Protocol of the Session on June 29, 2011

Meine Damen und Herren! Die Bedenken des Sächsischen Landkreistages gegenüber dem Anzeigeverfahren und die daraus folgenden Forderungen nach Beibehaltung der Erlaubnispflicht kann ich als langjähriger Gastwirt zwar verstehen, aber nicht teilen; denn auch eine strenge Erlaubnispflicht verhindert nicht, dass der Antragsteller einen unzuverlässigen oder vielleicht sogar kriminellen Restaurantchef einsetzt. Außerdem, meine Damen und Herren, wehre ich mich dagegen, dass immer der schlimmstmögliche Fall angenommen wird. Unter diesem Generalverdacht leidet die überwiegende Mehrheit der Gastronomen, die ihren Job engagiert, verantwortungsbewusst und ehrlich macht.

(Beifall bei den GRÜNEN und den LINKEN)

Übrigens wurde das Brandenburger Gaststättengesetz nach zwei Jahren evaluiert. Dabei wurde deutlich, dass sich die Befürchtungen zur Nichteinhaltung lebensmittelrechtlicher Vorschriften nicht bewahrheiten.

Meine Damen und Herren! Wir begrüßen auch die Entkoppelung gaststättengewerblicher Bestimmungen vom Baurecht, allerdings mit einer Einschränkung: Wir fordern die Staatsregierung auf, die wegfallenden Vorschriften in die Novelle des sächsischen Baurechts aufzunehmen. Dort gehören die Anforderungen zum Schutz der Gäste und der Beschäftigten gegen Gefahren für Leben und

Gesundheit ebenso hinein wie Immissionsschutz und die Barrierefreiheit neu zu errichtender Betriebsstätten.

Meine Damen und Herren! Auch das Beibehalten der im Bundesgesetz geltenden Bußgeldhöhen teilen wir ausdrücklich nicht. Im Sinne des Verbraucherschutzes vor Flatrate-Partys und ähnlichen zweifelhaften Events fordern wir die Verdoppelung der maximalen Bußgeldhöhe auf 10 000 Euro, wie es beispielsweise in Hessen und in Niedersachsen schon gehandhabt wird.

Zusätzlich halten wir es für nötig, die Erkenntnis Bayerns bei der Ahndung von Ordnungswidrigkeiten einzubeziehen; denn es kann nicht sein, dass im Durchschnitt nur jeweils 200 Euro Strafe verhängt wurden. Die abschreckende Wirkung tendiert so gegen null. Wir brauchen nicht nur einen Bußgeldkatalog für Verstöße gegen Jugendschutz, sondern auch die notwendigen Ressourcen für dessen Kontrolle.

Meine Damen und Herren! Zwei weitestgehend identische Gesetzentwürfe liegen uns zur Abstimmung vor, deren Inhalt meine Fraktion für einen Fortschritt gegenüber dem Bundesgaststättengesetz hält. Die Art ihrer Entstehung erinnert doch eher an Sandkastenspielchen nach dem Motto „Meine Förmchen, deine Förmchen“. An dieser Stelle können wir nur froh sein, dass Ausschusssitzungen nicht öffentlich sind.

Es hätte uns gut zu Gesicht gestanden, ein alle betreffendes Gesetz, in dem es zwei fast gleiche Entwürfe und keine Meinungsunterschiede gibt, in einer Vorlage gemeinsam zu beschließen.

(Klaus Tischendorf, DIE LINKE: Es gab ein Angebot!)

Aufgrund des Umgangs miteinander, der mangelnden Gesprächskultur und dem damit verbundenen Demokratieverständnis werden wir uns enthalten.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Die NPDFraktion; Herr Abg. Delle.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Während mittlerweile rund 80 % aller Gesetze im fernen Brüssel entschieden werden und die nationalen und die Landesparlamente immer mehr zu reinen Abstimmungsmaschinerien dieser EU-Diktate verkommen, dürfen wir beim Gaststättenrecht endlich wieder einmal selbst das Heft in die Hand nehmen. Schließlich wurde den Ländern durch die Föderalismusreform hier ausnahmsweise wieder einmal eine Gesetzgebungskompetenz zugewiesen.

