Protocol of the Session on November 23, 2011

Man muss sich wieder einmal die Größenordnung der Gebühreneintreibung vor Augen halten: Im Jahr 2009 kassierten ARD, ZDF und Deutschlandradio mehr als 7,6 Milliarden Euro der deutschen Gebührenzahler. Zu welchen Fehlentwicklungen und Missbrauchspotenzialen dieser warme Geldsegen für die öffentlich-rechtlichen Häuser führt, sieht man wieder am skandalgeschüttelten Mitteldeutschen Rundfunk.

Die NPD lehnt diesen Staatsvertrag aus verschiedenen Gründen ab. Dabei verstecken wir uns nicht hinter den in der Landtagsanhörung vorgetragenen Einwänden der Datenschützer oder Lobbyisten, sondern wissen uns eins mit der übergroßen Bevölkerungsmehrheit.

Als NPD-Fraktion erhielten wir im Laufe dieses Jahres eine Vielzahl von Briefen und elektronischen Nachrichten, deren Verfasser den Fünfzehnten Rundfunk

änderungsstaatsvertrag aus den unterschiedlichsten

Gründen klar ablehnen. In einem Brief, der aus meiner Sicht ziemlich repräsentativ ist, heißt es beispielsweise: „Ich und der überwiegende Teil der Sachsen sind gegen das neue GEZ-Gesetz, bei dem ab 2013 der Vermieter per Gesetz gezwungen wird, persönliche Daten der Mieter an die GEZ weiterzuleiten. Bitte stimmen Sie gegen dieses Gesetz. Das Volk will es nicht.“

Man muss sich die Frage stellen, warum dieser Staatsvertrag trotzdem durch die Landtage geprügelt und mit der geräteunabhängigen Haushaltsabgabe ein regelrechter Systemwechsel in der Rundfunkgebührenfinanzierung beschritten wird.

Da ist zum einen die mangelnde Akzeptanz der öffentlichrechtlichen Anstalten beim jüngeren Publikum zu nennen. Nur 2 % der jüngeren Fernsehzuschauer bevorzugen in der Hauptsendezeit noch die betulichen Sendungen von

ARD und ZDF. Durch die demografische Katastrophe in unserem Land, die auch bei ARD und ZDF verharmlosend als „demografischer Wandel“ beschrieben wird, sterben auch den öffentlich-rechtlichen Anstalten die Gebührenzahler weg.

Anstatt Sparanstrengungen in ihren Häusern zu unternehmen, lassen die öffentlich-rechtlichen Sender lieber die Politik antanzen und sorgen dafür, dass die Medienpolitiker für sie neue Einnahmequellen erschließen. Wegen der Verarmung von Teilen unseres Volkes mussten die Anstalten zuletzt Gebührenbefreiungen aus sozialen Gründen akzeptieren. Diese vielfältigen Gebührenausfälle aufgrund der prekären sozialen Lage von größeren Teilen der Bevölkerung sollen nun durch die Haushaltsabgabe für alle kompensiert werden.

Der SPD-Abgeordnete Panter nannte so etwas allen Ernstes „Demokratieabgabe“. Wenn Sie, Herr Panter, diese Gebührenabzocke „Demokratieabgabe“ nennen, dann sollten Sie sich nicht wundern, wenn Ihnen in diesem Land eines Tages die Demokraten abhandenkommen.

Die vielfältigen Bedenken der Datenschützer sind schon erwähnt worden. Deshalb müssen sie von mir nicht noch einmal in aller Breite referiert werden. Klar ist aber, dass mit dem bestehenden Rundfunkänderungsstaatsvertrag die GEZ zu einer Supermeldebehörde ausgebaut wird, zu einem regelrechten Datenkraken, bei der Missbrauchsskandale bereits vorprogrammiert sind.

Wir haben in den vergangenen Monaten auch viel über die Vorzüge des dualen Systems – öffentlich-rechtlicher Rundfunk hier, private Sender dort – gehört, und gern ist in der Vergangenheit auch das Vorbild der britischen BBC genannt worden. Aber, meine Damen und Herren, selbst das „Mutterland der Demokratie“ erlaubt sich nur eine staatliche Sendeanstalt und keine zwei.

