Protocol of the Session on April 4, 2012

Gern.

Herr Clemen, bitte.

Vielen Dank, Herr Kollege Bartl. – Herr Kollege Bartl, ist Ihnen bekannt, dass der Staatsminister und Chef der Staatskanzlei, Herr Dr. Beermann, gerade hinsichtlich der Frage der Gebührenfreiheit für Kleingärten noch einen deutlichen Vorstoß unternommen hat und dass nach seiner Aussage davon auszugehen ist, dass wirklich nur diejenigen Lauben, die tatsächlich bewohnt werden, die also als feste Wohnungen anzusehen sind, mit der Rundfunkgebühr belegt werden sollen und die anderen eben nicht?

Herr Kollege Clemen, unser Problem, das Problem der Kleingärtnerinnen und Kleingärtner, die momentan von dem Wissensstand ausgehen müssen, den sie haben, ist, dass es eine steuerrechtliche gesetzliche Grundlage gibt, die nach wie vor auf der Erhebung der Grundsteuer B beruht. Wir haben keine Veränderung in diesen rechtlichen Grundlagen. Wenn uns Herr Staatsminister Beermann, der momentan nicht zugegen ist, bestätigen kann, dass er ein neues Signal hat, das besagt, dass in absehbarer Zeit ein Verhandlungserfolg erreichbar ist, würden das sicherlich alle Kleingärtnerinnen und Kleingärtner im Freistaat Sachsen mit Freude zur Kenntnis nehmen. Wir sollten aber dennoch in unserer Entschließung zum Ausdruck bringen, dass wir auf unserer Forderung zur Befreiung von der Grundsteuer B beharren und die Staatsregierung in ihren entsprechenden Bemühungen unterstützen. Dann ist diese Aufforderung eine Bestärkung des Weges, den die Staatsregierung eingeschlagen hat.

Ich habe vorhin bereits gesagt, dass die Sächsische Staatsregierung gerade in dieser Frage – das wollen wir ausdrücklich würdigen – immer wieder versucht hat, eine Vorreiterrolle zugunsten der Kleingärtnerinnen und Kleingärtner zu übernehmen. Wir wollen nur an die Staatsregierung appellieren, daran festzuhalten, um zu erreichen, dass hier tatsächlich Veränderungen herbeigeführt werden.

Ein letzter Punkt zur Problematik Belastungen. Man könnte noch vieles hinzufügen. Zu den sich aktuell entwickelnden Belastungen gehört die sogenannte Künstlersozialabgabe bzw. die Abgabe an die Künstlersozialkasse, die auch den Vereinen und Verbänden der Kleingärtner aktuell Sorge bereiten. Gestützt wird deren Abgabepflicht auf § 21 Abs. 1 Satz 2 des Künstlersozialversicherungsgesetzes, wonach Unternehmer zur Zahlung der Künstlersozialabgabe verpflichtet sind, die für Zwecke ihres eigenen Unternehmens Werbung und Öffentlichkeitsarbeit betreiben und dabei nicht nur gelegentlich Aufträge an selbstständige Künstler und Publizisten erteilen. Wenn man diese Definition des Gesetzes hört, ist es einfach absurd und abstrus, dass Kleingärtnerinnen und

Kleingärtner, die eine gemeinnützige Förderung erhalten und die Mittel, die sie als Fördermittel bekommen, nur für satzungsmäßige Zwecke verwenden dürfen, für eine Broschüre, die sie aus Anlass eines Jahrestages in Auftrag geben, eine Künstlersozialabgabe abführen müssen. Das gilt auch, wenn sie zu einem Vereinsfest, das der allgemeinen Öffentlichkeit zugänglich ist, Musikschüler musizieren lassen. Das sind für Kleingärtnerinnen und Kleingärtner, die das neben ihrer ehrenamtlichen Arbeit noch mitfinanzieren müssen, unzumutbare Bedingungen und unzumutbare Konstellationen.

Wir sind nicht damit einverstanden, dass uns die Staatsregierung hinsichtlich dieser Frage in der Antwort auf die entsprechende Große Anfrage mitteilt, sie könne momentan nichts ändern und im Übrigen sehe sie sich, weil sie nicht verpflichtet sei, zu rechtlichen Grundlagen Stellung zu nehmen, nicht in der Notwendigkeit, in irgendeiner Form zu dieser Rechtsgrundlage etwas Näheres auszuführen.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Kleingärtnerinnen und Kleingärtner im Freistaat Sachsen – –

Wir haben gewechselt, Herr Bartl. Ich bin nicht mehr die Frau Präsidentin.