Entsprechend groß war dann auch der Aktionismus, der auf einmal an den Tag gelegt wurde. Zunächst brachte DIE LINKE ihren Gesetzentwurf ein, der fraglos eine solide Grundlage bildete, auf der man sich über alle Parteigrenzen hinweg hätte verständigen können. Ohne viel Federlesens hätte man einige Korrekturen anbringen

und das Gesetz zum Wohle unserer sächsischen Gastwirte passieren lassen können.

Das aber wollte die Regierungskoalition natürlich nicht auf sich sitzen lassen, und weil sie die Erarbeitung eines entsprechenden Landesgesetzes wohl einfach verpennt hatte, reichte sie schleunigst einen eigenen Entwurf ein. Er musste, weil wohl wieder einmal in Eile geschrieben, ebenfalls nachgebessert werden. Es folgten – das wurde bereits mehrfach erwähnt – verschiedene Ausschusssitzungen, Anhörungen und eine Sondersitzung zu diesem Thema, weil noch einige Stellungnahmen der Fachverbände fehlten. Heute nun bekommen wir die beiden Gesetzentwürfe auf den Tisch und dürfen freundlicherweise darüber abstimmen, welcher denn nun der bessere von beiden ist.

Inhaltlich bestehen bei beiden Gesetzentwürfen nicht wirklich große Unterschiede, schon gar nicht politischer Natur, handelt es sich doch um ein rein technisches Gesetz, bei dem der politische Hintergrund des Antragstellers nun wirklich einmal keine Rolle spielt. Für mich jedenfalls ist nicht ersichtlich, was in dem einen Gesetz typisch links und in dem anderen Gesetz typisch christdemokratisch oder liberal sein soll. Aber ich wage hier mal die kühne Prognose, dass trotz Ausschuss- und Anhörungsmarathon der Entwurf der Union und der FDP die Mehrheit bekommen wird, und das nicht etwa, weil dieser Gesetzentwurf so viel besser ist als der andere, sondern schlichtweg, weil die Mehrheitsverhältnisse entsprechend sind.

Ohne dass das jetzt als Missachtung des Parlaments verstanden wird, hätten wir uns einiges von dem ganzen außerparlamentarischen Drumherum sparen können. Es geht dabei nicht einmal um echte Inhalte, sodass sich auch der Unterhaltungswert der vergangenen Debatten und auch der heutigen Debatte wirklich in Grenzen hält. Da wir von der NPD-Fraktion uns zu schade sind, bei dieser Reality-Show auch noch als Statisten mitzuwirken, werden wir uns bei den beiden Gesetzentwürfen enthalten.

Danke schön.

(Beifall bei der NPD)

Die Linksfraktion; Herr Abg. Stange.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Heidan, sehr geehrter Herr Herbst, es ist schon schwierig, nach diesen Beiträgen ganz normal in seinen eigenen einzusteigen. Ich habe den Eindruck, dass Sie den gestrigen Abend gemeinsam genutzt haben, bevor es dann richtig hart verboten wird und vielleicht, mit dem Vorschlag der GRÜNEN, noch richtig teuer, sich noch mal richtig ins Koma zu saufen, um hier das zu vertreten, was Sie vertreten haben.

Also, liebe Leute, ich habe Sie schon damals während der Haushaltsdebatte gefragt, was sie gemeinschaftlich

rauchen oder einnehmen, um dieses Sich-selbst-Zujubeln überhaupt zustande zu bekommen. Sie haben mir bis heute die Antwort nicht gegeben. Vielleicht verraten Sie es mir dann auf dem Flur.

Wissen Sie, Herr Heidan, es ist nicht ungeheuerlich, einen Gesetzentwurf einzubringen und ihn mit Änderungsanträgen entsprechend in die Form zu bringen, wie er dann beschlussfähig sein kann und soll. Das ist nicht ungeheuerlich. Ungeheuerlich ist es, das ungeheuerlich zu finden. Wissen Sie eigentlich, wer Sie sind? Sie sind Obmann in einem Ausschuss dieses Hauses. Sie sollten die Verfahren kennen. Und es ist ein ganz normales Verfahren zu einem Gesetzentwurf. Es ist überhaupt nicht nachzuvollziehen, was Sie hier vorn, von diesem Rednerpult aus ablassen. Aber okay, wenn es Ihrer eigenen Seelenfreude und Ihrem Seelenfrieden dient, soll es Ihnen genehmigt sein.

