Geld ist da – das will ich noch einmal festhalten –, aber oft an der falschen Stelle und uneffektiv eingesetzt, denn zu viele kleine Organisationen auf bzw. unterhalb der regionalen Ebene kümmern sich um touristische Aufgaben mit zu geringen finanziellen Ressourcen, was am Ende keinen Effekt bringt.
Dr. Manfred Zeiner vom Deutschen Wissenschaftlichen Institut für Fremdenverkehrsforschung hat am 10. März zur ITB in Berlin die Prognose für das Tourismusjahr
2011 verkündet und einen bemerkenswerten Satz gesagt, den wir uns zu eigen machen möchten: „Wer investiert und Strukturen optimiert, kann allein dadurch ohne höheren Mitteleinsatz ein Wachstum von 2,5 % erreichen.“ Das soll auch das Ziel von Sachsen sein.
Die Koalitionsfraktionen sehen im Tourismus eine langfristige gemeinsame Aufgabe einer öffentlich-privaten Kooperation. Wesentlich ist das politische Bekenntnis zur erheblichen Bedeutung des Tourismus als Wirtschafts- und Standortfaktor. Das geben wir hiermit ab, gerade auch für den ländlichen Raum, der von der starken sächsischen Marke als Kunst- und Kulturreiseland noch stärker als bisher profitieren soll. Deshalb lade ich die Opposition ein, sich trotz aller Kritik konstruktiv in den Diskussionsprozess einzubringen und sich an der Erarbeitung der Strategie bis 2020 zu beteiligen. Das können Sie untermauern, indem Sie unserem Antrag zustimmen.
Ich stelle nun die Drucksache 5/4502 zur Abstimmung. Wer seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke. Wer ist dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Bei zahlreichen Stimmenthaltungen und Stimmen dagegen ist dem Antrag mit Mehrheit entsprochen worden. Damit ist die Drucksache beschlossen und dieser Tagesordnungspunkt beendet.
Unverzügliche Anhebung der Grundleistungen für Asylbewerberinnen und Asylbewerber und Verankerung der Leistungen in den allgemeinen sozialen Sicherungssystemen
Die Fraktionen können wie folgt Stellung nehmen: DIE LINKE, CDU, SPD, FDP, GRÜNE, NPD, die Staatsregierung, wenn gewünscht, und, wie angekündigt, der Sächsische Ausländerbeauftragte.
Meine Damen und Herren! Wir beginnen mit der Aussprache. Ich erteile der Fraktion DIE LINKE das Wort. Bitte, Frau Abg. Klinger.
Danke, Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! In Deutschland und so auch in Sachsen gibt es zwei verschiedene Formen eines Existenzminimums: eines für Deutsche und eines für Flüchtlinge. 1993 wurde mit dem Asylbewerberleistungsgesetz ein Sondergesetz zur Versorgung von Asylsuchenden geschaffen. Dieses legt fest, dass Flüchtlinge gegenüber anderen hilfebedürftigen Deutschen erheblich schlechter zu stellen sind. Das
degradiert Flüchtlinge zu Menschen zweiter Klasse und es verletzt ihre Würde. Das Asylbewerberleistungsgesetz ist diskriminierend. Das ist nicht nur die Auffassung der LINKEN, sondern auch Kirchen und Wohlfahrtsverbände prangern diese Verfassungswidrigkeit an.
Am 9. Februar 2010 hat das Bundesverfassungsgericht festgestellt, dass das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums aus Artikel 1 des Grundgesetzes für alle Menschen unabhängig vom Aufenthaltsstatus gleichermaßen gilt. Dieses Existenzminimum umfasst eben nicht nur die physische Existenz, sondern setzt auch ein Mindestmaß an gesellschaftlicher Teilhabe am kulturellen und politischen Leben voraus. Außerdem hat das Bundesverfassungsgericht festgestellt,
dass der Bedarf nicht abstrakt bestimmt werden darf, sondern dass das Existenzminimum realitätsnah, transparent und nachvollziehbar berechnet werden muss.
