Protocol of the Session on May 26, 2011

Vielen Dank, Herr Bandmann für diese Ergänzung. Natürlich sind es die hilflosen Verrenkungen der Opposition, ihre Anträge fehlen ja leider heute in der Debatte.

(Beifall bei den LINKEN)

Insofern haben wir hier kaum Möglichkeiten – Herr Rohwer hat darauf hingewiesen – über die Verwendung der Mehreinnahmen zu bestimmen. Jedes Mal fragen wir uns: Können wir nicht als Parlament im gewissen Maße mitreden? Eines ist natürlich klar: Im letzten Jahr sind die Zügel in den Haushaltsverhandlungen sehr, sehr hart angezogen worden. Natürlich muss sich jeder Finanzer fragen lassen, wenn zwei Mal im Jahr die Steuerschätzungen kommen und immer kommt mehr dabei heraus, ob das, was wir in den Fraktionen debattieren – das trifft nicht nur die regierungstragenden Fraktionen, sondern auch jede Oppositionsfraktion –, ob das, was wir dort erzählen, glaubwürdig ist. Beim ersten oder zweiten Mal kann das noch ein Versehen sein. Wenn das ein drittes und viertes Mal passiert, könnte man eine Systematik vermuten. Wenn die Systematik und die Glaubwürdigkeit der Finanzer im gewissen Maße ins Wanken geraten, dann haben wir ein Problem, dass die Pferde durchgehen, gerade wenn sie so fest angezogen wurden.

Insofern bin ich ja froh, dass in der Staatsregierung und auch in den regierungstragenden Fraktionen ein Erkenntnisgewinn dahingehend eingetreten ist, dass dieser Doppelhaushalt doch ein paar Korrekturen braucht. Da ist natürlich ein Symbol der gerade nicht vorhandene Kultusminister, der vorgerechnet hat, dass vielleicht die eine oder andere Zahl nicht stimmen kann. Es gibt ja noch ein

anderes Symbol. Herr Kupfer hat sich gemeldet. Er könnte sich auch noch etwas vorstellen. Insofern sind so die einen oder anderen Korrekturabläufe in den Köpfen vorhanden. Ich frage mich nur, ob diese Korrektur jetzt mit dem Parlament oder ohne das Parlament stattfindet. So, wie ich es jetzt im Moment sehe und wahrnehme, findet das ohne das Parlament statt. Da komme ich zu dem Grundproblem.

Ich sage erst einmal zu dem Antrag der GRÜNEN: Wir werden zustimmen. Man kann das alles mittragen. Da ist nichts falsch, wunderbar. Sie haben nichts falsch gemacht. Das ist auch in Ordnung und wir werden das insofern honorieren. Was mich wirklich ärgert – Sie haben das am Anfang mit ausgeführt und ich will das auch noch einmal auf den Punkt bringen –: Wir haben keine Überraschungen erlebt. Dass in Fulda vom 10. bis 12. Mai eine Mehreinnahme der Steuereinnahmen herauskommt, war bekannt. Es war bekannt, dass überhaupt dort eine Steuerschätzung stattfand. Es war auch bekannt, wann das Ergebnis vorliegt. Am 11. Mai im Haushalts- und Finanzausschuss hat uns auf unser Bitten der Staatssekretär zugesichert, dass wir am 24. Mai 2011 nach Kabinettsbefassung die regionalisierte Steuerschätzung auf den Tisch des Hauses bekommen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Da muss es mich schon sehr verwundern, dass wir diese regionalisierte Steuerschätzung – da rede ich nur von den Fakten, von den Zahlen – bisher nicht kennen. Es muss doch möglich sein, dass die Staatsregierung gefälligst dem Informationsbedürfnis des Parlaments und der verdammten Informationspflicht der Staatsregierung Genüge tut und uns die Zahlen auf den Tisch legt.

