Protocol of the Session on March 8, 2011

Genau das wollen Sie nicht, weil Sie wissen, dass die Deutschen in vielen politischen Kernfragen ganz anders denken und ganz anders abstimmen würden als diese abgeschottete Klasse, die im Bundestag sitzt. Wenn das Volk befragt werden würde, hätte es damals gar nicht den Euro anstelle der D-Mark gegeben. Wenn das deutsche Volk befragt worden wäre, gäbe es nicht diese Verausländerung und Masseneinwanderung, und dann gäbe es auch nicht diese unsäglichen Rettungspakete für Pleitestaaten in Südeuropa.

Deswegen wollen Sie das deutsche Volk gar nicht befragen und deswegen kleben Sie so am Grundgesetz, das definitiv keine Verfassung ist.

(Beifall bei der NPD)

Auf diese Kurzintervention reagiert Herr Kollege Schiemann.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mein Vorredner hat deutlich bewiesen, dass er in diesem Land, im Freistaat Sachsen, bis heute nicht angekommen ist. Ich möchte darauf hinweisen, dass die Sachsen sehr stolz sind, dass sie 1992 eine demokratische Verfassung erhalten haben und damit nach dem Beitritt 1990 ein gleichberechtigter Partner mit Verfassungsrang in dieser Bundesrepublik Deutschland geworden sind.

Ich gehe davon aus, dass mein Vorredner das nie zur Kenntnis genommen hat und sich immer noch fremd in diesem schönen Sachsen fühlt.

(Beifall bei der CDU und der Abg. Anja Jonas, FDP – Zurufe von der NPD)

Wir setzen die Rednerreihe fort und für die Fraktion GRÜNE ergreift Frau Kollegin Hermenau das Wort.

Vielen Dank. – Herr Präsident! Meine Damen und Herren Kollegen! Wenn man der NPD hier so zuhört, hat man den Eindruck, als stünden wir so weit in der Katastrophe, dass der Dritte Weltkrieg kurz vor dem Ausbrechen wäre und das Überleben des deutschen Volkes abgesichert werden müsste. Ich glaube, ganz so schlimm ist es nicht.

Natürlich ist die ökonomische Souveränität die Voraussetzung für die Souveränität eines Volkes. Das ist doch nicht eine Frage des dumpfen Rückfalls in Nationalismus. Wenn die GRÜNEN zum Beispiel den ökologischen Umbau der Gesellschaft und damit die Reduzierung einer Abhängigkeit von Importen und Exporten für unsere Wirtschaft vorschlagen, dann ist das allemal noch besser als der hier vorgeschlagene Rückfall, irgendeinen dumpfen Nationalismus wieder aufleben zu lassen.

Ich habe die Bücher von Samuel Huntington und anderen in den Neunzigerjahren alle gelesen, als es um den „Clash of Civilizations“ ging. Sie haben vorhin von der Aggressivität des Islam gesprochen – das ist Ihre Wortwahl –; es ist längst etwas im Gange, was den Islam betrifft. Damit können Sie sich nicht mehr herausreden. Ich denke, dass man diese nachhaltige Debatte auch zur Kenntnis nehmen muss.

Dass Europa nicht mehr so mächtig ist wie ehedem, hat gute Gründe: Die Kolonialzeit ist vorbei. Europa hat im letzten Jahrhundert seine Kolonialreiche verloren. Deswegen ging es ab den Sechzigerjahren auch mit dieser globalen Shoppingtour, mit den Finanztransaktionen auf den Finanzmärkten los, weil die Frage war: Wo kommt der Wohlstand in Europa in Zukunft her?

Die Deutschen haben die Fragen im Zweiten Weltkrieg so angepackt, dass sie einfach in ganz Europa eingefallen sind, um sich belgische Pralinen und französischen Wein unter den Nagel zu reißen. Also wo kommt der Wohlstand her? Diese Frage steht allerdings im Raum – aber doch nicht so, indem man jetzt in einen Nationalismus zurückfällt, wie Sie es hier vorgeschlagen haben.

Die globale Shoppingtour durch Kolonialherren und Finanzmärkte ist vorbei. Wer das begriffen hat, kann anfangen, an der Zukunft zu arbeiten, und die Zukunft hat etwas mit Kooperation zu tun und nicht mit Selbstisolation. Das ist ganz eindeutig.