(Heiterkeit)

Herr Präsident, ich bitte ausdrücklich um Nachsicht.

Bitte schön.

Ich hätte spätestens bei der Fragestellung mitbekommen müssen, was sich hinter meinem Rücken vollzogen hat.

Ich höre nur aufmerksam zu. Bitte. Ich wollte Sie nicht unterbrechen.

Ich freue mich, dass der Herr Präsident derart intensiv auf jedes Wort des Redners achtet.

(Christian Piwarz, CDU: Darauf, ob es das letzte ist!)

Insofern möchte ich bitte noch folgende abschließenden Bemerkungen vortragen dürfen:

Kleingärtnerinnen und Kleingärtner im Freistaat Sachsen haben in vergangenen Jahren, insbesondere im letzten Jahrfünft, nicht nur große Anstrengungen unternommen, ihre Kleingartenanlagen im Rahmen des Bundeskleingartengesetzes in vielfältiger Weise noch mehr der Öffentlichkeit zu öffnen und zugänglicher und attraktiver zu machen, sie sind in neuer Form in Vorleistung gegangen: Sie haben neue Überlegungen angestellt, sie haben neue Projekte gestartet, sie haben überlegt, welche Möglichkeiten es gibt, der demografischen Entwicklung wirksam zu begegnen, wie die Altersstrukturen in Kleingärten verbessert werden können, wie Kleingartenvereine für Kinder

und Jugendliche tätig werden können, für Menschen mit geringem Einkommen, Arbeitslose und dergleichen mehr, wie auch verstärkt Familien mit Migrationshintergrund in die Arbeit einbezogen werden können.

Sächsische Kleingartenvereine haben in den letzten Jahren im Zusammenwirken mit Kindergärten, Grundschulen und Mittelschulen einen erheblichen Beitrag für die Natur- und Umwelterziehung von Kindern und Jugendlichen erbracht; wobei nicht nur die Gartenanlagen zur Verfügung gestellt worden sind, sondern auch die erforderlichen – ich setze das mal in Anführungszeichen – „Lehrkräfte“. Es wurden Schulungs-CDs ermittelt. Der Kleingartenverein in der Eilenburger Straße in Torgau zum Beispiel hat einen Zehnjahresvertrag zur Betreuung von 200 bis 300 Schülerinnen und Schülern bei der Natur- und Umwelterziehung abgeschlossen. In Falkenstein im Vogtland besteht mit dem Gymnasium ein langfristig angelegtes Schulgartenforschungsprojekt. Wir haben Anlagen mit öffentlichen Durchgangswegen, die geschaffen worden sind, die Gestaltung von Kleingartenparks und wir haben die teilweise Nutzung von Kleingärten als sogenannte Tafelgärten, also für Menschen, die tatsächlich zu denen mit dem geringsten Einkommen im Land gehören. Viele neue kreative Wege sind in ehrenamtlicher Tätigkeit von den Kleingärtnerinnen und Kleingärtnern gegangen worden.

Aus diesem Grund ist es nur recht und billig, dass – das ist letzten Endes das Anliegen der Großen Anfrage und das Anliegen unseres Entschließungsantrages – die Perspektive für die Kleingärtnerinnen und Kleingärtner rechtssicher ist. Das zu erreichen ist Sinn und Zweck dieser Großen Anfrage und unseres Entschließungsantrages und wir bitten um eine konstruktive Debatte und um Zustimmung zum Entschließungsantrag.

(Beifall bei den LINKEN)

Viele Dank, Herr Bartl. – Nun die CDU-Fraktion, Frau Abg. Springer. Frau Springer, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich muss etwas von meinem Redekonzept abweichen. Herr Bartl, Sie haben mich fast sprachlos gemacht. Man hat ja das Gefühl, die Bulldozer rücken an und schieben alle Kleingärtner weg, solch ein Horrorszenario haben Sie aufgebaut.

(Zurufe von den LINKEN)

Aber Sie haben um eine sachliche Debatte gebeten und dem werde ich gern nachzukommen versuchen.