Wir wissen alle, dass Adenauer seinerzeit das ZDF als konservativen Gegenpol zum Linksfunk der ARD etablierte, aber heute lügen und langweilen beide Sender auf der gleichen linken Welle. Die NPD reiht sich bei den Kritikern des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ein, darunter auch bei den Jungen Liberalen, die die Abschaffung des ZDF fordern und sich davon eine beträchtliche Gebühreneinsparung erhoffen. Wenn dann auch noch die ARD wie vor zwei Jahren die BBC einer notwendigen Verschlankung unterzogen wird, dann ist eine spürbare Absenkung der Haushaltsabgabe möglich, ja, sogar zwingend geboten.

Positiv ist aus Sicht der NPD wenigstens, dass die doppelte Rundfunkgebühr für Kleingärtner mittlerweile vom Tisch ist. In Sachsen wären davon 43 000 Menschen mit einer Gartenlaube von mehr als 24 Quadratmetern von der Doppelzahlung betroffen gewesen. Immerhin wollten sich hier die etablierten Medienpolitiker nicht den Zorn des Volkes zuziehen.

Meine Damen und Herren! Aus den genannten und aus vielen anderen Gründen wird die NPD diesen Rund

funkänderungsstaatsvertrag mit seiner ungerechten und absurden Haushaltsabgabe für jeden ablehnen.

(Beifall bei der NPD)

Meine Damen und Herren! Das war die erste Runde. Gibt es weiteren Redebedarf? – Für die CDU-Fraktion Herr Abg. Clemen. Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich glaube, wir haben insgesamt keinen großen Dissens. Die Debatte um die Neuregelung der Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks dauert nun schon über zwei Jahre. Die Diskussion dazu habe ich allerdings schon vor elf Jahren hier in diesem Hause begonnen. Es handelt sich bei dieser Reform um eine echt sächsische Erfindung.

Herr Dr. Gerstenberg von den GRÜNEN – Ehre, wem Ehre gebührt! – äußerte die Idee einer Haushaltsgebühr als Erster öffentlich. Meine Fraktion vertrat damals den Vorschlag zuerst hier im Hohen Hause. Im Juni dieses Jahres gab die Ministerpräsidentenkonferenz der Reform grünes Licht. Politik bedeutet eben manchmal das Bohren sehr dicker Bretter. Deshalb freue ich mich ganz besonders darüber, dass dieses Verfahren jetzt zu einem positiven Ende kommt und wir in diesem Hohen Hause dazu unseren Beitrag leisten können.

Ich möchte nun zu einigen Punkten der Diskussion der vergangenen Wochen und Monate konkret Stellung nehmen. Debattiert wurde im Laufe der Erarbeitung des Vertrages unter anderem, ob nicht die Wirtschaft zu stark belastet würde. Ich bin der Meinung, dass hier in den Verhandlungen zwischen allen Beteiligten vernünftige Regelungen gefunden wurden, die auch für kleine Betriebe und für spezielle Wirtschaftszweige keine unbilligen Härten darstellen.

Auch bei dem gerade für Sachsen und Ostdeutschland wichtigen Thema der Gleichbehandlung von Gartenlauben jedweder Größe hinsichtlich der Rundfunkgebührenbefreiung haben wir ein akzeptables Resultat erzielt. Ausschlaggebend soll die Nutzbarkeit oder eben die Nichtnutzbarkeit als ständige Wohnung sein. In der Erörterung befinden sich im Zusammenhang mit dem Fünfzehnten Rundfunkänderungsstaatsvertrag im Großen und Ganzen nur noch datenschutzrechtliche Aspekte. Der Datenschutzbeauftragte hat ja seine Meinung formuliert, und ich denke, dass wir seinem Anliegen Rechnung getragen haben.

Weitere Priorität hat ein verstärkter Schutz der Privatsphäre sowie der persönlichen Daten. Das neue Modell sieht deshalb vor, dass die Rundfunkteilnehmer künftig einfach, nachvollziehbar und grundrechtsschonend erfasst werden.

