Protocol of the Session on March 24, 2011

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte doch noch vor dem offiziellen Schlusswort einige Punkte beleuchten – und zwar sachlich und nicht polemisch. Wir hatten zum Thema Tourismus schon bessere Debatten hier in diesem Haus, wo sich die Opposition noch Gedanken in der Sache gemacht und nicht nur platte Polemik von sich gegeben hat.

(Zurufe – Unruhe)

Es ist doch ganz normal, meine Damen und Herren – Herr Tischendorf, was ist daran ungewöhnlich? Sie haben die „Morgenpost“ zitiert, okay, das ist halt Ihre Literaturquelle –:

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU)

Es ist in jedem Politikbereich so, dass Strategien und Konzepte fortgeschrieben werden. Nach sieben Jahren ist es an der Zeit, auch im Tourismus neue Akzente zu setzen, denn die Welt verändert sich. Das müssten auch Sie inzwischen wissen.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Eva Jähnigen, GRÜNE, meldet sich zu einer Zwischenfrage.)

Frau Windisch, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Da Sie dem älteren Antrag unserer Fraktion nicht zustimmen konnten und inzwischen die Anhörung vom vorigen Jahr, die wir initiiert haben, ausgewertet werden konnte, wollte ich Sie gern fragen, was Ihre Ergebnisse der Auswertung der Anhörung waren und wann die Tourismusstrategie nun endlich kommt.

Na ja, gut. Das war eine sehr verquaste Frage. Ich kann versuchen, Ihnen eine Antwort darauf zu geben. Im Antrag haben wir geschrieben, bis wann die Tourismusstrategie vorliegen soll.

(Eva Jähnigen, GRÜNE, steht am Mikrofon.)

Frau Windisch, wollten Sie erst die Frage beantworten oder – –

Ja, ja, auf die Frage. Sie fragte ja, wann kommt sie endlich.

Sie können die Frage beantworten. Frau Jähnigen wollte jetzt

wieder eine Frage stellen. Da wollte ich zunächst fragen, ob Sie die Frage schon beantwortet haben. Wenn Sie Ja gesagt hätten, hätte ich die nächste Frage zugelassen.

Nachdem im vergangenen Jahr der erste Arbeitsentwurf vorgelegt worden ist, sind viele Stellungnahmen gekommen. Das haben Sie kritisiert, Frau Jähnigen. Das ist aber gut und richtig so. Wir wollten die Touristiker vor Ort in den Erarbeitungs- und Diskussionsprozess einbeziehen. Wir haben uns sehr gefreut, dass über 30 Stellungnahmen gekommen sind, die jetzt ausgewertet werden. Wir sollten uns Zeit nehmen, diese Diskussion sehr sorgfältig zu führen und die Touristiker mitzunehmen. Nein, das ist sogar falsch. Mitnehmen ist passiv. Sie sollen diesen Weg mitgehen. Das ist unser Ziel. Wir werden sehen, wie weit wir am Ende des Jahres sind. In den Arbeitsgruppen haben schon sehr konstruktive Beratungen stattgefunden.

Wer es will, kann diesen Antrag falsch verstehen. Die Opposition hat das gewollt.

(Oh-Ruf bei der SPD – Eva Jähnigen, GRÜNE, meldet sich zu einer Zwischenfrage.)

Die Entwicklung der Tourismusstrategie für Sachsen – das ist vielleicht jetzt Ihre zweite Frage – –

Frau Windisch, möchten Sie noch eine Frage zulassen?

Ja. Das verlängert meine Redezeit. Sehr schön.

Sie haben gesagt, die Auswertung der Anhörung vom letzten Jahr hat jetzt begonnen. Ich wiederhole noch einmal die Frage: Wann können wir nun mit der Tourismusstrategie rechnen?

Da haben Sie mich auch wieder falsch verstanden. Die Auswertung hat nicht jetzt begonnen, die Auswertung hat im Juni vergangenen Jahres begonnen, als die Stellungnahmen eingegangen sind. Es ist eine Synopse erstellt worden und auf deren Basis sowie der Einwendungen, die durchaus einer Betrachtung bedürfen, läuft jetzt der Abstimmungsprozess. Soll ich Ihnen jetzt sagen, am 15. Mai oder so wäre es so weit? Nein, das kann ich nicht. Das ist Aufgabe der Arbeitsgruppe.

(Eva Jähnigen, GRÜNE: Ich bitte um eine Antwort!)

Ich kann Ihnen diese Antwort nicht geben, nicht weil ich es nicht weiß. Es wäre sogar falsch, jetzt einen Termin zu nennen. Wir wollen, dass eine intensive Diskussion mit den Regionalverbänden, den Kommunen, den touristischen Leistungsträgern und den Verbänden, wie Dehoga und LTV, geführt wird.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Klaus Tischendorf, DIE LINKE, meldet sich zu einer Zwischenfrage.)

