denn da würden Sie nämlich eine ganz andere Position einnehmen, wenn es zu solchen Blockadeaktionen käme. Nur noch einmal so viel zu dem eigentlichen Problem.
Wir könnten jetzt in eine dritte Rednerrunde eintreten. Gibt es bei der einbringenden Fraktion der CDU noch Redebedarf? – Der miteinbringenden Fraktion der FDP? – Bei den anderen Fraktionen in diesem Hohen Haus? – Das sehe ich jetzt nicht. Dann hat die Staatsregierung das Wort. Ich bitte Sie, Herr Staatsminister Ulbig, dass Sie hier das Wort ergreifen.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Aus der Sicht der Staatsregierung möchte ich in dieser Aktuellen Debatte auch mit dem 13. Februar beginnen. Ich möchte mit dem Satz beginnen, dass ich sage: Ich bin stolz auf die Dresdner.
Am 13. Februar haben die Bürgerinnen und Bürger gezeigt, dass sie zusammen stark sind. Rund 17 000 Menschen haben mit dieser Menschenkette ein kraftvolles Zeichen gesetzt, ein Zeichen für ein friedliches und würdiges Gedenken und für Frieden, Demokratie und Menschenrechte – gemeinsam und aus der Mitte der Gesellschaft. Gleichzeitig war es ein klares Signal an diejenigen, die Geschichtsfälschung betreiben, an diejenigen, die versuchen, NS-Herrschaft und Zweiten Weltkrieg als Ursachen der Zerstörung Dresdens
Die Dresdner haben damit eindrucksvoll gezeigt: Das ist unsere Stadt! Sie sind weltoffen, tolerant und stark. Die Stadt hat keinen Platz für Rechtsextremisten und erst recht nicht am 13. Februar.
(Beifall bei der CDU und der FDP – Andreas Storr, NPD: Aber für Linksextremisten! Versammlungen müssen trotzdem genehmigt werden!)
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das ist Ausdruck bürgerschaftlichen Engagements und ich bin stolz, dass das in Sachsen möglich ist, und ich danke den Dresdnerinnen und Dresdnern.
Nun zum 19. Februar: Hier gehört es dazu, dass auch offen gesprochen wird. Zum 19. Februar fällt das Resümee anders aus. Dass wir Aufmärsche von Rechtsextremisten nicht wollen, weder in Dresden noch anderswo in unserem Land, dafür besteht ein breiter gesellschaftlicher Konsens.
Aber genauso wenig – und das sage ich deutlich – wollen wir die gewalttätigen Chaoten hier in dieser Stadt, die gewalttätigen Chaoten – Herr Prof. Besier, ich muss es deutlich sagen –, von links.
Was am 19. Februar in Teilen von Dresden außerhalb der friedlichen Mahnwachen und von friedlichen Protesten passiert ist, das hat eben nichts mehr mit Gedenken zu tun und auch nichts mit friedlichen Meinungsäußerungen und Demonstrationen. Die Dresdner Südvorstadt, Plauen und andere Stadtteile wurden Aufmarschplatz von Chaoten und Gewalttätern und, meine sehr verehrten Damen und Herren, die Polizei stand dort dazwischen. Unter dem Vorwand, gegen Nazis zu sein, wurde auch die Polizei massiv angegriffen, wurden Pflastersteine und Feuerwerkskörper geworfen und brennende Barrikaden in dieser Stadt errichtet. Eine Eisenstange traf einen Polizisten. Ich möchte klar und deutlich sagen, das ist abscheulich und das hat mit friedlichen Protesten nichts zu tun.
Ebenso – das muss auch klar und deutlich noch einmal von mir als Innenminister ausgesprochen werden – wurden Polizisten und zum Teil auch friedliche Menschen von Neonazis, von Ihren Leuten, angegriffen.
Der Gewaltexzess von rechten und linken Extremisten an diesem Tag ist völlig inakzeptabel. 112 verletzte Polizistinnen und Polizisten – das ist eine traurige Bilanz und ich möchte an dieser Stelle den Polizistinnen und Polizisten meinen Dank und meine Anerkennung aussprechen.
Sie können sich einmal meine komplette Aussage anhören – konnte trotz der schwierigen Lage die Trennung der beiden Lager weitestgehend erreicht werden.