Die Bundesregierung selbst hat im Rahmen der Beantwortung einer Großen Anfrage der Fraktion DIE LINKE im Bundestag zugegeben, dass die Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz auf bloßen Schätzungen beruhen und politischen Vorgaben gefolgt sind. Das ist nicht mit den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichtes vereinbar. Die Leistungen sind willkürlich festgelegt worden. Sie orientieren sich nicht an den realen Bedürfnissen der Betroffenen. Im Gegenteil. Sie sollen abschrecken und gesellschaftliche Teilhabe verhindern. Dieser nicht nur verfassungswidrige, sondern ganz klar menschenrechtsverachtende Umgang mit Schutzsuchenden muss schnellstmöglich beendet werden.
Besonders gravierend ist die Höhe der Leistungen, die im Vergleich zum Sozialhilfesatz etwa um 30 % reduziert ist. Sie wurden seit der Einführung des Gesetzes niemals angepasst, und das, obwohl es seit 1993 eine Preissteigerung von ungefähr 25 % gegeben hat. Das ist zu wenig für ein menschenwürdiges Existenzminimum. Stellen Sie sich doch einmal vor, von 287 Euro im Monat leben zu müssen, Essen zu kaufen, sich zu kleiden, zu waschen, Mobilitäts- und Kommunikationskosten davon zu bestreiten. Ursprünglich wurden die reduzierten Leistungen mit den „speziellen Bedürfnissen“ von Asylsuchenden begründet und die Dauer des Bezuges war auf ein Jahr begrenzt. In mehreren Etappen wurde die Bezugsdauer aber eben auf vier Jahre verlängert. Außerdem wurde sie von Asylbewerberinnen und Asylbewerbern auf alle sogenannten Ausreisepflichtigen ausgedehnt, obwohl die Erfahrung zeigt, dass zum Beispiel die Geduldeten durchschnittlich seit sechs Jahren in Deutschland leben. Gerade an dieser Stelle muss nachgehakt werden.
Erstens ist es so schon nicht ersichtlich, warum ein Mensch, auch wenn er nur einen vorübergehenden Aufenthalt in Deutschland hat, ein anderes Bedürfnis haben sollte, sich zu verpflegen, zu kleiden, zu reinigen oder zu kommunizieren, als jemand, der lange Jahre hier lebt. Zweitens zeigt die Realität, dass sich einerseits die Asylverfahren über einen sehr langen Zeitraum erstrecken und andererseits, dass auch viele Menschen darunterfallen, die langjährig in Deutschland leben, die die deutsche Sprache erwerben. Warum sie in ihren Grundbedürfnissen schlechter gestellt werden sollten, ist schlicht nicht nachvollziehbar. Warum also werden diese Menschen gegenüber den anderen schlechter gestellt? Hier zeigt sich der eigentliche Grund der Regelungen. Menschen sollen abgeschreckt werden, hier Schutz zu suchen. Man wolle keine Anreize für eine Einreise aus wirtschaftlichen Gründen schaffen bzw. sollen Schlepperorganisationen damit bekämpft werden.
Aber, meine sehr geehrten Damen und Herren, es ist nicht hinnehmbar, dass Flüchtlinge, die vor politischer, religiöser, sexueller Verfolgung fliehen mussten, Menschen, die
traumatisierte Kriegs- und Gewaltopfer sind, und natürlich auch Familien, die eine bessere Zukunft für ihre Kinder suchen, in Mithaftung dafür genommen werden, dass es potenzielle Antragsteller geben mag, die möglicherweise nach dem geltenden Asylrecht nicht akzeptable Motive haben. Das ist nicht hinnehmbar!
Auch das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen hat darauf hingewiesen, dass sich eine solche Argumentation vor allem unter der Maßgabe des menschenwürdigen Existenzminimums verbietet.
Neben der Abschreckung spielen aber auch ganz klar finanzielle Aspekte eine Rolle. So erklärt die Bundesregierung ganz unverhohlen, dass der Gedanke der Kosteneinsparung in den Vordergrund getreten sei.
Nein! – Das hat dazu geführt, dass von der Vorbezugszeitregelung von inzwischen 48 Monaten, also vier Jahren, alle Leistungsberechtigten betroffen sind, und das unabhängig vom Grad der erreichten Integration.
