Protocol of the Session on June 29, 2011

(Antje Hermenau, GRÜNE: Ja!)

Ausdrücklicher Wunsch – mit allem, was daran hängt, und mit allen Methoden und Geschichten, wie Leute dort hineingedrängt oder -gelockt wurden.

Wenn Sie jetzt meinen, dass die Sachsen-Finanzgruppe keinen Anspruch auf den Verkaufserlös hat, dann messen Sie mit unterschiedlichem Maß. Sie können nicht auf der einen Seite sagen, der Freistaat muss ausgezahlt werden aus der Sachsen-Finanzgruppe, obwohl das, was er mal eingebracht hat, eigentlich nicht mehr vorhanden und nichts mehr wert ist, und auf der anderen Seite, dass die legitimen Ansprüche aus den Anteilen an der Sachsen LB – 63 % gehören nun einmal der Sachsen-Finanzgruppe – den Sparkassen, der Sachsen-Finanzgruppe nicht zustehen. Das ist Messen mit zweierlei Maß. Entweder sagen Sie, es gibt einen Rechtsrahmen und dieser ist einzuhalten – dann bei allen Punkten –, oder aber Sie lassen beides sein, dann gibt es aber auch keinen Verkaufserlös für den Freistaat aus seinem Anteil aus der Sachsen-Finanzgruppe; das sage ich dann auch ganz klar. Sie müssen sich schon einmal entscheiden, was Sie eigentlich wollen.

Deswegen bleibe ich dabei: Für die Frage der Höchstbetragsgarantie gab es das Wort des Ministerpräsidenten und das Wort dieses Landtages, dass die Kommunen an dieser Garantie nicht beteiligt werden. Das Wort gab es und deshalb bleibe ich dabei, dass es ein Wortbruch ist, dass wir jetzt diese Beteiligung einfach stattfinden lassen. Punkt.

(Beifall bei den LINKEN)

Herr Biesok, Sie möchten auf die Kurzintervention antworten; bitte.

Die Situation ist ein wenig anders: Als die Sachsen LB damals kollabierte, gab es in Teilen für die Forderungen noch eine sogenannte Gewährträgerhaftung, für die sowohl die Sachsen-Finanzgruppe als auch der Freistaat hätten einstehen müssen. Wenn die Sachsen-Finanzgruppe diese Gewährträgerhaftung hätte

bedienen müssen, wäre das auf die Kommunen durchgeschlagen; und es war das Versprechen des Freistaates, dass die Kommunen daran nicht beteiligt werden. Dieses Versprechen hat der Freistaat eingehalten. Er allein hat die Garantie übernommen und damit die Risiken abgeschirmt.

Ich halte das für sachgerecht, denn das ist eine Regelung, die Sie im Bürgschaftsrecht in §§ 765 ff. BGB finden. Wenn jemand eine Garantie abgibt und für jemand anderen einspringt, dann kann er sich zumindest das zurückholen, was noch da ist, und das ist der Kaufpreis, den die Sachsen-Finanzgruppe für die Veräußerung der Sachsen LB bekommen hat.

Deshalb steht dieses Geld dem Freistaat Sachsen und nicht der kommunalen Ebene zu. Gleichwohl hat der Freistaat sein Wort gegenüber der Kommune gehalten.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Wir fahren in der Rednerreihenfolge fort. Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Frau Hermenau.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren Kollegen! Es ist bekannt, dass Sie den Herrn Finanzminister seit 2008 immer wieder in regelmäßigen und unregelmäßigen Abständen dazu aufgefordert haben, die Sachsen-Finanzgruppe aufzulösen. Es war ein sehr langer Akt, dafür einen Weg zu finden und da hinzukommen.

Bei dem Ziel haben wir volle Übereinstimmung, wie Sie wissen – wir haben ja diese Anträge gestellt –; beim Weg sind noch ein paar Fragen offen geblieben. Vielleicht kann man sie heute klären, vielleicht auch nicht, aber ich werde sie auf jeden Fall noch einmal vortragen.

Natürlich stören wir uns an dem § 2.10 zur Kopplung der Übertragungsvereinbarung an die Änderungen im Sparkassengesetz im GörK, wie der Kollege Michel schon sagte, denn bei dieser möglichen – auch wenn sie vielleicht unwahrscheinlich ist – Kaufpreisanpassung ist es, wie ich finde, nicht ganz lauter, dass man es für das Land einräumt, aber dass die Verbundinstitute, die Sparkassen sozusagen, keinerlei Einflussmöglichkeiten mehr haben, nachdem das Parlament beschlossen hat.

Ich habe zum Beispiel immer noch die Frage offen, ob ein Rücktritt vom Vertrag möglich ist, wenn über die Höhe der Anpassung keine Einigung erzielt werden kann. Das kann ich noch nicht ganz klar herauslesen.