Zu den positiven Ausnahmen des geplanten Modellwechsels gehört es auch, dass Wohnungen fortan nicht mehr

von der GEZ ausgeforscht werden, denn es findet keine Überprüfung des Bereithaltens von Geräten mehr statt. Es wird also eine Reduzierung des Beauftragtendienstes möglich.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Der Finanz- und Personalbedarf der GEZ wird damit mittelfristig sinken. Die GEZ soll ja als Ergebnis dieser ganzen Umstellung irgendwann überflüssig sein. Überdies bestehen bezüglich der GEZ keine datenschutzrechtlichen Bedenken. Sie ist eine der wenigen Institutionen in Deutschland, die einer ganz umfassenden Überprüfung unterliegen : von der betrieblichen Datenschutzbeauftragten bei der GEZ, von den Datenschutzbeauftragten der Rundfunkanstalten und zusätzlich auch noch von den Datenschutzbeauftragten der Länder Brandenburg, Berlin, Bremen und Hessen.

Die GEZ führt insgesamt 42 Millionen Teilnehmerkunden. Alle diese Daten sind ausschließlich solche, die nach geltendem Recht auch geführt werden dürfen. Die gesamten Daten, die die GEZ heute schon hat, sind zu überführen. Es werden künftig nicht mehr, sondern deutlich weniger Daten erhoben, da die Daten über Geräte nicht mehr in Betracht kommen.

Freilich wird es zur Beitragserhebung notwendig, auf die erforderlichen Daten zuzugreifen. Das ist die Grundvoraussetzung dafür, dass die Gebührenbeauftragten zukünftig ihre Tätigkeit deutlich reduzieren können.

Die Datenübermittlung stellt insgesamt einen wesentlich geringeren Eingriff dar als der, der durch die Gebührenbeauftragten bislang erfolgt. 80 % aller Rundfunkteilnehmer haben der GEZ eine Einzugsermächtigung erteilt. Andere zahlen per Überweisung oder Dauerauftrag. Dies ist ein fest etabliertes Verfahren, bei dem auch in Zukunft keine zusätzlichen Erhebungen notwendig sind.

Wie bisher dürfen die Landesrundfunkanstalten Daten veröffentlichen und von nicht öffentlichen Stellen erheben. Das ist im § 8 Abs. 4 Rundfunkbeitragsstaatsvertrag nachzulesen. Mit dem neuen § 11 Abs. 4 erfolgt lediglich eine Fortschreibung und Präzisierung dieser Vorschrift. Es gibt sozusagen eine Beschränkung der alten Vorschrift auf die Anzeigepflichten nach § 8 Rundfunkbeitragsstaatsvertrag.

Die GEZ bekommt den permanenten Meldedatenabgleich über Veränderungsdaten schon seit vielen Jahren. Auch das Ankaufen von Adressdaten wird durch das Bundesdatenschutzgesetz gedeckt. Schließlich muss bereits heute den Landesrundfunkanstalten der Grund für eine Abmeldung der Gebührenpflichtigkeit mitgeteilt werden. Die Rechtsprechung hat dazu seit Langem anerkannt, dass nur ein individueller Lebenssachverhalt in typisierter Form einen Abmeldegrund erfüllt. Dieser Abmeldegrund ermöglicht es den Rundfunkanstalten, die Plausibilität und Richtigkeit nachzuprüfen. Ich gehe deshalb insgesamt davon aus, dass der vorliegende Staatsvertrag geeignet ist, auch mit dem datenschutzrechtlichen Thema angemessen umzugehen.

Alles in allem, meine Damen und Herren, legen wir heute mit der Zustimmung zum Fünfzehnten Rundfunkänderungsstaatsvertrag einerseits den Grundstein für einen wirklichen Systemwandel bei der Rundfunkfinanzierung und andererseits sichern wir damit die Zukunftsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und stellen zudem die Stabilität der Rundfunkgebühr mindestens bis zum Jahre 2015 sicher. Deshalb bitte ich Sie um Ihre Zustimmung zum vorliegenden Gesetzentwurf.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Clemen. – Meine Damen und Herren! In der allgemeinen Aussprache zu diesem Tagesordnungspunkt liegen mir keine weiteren Wortmeldungen vor. Wird dennoch das Wort gewünscht? – Herr Abg. Neubert, bitte, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte noch auf einige Dinge eingehen. Herr Gerstenberg, die Geräte sollen nicht mehr das Maß der Dinge sein. Das ist der Chor, und darin sind wir uns in diesem Hause einig.