(Beifall bei den LINKEN und den GRÜNEN)

Das ist ja jetzt keine große Zauberkunst. Ich kann das ja auch über den Daumen rechnen. Wenn ich also Bund und Länder in der Gesamtheit mit 6,3 Milliarden Euro ansetze und wir 5 % der Einwohner Deutschlands sind, dann sind 5 % davon 315 Millionen Euro plus/minus 50 Millionen Euro, dann liege ich wahrscheinlich im Korridor. Aber warum müssen wir denn hier betteln, dass Sie uns endlich die Ergebnisse Ihrer abschlagsbedingten Steuermehreinnahmen einfach nur zugänglich machen? Danach können Sie mit Ihren Koalitionsfraktionen, mit Ihrem Koalitionspartner und mit Ihren einzelnen Ressortministern, die andere Vorstellungen haben, von mir aus stunden-, tage-, wochen- und monatelang darüber streiten, wie Sie mit den Mehreinnahmen umgehen. Die Information erwarte ich als Parlament. Die können Sie uns nicht vorenthalten.

(Zuruf von den LINKEN: Das gab es bisher noch nicht!)

So viel Souveränität hat bisher jeder Finanzminister mitgebracht, dem Parlament diese Informationen nicht noch eine weitere Woche vorzuenthalten.

(Beifall bei den LINKEN, der SPD und den GRÜNEN)

Ich kann Sie nur auffordern – dafür nehme ich nun diese Debatte zum Anlass –, in der Kommunikation und dem Umgang der Staatsregierung mit dem Parlament ein neues Kommunikationsverständnis an den Tag zu legen; denn wir brauchen keine Kommunikationsautisten, die in ihrer Welt schweben. Wir brauchen ein Miteinander zwischen Parlament und Regierung. Wenn das nicht gewährleistet ist, dann stehen wir vor einem riesigen Problem, denn das hat nicht nur demokratietheoretische Konsequenzen. Nicht nur die regierungstragenden Fraktionen sollten ein gewisses Vertrauen in die Regierung haben, sondern das gesamte Parlament. Aber das fehlt, wenn wir ein solches Verhältnis miteinander pflegen. Insofern kann ich Sie nur auffordern, in Zukunft offener und direkter auf das Parlament und auf den Haushalts- und Finanzausschuss zuzugehen und in solchen Fragen einfach offen die Kommunikation zu suchen, denn wir sind Ihre Partner und nicht Ihre Gegner, Herr Staatsminister.

(Beifall bei den LINKEN, der SPD und den GRÜNEN)

Die SPD-Fraktion.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Nachdem wir zur Aktuellen Debatte heute Vormittag in den weltpolitischen Horizont geschaut haben, habe ich festgestellt, dass wir hier sehr viele IWF-Experten haben, die in den Insolvenzverfahren ganzer Staaten gut bewandert sind. Daher ist es gut, dass wir mit diesem Antrag das Thema wieder einmal einfahren und gucken, was in Sachsen los ist und was wir hier zu tun haben.

(Zurufe der Abg. Antje Hermenau, GRÜNE, und Klaus Tischendorf, DIE LINKE)

Deswegen möchte ich mich diesem Antrag widmen. Leider, Frau Hermenau, wird er nicht viel besser als das, was heute hier zur Aktuellen Debatte gewesen ist.

Noch einmal zu den Zahlen. Abschläge des SMF hin oder her – wir sagen, so wie Sie sie festlegen, werden sie nicht eintreten. Die November-Steuerschätzung 2010 hat bereits gegenüber den Haushaltsansätzen für 2011 560 Millionen Euro mehr und für 2012 765 Millionen Euro mehr ausgewiesen. Selbst wenn wir jetzt konservativ herangehen und nach der Mai-Steuerschätzung unterstellen, dass ein weiterer Betrag in Höhe von etwa 200 Millionen Euro zusätzlich da sein wird, haben wir die Situation, dass wir im gesamten Doppelhaushalt für die Jahre 2011 und 2012 gegenüber dem Ansatz Mehreinnahmen im Bereich von 1,5 bis 1,8 Milliarden Euro zu erwarten haben.

