Vor allem: Haben Sie auch zur Kenntnis genommen, dass die Rede von vorhin darauf ausgerichtet war zu unterscheiden zwischen dem einzelnen Polizisten und der Einsatzstrategie der Polizei? Was sagen Sie denn dazu?
Herr Kollege Dulig, ich habe sehr wohl Ihrer Rede zugehört und überlegt, ob ich Ihnen diesen Vorwurf in meiner Rede mache.
Ich sage Ihnen ganz deutlich: Sie haben mit keiner Silbe ausdrücklich betont, dass Sie diesen Vorwurf des Totalversagens zurücknehmen.
Sie haben sich natürlich bei den Polizisten allgemein entschuldigen wollen, aber das Totalversagen der Polizei steht im Raum, und das sollten Sie meiner Ansicht nach zurücknehmen, auch wenn Sie gestern eine Pressemitteilung herausgegeben haben mit einem Anhang, wie wir uns vermeintlich einigen könnten, indem Sie nur versuchen, der Stadt Dresden den Schwarzen Peter zuzuschieben.
Aber dieses Papier ist, jedenfalls in meinen Augen, nicht sehr hilfreich, um den Diskurs zum gemeinsamen Zusammenarbeiten der Demokraten zu schaffen. Da ist der Vorstoß der sozialdemokratischen Juristen aus Dresden schon vielversprechender.
Das Weitere ist, dass auf linken Internetseiten auch Folgendes gesagt wird – und wir haben es heute auch hier schon im Plenarsaal in ähnlicher Form hören können –: Der Erfolg des Tages war das Zusammenspiel zwischen friedlichen Blockaden und aktivem Handeln. Rechtsextremisten konnten nicht marschieren, weil die Polizei mit anderen Dingen beschäftigt war.
Wer diesen Zusammenhang herstellt und sagt, das war der Erfolg des Tages – das habe ich heute schon vom Redner der LINKEN so in abgeänderter Form gehört –,
der beteiligt sich an der Legendenbildung um den 19. Februar in dieser Stadt. In dieser Stadt hat ein Gewaltexzess stattgefunden, und ich bitte Sie, das zur Kenntnis zu nehmen. Wir sollten nicht die Blockaden und die Barrikaden zusammen als Erfolg verkaufen. Das war es ganz sicher nicht.
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Kollege Lichdi fragte vorhin, wieso man über diesen Debattentitel, „Null-Toleranz gegenüber rechten und linken Gewalttätern“ hier überhaupt reden müsse. Da sind wir uns nicht einig. Kollege Gebhardt hat es ganz ähnlich ausgedrückt und die Frage aufgestellt, ob es denn gute und weniger gute oder schlechte Demokraten gibt.
Ich bin auch nach dieser Debatte davon überzeugt, dass es genau richtig ist, darüber zu diskutieren – und genau heute hier darüber zu diskutieren. Wenn ich mir die Signale, die Sie – SPD, LINKE, GRÜNE – hier aussenden und in den letzten Wochen ausgesendet haben, genau betrachte, dann muss ich mich doch fragen, ob wir uns in der Ablehnung von Gewalt einig sind.
Ich empfehle Ihnen, noch einmal die Mitschnitte anzuschauen, die im Fernsehen von Ihrem Protestzug am 19. Februar hier in Dresden, von Ihren Blockaden zu sehen gewesen sind. Da hat man namhafte Politiker aus Ihren Reihen gesehen – so weit, so gut. Ich habe aber noch andere Dinge gesehen: Direkt hinter Ihnen wehte eine MLPD-Fahne – Marxistisch-Leninistische Partei Deutschlands –; wo diese Partei einzuordnen ist, wissen wir.
Dann sah ich Che-Guevara-Motive – ein Anarchist, ein Linksradikaler, der zu Gewalt als Mittel der politischen Auseinandersetzung sogar aufgerufen hat.
