Das war ein wichtiger Schritt, um das soziale Engagement weiter zu fördern und – wie meine Kollegin, Frau Staatsministerin Clauß, sagen würde – um das Herz unserer Gesellschaft weiter kräftig schlagen zu lassen.
Die ersten Freiwilligen konnten zum 1. Juli dieses Jahres ihren Dienst antreten. Dass bei diesem enormen Tempo der Veränderung vom Zivildienst zum Bundesfreiwilligendienst das eine oder andere Detail noch auszugestalten war, ist nachvollziehbar.
Die Sächsische Staatsregierung hat, vertreten durch das SMS, die Einführung des Bundesfreiwilligendienstes von Anfang an aktiv, offen und konstruktiv-kritisch begleitet und im Rahmen der Möglichkeiten auf die Gestaltung einzelner Bestimmungen Einfluss genommen. Ich sage bewusst „im Rahmen der Möglichkeiten“, da es sich hier um einen Freiwilligendienst in Verantwortung des Bundes handelt.
So haben die Länder beim Bundesfreiwilligendienst nicht den Einfluss, den sie bei den in ihrer Verantwortung befindlichen Diensten haben, dem Freiwilligen Sozialen Jahr, abgekürzt FSJ, und dem Freiwilligen Ökologischen Jahr, abgekürzt FÖJ.
Insofern lag das Hauptaugenmerk der Länder und so auch Sachsens darauf, dass „unsere“ Dienste nicht durch die Einführung des Bundesfreiwilligendienstes in den Hintergrund geraten. Vor allem Staatsministerin Clauß hat sich hier beispielsweise mit Nachdruck für eine gleiche Bundesförderung für die pädagogische Begleitung dieser Dienste eingesetzt und diese auch erreicht.
Durch die vom Bund gegebene Zusage, nun alle FSJ- und FÖJ-Plätze mit Bundesmitteln zu fördern, hat sich die Anzahl der zur Förderung beantragten Plätze schnell und deutlich erhöht. Auf einmal drohten die vom Bund eingeplanten finanziellen Ressourcen nicht auszureichen. Währenddessen konnten die für den Bundesfreiwilligendienst veranschlagten Mittel aufgrund von Anlaufschwierigkeiten und geringer Nachfrage nicht wie geplant bewilligt werden.
In dieser Situation hat der Bund mit der Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege eine Vereinbarung zum verstärkten Abschluss von Verträgen im Bundesfreiwilligendienst getroffen. Der Freistaat Sachsen hat,
Aber, meine Damen und Herren, bei allen Herausforderungen zu Beginn eines Projektes: Ich bin überzeugt davon: Der Bundesfreiwilligendienst wird sich weiter etablieren und das von der Bundesregierung angestrebte und ehrgeizige Ziel von 35 000 Freiwilligen wird hoffentlich erreicht werden.
Wichtig für den Freistaat Sachsen ist, dass die seit Jahren bestehenden vielfältigen und in einer hohen Qualität befindlichen Angebote im FSJ und FÖJ bestehen bleiben und weiterhin angemessen gefördert werden.
Auch bezüglich der Zahlung von Kindergeld im Bundesfreiwilligendienst wird es demnächst eine Lösung geben. Die Fraktionen des Deutschen Bundestages haben bereits angekündigt, dies gesetzlich zu regeln. Damit wird es für den Bundesfreiwilligendienst eine Regelung wie für die Jugendfreiwilligendienste FSJ und FÖJ geben. Dafür setzt sich die Staatsregierung auf Bundesebene ein.
Die Fraktionen nehmen in folgender Reihenfolge Stellung: GRÜNE, CDU, DIE LINKE, SPD, FDP, NPD und die Staatsregierung, wenn sie das Wort dazu wünscht.
Meine Damen und Herren! Wir beginnen mit der Aussprache. Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat Herr Jennerjahn das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Einmal mehr ist es notwendig, über die sogenannte Demokratieerklärung zu debattieren. Seit ziemlich genau einem Jahr diskutieren wir darüber lebhaft. Mittlerweile ist es auch möglich, ziemlich genau Resümee über die schädlichen Auswirkungen des Gesinnungs-TÜV zu ziehen.