Für diesen Prozess müssen wir uns alle Zeit der Welt nehmen, damit am Ende ein Konzept herauskommt, das bis 2020 die Tourismuswirtschaft in Sachsen prägt.

Frau Windisch, jetzt gibt es noch einmal den Wunsch nach einer Zwischenfrage.

Ja, bitte.

Danke, Herr Präsident! Frau Windisch, stimmen Sie mir zu, dass seit dem 10. Juni, als der Entwurf der Tourismusstrategie in die Öffentlichkeit kam, mehrere Regionalverbände, Tourismusunternehmen und sogar Handwerkskammern Meinungen dazu geäußert haben und der Entwurf schon sehr lange in der Debatte ist? Dann wollte ich Sie noch fragen: Stimmen Sie mir zu, dass die Landräte als Vorsitzende der Regionalverbände gedroht haben, aus der TMGS auszutreten, als bekannt wurde, dass es Kürzungen bei den Regionalverbänden geben soll? Ist das nicht ein Beleg dafür, dass schon sehr intensiv diskutiert wurde, und was Sie heute beschließen wollen, gar keine Verbindlichkeit hat?

Was Sie da geredet haben, ist auch wieder ein totales Durcheinander.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU – Lachen bei der SPD – Widerspruch des Abg. Stefan Brangs, SPD)

Das eine hat mit dem anderen gar nichts zu tun. Sie verfolgen ja auch die öffentlichen Meldungen. Bisher ist mir nicht bekannt geworden, dass ein Regionalverband aus der TMGS ausgetreten ist. Derartige Drohgebärden der kommunalen Ebene haben wir auch auf anderen Politikfeldern. Am Ende einigt man sich wieder und findet gemeinsam einen guten Weg. Es ist das Ziel, dass Land, Region, Kommunen, alle Leistungsträger gemeinsam etwas auf den Weg bringen. Wir lassen uns auch von Ihnen an der Stelle nicht spalten, auch wenn es zu dem einen oder anderen Detail unterschiedliche Auffassungen gibt.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU und des Abg. Tino Günther, FDP)

Nun will ich zum Antrag zurückkommen. Ich bin noch gar nicht zum Reden gekommen. Der Antrag heißt zwar „Tourismusstrategie für Sachsen entwickeln“, aber Sie haben falsch interpretiert, dass wir mit dem Antrag vom 14. Dezember 2010 erst die Staatsregierung aufgefordert haben, diese Strategie zu entwickeln. So schlau sind wir selbst zu wissen, dass sie das bereits tut. Der Koalition war wichtig, mit den Punkten 1 bis 8 einige Vorgaben zu machen und zu berücksichtigen, was in der Auswertung der ersten Stellungnahmen zutage getreten ist. Mit dem Beschluss dieses Antrages wollen wir verankern, dass diese Punkte beachtet werden. Ich weiß gar nicht, was falsch daran sein soll, dass wir auf diese Art und Weise vorgehen wollen.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU und des Abg. Tino Günther, FDP)

Fakt ist doch, dass Sie sich in der Sache gar nicht mit dem Thema auseinandersetzen wollen. Es ist eben sehr schlimm um einige Oppositionsfraktionen bestellt,

(Stefan Brangs, SPD: Nur Polemik!)

die vor Jahren inhaltlich noch etwas zu diesem Thema beigetragen haben, aber heute nur billige Polemik abgeliefert haben.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU und des Abg. Tino Günther, FDP – Stefan Brangs, SPD: Genau!)

So. Und jetzt erspare ich Ihnen nicht, noch ein paar sachliche Anmerkungen zu machen, worauf es uns in den nächsten Jahren ankommt und wie wir die Tourismusstrategie entwickeln wollen. Das wollen Sie doch gar nicht wissen! Sie wollen tatsächlich nur sagen: Alles ist falsch, was hier gemacht wird.

Ganz wichtig für unsere Fraktion ist, dass wir in der Umsetzung dieser Strategie die Partner vor Ort stärken wollen. Das sind die Regionalverbände, über deren Zahl man noch diskutieren kann. Ich denke, da haben wir im Moment einige zu viel, um als starke Region wahrgenommen zu werden. Wir wollen die Verbände stärken, damit sie als Klammer zwischen Unternehmen und Kommunen im Prozess der Entwicklung hin zu mehr Zukunftsfähigkeit agieren können.