Und, Kollegin Friedel, ich sah hinter Ihnen die Fahne der Sowjetunion, ich sah das sowjetische Banner –
das Banner von millionenfachem Leid, das Banner einer kommunistischen Gewaltherrschaft – in Ihren Reihen.
Ich frage Sie: Merken Sie das überhaupt? Merken Sie, dass Sie mit Ihren Aktionen einen Schutzschirm für Linksradikale, für Linksextreme aufgespannt haben, dass die sich in Ihren Reihen verstecken, um am Ende gegen die Polizei vorzugehen?
Mir scheint – damit meine ich alle drei linken Fraktionen –, dass Sie auf dem linksradikalen Auge blind sind.
Mir scheint, dass Sie Gewalt, wenn sie von links kommt, tolerieren. Und das ist genau der Unterschied! Wir als bürgerliche Fraktionen, CDU und FDP, sehen mit beiden Augen. Wir lehnen Gewalt ab – egal, ob sie von rechts oder von links kommt. Das macht den Unterschied aus!
Erst wenn Sie, Kollege Gebhardt, Kollege Dulig und alle anderen, das klären: Ihr Verhältnis zur Demokratie, Ihr Verhältnis zu unserem Rechtsstaat und Ihr Verhältnis zu Gewalt als Mittel der politischen Auseinandersetzung, können wir gemeinsam darüber reden, wie wir gemeinsam die nächsten Aktionen im Februar gestalten. Aber ohne diese Klärung wird das nicht gelingen.
(Beifall bei der FDP, der CDU und der Staatsregierung – Klaus Tischendorf, DIE LINKE: Wo müssen wir dann hingehen?)
Für die FDP-Fraktion sprach Kollege Zastrow. – Jetzt sehe ich am Mikrofon 2 eine Kurzintervention von Kollegen Lichdi.
Vielen Dank, Herr Präsident! Nun ist doch das eingetreten, was ich befürchtet hatte, als die Koalition die Debatte angesetzt hatte. Während ich ausdrücklich sagen muss, dass die Redner der CDU sich doch bemüht haben und im Rahmen geblieben sind, hat Herr Zastrow gerade wirklich wieder die Contenance verloren.
Ich sage Ihnen, Herr Zastrow, hier im Sächsischen Landtag ganz eindeutig: Wir lassen uns von Ihnen nicht belehren, wie unsere demokratische Gesinnung ist, welches unsere demokratischen Mittel sind und wie wir vorgehen.
Und wir lassen uns das von einem Politiker wie Ihnen, der uns über das Naziblatt „Junge Freiheit“ belehren will, schon gleich gar nicht gefallen.
Ich bitte noch einmal darum – deshalb wiederhole ich das auch gern –, dass Sie Ihr Verhältnis zum Rechtsstaat, Ihr Verhältnis zur Meinungsfreiheit klären, Herr Kollege Lichdi. Offensichtlich haben Sie damit ein Problem.
Und ich muss Ihnen ganz ehrlich sagen: Selbstverständlich gebe ich Interviews, selbstverständlich gebe ich auch einem konservativen Blatt wie der „Jungen Freiheit“ Interviews. Das habe ich nicht zum ersten Mal gemacht und das werde ich auch wieder tun. Und im Übrigen tun
Ich wollte in aller Ruhe, ohne Emotionalisierung, noch einmal vollkommen klarstellen, dass sich die Fraktion DIE LINKE von jeglicher Gewalt distanziert, und Kollege Gebhardt hat dies in aller Deutlichkeit auch gesagt. Insofern meine ich, Herr Kollege Zastrow, brauchen wir hier keine Belehrung.
Es ist natürlich so, dass sich Gewalttäter überall da anhängen, wo sie die Möglichkeit sehen, dass dies ihre Gewaltanwendung in irgendeiner Weise begründet. Aber dies kann man doch nicht der Fraktion DIE LINKE oder der Partei anlasten; das ist doch Unsinn.
Ich habe schon vorhin versucht, es Ihnen zu sagen: Gewalt ist ein anthropologisches Merkmal von Menschen, und es gibt Menschen, die Gewalt ausüben.