Kinder treffen die Regelungen des Asylbewerberleistungsgesetzes besonders hart. Kindern unter sieben Jahren stehen gerade einmal 132,93 Euro pro Monat zur Verfügung. Spezielle altersspezifische Bedürfnisse können damit gar nicht berücksichtigt werden. Aber genau das war es, was die Verfassungsrichter bei Hartz IV beanstandet hatten.
In Sachsen gilt – zum Glück – die Schulpflicht für alle Kinder. Aber daran, dass Schulkinder vielleicht auch Schulmaterialien brauchen, dass sie an gemeinsamen Klassenaktivitäten teilnehmen wollen, wurde offenbar überhaupt nicht gedacht. Ich frage Sie ganz direkt: Entspricht es Ihrer Auffassung von Gerechtigkeit, dass Flüchtlingskinder nicht einmal Anspruch auf das sogenannte Bildungspaket haben, das die Bundesregierung jetzt beschlossen hat?
Wir sind der Auffassung, alle Kinder und deren Bildungs- und Zukunftschancen müssen uns gleich viel wert sein.
Des Weiteren steht Menschen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz nur eine eingeschränkte Gesundheitsversorgung zu. Das heißt, behandelt werden eben nur akute Krankheiten und Schmerzzustände sowie Schwangerschaft und Geburt. Im Gesetzestext heißt es dazu, dass nur Behandlungen erfolgen, die zur Sicherung der Gesundheit unerlässlich sind. Das heißt für die Betroffenen: keine Prävention, keine Vorsorgeuntersuchungen. Laut dem Sozialgesetzbuch V aber sollen medizinische Leistungen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein. Alles,
was darunter liegt, ist nicht akzeptabel. Alles, was darunter liegt, bedeutet Verweigerung notwendiger Leistungen. Viele Ärzte und Psychologen bemängeln die krasse medizinische Unterversorgung von Flüchtlingen und verweisen darauf, dass dies im Endeffekt nur noch höhere Kosten produziert.
Die Unterbringung in Sammelunterkünften, in Lagern – in Sachsen offiziell Gemeinschaftsunterkünfte genannt – wird ebenfalls im Asylbewerberleistungsgesetz geregelt. Hier zeigt sich wenigstens ein bisschen Bewegung auf der Seite der Koalitionsfraktionen. Sie haben einen entsprechenden Antrag vorgelegt, der die Anregungen des Sächsischen Ausländerbeauftragten, Herrn Martin Gillo, aufgreift und wenigstens für Familien mit Kindern eine dezentrale Unterbringung in eigenen Wohnungen statt im Heim vorsieht.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Bundesregierung hat nun angekündigt, die Leistungssätze zu überprüfen. Damit will sie sich aber offenkundig Zeit lassen. Die Fraktion DIE LINKE fordert daher, schnellstmöglich die Höhe der Leistungen anzupassen und zu erhöhen. Wenn der normale Hartz-IV-Satz offiziell die untere Grenze des Existenzminimums definiert, dann darf es kein Darunter mehr geben. In einem weiteren Schritt muss das Asylbewerberleistungsgesetz gänzlich aufgehoben werden. Dieses menschenrechtsverletzende Gesetz gehört abgeschafft. Die Betroffenen müssen endlich wie alle anderen hilfebedürftigen Menschen behandelt werden. Ihnen muss eine menschenwürdige und diskriminierungsfreie soziale und medizinische Versorgung zuteil werden und die Maßgabe der gesellschaftlichen Teilhabe muss endlich entsprechend berücksichtigt werden.
Das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums ist ein Menschenrecht, das universelle Geltung besitzt. Die diskriminierende Sondergesetzgebung gegen Flüchtlinge und Asylsuchende muss endlich beendet werden. Deshalb bitte ich Sie, stimmen Sie unserem Antrag zu.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sie haben also gehört, DIE LINKE begehrt mit ihrem Antrag die Aufhebung des Asylbewerberleistungsgesetzes. Dieses Gesetz trat nach dem sogenannten Asylkompromiss von CDU/CSU, FDP und SPD aus dem Jahre 1992 im November 1993 in Kraft. Es regelt die Leistungen für Ausländer, die sich im Bundesgebiet aufhalten und hilfebedürftig sind.