Was ich anzweifeln möchte – und ich hoffe, dass das auf Interesse stößt, auch wenn Sie es gerade für die FDP ausgeschlossen haben, Herr Biesok –: Ich bin der Meinung, dass dieses Bartergeschäft, dass man sagt, die Sparkassen dürfen ihr Geschäftsmodell unverändert behalten; das ist die Bedingung, um zu dieser Übertragungsvereinbarung zu kommen, nicht klug ist; ich finde das aus verschiedenen Gründen nicht klug.

Das Wichtigste ist – Sie haben zwar auf den regionalen und Strukturauftrag der Sparkassen abgezielt, aber Sie sind ja auch, wie ich finde, beruflich befangen, denn Sie arbeiten ja in einer Sparkasse –: Ich bin der Meinung, dass wir gründlich überlegen müssen – auch hier im Sächsischen Landtag –, die Rückläufigkeit der Förderung Aufbau Ost und neu entstehende potenzielle Geschäftsbereiche in der Region noch einmal gründlich zu überprüfen. Das passt nicht eins zu eins. Man muss vielleicht zu völlig neuen Instrumenten finden, aber ich denke, der Strukturauftrag der Sparkassen wird steigen, und zwar in dem Maße und Schritt für Schritt, wie die Fördermittel für den Aufbau Ost rückläufig sein werden. Es passt natürlich von den Instrumenten her überhaupt nicht zusammen – das ist ein Problem –, aber ich hätte gern einmal eine freie Debatte über eine solche Fragestellung, damit wir eventuell zu Verbesserungen kommen können. Das wäre zum Beispiel durchaus eine Frage von Geschäftsfeldern.

Noch einmal generell: Es war ja nun gerade die Ausweitung der Geschäftsfelder der Sparkassen, die mit zu dem geführt hat, was in Irland passiert ist, und die Sachsen LB verkauft werden musste. Wer also völlig unkritisch sagt, natürlich müssen die Geschäftsfelder und die Ausdehnung der Geschäftsfelder der Sparkassen nicht hinterfragt werden, hat meiner Meinung nach nicht verstanden, was seit 2008 passiert ist. Das halte ich für problematisch. Dass das von der FDP vorgetragen wird und von jemandem, der bei der Sparkasse arbeitet, macht es für mich doppelt interessant; dazu höre ich mir gern noch einmal Ausführungen an.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Herr Biesok, Sie möchten eine Kurzintervention starten? – Dazu haben Sie Gelegenheit.

Frau Kollegin Hermenau, manchmal erleichtert es die Sache, wenn man eine berufliche Tätigkeit hat, die etwas mit dem zu tun hat, was man hier im Parlament macht.

Als Erstes: Die sächsischen Sparkassen waren nicht in Dublin, sondern die Sachsen LB war in Dublin – das ist schon einmal falsch gewesen. Wenn man eine Unternehmensbewertung macht, um festzustellen, wie hoch ein Gesellschaftsanteil ist – nichts anderes ist es, worüber wir uns hier unterhalten –, ist es ein absolut normaler Vorgang, eine Zukunftsprognose darüber zu erstellen, wie viel Ertrag ein Unternehmen zukünftig abwirft, und das dann abzuzinsen. Dazu sagen Sie, das ist unbestritten.

Wenn man das Geschäftsmodell verändert, dann bedeutet es, dass es vielleicht Auswirkungen hat, was die Sparkassen zukünftig abwerfen. Dass man dann eine Anpassung des Preises vornimmt, ist für mich eine logische Konsequenz.

Vielleicht habe ich es beim letzten Mal nicht deutlich gemacht: Ich habe deutlich gesagt, dass der Weg, wie die Sachsen-Finanzgruppe oder damals der Sachsen

Finanzverband entstanden ist und mit welchen Versprechen die kommunalen Träger in die SachsenFinanzgruppe gelockt wurden, nicht meine Billigung gefunden hat. Das bitte ich zu berücksichtigen, wenn wir uns zukünftig über diese Fragen unterhalten.

(Beifall bei der FDP)

Frau Hermenau, möchten Sie auf die Kurzintervention antworten?

(Antje Hermenau, GRÜNE: Nein, danke!)

Das ist nicht der Fall. Damit kommen wir zum abschließenden Redner in der ersten Runde; Herr Schimmer für die NPD-Fraktion.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bei der vorliegenden Drucksache könnte man, etwas salopp ausgedrückt, von einem Vertragsentwurf sprechen, mit dem der Freistaat Sachsen seinen Kommunen einen Teil seiner Zahlungsverpflichtungen an den Garantiefonds verkaufen möchte.

