Protocol of the Session on May 25, 2011

Aus diesem Grund empfehle ich Ihnen noch einmal, einen Blick in unseren damaligen Entwurf eines Sächsischen Energievorsorgegesetzes zu werfen, in dem Maßnahmen enthalten waren, bei deren Anwendung wir heute bereits wesentlich weiter wären.

Diesbezüglich dürfen auch Sie, Herr Hahn, sich angesprochen fühlen, wenn Sie heute die Stadtwerke hervorheben. Statt Ihre rhetorische Luft heute hier abzulassen, hätten Sie damals auch für unseren Gesetzentwurf stimmen können. Damit wäre den Stadtwerken wesentlich mehr geholfen gewesen.

(Beifall bei der NPD)

Ich stelle fest: Mit der längst überfälligen Neufassung des Sächsischen Energieprogramms, einer entsprechenden Förderpolitik sowie Novellierungen im Landesentwicklungsplan stünden Instrumente zur Verfügung, Sachsen mit politischen Innovationen energiepolitisch nachhaltig auf die Beine zu stellen. Mit der heutigen Regierungserklärung allerdings, Herr Ministerpräsident, locken Sie wirklich niemanden hinter dem Ofen hervor. Nehmen Sie stattdessen Geld in die Hand und fördern Sie spürbar die energetische Gebäudesanierung! Sorgen Sie dafür, dass die Bereitstellung erneuerbarer Energien zu den vorrangigen Belangen der Raumordnungspolitik und der Bauleitplanung erklärt wird! Fördern Sie die Entwicklung einer vielfältigen dezentralen Erzeugerstruktur inklusive – und das ist wichtig – eines kommunalen Netzbesitzes! Es geht

nämlich um nichts Geringeres als darum, das Gestaltungsinteresse im Rahmen der kommunalen Selbstverwaltung durch wesentliche Entscheidungskompetenzen zu stärken und vor allem dem reinen Shareholder-Value-Denken zu entziehen.

Darüber hinaus sind zwischen 400 und 500 sächsische Unternehmen im Bereich der erneuerbaren Energien mit etwa 10 000 Beschäftigten Grund genug, energiepolitisch den Schwerpunkt auf diesen Bereich zu legen und die Energiewende endlich massiv voranzubringen.

Die energiepolitische Bedeutung der Fotovoltaik für Sachsen liegt auf der Hand. Es ist zudem ein Bereich, der komplette Wertschöpfungsketten innerhalb des Freistaates abbildet. Die Kompetenzen im Anlagen- und Maschinenbau bis hin zu Weltmarktführerschaften, die man hier im Lande hat, erzwingen es geradezu, den erneuerbaren Energien eine Vorrangstellung einzuräumen. Die Staatsregierung hört sich in ihren Reden allerdings immer so an, als würde sie am liebsten einen quotierten Energiemix beschließen wollen, um ja nicht in die Verlegenheit zu kommen, Ausbauziele anvisieren zu müssen.

Der Landtag konstituierte in dieser Legislaturperiode eine Enquete-Kommission zur Technologie- und Innovationspolitik. Dies ist unbestritten wichtig und von Bedeutung. Angemessener wäre es jedoch gewesen, hinsichtlich der sächsischen Energiepolitik ein entsprechendes Arbeitsgremium einzurichten. Die NPD-Fraktion fordert Sie zumindest auf, zeitnah einen neuen Entwurf des Sächsischen Energieprogramms dem Landtag zur Debatte vorzulegen und es über den entsprechenden Fachausschuss einer Sachverständigenanhörung zu unterziehen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der NPD)

Wir beginnen wieder mit der Linksfraktion. Frau Dr. Runge, Sie haben noch drei Minuten Redezeit.

Verehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte noch einmal auf zwei Punkte eingehen, die in der Debatte eine Rolle gespielt haben.

Es ist völlig müßig, darüber zu philosophieren, Herr Zastrow, ob die Strompreise mit Atomenergie oder ohne Atomenergie steigen. Sie sind in den letzten fünf Jahren gestiegen – für die privaten Verbraucherinnen und Verbraucher allein um 43 % und für die Industrieabnehmer um 25 %. Das ist ein Problem, das weder mit dem beschleunigten Atomenergieausstieg noch mit der Laufzeitverlängerung oder mit der Braunkohleverstromung vordergründig zu tun hat, also nicht mit der Technologie und nicht mit dem Energiemix, sondern es hat etwas mit den vermachteten Monopolstrukturen und den möglichen Manipulationsmechanismen an der Energiebörse Leipzig zu tun.

