Den Fraktionen wird das Wort zur allgemeinen Aussprache erteilt. Die Reihenfolge in der ersten Runde: CDU, DIE LINKE, SPD, FDP, GRÜNE, NPD; die Staatsregierung, wenn gewünscht.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Vor Ihnen liegt ein Gesetzentwurf mit einem Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen, der eine Finanzierung des Ausbildungsverkehrs ermöglicht.
Ich darf daran erinnern, dass dieses Hohe Haus auf Initiative und unter Federführung der Koalitionsfraktionen im Jahr 2010 zum Doppelhaushalt für die Haushaltsjahre 2011 und 2012 jeweils 1 Million Euro mehr für diese Haushaltsposition eingeplant und verwirklicht hat.
erhalten seit dem Jahr 2009 die sächsischen Landkreise und kreisfreien Städte einen Ausgleich für die Beförderung von Personen mit ermäßigten Zeitfahrausweisen im Ausbildungsverkehr. Bis 2008 erfolgte der Ausgleich gemäß § 45a des Personenbeförderungsgesetzes und § 6a des Allgemeinen Eisenbahngesetzes. Der Freistaat Sachsen hat mit der Änderung des Gesetzes zur Finanzierung des Ausbildungsverkehrs im Öffentlichen Personennahverkehr seit 2009 den Ausgleich durch Landesrecht selbst geregelt.
Die Verteilung der vorgesehenen Mittel auf die Landkreise und kreisfreien Städte erfolgte für die Jahre 2009 und 2010 auf der Grundlage der Berechnung des Verteilerschlüssels des Ausgleichsanspruchs aus dem Jahr 2007. Dieser Schlüssel kam der Verteilung zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des ÖPNV-Ausgleichsgesetzes zum 1. Januar 2009 am nächsten, sodass mit den geringsten Auswirkungen auf die Wirtschaftlichkeit der Verkehrsunternehmen gerechnet werden konnte.
§ 2 Abs. 3 des genannten Gesetzes legt fest, dass zur weiteren Gestaltung des Schlüssels im Jahr 2010 zu prüfen ist, welche objektiv vorliegenden Daten für einen dynamischen Schlüssel zu verwenden sind, die der zukünftigen Entwicklung der Beförderung von Auszubildenden am ehesten entsprechen. Diesen gesetzgeberischen Auftrag soll das Änderungsgesetz nun umsetzen. Ab 2012 soll der neue dynamische Schlüssel angewendet werden.
Warum erläutere ich das so ausführlich? Das mache ich, weil es auch in unseren Fraktionen zu Fragen und Unverständnis bei der vorliegenden Berechnung kam.
Der Gesetzentwurf hat nun einen dynamischen Schlüssel, der auf der Basis objektiver Istdaten des Statistischen Landesamtes berechnet wird. Dieser dynamische Schlüssel wurde bereits im Jahr 2008 im Landtag angedacht, aber nie umgesetzt.
Aufgrund der unterschiedlichen Tarifsysteme in den einzelnen Verkehrsverbünden hat sich die Koalition auf eine Einstandsgröße von 50 % der bisherigen Finanzzuweisungen als Grundbetrag festgelegt. Dieser Sockelbetrag erreicht dort die Umstellung der neuen Finanzierung, kann aber nicht auf ewige Zeiten als gegeben angesehen werden. Dazu wird es nach der Revision der Regionalisierungsmittel weiteren Korrekturbedarf geben. Die restlichen 50 % sind in einem zweistufigen Berechnungsverfahren nach ebendiesem dynamischen Schlüssel neu zu berechnen.
Gerade die ländlichen Räume erhalten mit dieser Änderung der Berechnung mehr Geld zur Finanzierung ihrer Verkehre. Das, meine Damen und Herren, ist ein Beitrag zur Stärkung des ländlichen Raumes, gekoppelt – und das betone ich ausdrücklich – mit der Solidarität der großen Städte.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Lieber Kollege Heidan, würden Sie mir ganz kurz einmal erleuchten, welchen Bedarf Sie an einer Überprüfung der Schülerverkehrsfinanzierungsgelder und -regelungen in Bezug auf die Revision der Regionalisierungsmittel 2014 sehen?
Der ÖPNV setzt sich aus drei Säulen zusammen. Davon ist eine Säule der Ausbildungsverkehr. Wir haben noch die Regionalisierungsmittel als solche und die Investitionsmittel. Das sind die drei Säulen. Eine wichtige Säule ist der Ausbildungsverkehr. Von daher ist es leicht nach
zuvollziehen, dass man, wenn es dort Veränderungen gibt, Nachsteuerungs- oder Regulierungsbedarf hat.