Anlass für die neuerliche Debatte ist das Gutachten des Juristischen Dienstes über die sogenannte Demokratieerklärung. Ich gehe davon aus, dass das Gutachten bekannt ist. Ich hatte im Vorfeld der Plenarsitzung alle Abgeordneten von CDU und FDP angeschrieben und ihnen das Gutachten zur Verfügung gestellt. Ich sage auch vorneweg, dass das nicht nur ein juristisches Thema, sondern zuallererst ein politisches Thema ist, das aber eine starke verfassungsrechtliche Dimension hat. Insofern ist es wichtig, beides mitzudenken.
Das Gutachten des Juristischen Dienstes ist in zwei sehr entscheidenden Punkten eindeutig. Es stellt zum einen
fest: „Durch das Verlangen nach Abgabe eines Bekenntnisses zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung wird in nicht gerechtfertigter Weise in das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung eingegriffen.“ Zum anderen kommt es zu dem Schluss: „Da die Demokratieerklärung mit der Erfordernis der Abgabe des FDGO-Bekenntnisses gegen Grundrechte von Antragstellern verstößt, stellt die Förderrichtlinie ‚Weltoffenes Sachsen‘ in Verbindung mit dem Haushaltsgesetz 2011/2012 insoweit keine ausreichende Rechtsgrundlage dar.“ Klarer kann an der Stelle nicht formuliert werden, dass das Handeln der Staatsregierung rechtswidrig ist.
Noch absurder wird die ganze Angelegenheit, wenn wir uns die Antwort der Staatsregierung auf meine mündliche Anfrage am 13. Oktober 2011 im Rahmen der 43. Sitzung des Sächsischen Landtages anschauen.
Noch einmal zur Erinnerung: Ich hatte dort gefragt, in welchem Fördermittelprogramm des Freistaates Sachsen die sogenannte Demokratieerklärung zum Einsatz kommt und nach welchen objektiven Kriterien sich die Auswahl der Programme bemisst. Seitdem wissen wir, dass die sogenannte Demokratieerklärung in sechs Fördermittelprogrammen und in zwei weiteren Einzelfällen zum Einsatz kommt, darunter auch die Förderung aktiver Teilnehmer am Tag der Sachsen. Nach Aussage der Staatsregierung komme die sogenannte Demokratieerklärung nur in Programmen zum Einsatz, deren primärer
Förderzweck Demokratiestärkung und/oder Extremismusbekämpfung und Prävention seien. Wenn ich mir an dieser Stelle die Förderrichtlinien anschaue, in denen die Erklärung prinzipiell eingesetzt wird, komme ich zu dem Schluss, dass in drei davon dieser primäre Förderzweck kaum erkennbar ist, allenfalls einmal als einer unter vielen Punkten auftaucht.
Wenn wir uns alle acht Fördermittelrichtlinien anschauen, findet sich auch nur in einer einzelnen Fördermittelrichtlinie, nämlich der zum Landesprogramm „Weltoffenes Sachsen“, ein Hinweis auf die sogenannte Demokratieerklärung. Wenn wir noch einmal an das zurückdenken, was das juristische Gutachten aussagt, nämlich dass eine Förderrichtlinie keine ausreichende Ermächtigungsgrundlage darstellt, müssen wir an dieser Stelle ganz klar von politischer Willkür sprechen.
Aber werfen wir noch einen Blick auf die konkreten Konsequenzen, welche die sogenannte Demokratieerklärung für die Vereine in Sachsen bislang hatte. Noch im April-Plenum hat der Innenminister erklärt, es habe keine negativen Konsequenzen durch die späte Zustellung der Fördermittelbescheide gegeben. Schauen wir uns also die Praxis an. Ich bringe einige Beispiele.
