Protocol of the Session on April 19, 2011

Meine Damen und Herren! Wenn ich Frau Kallenbach richtig verstanden habe, möchte sie punktweise Abstimmung über die sechs Einzelpunkte. Ist das richtig?

(Gisela Kallenbach, GRÜNE: Richtig!)

Meine Damen und Herren! Ich stelle Ihnen die Drucksache 5/5550 zur Abstimmung. Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat punktweise Abstimmung beantragt. Wer dem ersten Punkt des Antrages zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. – Vielen Dank. Die Gegenstimmen? – Danke. Stimmenthaltungen? – Bei keiner Stimmenthaltung, zahlreichen Dafür-Stimmen ist der erste Gliederungspunkt abgelehnt worden.

Ich rufe den zweiten Punkt des Antrages auf. Wer zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. – Vielen Dank. Gegenstimmen? – Danke. Stimmenthaltungen? – Bei keiner Stimmenthaltung, zahlreichen Dafür-Stimmen ist mehrheitlich der zweite Punkt abgelehnt worden.

Ich rufe den dritten Gliederungspunkt auf. Wer diesem Punkt seine Zustimmung geben will, den bitte ich um das Handzeichen. – Vielen Dank. Die Gegenstimmen? – Danke. Stimmenthaltungen? – Bei keiner Stimmenthaltung, zahlreichen Dafür-Stimmen ist mehrheitlich der dritte Punkt abgelehnt worden.

Ich rufe den vierten Gliederungspunkt zur Abstimmung auf. Wer dem seine Zustimmung geben will, den bitte ich um das Handzeichen. – Vielen Dank. Gegenstimmen? – Danke. Stimmenthaltungen? – Bei keiner Stimmenthaltung, zahlreichen Dafür-Stimmen ist mehrheitlich der vierte Gliederungspunkt abgelehnt worden.

Ich rufe den fünften Punkt auf. Wer dem seine Zustimmung geben will, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke. Die Gegenstimmen? – Vielen Dank. Stimmenthaltungen? – Bei keiner Stimmenthaltung, zahlreichen Dafür-Stimmen ist mehrheitlich der fünfte Gliederungspunkt abgelehnt worden.

Ich rufe den sechsten und letzten Gliederungspunkt auf. Wer ihm seine Zustimmung geben will, den bitte ich um das Handzeichen. – Vielen Dank. Die Gegenstimmen? – Danke. Stimmenthaltungen? – Bei einigen Stimmenthaltungen, zahlreichen Dafür-Stimmen ist mehrheitlich der sechste Gliederungspunkt abgelehnt worden.

Da alle einzelnen Gliederungspunkte keine Mehrheit bekommen haben, brauche ich den Antrag nicht noch einmal aufzurufen. Damit ist dieser Tagesordnungspunkt beendet.

Ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 9

Kinderbetreuung und -erziehung für unter Dreijährige: Familien stärken – Wahlfreiheit der Eltern endlich herstellen – verfassungsrechtliche Vorgaben umsetzen!

Drucksache 5/5553, Antrag der Fraktion der NPD

Hierzu können die Fraktionen Stellung nehmen. Die Reihenfolge in der ersten Runde: NPD, CDU, DIE LINKE, SPD, FDP, GRÜNE und die Staatsregierung, wenn gewünscht. Ich erteile der NPD-Fraktion als Einreicherin das Wort; Frau Schüßler.

Danke, Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Unserem Antrag liegen mehrere Motive zugrunde. Einmal geht es um das Kindeswohl unserer Kleinen und Kleinsten. Zweitens geht es darum, endlich einem wirklichen Familienlastenausgleich näher zu kommen. Drittens soll die eigene Erziehungsleistung – und hier haben wir durchaus beide Elternteile im Blick – angemessen gewürdigt werden. Weiterhin soll dem Grundsatz der Wahlfreiheit in der Kinderbetreuung und -erziehung Rechnung getragen werden. Und natürlich steht hinter all dem auch eine bevölkerungspolitische Motivation: Dem demografischen Trend, dem langsamen,

aber sicheren Schrumpfen, ja Aussterben unseres Volkes durch den Verzicht auf den eigenen Nachwuchs muss endlich entschlossen entgegengetreten werden.

Die neuesten Zahlen des Statistischen Landesamtes haben auch Sie sicherlich schon zur Kenntnis genommen. Hier und heute hätten Sie die Möglichkeit, aktiv zu werden, um diese wirklich finsteren Prognosen nicht Wirklichkeit werden zu lassen.

Es geht uns also – noch einmal kurz zusammengefasst – um das Kindeswohl, um einen wirklichen Familienlastenausgleich, um die Würdigung der elterlichen Erziehungsleistung, echte Wahlfreiheit und natürlich, das werden wir immer und immer wieder versuchen, um die Umkehr des demografischen Trends.

Ich hoffe, wir können uns über diese unsere Motive sachlich auseinandersetzen ohne die üblichen antifaschistischen Hasstiraden und Unterstellungen.

(Zuruf von der FDP: Antifaschistische Hasstiraden?!)