Die Eurokrise ist in der Tat etwas, was einem in der Politik Anlass zu tiefer Sorge geben muss; das will ich gar nicht kleinreden. Aber, wie gesagt, beim letzten Mal sind in Europa die Verteilungskämpfe so ausgegangen, dass Städte zerstört waren, dass 50 Millionen Menschen tot waren und dass die Volkswirtschaften am Boden lagen. Die Rettung Griechenlands kommt uns da deutlich besser, muss ich einfach mal so deutlich sagen.

(Zuruf des Abg. Andreas Storr, NPD)

Die teure Stabilisierung des Euro durch den ESM ist notwendig, denn sie sorgt dafür, dass sich die Gefährdung der anderen europäischen Staaten, auch der Euro-Staaten, durch eine Griechenlandinsolvenz verringert hat. Sobald

der ESM steht, ist diese Gefahr wenigstens gebannt, und das geht eben nur Schritt für Schritt, weil die Aufgabe, vor der alle europäischen Staaten stehen, enorm ist. Sie müssen das 20. Jahrhundert hinter sich lassen. Das ist eine echte Herausforderung, das soll man nicht unterschätzen.

Natürlich hält das auch an und es stehen noch wichtige Entscheidungen aus. Ich habe sehr wohl gehört, dass Frau Kanzlerin Merkel gesagt hat, dass sie einer Finanztransaktionssteuer etwas abgewinnen kann. Ich erwarte, dass sie das auch innerhalb der Berliner Koalition durchsetzt, weil ich glaube, dass dies ein ganz wesentlicher Beitrag sein wird, um mehr Stabilität und Ordnungspolitik durchzusetzen. Es müsste auch eine Harmonisierung der Steuern und der Haushaltspolitik in Europa geben. Natürlich muss die Überschuldung abgebaut werden; das ist ganz selbstverständlich.

Kommen wir zu Herrn Wulff: Es ist doch keine Staatskrise, wenn in einem demokratischen Rechtsstaat die Medien wach sind und die Staatsanwaltschaft die Immunität eines Präsidenten aufhebt. Das ist das ganze Gegenteil einer Staatskrise. Die Demokratie hat funktioniert. Ich will nicht verhehlen: Das ist für Herrn Wulff sehr unangenehm ausgegangen. Darüber will ich mich auch nicht lustig machen. Aber klar ist: Das Amt des Bundespräsidenten in einer Demokratie ist kein feudalistisches Relikt, sondern der Bundespräsident unterliegt denselben rechtsstaatlichen Grundbedingungen wie jeder andere Bürger in unserem Staat auch. Dieses Prinzip funktioniert. Darauf bin ich sogar stolz.

(Beifall bei den GRÜNEN und vereinzelt bei der CDU, den LINKEN, der FDP und der SPD)

Das war Frau Hermenau für die Fraktion GRÜNE.

Wir sind am Ende der ersten Rednerrunde angelangt. Die zweite Runde wird wieder durch die einbringende NPDFraktion eröffnet. Es spricht der Abg. Gansel.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Vor Kurzem erlebten wir den zweiten Rücktritt eines Bundespräsidenten innerhalb von zwei Jahren. Damit nähert sich deren Halbwertzeit der der Reichskanzler in der Weimarer Republik an.

1923 beschrieb der Staatsrechtler Carl Schmitt in seiner Schrift „Die geistesgeschichtliche Lage des heutigen Parlamentarismus“ sehr treffend das politische Ganoventum seiner Zeit und kritisierte – ich zitiere –, dass „die Politik zu dem ziemlich verachteten Geschäft einer ziemlich verachteten Klasse von Menschen geworden ist.“

In der real existierenden Bundesrepublik des Jahres 2012 sieht es nicht anders aus. Der schamloseste Repräsentant dieser Absahner-Republik ist zweifelsohne Christian Wulff, dem seine permanenten persönlichen Vorteilsnahmen glücklicherweise zum politischen Verhängnis geworden sind. Als erster Ver-Diener seines Staates war er das genaue Gegenteil jenes „ersten Dieners des Staates“,

dessen 300. Geburtstag zumindest die NPD kürzlich beging, nämlich Friedrichs des Großen.

Christian Wulff – Sie werden es bei Selbstkritik auch so sehen – qualifizierte sich nicht etwa durch Volksnähe oder gar Volksbewusstsein. Er qualifizierte sich auch nicht durch Charisma, Überzeugungskraft und Widerspruchsgeist. Nein, der CDU-Apparatschik qualifizierte sich gerade durch das Gegenteil: durch Ausländertümelei und Auslandshörigkeit, durch Kriecherei und Karrieresucht und natürlich auch durch den unsäglichen Spruch: „Der Islam gehört zu Deutschland.“

Schnäppchenjäger und Gratisurlauber Wulff erhält nun auf Steuerzahlers Kosten einen Ehrensold von

199 000 Euro im Jahr, bewilligt von einem Vertrauten, den Christian Wulff von der niedersächsischen Staatskanzlei in das Bundespräsidialamt mitgebracht hatte. Für gerade einmal 20 Monate im Amt bekommt der Skandalpräsident nun also fast 200 000 Euro im Jahr – Ehrensold für einen Ehrlosen.