Ich glaube allerdings nicht, dass das, was wir nicht mehr haben wollen, schon ausreicht für eine Zustimmung, weil das bei unserer Bewertung einer Kritik unterliegt. Deshalb befürworten wir grundsätzlich die Abkehr und können ganz konkret diesem Modell, wie es vorliegt, nicht zustimmen, weil es nicht unserer Zielvorstellung entspricht. Unsere Zielvorstellungen sind zum einen eine Zahlung nach Leistungsfähigkeit für öffentlich-rechtlichen Rundfunk und für die Verantwortung und zum anderen, am besten auf der personenbezogenen Ebene, die Erhebung dieser Daten und der Teilnehmerkunden mit so wenig wie möglich Aufwand und mit größtmöglichem Datenschutz zu erreichen.

Dabei wird völlig ausgeblendet, dass im Moment die Daten einfach noch nicht vorliegen, nach denen in Zukunft die Haushaltsabgabe eingezogen werden soll. Genau darin besteht das Problem. Ich habe es angesprochen.

Zehn Millionen Menschen ziehen pro Jahr um. Die GEZ muss nicht nur den Haushalt feststellen, sondern sie muss auch schauen, wer in diesem Haushalt wohnt, wer aus diesem Haushalt umzieht, wer wohin zieht, in welchen Haushalt, mit welchen Leuten. Die GEZ hat selbst eingeräumt, dass sie zu Beginn dieser Umwandlung 400 neue Stellen braucht, um diese Umstellung der Daten überhaupt erst einmal sicherzustellen. Da rede ich noch gar nicht von der Zukunft, wo diese Änderungen alltäglich eingearbeitet werden müssen.

Ich wollte dieses Thema nicht ansprechen, Herr Panter, aber wenn Sie schon unser Modell hier ansprechen – wobei ich das Gefühl habe, dass Sie es entweder nicht gelesen oder nicht verstanden haben, was beides nicht für Sie spricht, Herr Panter –,

(Lachen der Abg. Stefan Brangs und Dirk Panter, SPD)

möchte ich darauf hinweisen, dass die Daten, die jetzt über die GEZ erst erhoben werden müssten, beim Finanzamt schon vorliegen. Das Finanzamt ist keinesfalls dazu da, die Staatsferne infrage zu stellen oder den Betrag als Steuer einzuziehen, sondern ausschließlich dazu, als methodisches Erhebungsinstrument zu dienen.

Ich möchte abschließend, Herr Panter, darauf hinweisen, dass diese Methode beispielsweise auch vom Sächsischen Datenschutzbeauftragten vorgeschlagen wurde, und zwar gerade vor dem Hintergrund des Datenschutzes. Das wollte ich gern noch einmal darstellen.

(Beifall bei den LINKEN)

Vielen Dank, Herr Neubert. – Meine Damen und Herren, gibt es weitere Wortmeldungen? – Das kann ich nicht feststellen. Ich frage die Staatsregierung: Wird das Wort gewünscht? – Herr Staatsminister Dr. Beermann, selbstverständlich haben Sie das Wort. Bitte schön.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen, meine Herren! Sie erlauben mir, dass ich mich ganz zu Anfang beim Hohen Hause für die sehr intensive und sachkundige Diskussion bedanke, die wir über diese fundamentale Änderung im Rundfunkgebührenbereich hin zu einer Rundfunkabgabe geführt haben. Ein besonderer Dank geht an Sie, Herr Prof. Besier. Sie gestatten mir auch einen besonderen Dank an diejenigen, die in den Regierungsfraktionen besondere Verantwortung hatten: Torsten Herbst und Günter Schneider. Ihnen allen möchte ich danken für die sehr intensive und sachkundige Debatte, die wir in den Ausschüssen geführt haben. Dass das jetzt ein bisschen ausfasert und dass man, nachdem wir diesen Vertrag vor anderthalb Jahren ausverhandelt hatten, langsam den Überblick verliert, ist etwas, was wohl zum Verfahren dazugehört.

Große Teile Ihrer Rede, Herr Neubert, waren immer noch von der Sachkunde geprägt, die Sie auch im Ausschuss an den Tag gelegt haben. Einige Vergleiche waren sehr gewagt. Ich stelle mich schützend vor den MDR, wenn Sie ihn mit einem Zoo vergleichen. Das hat er nicht verdient.

(Zuruf des Abg. Klaus Tischendorf, DIE LINKE)

Jetzt zu Ihnen, Herr Panter. Herr Neubert hat ja gerade das gesagt, was zu sagen war.