Ich möchte eines klar und deutlich sagen: Niemand von den Menschen will Nazis hier in Sachsen haben. Ebenso will niemand eine Gewalteskalation in diesem Land. Aber es gibt auch kein Verständnis, wenn der Freistaat Sachsen oder die sächsische Demokratie verhöhnt wird.
An dieser Stelle möchte ich auch klar und deutlich denen entgegentreten, die zum Teil hier, aber auch in der Presse versucht haben, das polizeiliche Handeln als Problem darzustellen. Ich habe es im Innenausschuss gesagt und sage es auch hier vor dem Plenum: Selbstverständlich gehört zu einer Aufarbeitung auch, eventuell mögliches Fehlverhalten einzelner Polizisten zu prüfen. Aber wenn hier zu Teilen der Eindruck geschürt wird, dass die Polizei oder Verantwortliche der Polizei für das verantwortlich sind, was hier am 19. Februar in Dresden passiert ist, dann muss das deutlich zurückgewiesen werden, und das ist absurd, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Glaubt denn wirklich jemand im Ernst, dass es auch nur einem Polizisten Freude bereitet hat, rechtsextreme Veranstaltungen abzusichern? Ich habe mit vielen sächsischen Beamten
und auch Kollegen aus anderen Ländern gesprochen. Sie können mir glauben, niemand von ihnen war gern in dieser Situation, und dennoch haben sie diesen Auftrag erfüllt, den grundgesetzlichen Auftrag, das Demonstrationsrecht vor Eingriffen zu schützen. Damit ist klar und deutlich geworden: Die Polizei ist Garant für Rechtsstaatlichkeit und Freiheit.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Über das Thema Blockaden und deren Einordnung ist heute schon eine ganze Menge gesprochen worden. Ich möchte klar und deutlich sagen: Der Rechtsstaat gilt für alle, auch für Landtagsabgeordnete.
Der eine oder andere hat auch Kolleginnen und Kollegen in eine schwierige Situation gebracht. Niemand darf sich über geltendes Recht hinwegsetzen, weil er sich subjektiv im Besitz eines höheren Wertes oder einer höheren Wahrheit wähnt.
Aber, meine sehr verehrten Damen und Herren, was mir in dieser gesamten Debatte und in der öffentlichen Auseinandersetzung eindeutig zu kurz gekommen ist, das sind die Menschen in diesem Land. Ich habe in meiner Zeit als Minister noch niemals so viel Post bekommen wie zu diesem Thema und zu dem 19. Februar. Es gibt derzeit keine öffentliche Veranstaltung, bei der ich auftrete, auf der dieses Thema nicht angesprochen wird.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! In den letzten Jahren ist das bürgerschaftliche Engagement gegen Rechts enorm gewachsen. Wir dürfen nicht zulassen, dass dieses jetzt von denjenigen entwertet wird, die Polizisten angreifen. Gewalt ist keine Meinung und Demokraten werfen keine Pflastersteine.
Gewalttäter sind Krawalltouristen und sind nicht Teil der politischen Kultur. Im Gegenteil, sie beschädigen diese nachhaltig.
Deshalb, meine sehr verehrten Damen und Herren, möchte ich zum Schluss deutlich machen, dass wir durchaus auf das Unverständnis der Bürgerinnen und Bürger reagieren müssen. Denn eines ist deutlich: Es muss ein lebendiger Diskurs zu den entstandenen Fragen angestoßen werden. Die Bürger dürfen nicht das Gefühl haben, dass sie mit ihren Sorgen und zum Teil – das habe ich den Briefen so entnommen – mit ihrer Wut allein gelassen werden. Alle Demokraten sind hierbei in einer Verantwortung. Deshalb strebe ich die breite Diskussion in diesem Symposium an,
in dem Fragen gestellt werden müssen, wie: Wie kann bürgerlicher Protest aussehen? Welche Rolle kann die Zivilgesellschaft übernehmen? Wie können, wie müssen wir mit Extremisten, die unter dem Deckmantel der Demonstrationsfreiheit auftreten, umgehen, wie können wir dagegen vorgehen? Wie kann ein friedliches Gedenken aussehen?
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir brauchen eine demokratische Verständigung und eine politische Auseinandersetzung, wir brauchen eine klare Distanzierung von Gewalt und nicht nur ein Lippenbekenntnis. Die Tage rund um den 13. Februar und die Symbolik dieser Tage gehören zurück in die Mitte der Gesellschaft, meine Damen und Herren. Wer diesen Weg ehrlich und konsequent mitgehen will, der ist herzlich eingeladen.