Dabei ist der NPD-Fraktion natürlich bekannt, dass der Freistaat mit dem Haushaltsbegleitgesetz 2009/2010 auf Ersatzansprüche aus der Inanspruchnahme der Gewährleistung gegenüber der Sachsen-Finanzgruppe weitgehend verzichtet hat. Die Sachsen-Finanzgruppe soll danach nur mit dem anteiligen Kaufpreis des Verkaufes der Sachsen LB an die LBBW abzüglich ihrer Aufwendungen für die Tilgung aufgenommener Kredite und des Ausgleichs der im Zusammenhang mit dem Erwerb von Anteilen aus der SLB entstandenen Kosten haften.

Umso merkwürdiger ist es aus Sicht der NPD, dass man sich mit dem vorliegenden Vertrag nicht damit begnügt, den 22,37-prozentigen Anteil des Freistaates in der Sachsen-Finanzgruppe an die Kommunen und Sparkassenzweckverbände zurückzuübertragen, sondern dies auch aus Sicht der NPD in sonderbarer Weise mit den Garantiezahlungen für die Sächsische Landesbank koppelt.

Der Übertragungsschritt an sich, wie letztlich auch die Auflösung der Sachsen-Finanzgruppe, ist ja nur eine logische Konsequenz aus dem totalen Scheitern der globalistischen Finanzmarktstrategie der Sächsischen Staatsregierung, die seinerzeit gegen den Widerstand der meisten Beteiligten und gegen einen Volksentscheid – also gegen eine breite Mehrheit der Bürger in Sachsen – mit reiner Machtpolitik durchgesetzt wurde.

Dass die Sparkassen bzw. die Kommunen die inzwischen völlig anachronistische Beteiligung des Freistaates an der Sachsen-Finanzgruppe lieber heute als morgen aufheben wollen, ist der NPD natürlich ebenfalls völlig klar; denn die Sparkassen erwirtschaften an ihrer Basis weiterhin gute Erträge und wollen diese natürlich nicht mit dem Freistaat teilen, der ja auch nichts zu ihrem Geschäft beiträgt.

Aber wie schon gesagt: Was die NPD dabei misstrauisch macht, ist die arithmetische Kopplung des von den Kommunen zu zahlenden Garantiezahlungsanteils an diese Übertragung. Zwar wird für die Gesamtgarantiezahlung der Kommunen sicherlich die in § 68 Sparkassengesetz festgelegte Haftungsobergrenze entscheidend sein, sodass die genannte Kopplung letztlich nur die Geschwindigkeit des Zahlungsflusses, aber nicht den Endbetrag bestimmen wird. Aber wenn die Kommunen zum Beispiel von den bis Jahresende 2010 aufgelaufenen Garantiezahlungen von 132 Millionen Euro genau den prozentualen Anteil zahlen sollen – 62,96 % –, mit dem die Sachsen-Finanzgruppe seinerzeit an der Sächsischen Landesbank beteiligt war, sieht die NPD-Fraktion darin ein eigenartiges Missverhältnis. Denn wegen der 37-%-Beteiligung des Freistaates an der Sächsischen Landesbank waren die Kommunen zum Zeitpunkt des Schadensereignisses im August 2007 keineswegs zu 62,96 %, sondern nur zu 48,876 % an der Landesbank beteiligt.

Hier müsste nach Auffassung der NPD festgehalten werden, dass die Anteilseigner einer Gesellschaft im Haftungsfall wenigstens im Innenverhältnis anteilig entsprechend ihren Gesellschaftsanteilen zum Zeitpunkt des Schadensereignisses für den Schaden aufkommen sollten. Dass sie nach außen gesamtschuldnerisch haften, steht auf einem anderen Blatt. Wer aber auch nur ein Quäntchen Gespür für die tatsächliche politische Brisanz und die Bedeutung des Zusammenbruchs der Sachsen LB und der vorausgehenden Ereignisse hat, wird sich hüten, diese Frage als Spitzfindigkeit zu bezeichnen. Denn – ich habe es eingangs erwähnt – die Sachsen-Finanzgruppe wurde von der damaligen Sächsischen Staatsregierung unter der CDU gegen den Willen der meisten Beteiligten und gegen eine übergroße Mehrheit der sächsischen Bevölkerung mithilfe einer parlamentarischen Mehrheit brutal durchgedrückt.