Meine Damen und Herren! Ihre Aufmerksamkeit lenke ich zu Beginn meiner Ausführungen auf eine Drucksache aus der 4. Legislaturperiode, nämlich die mit der Nummer 3268 vom Oktober 2005. Dort wurden Vereinfachungen und eine Entbürokratisierung im Bereich des sächsischen Kleingartenwesens auf der Basis einer gründlichen Meinungsbildung in zahlreichen Gesprächen in betroffe

nen Kleingärten herbeigeführt und auf Initiative der CDU-Fraktion durch den Sächsischen Landtag beschlossen. Die Staatsregierung hatte dazu folgende konkreten Aufträge zur Reduzierung der Abgabenbelastung der Kleingärtner:

Die Erhebung der Zweitwohnungssteuer und die Kurtaxe auf Kleingärten im Sinne des Bundeskleingartengesetzes sind verboten. Mit der Bestimmung der Kleingärten für kurzfristige Aufenthalte ist die Erhebung derartiger Steuern und Abgaben nicht vereinbar.

Die Grundsteuererhebung soll so gestaltet werden, dass die Flächen eines Kleingartens bei einer Laubengröße bis 30 Quadratmeter nur mit der Grundsteuer A belastet werden – das hatte Herr Bartl ausführlich ausgeführt – und damit unmittelbar finanziell, auch bürokratisch nicht belastet werden. Gegenwärtig werden Kleingärten je nach Größe der Laube bei der Grundsteuer sehr unterschiedlich behandelt. So werden alle Kleingartenflächen mit einer Laube von mehr als 25 Quadratmetern mit der Grundsteuer B belastet. Daran ist wirklich ein unsinniges bürokratisches Abrechnungsverfahren geknüpft.

Bevor die Grundsteuerbegehrlichkeiten ihren langen Weg gehen, würde ich schon sagen: Hier haben wir Überlegungs- und Handlungsbedarf. Der aktuelle Stand ist, dass das Finanzministerium verschiedene Erprobungsfälle durchexerziert und dass wir auf der Grundlage der Prüfungsergebnisse mit dem Finanzministerium die weitergehende Vorgehensweise abstimmen können und das Finanzministerium uns Modelle vorlegen kann, deren Vorzug wir dann gemeinsam beschließen können.

Ein weiterer Schutz ist die Aufnahme der Kleingartenanlagen in den Bebauungsplan. Das wird auch vom Bundeskleingartengesetz grundsätzlich so vorgesehen. Die Landesdirektionen sollen deshalb die Gemeinden bei der Genehmigung der entsprechenden Pläne auf diesen Sachverhalt hinweisen. Das schützt die Kleingärtner auch vor unrechtmäßigen Anschlussbeiträgen. In diesem Zusammenhang werden die Rechtsaufsichtsbehörden angewiesen, unabhängig von der Haushaltslage der Gemeinde und von Zweckverbänden den Kleingärtnern gewährte Beitragsstundungen nicht zu beanstanden.

Die CDU-Fraktion setzt sich sehr bewusst für die Lösung der Probleme der Kleingärtner im Freistaat Sachsen ein. Zusammen mit dem Landesverband Sachsen der Kleingärtner e. V. findet ein regelmäßiger Gedankenaustausch statt. Erst aufgrund unserer konkreten Vorschläge, die damals mit großer Mehrheit vom Landtag beschlossen worden sind, wurden die Forderungen der Kleingärtner tatsächlich aufgearbeitet und hier angenommen.

Die Achtung vor der Arbeit der Kleingärtner gebietet es uns, alle Möglichkeiten im Interesse der Kleingartensparten zu prüfen. In diesem Zusammenhang muss klargestellt werden, dass es mit der CDU-Fraktion keine Verallgemeinerung des Begriffes Kleingarten geben wird. Wir halten uns sehr streng an die Vorgaben des Bundeskleingartengesetzes. Das muss auch von den Nutzern beachtet werden. Schwarze Schafe, die ihre Lauben und Kleingär

ten im Widerspruch zu diesem Gesetz ausgestattet haben, werden von unseren Regeln nicht profitieren können.

In den letzten Tagen gab es Pressemeldungen über Verkaufsabsichten des SIB von Flächen, die von Kleingärtnern genutzt werden. Zur Klarstellung ist zu sagen: Nicht der Erlös steht im Mittelpunkt, sondern das Angebot an die Kleingärtner zu günstigen Konditionen. Denn man muss einmal darauf hinweisen: Wenn man von 10 Cent Pacht das 15-Fache bildet, ist der Betrag wirklich ein günstiges Angebot. Die Kleingärtner sollen die Möglichkeit bekommen, „ihre Scholle“ in Eigentum überzuführen. Damit verbunden ist ein langfristiger Schutz der Kleingärtner vor Spekulationen und nicht die Benachteiligung von Verbänden.

