Für die Fraktion DIE LINKE sprach Herr Kollege Stange. – Für die CDUFraktion spricht jetzt Herr Kollege Heidan.
(Klaus Tischendorf, DIE LINKE: Der muss es jetzt auszubügeln versuchen! – Dr. André Hahn, DIE LINKE: Gibt es überhaupt Industrie im Vogtland?)
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Stange, ich habe Ihren Ausführungen sehr wohl zugehört und mich auch gefragt, wo Ihre Konzepte sind. Es wäre ja mal sehr schön gewesen, wenn man sie nicht nur angekündigt, sondern auch einmal im Rahmen Ihres Redebeitrages vorgestellt hätte.
(Holger Zastrow, FDP: Lieber nicht! – Dr. André Hahn, DIE LINKE: Wir diskutieren die Regierungserklärung!)
Es kann auch nicht sein, dass Sie hier unser Ansinnen kritisieren – denn das muss unser gemeinsames Ansinnen in diesem Hohen Hause sein –, auf eigenen Beinen zu stehen. Das gibt ja auch die Überschrift wieder. Ich weiß nicht, wo Ihr Konzept der LINKEN ist; aber das sollte doch – bei allen Schwierigkeiten – unser Ziel sein. Sie
haben das zwar wieder einmal mit Sachen vermischt, die hier gar nicht zur Debatte stehen – ob Sachsen 2020 Geberland oder Nehmerland ist –; aber unser Ziel muss es doch sein, auf eigenen Beinen stehen zu können. Das kann doch nicht so verkehrt sein, meine Damen und Herren!
dass er in Wirtschaftskreisen oder bei Ansiedlungen nicht bekannt ist. Herr Stange, ich kann Ihnen sagen: Die Zeiten der Zentralen Plankommission sind endgültig vorbei, schon seit über 20 Jahren. Wenn sich hier in Sachsen Unternehmen ansiedeln und vielleicht den Herrn Morlok nicht persönlich kennen, dann ist es ein gutes Zeichen für Sachsen, dass wir hier – –
lassen Sie mich doch erst einmal ausreden –, dann ist es ein gutes Zeichen für Sachsen, dass wir hier sehr wirtschaftsfreundlich aufgestellt sind und die besten Bedingungen für die Ansiedlung der Wirtschaft haben, meine Damen und Herren von den LINKEN. Das muss doch unser Ziel sein und nicht Ihre Argumente, die Sie an Persönlichkeiten festmachen wollen.
Nun zum eigentlichen Thema: „Starke Wirtschaft – starkes Sachsen: Mit Tradition und Innovation Sachsen auf eigene Beine stellen“. Ich betone es noch einmal,
Wir können in Sachsen auf die wirtschaftliche Entwicklung der letzten Jahre seit der friedlichen Revolution durchaus mit Stolz zurückblicken, und zwar auf die vielen Kleinunternehmer, Handwerksmeister, Händler, Mittelständler und Firmeninhaber sowie Geschäftsführer großer Unternehmungen, weil – und das spreche ich besonders für die Großen aus, die aus dem alten Bundesgebiet hierher gekommen sind und darüber hinaus auch aus der restlichen Welt – sie das Wagnis eingegangen sind, hier in Sachsen zu investieren, hier mit vorhandenen Fachkräften neue Waren zu produzieren, die wettbewerbsfähig sind.
Und, meine sehr verehrten Damen und Herren, wie viele haben Anfang der Neunzigerjahre den Schritt in die Selbstständigkeit gewagt! Ich glaube sagen zu dürfen, diese Stimmung brauchen wir wieder. Wir brauchen auch im Jahr 2011 und darüber hinaus mehr Unternehmer.
Stolz sollten wir aber auch auf die Arbeitnehmer in unseren Unternehmen sein, die dieses Wagnis, welches die Unternehmer eingegangen sind, positiv begleitet und auch in schwieriger wirtschaftlicher Situation mitgetragen haben und zu ihren Unternehmen standen. Das heißt auch, eine angemessene Lohnhöhe zu fordern oder auf Sonderzahlungen zu verzichten, um den Arbeitsplatz zu sichern. Ich sage das ganz deutlich. Das ist in vielen Unternehmen nur mit den Arbeitnehmervertretungen gelungen, und zwar sehr erfolgreich. Dieses Miteinander von Arbeitnehmern und Arbeitgebern in der Entwicklung unserer Wirtschaft ist es, was uns in Sachsen auszeichnet und uns auch über die aktuelle Finanz- und Wirtschaftskrise geholfen hat. Die aktuellen Zahlen sowie die Prognosen für das angebrochene Jahr stimmen uns sehr positiv.