Deshalb hatten wir als Fraktion DIE LINKE im November des vergangenen Jahres hier im Landtag einen Antrag

eingebracht, wie der sächsische Wirtschaftsminister darauf hinwirken kann, durch eine verstärkte Preishöhenkontrolle und Strompreisaufsicht ungerechtfertigte Preiserhöhungen zu verhindern. Wie wir alle wissen, wurden unsere Vorschläge im Hohen Hause selbstverständlich abgelehnt.

Ich wiederhole: Wir haben die Möglichkeit, durch eine Markttransparenzstelle an der Energiebörse in Leipzig Manipulationsmechanismen weitgehend zu verhindern. Wir haben die Möglichkeit, über das vorhandene Kartellrecht Änderungen zu erreichen. Immer wieder sprach Wirtschaftsminister Brüderle über eine Reform des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen. Ja, wann kommt es denn endlich, Herr Zastrow und Herr Morlok von der FDP? Wann wird dieses Kartellrecht in Deutschland wieder angewandt, das berechtigterweise Ende der Fünfzigerjahre unter Adenauer mit Ludwig Erhard mit einem ganz bestimmten Zweck eingeführt worden ist, nämlich um soziale Marktwirtschaft zu ermöglichen? Wir haben es mit Monopolstrukturen, mithin mit Monopolpreisen zu tun. Solange man an diese Strukturen nicht herangeht, wird sich daran nichts ändern.

Ein zweiter Punkt: Die Rede von Herrn Tillich begibt sich insofern auf einen Holzweg für Sachsen, als sie die Braunkohleverstromung langfristig als kompatible Brücke zu den erneuerbaren Energien sieht. Aber genau das ist das technische Problem. Diese beiden Technologien sind auf Dauer systemisch nicht kompatibel.

(Beifall bei den LINKEN und den GRÜNEN)

Deshalb wird von allen Expertenkommissionen, auch in dem vorläufigen Bericht der Ethik-Kommission, davon gesprochen, dass die entscheidende Brückentechnologie zum Ausbau der erneuerbaren Energien die flexiblen Gaskraftwerke sind, die kombiniert mit Biogas möglich sind.

Kommen Sie bitte zum Schluss!

Ich komme zum Schluss. – Das ist der rationale, technisch machbare Weg, der Strompreise langfristig reduzieren und uns in eine neue Energiezukunft bringen wird.

(Beifall bei den LINKEN und vereinzelt bei den GRÜNEN)

Die CDUFraktion, bitte. Herr von Breitenbuch.

Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Herr Hahn, Sie hatten gesagt, konservatives Beharrungsvermögen – genau das haben wir! Auch bei diesem Thema! Das Thema Energie nimmt vor dem Hintergrund des weltweit steigenden Energiebedarfs durch Wirtschafts- und Bevölkerungswachstum mehr und mehr Raum in der politischen Diskussion ein. Nicht nur aus wirtschaftspolitischer Sicht bedarf es nachhaltiger Strategien und Entscheidun

gen, um auch zukünftig für Bürger und Wirtschaft Energie zu international wettbewerbsfähigen Preisen stabil zur Verfügung zu stellen, die Energieerzeugung langfristig zu sichern und Energieverbrauch zu senken.

Die aktuelle Situation in Deutschland stellt sich wie folgt dar:

a) Große, zu erschließende Energieeinsparungspotenziale bestehen nach wie vor in allen Gesellschaftsbereichen, vor allem bei der Gebäudesubstanz und im Verkehr.

b) Der Anteil der Kernenergie an der Stromversorgung betrug 2010 in Deutschland rund 22 % der Bruttostromerzeugung. Gegenwärtig liefern Wasserkraft, Wind, Biomasse und Fotovoltaik zusammen circa 20 % unseres Strombedarfes, wobei die Windkraft mit 6 % und Biomasse mit 5,4 % den höchsten Anteil haben. Fotovoltaik nimmt lediglich einen Anteil von unter 2 % ein. Auf sie entfallen aber nahezu 40 % der Förderung nach dem EEG.

c) Die benötigte sichere Grundlast für Unternehmen und Privatkunden wird also nach wie vor je zur Hälfte aus Braun- und Steinkohle, aus Gas und teilweise aus Öl gewonnen, sprich aus CO2-freisetzenden Stoffen.