Das wissen wir in diesem Hohen Haus nicht. Wir werden uns aber als Koalition den Dingen widmen. Von daher ist es mir nicht bange, dass wir Ihnen eine gesicherte ÖPNVFinanzierung vorlegen können.
Ich war bei der Solidarität der großen Städte stehen geblieben. Diese haben bei der Konzentriertheit von Verkehrsmitteln in ihren jeweiligen Gebieten feststellbar und berechenbar durchaus Synergieeffekte zu verzeichnen.
Wir wollen für alle Sachsen ausgewogene Lebensverhältnisse schaffen. Dieses Gesetz wird einen Teil dazu beitragen, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Mobilität ist einer der zentralen Faktoren des 21. Jahrhunderts. Mit zunehmender Selbstverständlichkeit legten wir in den vergangenen Jahren immer größere Entfernungen zurück und benötigten dafür immer weniger Zeit.
Unsere heutige Gesellschaft und unsere Wirtschaft wären ohne die Mobilität von Personen, Gütern und Informationen nicht denkbar. Mobilität ist zum zentralen Motor für Wohlstand und Fortschritt geworden. Deshalb muss auch der Schülerverkehr attraktiv gestaltet werden. Der Beförderungsbedarf im Ausbildungsverkehr in den sächsischen Landkreisen wird wesentlich durch die Anzahl der Schüler und durch die Dichte der Schulstandorte geprägt. Diese Dichte ist natürlich stark abhängig von der Fläche des jeweiligen Landkreises.
In § 2 Abs. 3 Nr. 3 werden die in den Berechnungsformeln verwendeten Faktoren klar definiert. Als statische Größen fließen in die Berechnung ein: erstens die Fläche, zweitens die Anzahl der Schüler an allgemeinbildenden und berufsbildenden Schulen und drittens die Anzahl der Studenten an allen nach sächsischem Landesrecht anerkannten Hochschulen. Diese Informationen werden den vorliegenden Statistiken des Statistischen Landesamtes des Freistaates entnommen.
In die Anzahl der Schüler werden die Schüler an allgemeinbildenden Schulen, das heißt die Schüler an Grundschulen, allgemeinbildenden Förderschulen, Mittelschulen und Gymnasien einbezogen. Für die Anzahl der Schüler an berufsbildenden Schulen werden Schüler an Berufsschulen, Berufsfachschulen, an Fachschulen, an Fachoberschulen, an beruflichen Gymnasien und entsprechenden berufsbildenden Förderschulen einbezogen.
Für die Berechnung der Studenten gilt die jeweilige Zugehörigkeit zu anerkannten Hochschulen nach sächsischem Landesrecht.
Wir als CDU-Fraktion sind uns der Aufgabe bewusst, bei abnehmenden Schülerzahlen und sinkenden Steuereinnahmen dennoch einen attraktiven Nahverkehr für die Schüler in Sachsen zu realisieren. Das wollen wir mit dem vorliegenden Gesetz tun. Deshalb haben wir mit den kommunalen Spitzenverbänden auch nach den besten Lösungen gesucht. Ich glaube, das ist mit diesem Gesetzentwurf und unserem Änderungsantrag gut gelungen. Deshalb bitte ich um Ihre Zustimmung.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Heidan! Sie haben sicherlich versucht, mir einiges im Ausschuss zu erklären. Allerdings bat ich Sie vorhin, es mir zu erleuchten. Auch das ist Ihnen heute nicht gelungen. Sie eiern immer wieder an ein und derselben Stelle herum, wenn es nämlich um die Regionalisierungsmittel geht und um den Trick, den man in Sachsen macht: die Regionalisierungsmittel in die eine Tasche hineinzustecken, und dann verteilen wir sie einmal nach Gutdünken aus der anderen Tasche wieder so, wie wir es wollen, und geben ein Stück als Schülerverkehrsfinanzierung – boah, wir Sachsen geben dafür richtig Geld aus! – und dann noch ein bisschen als Betriebskosten aus. Den Rest lassen wir im Haushalt, um der Transparenz – Sie wollen ja immer so schön transparent sein – die Ehre zu erweisen.