Verein A erhielt den Bescheid über den vorzeitigen Maßnahmebeginn am 27. Dezember 2010. Der Bewilligungsbescheid traf am 1. Juni 2011 ein. Das erste Geld floss dann Ende Juni. In der Zeit hatte der Verein Personalausgaben und andere Kosten auf eigene Rechnung zu tragen. Der Kontokorrentkredit in Höhe von 20 000 Euro wurde voll ausgeschöpft, was Zinszahlungen in Höhe von 800 Euro nach sich zog, die natürlich nicht ersetzt werden. Hinzu kam ein privates zinsloses Darlehen in Höhe von 6 000 Euro, ohne das der Verein gänzlich zahlungsunfähig gewesen wäre.
Verein B erhielt den Bescheid über den vorzeitigen Maßnahmebeginn Anfang des Jahres 2011. Der endgültige Fördermittelbescheid traf am 17. Mai 2011 ein. Die erste Abschlagszahlung erfolgte Mitte Juni. Ein bestehender Honorarvertrag konnte über fünf Monate hinweg nicht bedient werden. Auch die fälligen Mietzahlungen konnten über fünf Monate nicht geleistet werden. Es ist an dieser Stelle nur der Kulanz des Vermieters geschuldet, dass dem Verein nicht gekündigt wurde.
Verein C erhielt den Bescheid über den vorläufigen Maßnahmebeginn erst am 5. Januar 2011 und nicht wie angekündigt Ende 2010. Begründung: Der Bundesverein habe eine nicht bindende Online-Petition unterzeichnet, die sich gegen die Unterzeichnung der sogenannten Demokratieerklärung wandte. Daraus wurde abgeleitet, dass der eigenständige sächsische Verein auch nicht unterzeichnen werde. Dieser unverschuldete Fehlschluss auf Ministeriumsseite führte zu einem um fünf Tage verkürzten Projektzeitraum, was sich natürlich bei Personal- und Mietkosten auch negativ auf die Einnahmesituation des Trägers auswirkt. Der endgültige Fördermittelbe
scheid traf am 17. Mai 2011 ein. Die erste Abschlagszahlung erfolgte Ende Juni und nur die Vorfinanzierung in Höhe von 28 000 Euro durch einen an dieser Stelle glücklicherweise vorhandenen Projektpartner hat die Zahlungsunfähigkeit verhindert. Konsequenz: Die eigentliche inhaltliche Projektumsetzung war im ersten Halbjahr so gut wie nicht möglich und muss unter Hochdruck im zweiten Halbjahr nachgeholt werden.
Verein D wiederum war aufgrund der späten Gewährung der Fördermittel im ersten Halbjahr ebenfalls so gut wie nicht arbeitsfähig. Deshalb kam es auch zu keiner Zusammenarbeit mit Partnern. Anfang September 2011 wurde die Zahlung der Fördermittel durch die SAB mit der Begründung gestoppt, es sei eine Erklärung der Nichtabgabe der Demokratieerklärung notwendig, wenn keine Demokratieerklärungen eingereicht würden. Dass eine Erklärung der Nichtabgabe der Demokratieerklärung notwendig ist, wurde aber offenbar vergessen dem Verein mitzuteilen. Konsequenz: Die Fördermittel wurden erst Ende Oktober 2011 ausgezahlt.
Die Beispiele verdeutlichen eines: Das Jahr 2011 ist für die Demokratieförderung ein verlorenes Jahr, weil die Vereine und Projekte systematisch durch die Staatsregierung lahmgelegt wurden, und eine Berechnung des Bürokratieaufwandes, wie viel Zeit der beantragten Projekte nun also für Blödsinn, wie die sogenannte Demokratieerklärung, draufgeht und nicht in die inhaltliche Arbeit einfließt, –
ist da noch gar nicht enthalten. Wir waren heute Vormittag schon einmal bei dem Entschließungsantrag an dem Punkt, welche Hürden für Zivilgesellschaft beseitigt werden müssten. Die Beispiele, die ich gebracht habe, belegen eindeutig: Die Demokratieerklärung ist eine Hürde und ich verweise an der Stelle auch darauf, dass Ihr CDU-Generalsekretär in der gestrigen Bundestagssitzung eine vorsichtige Andeutung gemacht hat, dass die BundesCDU noch einmal über die Demokratieerklärung nachdenken möchte. Wenn Sie heute schon nicht unserem Antrag zustimmen, würde ich mir zumindest wünschen, dass auch ein solcher Denkprozess von Ihnen heute signalisiert wird.