Um eine tatsächliche Chancengleichheit und nicht Gleichmacherei von Frau und Mann zu erreichen ist es unabdingbar, der besonderen Belastung – ich habe schon mehrfach von der Doppelbelastung gesprochen – berufstätiger Frauen natürlich Rechnung zu tragen. Ich denke zum Beispiel an neue Arbeitszeitmodelle, an Erleichterungen beim Wiedereinstieg in den Beruf und entsprechende Weiterbildungsmöglichkeiten nach der Kinderpause oder auch flexible Angebote der Kinderbetreuung.

Meine Fraktion hat bereits früh Initiativen in dieser Richtung eingebracht. Ich erinnere nur an unseren Antrag „Kostenlose Kinderbetreuung in Sachsen“, Drucksache 4/5116, vom April 2006.

Aber das ist nur die eine Seite der Medaille. Das sage ich Ihnen heute auch – ebenfalls zum wiederholten Male –, es wäre genau so ein Irrweg, durch den einseitigen Ausbau einer Kinderbetreuung für unter Dreijährige die frühzeitige Wiedereingliederung der Mütter oder der Väter in den Arbeitsmarkt zu erzwingen. Ja, es ist ein Zwang. Genau dieser Zwang ist heute meist durch die finanziellen und wirtschaftlichen Umstände gegeben, und zwar auch bei solchen Frauen, die eigentlich sehr gern ganz oder überwiegend die Betreuung und Erziehung ihres Kindes selbst übernehmen würden, wenigstens in den ersten drei für die frühkindliche Entwicklung so wichtigen Lebensjahren.

Wie viele Paare versagen sich wohl unter diesen Umständen den Wunsch nach einem Kind oder beschränken sich auf die Ein-Kind-Familie? Das gilt es auch herauszufinden. In unserem Antrag findet es sich unter Punkt 3. Wir möchten zu dieser Fragestellung eine Studie erstellt haben.

Es ist doch so, dass Frauen in dem System vielfach nur als billige Arbeitsmarktreserve angesehen werden. In der Realität sieht es so aus, dass viele Frauen möglichst bald nach der Entbindung – spätestens nach der Lohnersatzleistung Elterngeld – wieder in ihren Niedriglohnjob zurückkehren müssen. Das jedenfalls ist auch der vielfach zu vernehmende und ziemlich durchsichtige Wunsch der Wirtschaft. Viele tapfere Frauen folgen diesem Ruf – gezwungenermaßen – aber doch nicht, um sich selbst zu verwirklichen, sondern um einen hinreichenden Familienunterhalt zu sichern oder nicht bei Hartz IV zu landen.

Wer nicht endlich bereit ist umzusteuern, sollte sich auch nicht als Vorkämpferin oder Vorkämpfer für die sogenannte Gleichstellung der Frau hinstellen.

Neben dem wirtschaftlichen Aspekt muss es aber auch vor allem um einen Bewusstseinswandel in der Gesellschaft gehen, der zu einer deutlichen Aufwertung der Familienarbeit und zu einer hohen Anerkennung der Leistung für die Gemeinschaft führt, die Eltern und ganz besonders Mütter mit der Erziehung ihrer Kinder erbringen. Zu

dieser Bewusstseinsbildung wird es aber nicht kommen, wenn es immer nur bei familienpolitischen Sonntagsreden bleibt. Die Anerkennung der Erziehungszeit erfolgt eben dadurch, dass diese endlich in erheblichem Umfang öffentlich mitfinanziert wird. Gleichzeitig bleibt die Wahlmöglichkeit bestehen, auch jederzeit den Beruf weiter auszuüben.

Sie werden nun sicher sagen, dass dies zu weit geht, unbezahlbar usw. ist. Oder es wird wieder der absurde Vorwurf erhoben, wir wollten die Frau an den Herd fesseln oder hinter den Herd zwingen. Aber unser Antrag eröffnet eben keinen neuen Zwang, sondern das genaue Gegenteil. Er weist die Verantwortung für eine wichtige Entscheidung den Eltern zu. Dort gehört die Verantwortung auch hin. Sie eröffnet ihnen gleichzeitig alle Möglichkeiten. Gebe ich mein unter dreijähriges Kind in eine Betreuungseinrichtung? Wenn ich das mache, wann mache ich das und wie teile ich das Familieneinkommen und die Erziehungsleistungen zwischen mir und meinem Partner auf? Ich bin außerdem davon überzeugt, dass unter solchen Bedingungen der künstlich aufrechterhaltene Geschlechterkampf sehr bald auf ganz natürliche und gesunde Art und Weise der Vergangenheit angehören wird.

Auf die Finanzierungsfrage wird später mein Kollege Apfel näher eingehen. Eines sei aber schon jetzt gesagt: Gerade erst in der letzten Woche durften wir aus verschiedenen Pressemitteilungen vernehmen, dass die SPD insgesamt 23 Milliarden Euro in den zügigen Ausbau der Kinderbetreuung stecken will. Geld scheint also nach wie vor reichlich vorhanden zu sein. Es muss auch vorhanden sein, wenn es um die Zukunftssicherung unseres Volkes geht. Warum sollte man es nicht gleichberechtigt – sowohl der institutionellen Kinderbetreuung als auch der Familienarbeit – zur Verfügung stellen?