Bis zum Inkrafttreten dieses Gesetzes erhielten alle diese Personen Leistungen der Sozialhilfe bzw. der Grundsicherung für Arbeitsuchende entsprechend den Leistungen an hilfebedürftige deutsche Bürger. Ziel dieses Gesetzes war
es, den Zustrom von Flüchtlingen nach Deutschland spürbar zu begrenzen, denn die Zahl der hier Ankommenden war von 1989 an stark angestiegen und erreichte 1992 die stolze Zahl von 438 191 Ausländern, die nach Deutschland gekommen sind. Dieser Zustrom führte zu einer enormen Belastung der Sozialsysteme und das Auszahlen von Bargeld setzte einen nicht geringen Anreiz für ausländische Bürger, hier nach Deutschland zu kommen. In einigen Ländern – insbesondere in asiatischen – arbeiteten Reisebüros mit Garantieschleusungen nach Deutschland.
Man kann auch von gezieltem Menschenhandel sprechen. Die Auswirkungen haben auch wir in Sachsen an unseren Außengrenzen zu spüren bekommen. Ganz abgesehen davon, dass nicht wenige der armen Teufel bei Unfällen oder unsachgemäßem Transport ums Leben gekommen sind. Die Schleuserbanden ließen sich teilweise von den Sozialhilfeempfängern im Nachhinein bezahlen. Beträge von 10 000 DM und mehr waren im Gespräch. Schon im Jahr 1994 war dann in der Folge die Zahl der Asylbewerber auf 127 000 gesunken, später auf unter 30 000 pro Jahr und im Vorjahr lag diese Zahl bei etwa 50 000. Die Anerkennungsquote bei Asylbewerbern lag und liegt bei einer Größenordnung von 3 bis 5 %.
Dieses Gesetz regelt also seit 1993 den notwendigen Bedarf an Ernährung, Unterkunft, Kleidung usw. als Sachleistung. Darüber hinaus erhalten erwachsene Leistungsberechtigte 80 DM bzw. heute um 40 Euro Taschengeld, Kinder die Hälfte. Zusätzlich ist festgelegt, dass Personen, die begründet außerhalb von Aufnahmeeinrichtungen untergebracht werden, neben den Kosten für die Unterkunft, für Heizung und Hausrat entsprechende Geldleistungen erhalten. Der Haushaltsvorstand erhält also nach dem Gesetz 360 DM, heute um 184 Euro, Kinder ab sieben Jahre 110 Euro und ab acht Jahre 155 Euro. Außerdem kommen dazu die Leistungen bei Krankheit, Schwangerschaft und Geburt nach § 4 dieses Gesetzes. In § 4 – das möchte ich ganz besonders Frau Klinger vorlesen – besagt Abs. 3: „Die zuständige Behörde stellt die ärztliche und zahnärztliche Versorgung einschließlich der amtlich empfohlenen Schutzimpfungen und medizinisch gebotenen Vorsorgeuntersuchungen sicher.“
(Andreas Storr, NPD: Richtig, so sieht es aus! Die LINKE-Märchenstunde war das, was sie vorgetragen hat!)
Wenn ein Leistungsberechtigter, hier in der Regel ein abgelehnter und ausreisepflichtiger Asylbewerber, der in den Status der Duldung gekommen ist, weil er oder sie aus verschiedensten Gründen unser Land nicht oder noch nicht verlassen konnte, länger als 48 Monate diese Sachleistungen erhalten hat, erhält er Leistungen analog dem XII. Sozialgesetzbuch. Er erhält diese in Form von Bargeld, wenn er die Dauer des Aufenthalts nicht rechtsmissbräuchlich selbst beeinflusst hat.
Dazu möchte ich aus sächsischer Sicht bemerken, dass nach einer Erhebung seitens des Innenministeriums 78 % der Geduldeten keine Identitätspapiere haben und 46 % den gesetzlichen Mitwirkungspflichten nicht nachkommen. Sie wissen also partiell nicht, wie sie heißen, woher sie kommen und wie alt sie sind. – So viel zu den rechtmäßig hier Seienden.