Übrigens, und das ist – glaube ich – auch wichtig, das muss betont werden: Sie kommen auch vor dem Hintergrund der rechtsterroristischen Anschläge in Erklärungsnöte, warum Sie ohne jede Not zivilgesellschaftliches Engagement gegen Rechtsextremismus so massiv behindern. Die letzten Wochen haben doch in aller Härte gezeigt oder deutlich gemacht, was das V-Leute-Unwesen eigentlich ist. Es ist eine direkte staatliche Alimentierung von Neonazistrukturen. Es ist doch ein absurdes Bild, das sich ergibt: Der Staat fördert über V-Leute rechtsextreme Strukturen. Demokratischen Vereinen hingegen, die ohnehin schon mit bescheidenen Mitteln versuchen, dagegen vorzugehen, wird ein grundrechtswidriges
Leider hat die Staatsregierung auch mit der gestrigen Erklärung des Ministerpräsidenten oder auch heute Vormittag mit keinem Wort verlauten lassen, dass sie die grundrechtswidrige Praxis des Gesinnungs-TÜV beenden will. Es muss auch Ihr Interesse als Regierungskoalition sein, das schlechte Bild, das die Staatsregierung in dieser Frage seit einem Jahr liefert, nicht länger hinzunehmen. Sie können bei diesem Thema nicht mehr gewinnen und die Deutungshoheit erlangen. Die ist dahin. Die Frage lautet nur noch, wie lange Sie das dulden wollen. Sie wissen, die ersten Klagen gegen die sogenannte Demokratieerklärung sind eingereicht. Natürlich können Sie jetzt sagen, Sie warten die Prozesse ab. Aber die Chance, dass der Blamagefaktor für Sie steigt, wird größer.
Sie haben es jetzt selbst in der Hand, ob sich das Thema für Sie zu einem Ende mit Schrecken oder zu einem Schrecken ohne Ende entwickelt.
Vielen Dank, Herr Jennerjahn – fast auf die Sekunde genau. – Für die CDUFraktion spricht Herr Abg. Bandmann. Sie haben das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist guter Brauch bei mir, zunächst früh in der Herrnhuter Losung zu lesen. Die Herrnhuter Losung, ein weltweites Missionswerk, gibt für den Tag Orientierung. Was steht heute, am 23. November, drin? „Soll ich meines Bruders Hüter sein“ aus dem 1. Mose 4 Vers 9. Der Lehrtext lautet: „Hat uns Gott so geliebt, so sollen wir uns auch untereinander lieben.“ 1. Timotheus. Dann kommt eine Auslegung, die ich Ihnen nicht vorenthalten möchte: „Von Mord und Totschlag hören wir leider allzu oft. Unsere Erde ist getränkt vom Blut der Menschen, die umgebracht worden sind.“ Von dieser bitteren Wahrheit spricht auch das 4. Kapitel des 1. Mose-Buches.
In diesem Kapitel begegnen wir biblischer Psychologie. Kain meint, dass ihn Gott nicht angenommen habe. Er fühlt sich abgelehnt und zurückgesetzt. Das ist bis heute vielfach ein Anlass, um gewalttätig zu werden. Kain ermordet seinen Bruder. Gewiss, der zivilisierte Mensch tut so etwas normalerweise nicht, aber man bedenke, wie viele Morde in Gedanken begangen werden, wie oft einem Menschen der Tod an den Hals gewünscht worden ist.