Protocol of the Session on March 7, 2012

Ein letzter Satz noch. Der Umgang mit Fortschritt, der Umgang mit Veränderung, den Sie von Schwarz-Gelb an

den Tag legen, würde bedeuten, dass wir uns immer noch mit der Draisine fortbewegen.

Danke schön.

(Beifall bei der SPD – Christian Piwarz, CDU: Ojemine!)

Meine Damen und Herren! Ich habe weiter keine Wortmeldungen. Das bleibt auch so? – Ich frage die Staatsregierung. – Herr Staatsminister Kupfer, bitte.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Luftreinhaltepläne – warum gibt es Luftreinhaltepläne? – Es geht hier nicht darum, irgendwelche Flausen der Europäischen Union umzusetzen. Es geht auch nicht darum, Handwerker zu ärgern. Es geht, meine Damen und Herren, um die Gesundheit der Menschen!

(Beifall bei den LINKEN, der SPD und den GRÜNEN – Dr. Jana Pinka, DIE LINKE: Jawohl!)

Die Europäische Union hat in ihrer Luftqualitätsrichtlinie 2008 50 Grenzwerte für die Luftqualität festgelegt. Gerade Feinstaub PM10 und Stickstoffdioxid NO2 wurden dort berücksichtigt, und es wurden Grenzwerte festgelegt, immer vor dem Hintergrund, die Gesundheit von Menschen zu schützen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wenn festgestellt wird, dass über eine bestimmte Anzahl von Tagen – 35 ist der Grenzwert – im Jahr diese Grenzwerte überschritten werden, gibt es die berechtigte Forderung, in diesen Städten Luftreinhaltepläne aufzustellen. Wenn das nicht getan wird, droht ein sogenanntes Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland. In der Bundesrepublik ist das so geregelt, dass dann nicht der Bund die Strafe zahlt, sondern die Länder. Aber es ist leider nicht geregelt, dass die Länder das an die Kommunen weitergeben können, die es nicht einhalten.

(Dr. Jana Pinka, DIE LINKE: Das hätten Sie aber gern!)

Deswegen hat das LfULG intensiv mit der Stadt Leipzig zusammengearbeitet, um einen Luftreinhalteplan aufzustellen, der von der EU auch genehmigt wird, damit eben dieses Vertragsverletzungsverfahren nicht zustande

kommt. Wenn Sie sich erinnern: Die Stadt Leipzig hat ihren ersten Luftreinhalteplan am 15.09.2005 verabschiedet, damals 19 Maßnahmen. Über die Jahre hat man festgestellt, dass diese Maßnahmen nicht ausreichen, um für die Gesundheit der Menschen die Grenzwerte einzuhalten. Deshalb musste Leipzig den Luftreinhalteplan fortschreiben. Das, was letztendlich festgeschrieben wurde, sind zusätzlich zu den 19 nochmals 29 neue Maßnahmen, und eine davon, meine Damen und Herren, ist die Umweltzone und das auch nur deshalb, weil die Summe der anderen Maßnahmen eben nicht ausgereicht hat.

(Dr. Jana Pinka, DIE LINKE: Richtig! – Beifall bei den GRÜNEN)

Das hat, verehrte Kollegin Pinka, auch nichts damit zu tun, dass dort politischer Druck ausgeübt wurde. Das ist vollkommener Quatsch.

(Dr. Jana Pinka, DIE LINKE: Das können Sie in Dresden doch genauso machen! – Zuruf des Abg. Johannes Lichdi, GRÜNE)

In Dresden – – Herr Präsident, ich muss noch einmal fragen: Ich habe trotzdem zehn Minuten?

Sie fahren in Ihrer Rede fort, Herr Staatsminister.

Vielen Dank, Herr Präsident. – Leipzig und Dresden haben vollkommen unterschiedliche Bedingungen. Dresden hat – wie vorhin gesagt wurde – Kessellage. Wenn man Kessellage hört, könnte man denken, dort ist mehr Feinstaub. Dresden hat aber die Elbe, und die böhmischen Winde sorgen dafür, dass die Schadstoffbelastungen schneller abtransportiert werden als in Leipzig.

(Dr. Jana Pinka, DIE LINKE, steht am Mikrofon.)

Herr Staatsminister, würden Sie eine Zwischenfrage zulassen?

Jawohl, Herr Präsident.

Das ist der Fall; dann Frau Dr. Pinka, bitte schön, Mikrofon 1.

Vielen Dank, Herr Präsident. Herr Kupfer, geben Sie mir recht, dass auch in Dresden dieselben Inversionswetterlagen im letzten Jahr zu den hohen Feinstaubbelastungen geführt haben wie in den anderen Städten und unter anderem in Leipzig?

Da gebe ich Ihnen völlig recht, Frau Abgeordnete. Es betrifft ja nicht nur Dresden und Leipzig, sondern auch andere Orte im Freistaat Sachsen und darüber hinaus, die von dieser Inversionswetterlage betroffen waren. Das ist auch nicht der Grund, warum wir in Leipzig oder in anderen Städten überlegen, Luftreinhaltepläne zu erstellen. Die Europäische Union grenzt diese Inversionswetterlagen und die zusätzliche Belastung mit Feinstaub PM10 oder auch geringer sehr wohl aus. Sie werden kein Beispiel finden, bei dem die Europäische Union deswegen Druck auf die Länder ausgeübt hat. Wir haben es beispielsweise 2011 in Zittau erlebt, dass dort wegen Sondereffekten aufgrund einer Baustelle ein erhöhter Feinstaubeintrag war. Das hat die Europäische Union auch nicht zum Anlass genommen, dort Druck auszuüben.