d) Eine Steigerung der erneuerbaren Energien auf einen Anteil von jetzt schon über 30 % bis 2030 ist durch einen vorwiegenden Ausbau der Windkraft besonders an der Nordsee denkbar. Dazu sind nach Meinung von Experten über 3 000 – Herr Zastrow sprach von 4 000 – Kilometer Stromtrasse von Nord nach Süd zu ziehen. Das ist etwa ein Fünftel des existierenden Leitungsnetzes.

e) Ein schneller Ausstieg aus der Kernenergie bedeutet weiter, dass Deutschland vermehrt zum Stromimporteur wird. Die Wertschöpfung wie auch der Ressourcenverbrauch finden in anderen Ländern statt. Deutschland wird dies entsprechend bezahlen müssen. Dies kann darüber hinaus – es ist schon angesprochen worden – auch auf Kosten der Sicherheit erfolgen.

Aus der aktuellen Situation ergeben sich aus der Sicht der CDU-Fraktion des Sächsischen Landtages folgende grundsätzliche Ansätze:

Erstens. Nachhaltige Energiepolitik wird bestimmt durch Versorgungssicherheit, Wirtschaftlichkeit und Umweltverträglichkeit. Diese gilt es gleichermaßen zu betrachten und ideologiefrei zu bewerten. Sicherheit der Energieversorgung muss im Einklang mit den Zielen des Klimaschutzes und den Interessen der Verbraucher stehen.

(Beifall bei der CDU, der FDP und der Staatsregierung)

Strom muss sowohl für die Bürger als auch für die Unternehmen bezahlbar bleiben.

(Zuruf von der CDU: Genau so! – Zuruf von den LINKEN: Sie tun aber nichts dazu!)

Energiepolitik bedeutet also für uns, langfristige Strategien zu verfolgen, um als Lebens- und Wirtschaftsstandort Sachsen dauerhaft wettbewerbsfähig zu sein.

(Beifall bei der CDU, der FDP und der Staatsregierung)

Dies natürlich in der vollen Einbindung in die europäische Energie – und da widerspreche ich auch dem Zwischenruf der GRÜNEN, weil Autarkie nicht das Ziel sein kann; BWL, erstes Semester, dort lernt man schon: Handel bringt Wohlstand, vermehrten Wohlstand als Autarkie, und ich denke einmal, diesem alten Grundsatz sollten wir auch weiterhin Glauben schenken.

(Johannes Lichdi, GRÜNE, steht am Mikrofon. – Beifall bei der CDU, der FDP und der Staatsregierung)

Ach, ich habe mich gewundert, warum Sie mich so anschauen.

(Heiterkeit)

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Herr Kollege von Breitenbuch, können Sie mir bitte das grüne Dokument aus Sachsen oder aus Deutschland nennen, in dem wir den Begriff der Energieautarkie in den Mund genommen hätten. Mir ist es nämlich nicht bekannt.

Vorhin kam ein Zwischenruf von Ihrer Kollegin, die hinter Frau Giegengack saß, da war es eben so, dass dieses Autarkiethema angesprochen wurde nach dem Motto, es sollte alles hier vor Ort sein. Und auf diesen bin ich damit eingegangen. Ich weiß jetzt nicht – wir werden es im Protokoll sicher noch einmal lesen können –, es war deutlich von mir zu vernehmen. Deshalb habe ich es angesprochen. Mir liegt also kein Papier vor, sondern es war ein Zwischenruf, der hier gekommen ist und der natürlich auch eine Haltung – Frau Hermenau hat ja den Begriff Haltung genannt –,

(Antje Hermenau, GRÜNE:... gemeint! – Zuruf von der NPD: Das fordert auch die SPÖ!)

eine innere Haltung zu dem Thema gemeint und auch genannt hat, und wir reden hier auch von Persönlichkeiten und Haltungen, die sichtbar sind, und da kam genau so eine Haltung zur Autarkie zur Sprache. Deswegen spreche ich das hier an.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Gestatten Sie noch eine Zwischenfrage? – Bitte, Herr Lichdi.

Herr Kollege von Breitenbuch, Sie stimmen mir also zu, dass Ihnen kein Dokument der GRÜNEN-Partei in Sachsen oder in Deutschland bekannt ist, in dem das Wort „Energieautarkie“ vorkommt. – Vielen Dank.