(Antje Hermenau, GRÜNE: Ja!)

Jetzt stellt sich natürlich folgendes Problem: Wir haben das damals zu den Haushaltsverhandlungen gesagt; wir haben gesagt, dass diese Einnahmen zu erwarten sind.

Alle inzwischen bekannt gewordenen Indizien sprechen auch dafür. Ich schließe mich ausdrücklich der Kritik an, dass es eigentlich ein Unding ist, bewusst diese Veröffentlichung zu verzögern, weil man vielleicht auch diese Debatte ein bisschen scheut. Aber das ist nun einmal so beschlossen worden. Das ist die Situation. Die Argumente, die Sie, Frau Hermenau, zu den einzelnen Punkten vorgebracht haben, haben wir alle schon zum Haushalt gehört.

Jetzt möchte ich Sie aber über die Haushaltsordnung aufklären. In § 25 der Sächsischen Haushaltsordnung steht: „Übersteigen die Einnahmen die Ausgaben, so ist der übersteigende Betrag insbesondere zur Verminderung des Kreditbedarfs oder zur Tilgung von Schulden zu verwenden oder Rücklagen zuzuführen.“ Das ist Gesetz, Frau Hermenau.

(Antje Hermenau, GRÜNE: Ja!)

Das steht dann auch noch einmal im Einzelplan 15, wie Sie das gesagt haben. Dort steht unter 15.10 die Zuführung der Kassenverstärkungs- und Haushaltsrücklage. Selbst wenn dieser Antrag in Ihrer Intention einstimmig angenommen würde, was zu 110 % unwahrscheinlich ist, ist die Staatsregierung daran nicht gebunden. Das ist auch verfassungsrechtlich entschieden. Denn es gibt eine Gesetzesgrundlage, aus der hervorgeht, wo sie das Geld hinpacken können. Und das haben wir durch den Beschluss über den Doppelhaushalt untermauert.

Wenn Sie also in Ihrer Begründung schreiben, dass das Budgetrecht des Parlaments verletzt wird, so ist das schlichtweg falsch, weil das durch die entsprechende Gesetzeslage gedeckt ist.

(Antje Hermenau, GRÜNE: Nein!)

Was will ich damit sagen? Die Messen sind gelesen. Mit der Beschlussfassung zum Doppelhaushalt sind rechtlich die Messen gelesen.

Jetzt wollen wir einmal darüber reden, wer was aufgegeben hat. Das ist ein gutes Stichwort. Frau Hermenau, warum bringen Sie denn jetzt diesen Antrag? Weil Sie sich verrannt haben, maßlos verrannt haben! Sie haben in den gesamten Haushaltsverhandlungen und in ihrem Vorfeld die Koalition in ihren Spareinfällen und ihren Sparvorschlägen – rein strategisch, wie ich das immer höre, aber praktisch wäre mir eigentlich lieber – weit, weit rechts überholt.

(Lachen der Abg. Antje Hermenau, GRÜNE)

Sie unterstützen die Staatsregierung ausdrücklich in allen Aussagen: Es werde weniger Einnahmen geben, das Geld werde weniger, es müsse effizienter verwendet werden.

(Zuruf der Abg. Antje Hermenau, GRÜNE)

Sie unterstützen vollinhaltlich die Koalition in den Horrorszenarien bezüglich der wegbrechenden Staatseinnahmen. Unland im Finanzausschuss auf meine Nachfrage: Wir müssen mit 1 Milliarde Euro Rückgang rechnen. Oh Gott, oh Gott!

(Zuruf des Abg. Volker Bandmann, CDU)

Herr Bandmann, wo nichts ist, kann nichts erschüttert werden. Seien Sie einfach ruhig und lassen Sie mich hier reden!