Weiter ist uns als CDU-Fraktion wichtig, dass wir für die Umsetzung der Ziele und der Führung der begleitenden Prozesse hin zu mehr Innovation, zu mehr Qualität, zu mehr Service in Sachsen einen leistungsfähigen Dachverband wie den LTV für unverzichtbar halten. Der LTV Sachsen hat diese Aufgabenstellung seit Jahren erfolgreich umgesetzt und ist akzeptierter Partner der regional und landesweit Tätigen, nicht zuletzt auch fraktionsübergreifender Partner der Abgeordneten und Berater für die Staatsregierung. Ein starker Dachverband der Tourismusregionen und der Wirtschaft ist die Voraussetzung für die Bewältigung der anstehenden Zukunftsaufgaben. Deshalb haben wir uns dafür eingesetzt, dass die Finanzierung seiner Aufgaben langfristig ausreichend gesichert sein soll.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Nun geht es noch einmal um Budget und Finanzierung. Frau Kliese, Sie sprachen vorhin von einer Budgetlücke von 30 Millionen Euro. Es ist eine Binsenweisheit der Touristiker, dass, wenn man eine Übernachtung generieren will, 2 Euro Marketingmittel erforderlich sind. Bei 16 Millionen Übernachtungen in Sachsen bräuchten wir rund 32 Millionen Euro Budget. Das heißt aber nicht, dass dieses Budget allein von der öffentlichen Hand kommt. Auch dabei wollen wir Verbesserungen erreichen, dass mit einem Bonussystem diejenigen belohnt werden sollen, die alternative Finanzierungsinstrumente zur Erhöhung der Eigeneinnahmen nutzen. Kollege Günther hat es vorhin schon angesprochen. Die Einnahmebasis könnte

breiter sein. Es war interessant, in der Auswertung der Unterlagen von der ITB zu lesen, dass nur 49 % aller dazu berechtigten sächsischen Unternehmen diese alternativen Finanzierungsinstrumente nutzen. Ich gebe aus dem OSVBereich die anderen Länder und die Zahlen dazu bekannt: Mecklenburg-Vorpommern 98 %, Thüringen 90 %, Sachsen-Anhalt 78 % und Brandenburg 60 %. Hier haben wir in Sachsen noch große Spielräume.

Spielräume haben wir weiterhin, wenn sich alle, die künftig vom Tourismus profitieren, stärker an der Finanzierung des Tourismus in seiner Ausgestaltung beteiligen müssen. Dabei ist die Bettensteuer ein ungeeignetes Instrument, weil es nur die Hoteliers belastet, aber nicht alle anderen, die vom Tourismus auch profitieren können.

(Beifall bei der CDU)

Ich sage aber auch, dass Unternehmen, die sich Abgaben leisten sollen, in die Lage versetzt sein müssen, auskömmliche Umsatzrenditen zu erzielen, um diese Abgaben leisten zu können. Das ist ein Kreislauf zwischen der Wirtschaft und der Förderpolitik. Deshalb sehen wir gegenwärtig bei der Ausgestaltung der Förderrichtlinien für die einzelbetriebliche Förderung und die touristische Infrastruktur noch Diskussionsbedarf hinsichtlich der hohen Schwellenwerte, die den Zugang zur Förderung erschweren würden. Gerade kleinere Familien und mittelständische Firmen können allein aus ihrer mitunter nur 5, 6 oder 7 % hohen Umsatzrendite nicht ohne Zuschüsse dem ständigen Innovations- und Investitionsdruck standhalten. Mit Beträgen weit unter dem gegenwärtig angedachten Schwellenwert von 100 000 Euro lassen sich die gewünschten Qualitätsverbesserungen hin zur Erfüllung höherer Standards nicht erreichen. Darüber müssen wir noch einmal diskutieren.

Dann sind wir bei dem Punkt: Müssen es unbedingt vier Sterne sein? Ja, sie werden in den großen Zentren nachgefragt, aber als Vorsitzende des Vereins „Landurlaub in Sachsen e.V.“ weiß auch ich, dass es sehr viele gute Landhotels, Hotels in alten Schlössern usw. gibt, die ein ganz besonderes Flair haben, aber wegen einiger Kriterien, zum Beispiel der Raumgröße, nie in den Viersternestandard aufsteigen könnten. Sie werden gut nachgefragt, wenn Service, Qualität und alles Drumherum stimmt. Hier müssen wir noch einmal nachsehen, ob die Gebietskulisse stimmt, ob wir nicht in dem Bereich Drei oder Drei-Plus-Sterne eine Förderung gewähren können. Aber das sind Fragen, die wir heute nicht entscheiden. Das sind Fragen, die in dieser Facharbeitsgruppe detailliert diskutiert werden müssen, um am Ende zu einem vernünftigen Ergebnis zu kommen. So viel an dieser Stelle.

Danke schön.

(Beifall bei der CDU und der FDP)