Protocol of the Session on October 13, 2011

Herr Karabinski spricht für die FDP-Fraktion zum Entschließungsantrag.

Herr Präsident, auch wir werden den Entschließungsantrag in allen drei Punkten ablehnen. Ich möchte das anhand von Punkt I begründen. Sie behaupten hier, die Antwort der Staatsregierung sei unzureichend. Das kann ich nicht erkennen. Auf keine der Fragen ist die Staatsregierung Daten schuldig geblieben. Im Gegenteil, ich verweise insbesondere auf die sehr umfänglichen Antworten zu den Fragen 12, 14, 21 und 47. Wenn Ihnen selbst diese ausführlichen Darlegungen der Staatsregierung nicht ausreichen, sollten Sie vielleicht eine eigene Studie in Auftrag geben.

Was Ihre Forderung nach einer Bestandsaufnahme unter Punkt II.1 angeht, so stelle ich fest, dass diese Forderung von Ihnen mittlerweile inflationär erhoben wird. Ich empfehle Ihnen stattdessen, zunächst einmal die Studien zu lesen, die Ihnen die Staatsregierung in der Antwort zu Frage 30 empfiehlt. Sie sollten auch den 4. Kinder- und Jugendbericht abwarten. Dann können wir noch einmal darüber reden, ob wirklich eine Bestandsaufnahme notwendig ist. Ich glaube, das ist bei dem Thema nicht der Fall.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Ich kann keine weiteren Wortmeldungen erkennen. – Zur Abstimmung rufe ich auf den Entschließungsantrag der Fraktion DIE LINKE, Drucksache 5/7221 zu Drucksache 5/5612. Das Thema lautet: „15 Jahre Jugendpolitisches Programm der Sächsischen Staatsregierung – Bilanzierung und Evaluierung“. Frau Klepsch hat beantragt, über die römischen Ziffern einzeln abstimmen zu lassen. Deswegen verfahren wir so.

Wer Ziffer I seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Die Gegenstimmen? – Die Stimmenthaltungen? – Bei keinen Stimmenthaltungen und zahlreichen Dafür-Stimmen ist Ziffer I dennoch mehrheitlich abgelehnt worden.

Wer Ziffer II seine Zustimmung geben will, den bitte ich um das Handzeichen. – Die Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Bei einigen Stimmenthaltungen und zahlreichen Dafür-Stimmen ist auch Ziffer II mehrheitlich abgelehnt worden.

Wer Ziffer III seine Zustimmung geben will, den bitte ich um das Handzeichen. – Die Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Bei einigen Stimmenthaltungen und zahlreichen Dafür-Stimmen ist Ziffer III ebenfalls mehrheitlich abgelehnt worden.

Da alle drei Ziffern abgelehnt worden sind, erübrigt sich eine Schlussabstimmung. Die Behandlung der Großen Anfrage ist beendet.

Meine Damen und Herren! Wir kommen zu

Tagesordnungspunkt 3

Jugendaustausch zwischen Sachsen und seinen europäischen Nachbarn ausbauen – Verständigung und Zusammenhalt fördern

Drucksache 5/7084, Antrag der Fraktionen der CDU und der FDP

Hierzu können die Fraktionen Stellung nehmen. Die Reihenfolge in der ersten Runde: CDU, FDP, DIE LINKE, SPD, GRÜNE, NPD; Staatsregierung, wenn gewünscht.

Ich erteile Herrn Hähnel als Mitglied einer der einreichenden Fraktionen das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sachsen liegt mitten in Europa.

(Heiterkeit und Beifall)

Sachsen ist Teil Europas. Wir Sachsen reichen den europäischen Völkern die Hand, um gemeinsam wirtschaftliche, soziale und kulturelle Erfolge zu erzielen.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Der Freistaat und seine Bürger profitieren von der Europäischen Union.

(Beifall des Abg. Stefan Brangs, SPD)

Ein Europa ohne innere Grenzen, ein gemeinsamer Wirtschaftsraum und auch eine gemeinsame Währung – das alles bringt großen Nutzen für uns als Exportnation mit sich. Europa hat zu dem Wohlstand beigetragen, den wir heute in Deutschland haben.