Leider wird sich nur noch eine Minderheit der sächsischen Bürger und des sächsischen Wahlvolkes überhaupt daran erinnern, dass es am 21. Oktober 2001 den bislang einzigen Volksentscheid in der Geschichte des Freistaates Sachsen gab, bei dem sich eine übergroße Mehrheit der sächsischen Bürger für den zur Abstimmung gestellten Entwurf „Gesetz zur Erhaltung der kommunal verankerten Sparkassen im Freistaat Sachsen“ aussprach. Mit der überwältigenden Mehrheit von 85,2 % der Stimmen plädierten die Sachsen für den Gesetzentwurf, der den verhängnisvollen Finanzverbund, wie er später entstand, eigentlich verhindern sollte. Dieser Entwurf hätte praktisch Gesetz werden müssen, wenn die CDU ihre eigenen Bekenntnisse, ihre eigenen Sonntagsreden zum Thema „direkte Demokratie“ auch nur ansatzweise ernst nehmen würde.

Leider wurde dieser mit übergroßer Mehrheit vom Volk gewünschte Entwurf niemals Gesetz. Damit begann eigentlich das gesamte Desaster. Die Sächsische Staatsregierung produzierte einfach – das muss man hier so klar sagen – in ihrer grenzenlosen Demokratie- und Bürgerverachtung

(Widerspruch bei der CDU)

doch, das ist so – ein neues Sparkassengesetz und schuf damit die Grundlagen für die Gründung der SachsenFinanzgruppe im Jahr 2002. Damit erst – daran muss heute an diesem Ort erinnert werden – nahm das Unheil seinen Lauf. Das Ziel hinter der Gründung dieser Sachsen-Finanzgruppe war es, die gute Kapitalbasis, die gute Ertragssituation der sächsischen Sparkassen dazu zu missbrauchen, die Schaffung einer großen, angeblich international schlagkräftigen Bankengruppe voranzutreiben. Aber mit dieser sollten in Wahrheit genau jene sittenwidrigen globalen Finanzmarktgeschäfte getätigt werden, die ein paar Jahre später die Sächsische Landesbank zu Fall brachten und heute die ohnehin schwierige Haushaltslage von Freistaat und Kommunen zusätzlich belasten.

Dies entsprach einer Globalisierungsstrategie auf den Finanzmärkten, für die verschiedene internationale Organisationen wie die OECD, der Internationale Bankenausschuss in Basel und nicht zuletzt die EUKommission die Weichen gestellt hatten. Sie fand ihren konkreten Ausdruck beispielsweise in der Aufhebung der Anstaltspflicht der Sparkassenträger.

Die Staatsregierung ist diesen Weg nicht nur in vorauseilendem Gehorsam mitgegangen, sondern hat ihn sogar noch forciert beschritten. Dazu wollte man – unter Missachtung der regionalen und gemeinnützigen Aufgaben der öffentlich-rechtlichen Banken – aus Landesbank und Sparkassen einen international agierenden Finanzmarktakteur machen, dessen Hauptbetätigungsfeld später auf der Spekulation mit verbrieften Krediten lag und der überhaupt keine regional- oder entwicklungspolitischen Ziele mehr verfolgte.

Die Sächsische Landesbank wurde demzufolge politisch regelrecht genötigt, über außerbilanzielle Zweckgesellschaften internationale Finanzspekulationen aufzunehmen, die zum Schluss ein Vielfaches des normalen Kreditvolumens ausmachten und die außerdem jeglichen volkswirtschaftlichen Sinns entbehrten; denn befeuert wurde am Ende nur noch die internationale Spekulation, nicht aber oder nur zum geringsten Teil Wachstums- und Beschäftigungsziele in Sachsen.

Als diese Strategie wegen der durchaus voraussehbaren – und von vielen Zeitungen vorausgesehenen – Finanzmarktkrise Tag für Tag deutlicher erkennbar zusammenbrach, waren die Staatsregierung bzw. ihre jeweiligen Vertreter schnell bei der Hand, Sündenböcke zu finden, so zum Beispiel die Bankvorstände oder die Wirtschaftsprüfer, die man ja für die ruinösen Geschäftspraktiken noch haftbar machen will.

Das wollen natürlich auch wir von der NPD. Es müssen alle juristischen Möglichkeiten ausgelotet werden, die eine Entlastung der Steuerzahler eventuell mit sich bringen könnte. Aber es muss auch ganz klar festgehalten werden, dass die politische Verantwortung für den Zusammenbruch der Landesbank bei der CDU-geführten

Staatsregierung, hier insbesondere beim früheren CDUMinisterpräsidenten Georg Milbradt, liegt, der der Landesbank erst die katastrophale globalistische Geschäftspolitik oktroyierte, die direkt in die Katastrophe führte.

Wegen dieser politischen Brisanz und wegen vieler Ungereimtheiten des vorliegenden Vertragswerkes kann die NPD die Zustimmung zur Beschlussempfehlung nur verweigern.

Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der NPD)

Ich frage die Staatsregierung, ob sie das Wort ergreifen will.