Ich bedanke mich.

(Beifall bei der NPD)

Als Rednerin für die Koalition erhält Frau Schütz das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Das ist an die NPDFraktion gerichtet: In welcher Welt leben Sie eigentlich? Leben Sie in einer Welt, in der Frauen mit Kind auf ihr Mütterdasein reduziert werden wollen? Ich kann Ihnen sagen: Sie leben in einer Märchenwelt, in der alle Geschichten mit „Es war einmal“ beginnen.

(Holger Apfel, NPD: Es muss aber auch noch Frauen geben, die ihre klassische Rolle annehmen!)

Bei den Märchengestalten und Märchenerzählern in Ihren Reihen ist das auch nach dem heutigen Debattenbeitrag kein Wunder.

(Beifall bei der FDP)

In diesem Sinne kann ich Ihnen nur zurufen: Herzlich willkommen im 21. Jahrhundert! Familie, Beruf, gesellschaftliche Verantwortung und auf eigenen Beinen stehen ist für uns Frauen heute so normal wie für die Männer. Dies miteinander zu vereinbaren, individuelle Lebensentwürfe zu ermöglichen und dafür die Rahmenbedingungen zu bieten – dafür sind wir als Koalition in Sachsen und im Bund angetreten.

Sie als NPD fordern in Ihrem Antrag ein Müttergehalt und versuchen, dieses mit der Umschreibung „beziehungsweise Elterngehalt“ zu erreichen. Es soll für drei Jahre gezahlt werden und Frauen in die finanzielle Abhängigkeit der Steuertöpfe der Staatshaushalte bringen und sie auf die häusliche Kindererziehung und Hausarbeit festlegen. Ich sage es einmal höflich: Das ist ein interessantes Frauenbild. Nur, Ihr Frauenbild ist nicht weit verbreitet. Wahrscheinlich ist das für die männlichen Mitglieder Ihrer Partei neben ihrer ideologischen Einstellung ein weiteres Ausschlusskriterium zur Findung einer Lebenspartnerin zwecks Familiengründungen.

(Jürgen Gansel, NPD: Hör auf mit den blödsinnigen Mutmaßungen!)

Ein Tipp von uns lautet: Junge Frauen wollen Männer, mit denen sie auf Augenhöhe ohne Plattitüden kommunizieren können.

(Andreas Storr, NPD: Da sind Sie die Falsche dafür!)

Sie wollen Männer, die die Lebensentwürfe der Frauen unterstützen und die familiäre Verantwortung für Kinder und Pflegebedürftige in den Familien mit ihnen teilen.

(Zuruf des Abg. Jürgen Gansel, NPD)

Kurz gesagt bedeutet das: Sie wollen nicht mit einem Müttergehalt à la Mutterkreuzideologie abgespeist werden. Sie wollen ihren Teil am gesellschaftlichen Leben. Wir als Koalition wollen, dass Mütter und Väter ihre Modelle der Kindererziehung sowie die Familie und den Beruf unter einen Hut bekommen können.

Angesichts eines hohen Bedarfs an Fachkräften ist es außerdem für Unternehmen immer wichtiger, diese Vereinbarkeit zu ermöglichen. Das betrifft nicht allein die Frauen. Die Vereinbarkeitsfrage stellt sich zunehmend bei hoch qualifizierten jungen Männern und ihrem Wunsch nach aktiver Beteiligung bei der Erziehung ihrer Kinder. Sie sehen – oder ich darf Ihnen das noch einmal sagen –, Geld wird die Frauen bzw. Familien nicht bewegen, sich für Kinder zu entscheiden.

(Jürgen Gansel, NPD: Aber gegen Kinder, wenn kein Geld da ist!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich komme nun zum Rest des Antrages: Ihre absurde Forderung, eine Studie zur Fortpflanzungsneigung und der Inanspruchnahme der Kinderbetreuung in Auftrag zu geben, lehnen wir – nicht nur aus fiskalischen Gründen – grundweg ab. Außerdem ist die zukünftige Inanspruchnahme von Kita

Plätzen kaum vorherzusehen. Eltern haben individuelle Präferenzen, ob sie die Elternzeit bis zu drei Jahren in Anspruch nehmen und damit ihrer Erziehungsarbeit allein nachkommen wollen. Oder sie geben ihr Kind in Kindertageseinrichtungen oder in die Kindertagespflege und leben damit die Möglichkeiten der Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Sie sehen, dass eine solche Studie in Sachsen keinen inhaltlichen Mehrwert haben würde.

Die gleiche Auffassung vertreten wir zudem auch bei dem Antrag zur Einführung des vorgeschlagenen Unterrichtsfaches. Wir sind nicht bereit, unsere Schüler mit einem Schulfach zu belasten, um Ideologien einzupflanzen. Wir vertreten die folgende Auffassung: Jeder hat die Freiheit, sein Leben nach eigenen Vorstellungen zu planen und zu führen.