Der Luftangriff auf Dresden am 13./14. Februar und die Folgeangriffe bis zum 15. Februar 1945 haben neben militärischen und Industrieeinrichtungen vor allem die Zivilbevölkerung getroffen: Alte, Frauen und Kinder. Und das, meine Damen und Herren, sollte man nicht vergessen. Große Teile der Stadt Dresden, historische Gebäude und viele Kulturdenkmäler sind zerstört worden.
Die Dresdnerinnen und Dresdner gedenken seit 1946 der Zerstörung ihrer Stadt. Es war von Anfang an nicht nur ein Gedenken der Zerstörung ihrer Stadt, sondern es war auch ein Gedenken der Opfer von Krieg und Leid. Es war ein Bekenntnis, dass es das nie wieder geben darf. Das war es immer und das ist es bis heute.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Dieses Gedenken war ein Zeichen gegen Antisemitismus und Extremismus. Leider haben wir es seit 1998 erleben müssen, dass das Gedenken durch rechtsradikale und rechtsextremistische Gruppierungen immer wieder missbraucht wurde.
Wir haben es auch erlebt, dass es in den Jahren danach immer wieder zu gewalttätigen Auseinandersetzungen mit linksextremistischen und autonomen Blöcken gekommen ist und dass das die Verunsicherung in dieser Stadt wechselseitig hochgeschaukelt hat. Natürlich brauchen wir heute ein klares, deutliches Zeichen aller demokratischen Kräfte und keine gegenseitigen Schuldvorwürfe. Nur haben wir – da muss ich Herrn Lichdi wieder in die Pflicht nehmen – an dieser Stelle erneut damit begonnen.
Ich muss auch in Richtung der LINKEN sagen: Eine Katharina König zitiert, wie man im ZDF sehen konnte, hier im Sächsischen Landtag einen Satz, der für mich schon sehr beeindruckend wirkt – man muss ihn sich auf der Zunge zergehen lassen –: „Wir brauchen den schwarzen Block, um Polizeisperren zu durchfließen.“
Meine Damen und Herren! Da erinnere ich an den Sächsischen Staatsminister der Justiz und auch – nach meiner polizeilichen Wahrnehmung –: Der schwarze Block ist eben keine Pilgerschar.
Dresden muss ein Zeichen setzen – friedlich, rechtsstaatlich und gesetzeskonform. Bilder wie im vergangenen Jahr darf es nicht mehr geben. Genauso wenig wie rechtsextremistische Aufmärsche in dieser Stadt stattfinden dürfen, dürfen wir die Straße autonomen und rechtsextremistischen Gewalttätern überlassen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, das ist die Erkenntnis aus dem letzten Jahr: Rechtsextremisten haben in dieser Stadt genauso wenig zu suchen wie jene, die mit Blockaden und Angriffen auf Polizei hier in dieser Stadt Unruhe und Gewalttaten begangen haben.
Die CDU-Fraktion versteht sich als Interessenvertreter aller Bürgerinnen und Bürger. Dazu gehören diejenigen, die ein deutliches Zeichen gegen Rechtsextremismus setzen wollen, indem sie demonstrieren und Versammlungen durchführen, genauso wie jene, die still gedenken wollen. Hierzu gehören die älteren Menschen und auch die Überlebenden. Ihnen allen müssen wir eine Plattform geben. Die Lebensqualität und Sicherheit der über 500 000 Dresdnerinnen und Dresdner darf nicht über ein vertretbares Maß hinaus eingeschränkt werden.
Das bedingt vor allem den Respekt vor dem Handeln, der Verantwortung und dem Einsatz der Polizei. An dieser Stelle möchte ich noch einmal ausdrücklich allen Einsatzkräften danken, und ich kann sagen: Die CDU-Fraktion
steht und wird weiterhin vor der sächsischen Polizei stehen, auch vor den Entscheidungen der Polizeiführung; denn sie hat letztendlich die Verantwortung, das Demonstrationsrecht rechtsstaatlich umzusetzen.