Wir sollten dabei jedoch nicht verkennen, dass wir nach wie vor noch nicht von einem selbsttragenden Aufschwung reden können und auch die sächsische Wirtschaft noch nicht die Robustheit und Nachhaltigkeit erreicht hat, um sich allein am Markt zu behaupten. Zu gering sind noch die Unternehmensgrößen, um die Marktdurchdringung in vielen Branchen und auch die Exporttätigkeit zu erreichen, die zufrieden macht. Sachsen muss sich also nach wie vor anstrengen, um im nationalen und internationalen Wettbewerb um Standortvorteile und Wirtschaftskraft bestehen zu können. Sachsens Wirtschaft bedarf nach wie vor unserer Unterstützung in vielfältigen Bereichen. Wir müssen diese Unterstützung in den kommenden Jahren auch im Blickwinkel zurückgehender Mittel des Bundes und der europäischen Union leisten und ausgestalten, meine Damen und Herren.
Lassen Sie mich dazu einige grundsätzliche Dinge vortragen. Sachsens Firmen sind trotz ihrer noch geringen Unternehmensgröße innovativ und versuchen sich durch neue Produkte und Technologien am Markt zu behaupten. Hier bedarf es auch in den kommenden Jahren noch unserer Unterstützung, um diesen Prozess zu beschleunigen und noch mehr Unternehmen zu animieren, sich mit Forschung und Entwicklung zu beschäftigen. Die Ergebnisse unserer Forschungseinrichtungen in die Produktion zu überführen und sich damit Marktvorteile zu erarbeiten muss unser Ziel sein. Wir verfügen über eine recht gute Ausgangsbasis. Wir haben im Freistaat in den letzten Jahren eine leistungsfähige universitäre und außeruniversitäre Forschungslandschaft aufgebaut, die als Basis einer zukünftig erfolgreichen Entwicklung Sachsens sicher trägt.
Sachsen verfügt bundesweit über eine sehr hohe Dichte an exzellenten Forschungseinrichtungen in der Grundlagen- wie auch in der angewandten Forschung. Gerade weil die Grenzen zwischen Grundlagen- und anwendungsorientierter Forschung immer fließender werden, ist der Erhalt und Ausbau einer breiten Forschungslandschaft wichtig für einen erfolgreichen Erkenntnistransfer von der Forschung in die Wirtschaft. Durch die Einführung des Innovations
gutscheins als Förderinstrument besonders für kleine Unternehmen konnten wir erreichen, dass sich mehr Firmen mit Forschungs- und Technologietransfer beschäftigen und so neue Möglichkeiten für sich und die eigenen Produkte erschließen. Ich hoffe, dass dieses Angebot noch stärker als bisher ergriffen und genutzt wird.
Auch im Bereich der klassischen Technologietransferförderung müssen wir unsere Unterstützung beibehalten und Möglichkeiten finden, noch mehr Unternehmen für Projekte zu begeistern. Oftmals sind in den Unternehmen die Tagesgeschäfte sehr eng, um sich für strategische Technologieprojekte Zeit zu nehmen. Wir müssen nach besseren Möglichkeiten bei Technologiegebern und Technologiemittlern suchen, um Anreize für zusätzliche Projekte zu schaffen. Eine hochwertige Forschungslandschaft sowie innovative Unternehmen haben wir in Sachsen. Gelingt es uns, diese besser zu vernetzen, schaffen wir zusätzliche Marktpotenziale und Arbeitsplätze.
Auch für die Fortführung der einzelbetrieblichen Investitionsförderung möchte ich an dieser Stelle eine Lanze brechen. Diese gezielte Unterstützung war in der Vergangenheit die Grundlage für die Ansiedlung vieler Unternehmen in Sachsen, und das nicht nur, meine sehr verehrten Damen und Herren, in den großen Zentren, sondern auch im ländlichen Raum. Diese Förderung hat uns unter vereinfachten Fördervoraussetzungen in den letzten beiden Jahren viele Möglichkeiten zur Ansiedlung von Unternehmen eröffnet.