(Christian Piwarz, CDU: Sie sind aber großzügig zu uns!)

Immer, gern, Herr Piwarz.

(Christian Piwarz, CDU: Ich bewundere Sie dafür!)

Eines muss man klar sagen: Es geht nicht darum, welcher der beiden Gesetzentwürfe hübscher ist – das geht auch gar nicht, denn sie sind fast identisch –, sondern es geht darum zu sagen, dass Sie als Koalition seit 2009, seitdem Sie die Mehrheit zusammen bilden, im Grunde genommen verpennt haben, genau diesen Gesetzentwurf einzubringen. Das ist der eigentliche Skandal an dieser Geschichte.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Obmann der CDU im Wirtschaftsausschuss hat mich tatsächlich aufhorchen lassen; denn Frank Heidan – noch einmal meine Verehrung, Herr Heidan – hat eine zentrale Säule der sächsischen Gastronomie entdeckt und heute noch einmal in den Fokus der parlamentarischen Auseinandersetzung gerückt: Die Hunderten, gar Tausenden Straußwirtschaften im Freistaat sind offenbar als Wachstumscluster der sächsischen Wirtschaft dringend auf das Sächsische Gaststättengesetz angewiesen. Damit wird dieses Gesetz – Herr Herbst, hören Sie hin! – regelrecht zum sächsischen Wachstumsbeschleunigungsgesetz auf dem Weg zum selbsttragenden Aufschwung für das künftige Geberland Sachsen.

(Heiterkeit und Beifall bei den LINKEN)

Ich werde mich freuen, in meiner Stadt Borna demnächst in einer Straußwirtschaft zu diesem Wachstum beitragen zu können.

Drollig ist eben nur, dass die Koalition – das habe ich soeben gesagt – seit ihrer Wahl regelrecht zum Jagen getragen werden musste; denn nichts zuckte sich auf das berechtige Werben und Drängen der sächsischen Hotel- und Gaststättenunternehmen. Rein gar nichts! Die Koalition ruhte in sich selbst wie meistens. Schließlich kann man ja an Ihnen vorbei in Sachsen nichts regeln.

Auch, dass DIE LINKE einen Gesetzentwurf bereits im Oktober 2010 in den Geschäftgang gebracht hat, konnte Ihr inneres Feuer für die sächsischen Straußwirtschaften und andere, eher randständige Gastronomien nicht entfachen. Erst nach der Anhörung unseres Gesetzentwurfes im Ausschuss hat die Koalition als die politische Avantgarde der mittelständischen Klein- und Kleinstunternehmen einen eigenen Gesetzentwurf eingebracht, der sich in wesentlichen Punkten an unseren Gesetzentwurf angelehnt hat. Frank Heidan hat unseren Gesetzentwurf als handwerklich schlecht bezeichnet, der auch durch einen Änderungsantrag nicht zu verbessern wäre. Herr Herbst meinte, dass aufgrund der Anzahl der Einwendungen der kommunalen Spitzenverbände unser Gesetzentwurf nicht abstimmungsfähig sei.

(Heiterkeit des Abg. Klaus Tischendorf, DIE LINKE)

Der Koalitionsentwurf hingegen sei handwerklich besser gestaltet. Zur Krönung des Ganzen – Gott sei Dank! – musste sich der Koalitionsentwurf nun einer gemeinsamen Anhörung der kommunalen Spitzenverbände unterziehen, inklusive aller Änderungsanträge. Der Meckerzettel zum Koalitionsentwurf wurde beachtlich lang – länger als der Änderungsantrag.

Auch das soll hier einmal gesagt sein. Darin, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist die Peinlichkeit begründet, auf die ich im Ausschuss mehrfach hingewiesen habe, denn Sie waren gezwungen, Ihren „fachlich und sachlich ordentlichen Gesetzentwurf“, so Herr Heidan, mit eben diesem langen Änderungsantrag, teils sogar in umgekehrter Richtung, wieder zu ändern. Dieses Schauspiel ist Ihrer infantilen Rechthaberei geschuldet, meine Damen und Herren, denn schließlich kann nicht sein, was nicht sein darf. Gelle, Herr Heidan?