Wir wünschen den Kollegen der sächsischen Polizei und den Einsatzkräften aus den anderen Bundesländern auch in dem Einsatz, der dieses Jahr wieder bevorsteht, viel Erfolg, viel Kraft und vor allem, dass sie alle gesund aus diesem Einsatz zurückkommen mögen.
Reden wir über das Jahr 2012. Das Versammlungsrecht hat eine hohe verfassungsrechtliche Bedeutung und es steht allen zu. Es steht allen in diesem Land zu. Auch wenn es mir nicht gefällt und wenn ich es nicht gut finde, dass Rechtsextremisten in dieser Stadt demonstrieren: Es ist ihr Recht, solange sie nicht verboten sind. Dieses Recht können sie für sich in Anspruch nehmen, und der Staat ist verpflichtet, diese Rechte des Einzelnen zu gewähren. Ich finde es unredlich, dem Staat und seinen Institutionen vorzuwerfen, wenn er Grundrechte umsetzt.
Auf der anderen Seite steht auch das Recht derer, die diese Meinung nicht teilen, die den Missbrauch des Gedankens ablehnen, diese Ideologie verdammen und den Rechtsextremisten ein deutliches Zeichen entgegensetzen wollen. Das bedingt aus unserer Sicht auch Demonstrationen in Sicht- und Hörweite.
Wir engagieren uns deshalb auch für ein friedliches Gedenken, ein klares, deutliches, gemeinsames Zeichen gegen Rechtsextremismus – aber friedlich, rechtsstaatlich und gesetzeskonform.
Die CDU hat im Diskussionsprozess der AG „13. Februar“ wie viele andere aktiv mitgearbeitet, und wir haben gemeinsam einen Kompromiss erreicht für ein gemeinsames Handeln gegen Rechtsextremismus. Ich möchte erinnern: Dazu gehören die Niederlegung der weißen Rosen auf dem Heidefriedhof, die Menschenkette und die anschließende Veranstaltung auf dem Neumarkt. Dazu gehört auch am 18. Februar eine Kundgebung. Dazu kann ich sagen: Man hat sich auf einen gemeinsamen Redner – Hans-Jochen Vogel – geeinigt, auf eine Demonstration in Sicht- und Hörweite und auch auf die Möglichkeit einer Demonstration mit einer festgelegten Strecke unter entsprechender Beachtung der Sicherheitskonzeption.
Aber die Grenze des Ganzen, meine Damen und Herren, findet sich eben bei gewalttätigem, rechtswidrigem Handeln und Blockaden.
Wir haben eine gemeinsame Grundlage für ein deutliches Zeichen aus Dresden gegen Rechtsextremismus und für Weltoffenheit erarbeitet. Jeder musste dabei Kompromisse machen. Lassen Sie uns dieses gemeinsame Handeln bei diesem gemeinsamen Anliegen Realität werden!
Dresden, Sachsen will keine Rechtsextremisten. Wir wollen aber auch keine Gewalt- und Straftaten von Autonomen und linken Chaoten. Wir wollen ein starkes, friedliches Zeichen – rechtsstaatlich und gesetzeskonform. Wir brauchen in Dresden keine Blockaden. Verzichten wir darauf, und lassen Sie ein gemeinsames Handeln nicht an dieser einen Frage scheitern!
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das ist die entsprechende Frage und deshalb bringe ich an dieser Stelle den Änderungsantrag der CDU ein. Ich beziehe mich darauf: Aufruf der Thüringer Landtagsfraktionen von SPD, GRÜNEN und LINKEN zu rechtswidrigen Blockaden in Dresden. Die Mobilisierungsvideos sind Aufrufe der Antifa, die Sie im Internet finden können.
Wir sind für ein gemeinsames Handeln, wir sind für ein Zeichen, wir sind für die Demonstration aller Dresdner, aller Gewerkschaften, aller Parteien, der Kirchen, gemeinsam am Schlossplatz die Demonstration und die Versammlung durchzuführen. Wir sind dankbar für jeden, der in dieser Stadt ein deutliches Zeichen gegen Rechtsextremismus setzt. Wir sind dankbar für jeden, der in der Menschenkette dabei ist, der an der Demonstration und der Versammlung teilnimmt.