(Lachen bei der CDU)

Also auch dieses Szenario haben Sie geteilt. Sie haben also die gesamte Steuerlüge, die die Grundlage für die Argumentation zur Haushaltsaufstellung der Koalition gewesen ist – „Wir haben weniger Einnahmen, das wird alles ganz wenig, wir müssen sparen, sparen, sparen!“ –, unterstützt. Das hat dazu geführt, dass diese Koalition ziemlich gelassen den größten Kürzungshaushalt in der Geschichte des Freistaates Sachsen, nämlich mit knapp 900 Millionen Euro pro Jahr, beschließen konnte. Das haben Sie ausdrücklich gutgeheißen, im Übrigen heute hier wieder. Da staune ich. Aber nun sitzen Sie auch in dieser Falle.

(Lachen bei den GRÜNEN)

Jetzt kommen Sie mit dem Antrag, ein paar Millionen, natürlich nach grünen Kriterien, zusätzlich zu verteilen. Sie begründen das mit dem Budgetrecht des Parlaments, das de facto nicht existiert. Und dann ist dieser Antrag ja auch noch schizophren.

(Antje Hermenau, GRÜNE: Genau!)

Wenn Sie das nämlich mit dem Königsrecht des Parlaments begründen, dann müssten Sie in Richtung Nachtragshaushalt gehen. Da gebe ich Ihnen vielleicht auch einmal einen kleinen Nachhilfeunterricht. Einen Nachtragshaushalt einzubringen ist die originäre Aufgabe und das Recht der Staatsregierung. Auch hier können Sie wieder einstimmig beschließen, was Sie wollen. Selbst wenn Sie das einstimmig tun, findet es nicht statt. Aber dieser einstimmige Beschluss wird ja nicht zustande kommen, denn die Koalition wird das nicht mittragen.

Also, die Staatsregierung ist hier am Handeln, einen Nachtragshaushalt einzureichen. Und nur auf der Ausgabenseite haben Sie verfassungsrechtlich ein Recht, weil da das Budgetrecht vor das Notverordnungsrecht des SMF geht. Dort ist das gegebenenfalls möglich, aber nicht bei Einnahmen. Frau Hermenau, das gibt es schlichtweg nicht. Da muss man einfach noch einmal nachlesen. Und wenn Sie sich immer als Bundespolitikerin in dieser Richtung preisen, dann wissen Sie auch, dass das in der Bundeshaushaltsordnung so steht.

(Antje Hermenau, GRÜNE: Ja, eben!)

Das müssten Sie eigentlich wissen.

Deshalb gehen wir anders ran, weil wir wissen, dass das Geld kommen wird. Wir wollen doch Transparenz herstellen. Wir werden natürlich den Antrag stellen, einen Nachtragshaushalt vorzulegen. Wir wissen auch, dass das nicht durchgeht. Selbst wenn es anders sein sollte, was zu 110 % unwahrscheinlich ist, wissen wir, dass das SMF das nicht machen wird. Aber wir werden den Antrag nutzen, eine entsprechende Anhörung durchzuführen. Das

können wir erreichen. In dieser Anhörung wollen wir einfach Transparenz herstellen, um zu erfahren, was mit dem Geld gemacht wird, wie das mit diesen ominösen Abschlägen ist und wie es zu solchen Fehlaufstellungen mit solchen Milliardendifferenzen im Freistaat Sachsen kommen kann. Das wollen wir wissen, und da wollen wir Öffentlichkeit herstellen. Das werden wir tun.

Deshalb brauchen wir solche Schaufensteranträge nicht. Uns wäre es lieber, ganz ehrlich, wenn Sie einfach begreifen würden: Selbst wenn Sie neben Herrn Unland im Entengang hergehen, lassen die Sie nicht mitspielen. Da können Sie machen, was Sie wollen.

(Beifall bei der SPD – Zuruf der Abg. Antje Hermenau, GRÜNE)

Und die FDP. Herr Zastrow, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Nachdem ich die Ansammlung grüner Lieblingsprojekte und den ganzen Zahlensalat gesehen habe, habe ich mir gedacht, ich muss doch einmal mit Roland Weckesser sprechen.