In den kommenden Jahren müssen wir uns darum bemühen, unsere Wirtschaftsförderung neu auszurichten und zukunftsfähig zu gestalten. Bund und EU werden uns bereits ab 2013 deutlich weniger Mittel bereitstellen, um unsere Wirtschaft zu unterstützen. Wir müssen daher auf mehr Wachstum und zusätzliche Beschäftigung setzen und unsere Mittel sorgsam dafür einsetzen. Mit der verstärkten Umstellung auf revolvierende Fonds werden wir den Unternehmen auch nach dieser Förderperiode ab 2014/2015 sinnvolle Förderungen bereitstellen können. Zinsgünstige Darlehen sichern gleichermaßen Subventionswerte, die das Unternehmen benötigt, um anstehende Investitionen erfolgreich durchzusetzen.
Gleichwohl werden wir auch weiterhin auf reine Zuschüsse setzen müssen, um Ansiedlungen und Investitionen von strategisch wirtschaftlicher Bedeutung auch nach Sachsen zu holen. Ein ausgewogener Mix muss für die kommenden Jahre das Maß der Dinge im Bereich der einzelbetrieblichen Wirtschaft sein.
Wir müssen unsere Unternehmen auch weiterhin in ihren internationalen Bestrebungen begleiten und Maßnahmen der Außenwirtschaftsförderung sichern. Sächsische Produkte und Dienstleistungen sind mittlerweile mehr und mehr auf den Weltmärkten bekannt und gefragt. Aber viele sächsische Unternehmen nutzen diese Nachfrage noch zu wenig, konzentrieren sich nur auf die regionalen Märkte und unterschätzen diese Entwicklungsmöglichkeiten. Hier bestehen aus unserer Sicht noch erhebliche
Potenziale, das Exportvolumen der sächsischen Wirtschaft zu erhöhen und neue Absatzmöglichkeiten zu erschließen. Wir müssen dabei insbesondere die Wachstumsmärkte in Fernost, Osteuropa und den arabischen Ländern in den Fokus unserer Betrachtungen nehmen. Auch hier können kleine und mittlere Unternehmen gut und langfristig Fuß fassen. Ich darf Sie nur an die Wirtschaftsreise unseres Ministerpräsidenten nach Abu Dhabi und Katar erinnern, bei der ganz besonders auch nicht nur die großen mit dabei waren, sondern auch kleine mittelständische Firmen, die dort durchaus sehr erfolgreich ihre Auftragsbücher wieder ergänzt haben, meine Damen und Herren.
Ein weiteres Problem möchte ich an dieser Stelle nicht unerwähnt lassen. Wir haben in diesem Haus in den letzten Jahren sehr häufig über die Frage der Fachkräfte und des Bedarfs der sächsischen Wirtschaft diskutiert. Ich glaube, dieses Thema ist aktueller denn je. Mit der demografischen Entwicklung laufen wir dem sich positiv entwickelnden Bedarf an unseren Unternehmen ein ganzes Stück hinterher.
Gleichzeitig beklagen sich unsere Unternehmen über die mangelnde Ausbildungsfähigkeit der Schulabgänger. Die Situation ist sehr vielschichtig und ein Patentrezept werden wir für diese Entwicklung nicht haben. Aber wir müssen uns bemühen, mit der neuen Situation sinnvoll und ohne Schuldzuweisungen umzugehen, denn wir wissen, dass die Schulabbrecherquote gesunken ist. Aber es muss auch ein Umdenken innerhalb der Unternehmen erfolgen, die sich durchaus nicht nur die Abiturienten für ihre Berufsausbildung aussuchen dürfen, sondern auch ganz konkret den gut ausgebildeten Mittelschülern eine Möglichkeit geben müssen, Chancen im beruflichen Leben zu finden.
Gestatten Sie mir dazu folgende Thesen: Unternehmen und Schule müssen in der Frage der Ausbildungsfähigkeit intensiver zusammenarbeiten und den Bedarf und die Voraussetzungen für eine gute und zukunftsfähige Berufsausbildung definieren. Es ist hier auch an den Unternehmer die Ansage gerichtet, sich frühzeitig in den Prozess einzubringen und Erwartungen neu zu definieren.