Meine Damen und Herren, wir haben also die Meteorologie bei diesen Maßnahmen immer wieder berücksichtigt.

Ich möchte jetzt vom Luftreinhalteplan auf das heute viel diskutierte Thema Umweltzone kommen. Es gibt zurzeit in Deutschland 46 Umweltzonen. Für Berlin, Frankfurt am Main, München und Hannover liegen erste Ergebnisse der Wirksamkeit dieser Umweltzonen vor. Diese Ergebnisse sind positiv, meine Damen und Herren. Es hat sehr wohl etwas gebracht, in diesen Städten eine Umweltzone einzurichten. Diese Erkenntnis – das muss man auch wissen – ist nicht nach zwölf Monaten gekommen, sondern diese Erkenntnis zu gewinnen hat mehrere Jahre gebraucht.

(Beifall bei den LINKEN)

Deshalb ist es aus meiner Sicht auch nicht legitim, jetzt schon die Feststellung zu treffen, dass sich die Umweltzone in Leipzig nicht positiv auswirkt, dass sie keine positiven Wirkungen haben kann.

(Beifall bei den LINKEN)

Das kann man noch gar nicht sagen, weil die Messreihe noch gar nicht lang genug ist.

Meine Damen und Herren, wenn die Grenzwerte an 35 Tagen überschritten sind, muss gehandelt werden. Das ist mir zu unflexibel. Ich werde mich deshalb bei meinen Kollegen in den Ländern dafür einsetzen, dass wir mit der Änderung der Luftqualitätsrichtlinie in etwa zwei Jahren dazu kommen, äquivalente Jahresmittelwerte als Grenzwert einzuführen. Ich verspreche mir davon erstens, dass die Schwankungsbreiten durch meteorologische Bedingungen dort flexibler gehandhabt werden können, und zweitens verspreche ich mir davon – das ist mir besonders wichtig – eine Entbürokratisierung dieses Verfahrens.

(Beifall der Abg. Steffen Flath, CDU, und Tino Günther, FDP)

Herr Staatsminister, gestatten Sie noch eine Zwischenfrage?

Ich hätte sonst den letzten Satz gesprochen. Bitte schön.

Frau Dr. Pinka.

Vielen Dank, Herr Präsident. – Gut, dass Sie den letzten Satz gestundet haben.

Ich wollte Sie Folgendes fragen: Für die Feinpartikel < 2,5 Mikrometer gibt es ja jetzt schon Jahresmittelwerte. Wir reichen in Dresden und Leipzig an diese 20 Mikrogramm pro Kubikmeter, also mit diesen Toleranzgrenzen 25 plus/minus 20 %, schon heran. Heißt das nicht, dass wir im Bereich Feinstaub < 2,5 Mikrometer in Sachsen etwas tun müssen, zum Beispiel durch mehr Messstationen, vielleicht auch mit anderen Messmethoden usw.?

Dass wir etwas tun müssen, egal ob das PM10 oder PM2,5 ist, ist klar. Sie wissen auch, dass im Gespräch ist, nicht mehr PM10 als Grundlage zu nehmen, sondern PM2,5. Unabhängig von dieser Diskussion müssen wir auf jeden Fall etwas tun. Das steht außer Frage. Denn auch für mich sind Umweltzonen natürlich nicht attraktiv, aber wenn in einer Region nichts anderes übrig bleibt, wenn die übrigen Maßnahmen nicht ausreichen, muss man eben auch über eine Umweltzone reden.

Meine Damen und Herren – jetzt der letzte Satz –, es geht bei dieser ganzer Diskussion um Luftreinhaltung; es geht um die Gesundheit von Menschen.

(Beifall bei der CDU, den LINKEN, der SPD, der FDP und den GRÜNEN)

Sie möchten von dem Instrument der Kurzintervention Gebrauch machen? Dazu haben Sie Gelegenheit.

So ist es, Herr Präsident.

Ich möchte ausdrücklich dafür danken, dass Herr Staatsminister Kupfer hier zum wiederholten Male deutlich gemacht hat, wie das Verfahren ist, worum es geht: nämlich um die Gesundheit. Ich möchte meiner Hoffnung Ausdruck verleihen, dass sich das bei den anstehenden Haushaltsberatungen niederschlägt, dass wir als Freistaat Maßnahmen flankieren, die alternativ sind, die Umweltzonen vermeiden. Ich freue mich jetzt schon auf Ihre Vorschläge und sicherlich auch auf Ihre Zustimmung, wenn unser Antrag zur Temporeduzierung an stadtnahen Autobahnen zur Abstimmung steht. Diesem Antrag werden Sie bestimmt mit großer Mehrheit als alternative Maßnahme zustimmen.

Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Herr Staatsminister, möchten Sie auf die Kurzintervention antworten? – Das kann ich nicht erkennen.

Es gibt eine weitere Kurzintervention; Frau Dr. Pinka.

Ich möchte mich ebenfalls ausdrücklich bei Herrn Kupfer für seinen Redebeitrag bedanken. Ich hätte mir gewünscht, er hätte vorher mit den Fraktionen von CDU und FDP gesprochen, um diese Aktuelle Debatte heute zu verhindern.

Herr Staatsminister, möchten Sie auf diese Intervention antworten? – Das möchten Sie auch nicht.