Die Welt, Herr Heidan und Herr Herbst, ist bunter und die Realität ist härter, als es sich in Ihrer schillerndglitzernden Werbewelt überhaupt zusammenfabulieren lässt. Diese Peinlichkeit lässt sich verhindern, indem Sie sich als Regierungskoalition hier an dem guten demokratischen parlamentarischen Brauch orientieren, wonach es nicht darum geht, recht zu haben, sondern um die bessere Lösung, unabhängig davon, welche der demokratischen Fraktionen den Entwurf auch einbringt. Auch die zwei peinlichen parlamentarischen Runden des Abgeordnetengesetzes – daran möchte ich einmal erinnern – können dies nur bestätigen.

Aber, Herr Heidan, ich will auch nicht ungerecht sein, schließlich wäre auch in dieser Materie die Staatsregierung im Grunde aus der Föderalismusreform heraus zur Vorlage verpflichtet gewesen. Allerdings ist auch der Peinlichkeit keine Grenze gesetzt, denn auch der Mittelstandsbericht liegt noch immer nicht vor. Allein eine Winterschädensoforthilfeverordnung braucht ja fast ein halbes Jahr, um endlich Realität zu werden. Drängen Sie also endlich diesen Minister zum sinnvollen und zeitgemäßen Handeln und nicht nur zum Eierscheckeausteilen.

Meine Damen und Herren! Lassen Sie uns bitte aus dieser Peinlichkeit Schlussfolgerungen ziehen. Wir sollten uns auf die Gepflogenheiten vergangener Legislaturen besinnen. Im Rahmen einer klaren Arbeitsteilung und Kompetenzabgrenzung – da soll es ja auch das eine oder andere Gerangel geben – nehmen sich die Parlamentarier als Vertreter der sächsischen Bevölkerung ernst und ringen um die beste Lösung, nicht um Rechthaberei. Damit sind auch normale parlamentarische Verfahren mit Änderungsanträgen Normalität.

Der Gesetzentwurf der LINKEN mit dem vorliegenden Änderungsantrag ist abstimmungs- und zustimmungsfähig. Darum bitte ich Sie auch, diesem zuzustimmen, und danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei den LINKEN)

Wird von den Fraktionen weiter das Wort gewünscht? – Herr Abg. Heidan, bitte.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Nur in aller Kürze. Herr Stange, Sie haben uns ja hier sehr gelobt, weil Sie gar keine andere Möglichkeit hatten, unseren Gesetzentwurf derartig zu diskreditieren, indem Sie meinten, hier dem Hohen Haus vorstellen zu müssen, was es alles falsch gemacht hat. Da müssen Sie sich schon einmal an der eigenen Nase ziehen, denn mir liegt hier ein Änderungsantrag Ihrer Fraktion vor, datiert vom 29. Juni, dem heutigen Tag. In diesen Änderungsantrag haben Sie fünf Änderungen eingebaut. Ich will gar nicht davon reden, dass Sie von unserem Gesetzentwurf abgeschrieben haben. Das ist sicherlich des Hohen Hauses nicht würdig. Wir haben uns dazu im Ausschuss genügend ausgetauscht. Ich meine, wenn ein Landesgesetz hier erlassen wird, dann muss es auch landesspezifische Äußerungen und sächsische Regelungen geben, die genau auf den Freistaat abzielen.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage, Herr Heidan? –

Ich gestatte keine Zwischenfrage.

Zu Ihrem Bericht über die Straußwirtschaft. Natürlich ist das nicht diese große Tat, aber wir haben sie in unserem Gesetzentwurf berücksichtigt, was Sie völlig ausgelassen haben und mit Ihrem heutigen Änderungsantrag glätten wollen. Wir brauchen diese Straußwirtschaft, weil sie eine Tradition ist und weil wir zu den kleinen und mittelständischen Unternehmen gerade im sächsischen Weinanbau stehen. Deswegen haben wir das in unsere Gesetzesvorlage aufgenommen.

(Beifall bei der CDU)

Frau Köpping, ich würde hier den Mund nicht so voll nehmen. Seit 2006 ist es Ländergesetz, ein Gesetz zu erlassen, das genau diese Dinge beschreibt.

(Klaus Tischendorf, DIE LINKE, steht am Mikrofon.)