieht.
Genauso geht es darum – wir haben schon viel darüber gesprochen und gehört, auch von den freien Trägern wird es zu Recht angemahnt –, dass wir ebenso perspektivisch auf einen Fachkräftemangel im Bereich Erzieher zusteuern. Das ist an manchen Stellen jetzt schon kein Geheimnis mehr, gerade wenn Sie in ländliche Regionen gehen. Dresden und Leipzig als große Städte bekommen auf ihre Ausschreibungen, die derzeit auch laufen, fast immer Personal. Es wird schon weniger. Aber sie haben weniger das Problem. Es ist jetzt schon im ländlichen Raum ein Problem, entsprechendes Kita-Personal zur Verfügung zu stellen bzw. gut ausgebildetes Kita-Personal zu bekommen.
Es geht – wie ich eben sagte – für uns darum, für diese Berufe zu werben. Dass das qualifizierte und motivierte Leute sein sollen, ist für uns auch selbstverständlich. Das bedeutet nicht, dass das ein Automatismus ist. Aber es ist natürlich unser Wunsch und unsere Vorstellung. Schwarze Schafe wird es immer geben. Die gibt es heute schon. Aber es geht nicht darum, irgendwelche Hilfsarbeiten zu machen, wie es teilweise – sage ich jetzt einmal – im FSJ an manchen Stellen leider vorkommt. Wir wollen, dass diese Jugendlichen, aber auch die älteren Personen eine fachliche Begleitung bekommen. Wie das in den Schulen konkret aussehen wird, wie das beispielsweise über die Bildungsagenturen organisiert werden kann, müssen wir sehen. Das müssen wir prüfen, auch welche Ressourcen dafür notwendig sind.
Ich denke aber, es gibt Möglichkeiten, wie wir heute auch Möglichkeiten in unserer Lehramtsausbildung haben. Man muss dann schauen, was dafür nötig ist und wie wir die dafür notwendigen Ressourcen zur Verfügung stellen können. Sie haben den Haushalt angesprochen. Es ist kein Schaufensterantrag, sondern – wie ich eben begründet habe – geht es uns im Ernst darum, an dieser Stelle etwas zu tun und demzufolge schließt daraus, dass wir mit dem kommenden Haushalt etwas dafür tun müssen, wenn wir an der Stelle Erfolg haben wollen. Das ist so.
Sie haben bemängelt, dass wir in diesem Haushalt eine Kürzung bei den FSJ-Stellen vorgenommen haben. Grundsätzlich haben Sie recht. Allerdings gehört zur Wahrheit etwas mehr. Die eigentlichen Kürzungen – wenn ich daran erinnern darf – wurden durch Bewirtschaftungsmaßnahmen seitens des Sozialministeriums vorgenommen. Das ist kein Schuldzuschieben an Frau Clauß. In der Situation, in der wir uns 2010 mit Steuermindereinnahmen in Höhe von 800 Millionen Euro befanden und den daraus erfolgten 140 Millionen Euro Bewirtschaftungsmaßnahmen über den gesamten Haushalt – – Das war so.
Aber – und das gehört zur Wahrheit dazu: Wir haben die Halbierung der FSJ-Stellen von 1 100 – ich glaube – auf 600 oder 500 mit dem Doppelhaushalt 2011/2012 wiederum halbiert. Das ist kein Ruhmesblatt, das ist mir auch klar. Aber wir haben letzten Endes dafür gesorgt, dass es nicht bei dieser Kürzung bleibt, sondern wir haben klar und deutlich gemacht, dass wir auf den Bereich der freiwilligen Dienste eine Priorität legen. Wir werden versuchen – hoffentlich auch unter anderen Haushaltsvorzeichen; zumindest derzeit kann man hoffen, dass sich die Einnahmen positiv entwickeln –, an der Stelle weiter etwas zu bewegen. Das ist eine Grundlage dafür, an dieser Stelle erfolgreich zu sein. Das werden wir gemeinsam angehen.
Vielleicht ein letzter Satz zu Herrn Löffler. Herr Löffler, wenn Sie sich die Zahlen anschauen – wo ist er eigentlich, er ist schon wieder weg –, ich glaube nicht, dass es der Freistaat Sachsen oder der Bund derzeit notwendig haben, Arbeitslosenzahlen zu schönen.