Gestatten Sie mir bitte noch einen Satz zu dem, was Herr Bartl über Weiterverkauf oder Wiederverkauf gesagt hat. Herr Bartl weiß sicher auch, dass man so etwas Mehrerlösklausel nennt. Eine Mehrerlösklausel ist in fast jedem öffentlich-rechtlichen Vertrag zu finden.

(Klaus Bartl, DIE LINKE, steht am Mikrofon.)

Frau Springer, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Nein, ich gestatte keine Zwischenfragen. – Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ein tatsächliches Problem ist die Erhebung der Künstlersozialabgabe. Die Regelung zur Künstlersozialabgabe ist Bundesrecht und kann zum gegenwärtigen Zeitpunkt von uns nicht geändert werden.

Wie Ihnen bekannt ist, ist jedes Unternehmen abgabenpflichtig, welches künstlerische oder publizistische Werke verwertet. Als Unternehmen gelten dabei auch Vereine. Die von Ihnen berechtigterweise angeführten Urteile bezüglich der Musikvereine sind dabei nach Auffassung des Sächsischen Staatsministeriums für Soziales für den Freistaat Sachsen und im speziellen Fall für die Behandlung von Kleingartenverbänden nicht relevant. Ich kann Ihnen aber versichern, dass wir grundsätzlich für alle gemeinnützigen Vereine – und ich wiederhole das gern noch einmal: für alle gemeinnützigen Vereine – eine andere Regelung anstreben. Deshalb haben wir begonnen, dieses dicke Brett zu bohren, auch wenn es an der dicksten Stelle ist.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Hier möchte ich gern noch einmal einen Verweis auf die Leitlinie des Deutschen Städtetages zur nachhaltigen Entwicklung des Kleingartenwesens in den Städten anbringen; ein sehr wichtiges Papier, das die Bedeutung und Rolle der Kleingärtner für die Stadt hervorhebt und den Kommunen Handlungsempfehlungen zum Umgang mit Kleingartenanlagen gibt. Themen sind unter anderem: Kleingartenentwicklungskonzepte als Grundlagen für die vorbereitende und verbindliche Bauleitplanung, das Instrument der Dauerkleingärten, kleingärtnerische Nutzungen, die kleingärtnerische Nutzung als wichtige Grundlage für soziale Aufgaben. Für viele weitere Themen werden in

dem Papier Lösungen aufgezeigt. Das ist eine hervorragende Quelle und Orientierung für die Kommunen.

Faktisch werden dabei viele Punkte, die in der Großen Anfrage enthalten sind, einer Klärung zugeführt. Aus vielen persönlichen Gesprächen mit dem Landesverband, mit verschiedenen Territorialverbänden ist mir bekannt, dass die Vertreter der Kleingärtner vor Ort mit den Städten und Gemeinden bereits kreative Lösungen für anstehende Aufgaben gefunden haben. Als sicherlich sehr kleines Beispiel nenne ich hier nur die Räum- und Streupflicht für Sparten. Dazu bedarf es keiner zusätzlichen Konzeptionen und auch keiner zusätzlichen Papiere; denn zusätzliche Papiere bringen keinen einzigen zusätzlich verpachteten Garten.

Nun zu Ihrer Großen Anfrage im Einzelnen: Viele Fragen zeugen nicht unbedingt von der Kenntnis der Materie und der Zusammenhänge. Zum einen existiert in unserer Staatsregierung kein Referat Kleingartenwesen. Andererseits handelt es sich bei vielen Sachverhalten, die hier nachgefragt werden, um rein privatrechtliche Dinge, die die Behörden nichts angehen bzw. die sie nicht zu interessieren haben.

(Dr. Dietmar Pellmann, DIE LINKE: Beispiel!)

Zum Beispiel das Thema Leerstände, das Thema prozentuale Aufteilung der Kleingartenanlagen oder das Thema Tafelgärten. Es ist kaum anzunehmen, dass sich die Kleingärtner

(Zuruf des Abg. Dr. Volker Külow, DIE LINKE)

hierbei kontrollieren oder sich gar Vorschriften machen lassen wollen. Wenn man aber davon ausgeht, dass DIE LINKE noch immer der Kontroll- und Steuerungswut alter Zeiten nachtrauert

(Heiterkeit bei den LINKEN)