Nicht nur das: Christian Wulff erhebt zusätzlich Anspruch auf Dienstwagen, Fahrer und Büro, was den Steuerzahler weitere 280 000 Euro im Jahr kosten würde.

Das peinliche Intermezzo des Vorteilsjägers könnte den sowieso schon durch die Europäische Union gebeutelten und ausgebeuteten Steuerzahler 480 000 Euro im Jahr kosten, und das, solange der politische Taugenichts lebt.

Christian Wulff – das muss immer wieder gesagt werden – bekommt seine opulente Frührente bereits als 52Jähriger, und das, obwohl er damals gegen Arbeitnehmerinteressen die Rente mit 67 mitbeschlossen hat. Millionen Arbeitnehmern in diesem Land droht im Alter die Verarmung. Jeder fünfte Vollzeitarbeitnehmer verdient so wenig, dass ihm Altersarmut droht. Das ergab kürzlich die Beantwortung von Kleinen Anfragen durch die Bundesregierung.

Dass ein 52-jähriger Skandalpräsident 200 000 Euro pro Jahr bekommt – lebenslang! –, aber einem Fünftel der deutschen Arbeitnehmer in ihrem Alter Armut droht, ist für mich ein politischer Skandal. Das zeigt, dass die Deutschen heutzutage von Abschaum regiert werden.

(Beifall bei der NPD)

Herr Gansel, ich erteile Ihnen einen Ordnungsruf für den Ausdruck „Abschaum“, den Sie ganz gezielt auch auf die hier sitzenden Politiker angewendet haben.

Wer sich angesprochen fühlt – bitte sehr! In einem seltenen Lichtmoment, nämlich am 24. – –

(Widerspruch bei der CDU und den LINKEN)

Herr Gansel, ich erteile Ihnen einen zweiten Ordnungsruf,

(Beifall bei der CDU, den LINKEN, der SPD, der FDP und den GRÜNEN)

weil Sie meinen ersten Ordnungsruf so bewertet haben.

In einem seltenen Lichtmoment – –

Beim dritten Mal muss ich Ihnen allerdings das Wort entziehen. Das wissen Sie?

Das ist mir bewusst. – In einem seltenen Lichtmoment, nämlich am 24. August letzten Jahres, kritisierte Wulff vor Unternehmern die Rettungsschirmpolitik der Bundesregierung und sprach von einem Weg in die „Knechtschaft“. Aus NPD-Sicht ist diese Warnung vor dem Weg in die EU-Diktatur das Einzige, was Christian Wulff auf seiner politischen Habenseite verbuchen kann.

Aus unserer Sicht wird das die Kardinalfrage sein, an der sich die Präsidentenamtstauglichkeit des designierten neuen Präsidenten Joachim Gauck messen lässt. Für uns wird entscheidend sein, wie er sich zur „Euro-Rettung“ positioniert. Wenn er seine Unterschrift unter das ESMGesetz setzen sollte, macht er sich zum Abnicker eines verfassungswidrigen Ermächtigungsgesetzes zulasten des deutschen Steuerzahlers und zum Erfüllungsgehilfen der EU-Diktatur. Wir sind gespannt, ob dieser Konsenskandidat von Merkel bis Özdemir wie seine Vorgänger das Ausführungsorgan der Deutschland-Abschaffer sein wird oder ob Gauck – wir wären positiv überrascht – als Volkspräsident tatsächlich einmal Volksinteressen vertritt und Volkes Position zur Geltung bringt, etwa in der Ausländerfrage oder in der Frage der EU-Diktatur und der Enteignung der deutschen Steuerzahler.

Ihre Redezeit ist abgelaufen.

Genau. Ich wollte noch so viel sagen.

(Beifall bei der NPD)

Für die einbringende NPD-Fraktion war das der Abg. Gansel.

Gibt es weiteren Redebedarf in der zweiten Runde? – Das Wort ergreift erneut Herr Kollege Schiemann.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mein Vorredner hat, als er von „Ermächtigungsgesetz“ sprach, deutlich bewiesen, in welcher Zeit er innerlich lebt und in welche Zeit er zurückwill.