Auch wir verurteilen den Missbrauch des Demonstrationsrechtes durch Rechtsextremisten. Aber, meine Damen und Herren – und deswegen bitten wir Sie auch um Zustimmung –, wir unterstützen das Bemühen der Landeshauptstadt Dresden für ein friedliches Gedenken, distanzieren uns von rechtswidrigen Handlungen und der Durchführung von Blockaden. Wir laden Sie ein, diesen Weg gemeinsam mit uns zu gehen.
Abschließend noch einmal die Bitte: Lassen Sie doch nicht an der Frage Blockaden dieses gemeinsame Handeln, das wir uns in den letzten Monaten erarbeitet haben, scheitern.
Meine Damen und Herren! Es spricht nun die Fraktion DIE LINKE. Herr Abg. Gebhardt, bitte, Sie haben das Wort.
Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Noch immer tun wir uns als Demokraten hier im Sächsischen Landtag schwer, eine gemeinsame Sprache zu finden, wenn es um Positionen gegen Rechtsextremismus, Neofaschismus oder simpel gegen geplante Aufmärsche von alten und neuen Nazis geht.
Die Fragen lauten: Finden die Demokraten eine gemeinsame Sprache oder bleibt wie in den letzten Jahren der Eindruck in der Öffentlichkeit, dass es unter den demokratischen Fraktionen nicht möglich ist, ein gemeinsames Agieren zu vereinbaren?
Ich denke, die Voraussetzungen sind in diesem Jahr so gut wie seit Langem nicht, oder eigentlich ist die Situation so gut wie noch nie. Endlich wurde in der Stadt Dresden die Sprachlosigkeit überwunden, und es gab einen runden Tisch mit einem Moderator, vor dem ich großen Respekt habe, was er in den letzten Monaten geleistet hat. Ich vermute, dass für Herrn Frank Richter die Moderation eine sehr bleibende Erfahrung war. Er konnte feststellen, wie breit die Erwartungshaltungen, die Positionen, die Überlegungen zu möglichen Gegenaktionen sind. Dabei waren noch nicht einmal alle relevanten Gruppen Teilnehmer an den Gesprächsrunden. Ich meine hier insbesondere das Aktionsbündnis „Dresden-Nazifrei!“ Es sind also noch Reserven vorhanden.
Weil ich gerade von Herrn Richter spreche, möchte ich ihn auch noch zitieren. So schreibt er in der Halbjahresbroschüre 2012 der Landeszentrale für politische Bildung: „In Sachsen wird zu wenig gestritten.“
Er äußert sich sinngemäß weiter: Ich kann mir nicht vorstellen, wie in einer pluralistischen Gesellschaft und in einem demokratischen Staat ohne vernünftiges Streiten eine Motivierung und Befähigung zur aktiven Teilnahme am politischen System erreicht werden kann. Recht hat der Mann.
Unser Problem ist, dass wir nicht fähig und in der Lage sind, über unsere eigene Parteilinie hinaus eine so streitbare Kommunikation zu führen, dass es möglich ist, gerade in einer so immens wichtigen Frage wie des gemeinsamen Agierens gegen Aufmärsche von Rechtsextremisten und Neofaschisten gemeinsame Lösungsansätze zu finden. Deswegen, Herr Innenminister, ist Ihre Videobotschaft zum gemeinsamen Agieren gegen Rechtsextremismus missglückt. Sie grenzen einen Teil von Menschen, die Sie als Antifaschisten bezeichnen, aus. Jedoch sind es doch gerade diese Menschen, die seit vielen Jahren gegen Nazis Gesicht gezeigt haben und oft alleine gelassen wurden.
Herr Innenminister, Sie haben in einem Interview versucht, den Satz „Antifaschismus ist nicht die richtige Antwort, sondern Demokratie“ zu erläutern. Herr Minister, ich will einmal versuchen zu erläutern, warum ich so kritisch darauf reagiert habe.