Während es in den letzten Jahren jedem Unternehmen möglich war, die besten Schulabgänger zu wählen und auszubilden, muss es heute auch darum gehen, nicht nur die Bewerber zu nehmen, die an der Leistungsspitze liegen, sondern auch die persönlichen Fähigkeiten und individuellen Konsequenzen des Bewerbers zu berücksichtigen. Hin und wieder ist dazu sicherlich auch ein Vertrauensvorschuss notwendig, meine Damen und Herren.
Wir müssen auch unsere Berufs- und Studienorientierung mehr am tatsächlichen Bedarf unserer Wirtschaft ausrichten. Schüler müssen erkennen, welche Ausbildung tat
sächlich Perspektiven am sächsischen Arbeitsmarkt bietet. Ich kann mich noch recht gut an eine Diskussion vor reichlich vier Jahren erinnern, als es darum ging, wie viel Kosmetikerinnen wir denn hier noch in Sachsen brauchen. Wir haben damals über den Bedarf hinaus ausgebildet. Das war nicht richtig. Ich denke, es ist wichtig, auch dies zu kommunizieren.
Wir sollten uns auch bei der Förderung zurücknehmen und stattdessen darauf drängen, dass die Wirtschaft diese Ausbildungsplätze bereitstellt und ihren Bedarf definiert.
Duale Ausbildung, meine Damen und Herren, muss den absoluten Vorrang vor vollzeitschulischer Ausbildung haben.
Wir müssen auch eine Lanze für die Verbundausbildung brechen, besonders im Handwerk. Notwendige Praxiskompetenz, die in einem Unternehmen nicht allein angeboten werden kann, muss im Verbund vermittelt werden, um eine qualitative und umfassende Ausbildung sicherzustellen. Sie kennen die drei Säulen der Berufsausbildung: auf der einen Seite die betriebliche Ausbildung, die Ausbildung in der Berufsschule und auf der anderen Seite die überbetriebliche Ausbildung. Genau um diese Verbundausbildung müssen wir uns bemühen und diese noch vervollständigen und verbessern.
Unsere Bestrebungen bei der Sicherung des Fachkräfteangebotes für sächsische Unternehmen müssen sich in erster Linie darauf konzentrieren, unsere jungen Sachsen zu qualifizieren und in den ersten Arbeitsmarkt zu integrieren. Wir müssen aber auch diejenigen mitnehmen, die derzeit noch keine Perspektiven für eine Beschäftigung in Sachsen sehen.
Auch Langzeitarbeitslose gehören nicht zwangsläufig in einen zweiten staatlich geförderten Arbeitsmarkt. Wir müssen uns gemeinsam um jeden bemühen, um die vorhandenen und sich entwickelnden Arbeitsplätze in erster Linie durch Sachsen zu besetzen. Hier sollten Unternehmen auch auf die Kompetenzen und Lebenserfahrungen älterer Arbeitnehmer zurückgreifen, auch wenn das gültige Arbeitsrecht hier zusätzliche Barrieren aufbaut.
Beim Stichwort „Rahmenbedingungen“ will ich noch auf einige aus meiner Sicht wichtige Standortfaktoren eingehen, die wir auch in den kommenden Jahren nicht außer Acht lassen dürfen.
Wir haben in den letzten Jahren immer eine positive Bilanz bei der Weiterentwicklung unserer Infrastruktur ziehen können. Das Netz an leistungsfähigen Bundesautobahnen, Bundesstraßen, Staats- und Kommunalstraßen hat sich kontinuierlich entwickelt. Hier dürfen wir auch in den kommenden Jahren nicht nachlassen, diese Entwicklung fortzuschreiben. Für weitere Investitionen in Bundes- und Staatsstraßen bedarf es auch zukünftig hoher Vorleistungen in Planungsverfahren, um zusätzliche Mittel kurzfristig in Maßnahmen umsetzen zu können.
Im Bereich des Staatsstraßenbaues sollte eine Prioritätensetzung erarbeitet werden, um Entscheidungen nach nahverkehrlichen Notwendigkeiten treffen zu können, meine Damen und Herren.
Neben der eigentlichen Baufinanzierung muss zudem die Schaffung von Strukturen zur langfristigen Sicherung des Straßenunterhaltes stärker als bisher in das verkehrspolitische Blickfeld treten. Die Entwicklung der letzten Monate hat uns das sehr deutlich gezeigt und wir werden noch reichlich Gelegenheit haben, uns hier im Rahmen der noch zu führenden Debatten auszutauschen.