Meine Damen und Herren! Mit dem heutigen Plenartag findet das mehr als ein Jahr andauernde Trauerspiel um die künftige Ausgleichsfinanzierung für den Schüler- und Auszubildendenverkehr in Sachsen seinen vorläufigen Abschluss. An diesem Gesetz ist die Staatsregierung mit ihrem Staatsminister für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr im doppelten Sinne gescheitert. Das muss man einfach feststellen. Sie konnte den Gesetzesauftrag weder zeitlich noch inhaltlich erfüllen. Herr Heidan, das haben Sie nämlich schön verschwiegen und umschifft.
Das Gesetz sollte zum 01.01.2011 bereits in Kraft treten. Die Zahlen 2010 sollten für 2011 gelten. Das steht nämlich mit in dem Gesetz. Das haben Sie vorhin zu sagen unterlassen. Dieses Gesetz wurde jedoch dem Landtag erst am 17. Mai 2011 als Gesetzentwurf der Staatsregierung zugeleitet und es sollte auf eine dynamische Verteilung der Gelder – darauf hat Herr Heidan hingewiesen – an die Landkreise und kreisfreien Städte umgestellt sein, die anhand aktueller Berechnungen und objektivierter Faktoren den Ersatz für entsprechend verbilligte Schüler- und Auszubildendenverkehre ausgewogen ausgleicht.
Zudem offenbart die Hausspitze des SMWA, also Sie, sehr geehrter Herr Minister Morlok, ein gehöriges Maß an Arroganz und Ignoranz. Das muss man feststellen. Einen Gesetzentwurf, der bereits im internen Anhörungsverfahren von allen berufenen Stellen, Sachverständigen und Betroffenen vernichtend bewertet wird, dennoch dem Landtag zur Behandlung und Beschlussfassung zuzuleiten ist ungehörig, macht in gewisser Weise fassungslos und zeigt, welche Missachtung der Minister und seine Staatssekretäre diesen Stellungnahmen und den Stellungnehmenden entgegenbringen, insbesondere den kommunalen Spitzenverbänden sowie den Bus- und Bahnunternehmen, die die Auszubildendenverkehre durchführen.
Das ist nicht neu, Kollegin Hermenau, das ist richtig. Aber man sollte es immer wieder konstatieren, damit die Wachstumspartei weiß, wohin Wachstum führen kann.
Damit ist in Bezug auf dieses Gesetz die Staatsregierung bereits dreifach gescheitert, namentlich eben Minister Morlok. Die durch die Fraktion DIE LINKE im Wirtschafts- und Verkehrsausschuss beantragte Expertenanhörung hat einerseits den Gesetzentwurf des Ministers mit Pauken und Trompeten untergehen lassen. Andererseits war sie der Auftakt zum Heilungsprozess, der nunmehr durch den Sächsischen Landtag zu betreiben war, lieber Kollege Heidan, durch Ihre beiden Fraktionen, Herr Kollege Herbst, was Sie auch tatsächlich ins Werk gesetzt haben, zumindest in Ansätzen.
Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen der Koalition! Ich kann Ihre Frustration und auch Ihre Verärgerung darüber sehr gut nachvollziehen. Schließlich waren bereits im bisher gültigen Schülerverkehrsfinanzierungsgesetz – ich kürze es einmal so ab – Termin und Handlungsauftrag, wie ich eben schon gesagt habe, formuliert, womit eine stark verspätete Gesetzesinitiative und noch dazu in so verkorkster Weise nicht hätte zwangsläufiges Ergebnis sein müssen, geschweige denn dürfen.
Zudem handelt es sich um das dritte Gesetz, nochmal das dritte Gesetz, das dieser Minister federführend in den Sand gesetzt hat: das Gaststättengesetz, das Ladenöffnungsgesetz und nun das Auszubildendenverkehrsfinanzierungsgesetz.
Kurz gesagt – regen Sie sich doch nicht auf, Sie wachsen doch hinein in die Aufgabe –, müssen Sie wieder einmal die Arbeit des Ministerausfalls erledigen, und zu dieser Arbeit komme ich gleich. In gut eingeübter Tradition, lieber Kollege Heidan, lieber Kollege Herbst, sollte es also nicht nur den recht komplexen Änderungsantrag zum untauglichen Gesetzentwurf der Staatsregierung geben. Vielmehr sollte es für Sie, aber auch für Sie, Herr Flath und Herr Zastrow, eine Frage der Ehre sein, heute mit einem Entschließungsantrag diesem Staatsminister und
dieser Staatsregierung deutlich zu machen, dass es nicht Ihr Wille ist, auch für den Rest dieser Legislaturperiode die Lückenbüßer für Ministerversagen in diesem Haus zu geben.