Auch in der Geschichte gibt es mit Polen und Tschechien viele Gemeinsamkeiten. Darauf möchte ich kurz eingehen. Sachsen ist sich seiner Rolle in Europa bewusst und pflegt regionale Partnerschaften mit der Bretagne in Frankreich, mit der Slowakei, mit Ungarn, der Tschechischen Republik und der Republik Polen, hier besonders mit der Region Niederschlesien. Die beiden Letztgenannten sind sehr wichtige Partner, da sie direkt an Sachsen angrenzen.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU und der FDP)

Es gibt auch eine gemeinsame Geschichte, die Polen und Tschechien mit Sachsen verbindet. August der Starke war

sächsischer Kurfürst und regierte gleichzeitig als König in Polen. Durch den Silberbergbau im 16. Jahrhundert erlangte Sachsen Ansehen und Wohlstand, was zur intensiven Besiedlung des Erzgebirges, also auch Böhmens auf der tschechischen Seite, führte. Heute gibt es viele Verträge und Kooperationen mit unseren beiden Nachbarn.

Um den Zusammenhalt in der Europäischen Union zu fördern und die gemeinsamen Interessen auszubauen, ist es wichtig, grenzüberschreitende Begegnungen von jungen Menschen zu fördern. Unsere Jugendlichen sind die Zukunft einer gefestigten europäischen Nation.

(Jürgen Gansel, NPD: Einer europäischen Nation?)

Durch persönliche Kontakte entstehen Freundschaften. Man bekommt einen Einblick in die Lebensart anderer europäischer Länder. Fremdsprachenkenntnisse werden gefördert, die Kommunikationsfähigkeit wird ausgebaut. Deshalb ist es notwendig, den Jugendaustausch zwischen Sachsen und unseren Nachbarn, der Republik Polen und der Tschechischen Republik, zu fördern.

Dazu eignen sich in erster Linie Begegnungsstätten, die besonderen historischen Wert haben und die in der Geschichte von Sachsen, Polen und Tschechien eine bedeutende Rolle spielen. Ich konnte mich gemeinsam mit meinen Fraktionskollegen in der Gedenkstätte Kreisau von der vorbildlichen Arbeit im Rahmen des Austauschs von deutschen und polnischen Jugendlichen überzeugen. Die Stiftung Kreisau für Europäische Verständigung bringt den Jugendlichen die Geschichte Deutschlands und Polens in der Zeit der Diktaturen des 20. Jahrhunderts näher, damit wir nicht vergessen und damit so etwas nie wieder geschieht.

(Beifall bei der CDU, der FDP und des Abg. Thomas Jurk, SPD)

Die Erfahrungen der letzten Jahre zeigen, dass sich der internationale Jugendaustausch fast ausschließlich auf nicht behinderte junge Menschen beschränkt und dass ihm in vielen Fällen die europäische Dimension fehlt.

Hier setzt das Kreisauer Modell an, das sich an die Ideen des sogenannten Kreisauer Kreises anschließt. Das Projekt trägt dazu bei, dass Menschen mit Behinderung in den internationalen Austausch integriert werden. Hier können Behinderte und Nichtbehinderte gemeinsam über ihre persönliche Zukunft, die Zukunft ihrer jeweiligen Gesellschaft und wie beides miteinander verknüpft werden kann, diskutieren. Diese Integration aller Jugendlichen ist mir wichtig und das ist auch das Anliegen des eingereichten Antrages.

Auch die Jugendbegegnungsstätte Theresienstadt ist ein Ort der Aufarbeitung und Mahnung. Heute setzen sich dort die Jugendlichen mit der Geschichte des Zweiten Weltkrieges und den Unmenschlichkeiten des Konzentrationslagers auseinander. Ziel sind die Versöhnung und der Aufbau einer grenzüberschreitenden Gemeinschaft. Die Koalition möchte mit diesem Antrag den Besuch von Schulklassen an diesen Orten anregen und fördern; denn

diese beiden Orte sind ein vorbildliches Beispiel für grenzüberschreitende Jugendarbeit und tragen zur europäischen Verständigung bei.