Erstens wegen Ihrer historischen Blindheit, denn es ist ein Schlag ins Gesicht aller, die gemeinsam gegen den deutschen Faschismus gekämpft haben. Nach Ihrer Videobotschaft rief mich ein Mitglied meiner Partei an, das unter den Faschisten im KZ saß. Es hat mich gefragt, ob Sie, Herr Ulbig, wirklich glauben, dass Stalin und Churchill in der Anti-Hitler-Koalition sich über die Demokratiefrage unter den Bedingungen der Monarchie und des Stalinismus unterhalten hätten oder wie man den deutschen Faschismus zerschlagen kann.
Zweitens. Wenn Sie gesagt hätten, allein Antifaschismus ist nicht die richtige Antwort, würde es zwar immer noch Menschen geben, die Sie dafür kritisieren. Jedoch würde
ich sagen, ja, da hat der Minister nicht ganz Unrecht. Natürlich ist klar, dass Antifaschisten nicht die besseren Menschen sind, jedoch sind Antifaschisten Demokraten.
Wir dürfen keine Trennung zulassen. Genau damit hatten wir in den letzten Jahren die immensen Probleme, weil dadurch der Konsens der Demokraten gegen Nazis gefährdet wird. Uns sollte doch die Verteidigung der demokratischen Kultur einen, ganz unabhängig davon, ob dies nun aus antifaschistischen, wertkonservativen, christlichen oder anderen Motivationen heraus erfolgt. Selbstverständlich ist das Demonstrationsrecht ein ungemein hohes, schützenswertes demokratisches Gut, das auch ausdrücklich für Positionen jenseits des Mainstreams und für das Abweichen des Minderheitenvotums gelten muss. Bis hierher haben wir wahrscheinlich keinen Dissens. Ich glaube – hier habe ich eine andere Auffassung als Herr Hartmann und andere –, bei Aufmärschen und Aktionen des selbsternannten nationalen Widerstandes handelt es sich aber nicht um eine politisch abweichende Position. Die Bestrebungen dieser Gruppierungen zielen gerade auf die Abschaffung von Verfassung und Demokratie ab. Das bedeutet auch die Abschaffung des Demonstrationsrechtes.
Der Pfarrer Michael Klein aus Gera schreibt nach dem 19. Februar 2011 – um einmal einen anderen Pfarrer aus Thüringen zu zitieren: „Einen besonderen Schutz des Grundgesetzes für Verfassungs- und Demokratiefeindlichkeit kann ich nicht erkennen, wohl aber das Recht der Zivilgesellschaft auf gewaltfreien Widerstand gegen solche Bestrebungen.“
Deswegen, um ein immer wieder aufkommendes Missverständnis auszuräumen, auch wenn ich es hier schon oft gesagt habe: Es gibt absolut keinen Grund, die Gewaltvorfälle im Rahmen der Blockadeaktion am 19. Februar 2011 zu relativieren. Der Konsens, es wird friedlich blockiert, wurde von einer Minderheit der Gegendemonstranten gebrochen. Brennende Barrikaden, Autos und Gebäude sind keine antifaschistische Tat. Dahinter steckt kriminelle Energie.
Deshalb habe ich mich auch mehrfach und eindeutig davon distanziert. Deswegen müssen hier die Polizei, die Staatanwaltschaft und die Gerichte handeln und reagieren. Vielleicht sollten wir einmal gemeinsam überlegen, wieso Menschen so reagieren bzw. agieren. Auch dafür gibt es Ursachen in unserer Gesellschaft.
Jedoch ist es völlig unverhältnismäßig, wenn Tausende Gegendemonstranten unter Generalverdacht gestellt
werden und deswegen Hunderttausende Handydaten gesammelt und ausgewertet werden. Es ist auch völlig unverhältnismäßig, wenn in einer spektakulären Ramboaktion ein Haus gestürmt wird, dabei eine Rechtsanwaltskanzlei, Büroräume der LINKEN und weiterer Vereine sowie eine Privatwohnung gestürmt werden, um angebliche Rädelsführer der Krawalle dingfest zu machen.