Ziel ist, dass alle Organisationen, Vereine, Institute und Förderer, die sich für die Verständigung der Jugend in Europa einsetzen, eingebunden werden. Ich bitte Sie um Zustimmung zu unserem Antrag und um Zustimmung für die Zukunft Europas.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU, der FDP und der Staatsregierung)

Herr Gansel, Sie möchten sicherlich eine Kurzintervention starten. Ist das richtig?

Herr Präsident, so ist es.

Das salbungsvolle Europageklingel von Herrn Hähnel nötigt mir doch die eine oder andere Bemerkung ab. Sie sagten eingangs, dass Sachsen in Europa liegt. Das ist eine außerordentlich zutreffende Bemerkung. Da haben Sie recht. Falsch lagen Sie aber schon im nächsten Satz mit Ihrer Behauptung, dass Deutschland von der Europäischen Union profitiert. Wir sprachen heute Vormittag von dem wahnsinnigen Euro-Rettungsschirm und davon, dass der Bundestag in einer Art intellektuellem Sink- und Blindflug deutsche Garantien in der Größenordnung von 211 Milliarden Euro beschlossen hat und somit massiv deutsche Steuermilliarden in das griechische Fass ohne Boden versenkt werden. – So viel zu Ihrer Behauptung, dass Deutschland von der Europäischen Union profitiert.

Aber die eigentliche Bemerkung, die ich geradezu absurd fand, war Ihre Behauptung von einer europäischen Nation, wobei ich natürlich nicht weiß, wie Sie den Nationenbegriff definieren. Aber das Wort leitet sich aus zwei lateinischen Begriffen ab, von dem Verb nasti, geboren werden, und von dem Verb natio, Volksstamm. Somit bezeichnet der Begriff „Nation“, wenn man vom französischen Begriff der Staatsnation absieht, eine Abstammungs- und Kulturgemeinschaft. Deshalb ist es mir und der NPD-Fraktion vollkommen rätselhaft, wie Sie da von einer europäischen Nation fabulieren können. Europa, wie auch immer definiert, lebt von seinen Völkern und Nationen sowie von seinen Nationalstaaten. Eine „europäische Nation“ als Kultur- und Abstammungsgemeinschaft gibt es nicht und wird es auch nie geben. Insofern bleiben Sie doch bitte bei den Tatsachen und sondern Sie hier nicht nur europapolitisches Geklingel ab.

(Beifall bei der NPD)

Herr Hähnel, ich frage Sie, ob Sie auf die Kurzintervention antworten möchten. – Das ist nicht der Fall. Herr Schiemann kann leider nicht auf die Kurzintervention reagieren, er darf aber eine eigene Kurzintervention starten. Dazu nur ein kleiner Hinweis: Sie müssen sich auf den

Redebeitrag von Herrn Hähnel beziehen, nicht auf den Redebeitrag von Herrn Gansel. Bitte schön.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich werde natürlich dem Präsidenten niemals widersprechen.

Ich glaube, dass Kollege Hähnel in eindrucksvoller Weise deutlich gemacht hat, wie wichtig uns das Anliegen junger Menschen, mit den Nachbarländern einen gemeinsamen Weg und eine gemeinsame Zukunft zu finden, ist. Der Antrag soll eine Bestärkung der Einwohnerschaft des Freistaates Sachsen sein, besonders auch ein Signal für die Schulen, diese Partnerschaft an den speziell von Kollegen Hähnel angesprochenen Orten in den Blick zu nehmen.

Er hat einen zweiten Aspekt vernünftigerweise mit ergänzt, als er gesagt hat, wir dürfen aber bei diesen Jugendbegegnungsstätten und Schüleraustauschen auch auf die Menschen mit Behinderung nicht verzichten. Sie haben ihren Anspruch, sich in diese Begegnungsstätten mit einzubringen. Das ist die Intention, die Kollege Hähnel, glaube ich, in einer sehr eindrucksvollen Weise hier dargelegt hat. Wir wollen, dass junge Menschen des Freistaates Sachsen in einer friedlichen Arbeit gemeinsam die Zukunft der Nachbarländer und des Freistaates gestalten. Das ist unser Antrag.

Ich freue mich, dass wir diese Debatte führen können.

(Beifall bei der CDU und der FDP)