Wiederum hat der Landtag die Möglichkeit, gemäß § 53 Abs. 3 Geschäftsordnung die Dringlichkeit festzustellen. Dann müsste auch der Antrag noch in dieser Sitzung abschließend behandelt werden. Voraussetzung für eine Dringlichkeit ist wiederum, dass im üblichen Verfahren eine rechtzeitige Entscheidung im Landtag über den Antrag nicht mehr erreichbar ist.
Ich bitte erst einmal um die Begründung der Dringlichkeit und gebe Herrn Kollegen Lichdi für die Fraktion GRÜNE das Wort.
Vielen Dank, Herr Präsident. Meine Damen und Herren! Wir möchten, dass sich heute der Landtag mit dem beabsichtigten Transport der 1951 abgebrannten Brennstäbe aus dem ehemaligen Atomforschungszentrum Rossendorf bei Dresden nach Majak am Ural befasst. Die einen oder anderen werden sich vielleicht erinnern oder wissen es, dass im Jahr 1957 in Majak nach Tschernobyl der schlimmste Atomunfall auf der Erde stattgefunden hat. Die Gegend ist noch verstrahlt. Dort sind immer noch Atomfabriken in Betrieb und genau in diese Atomfabriken soll jetzt der sächsische Atommüll geliefert werden.
Zur Dringlichkeit: Die Genehmigung des Bundesamtes für Strahlenschutz wurde am 23. September erteilt, mithin nach dem Datum, zu dem wir hier Anträge für das Plenum einreichen konnten.
Warum müssen wir das in dieser Sitzung behandeln? Ich fahnde ja schon seit Wochen oder Monaten bei der Staatsregierung nach genauen Daten. Die Staatsregierung verweigert mir dazu die Auskunft und hat es sogar für richtig befunden, mir den Endverbleib auf Majak unter dem angeblichen Gesichtspunkt der Geheimhaltung zu verweigern. Das Bundesamt für Strahlenschutz hat es dann offiziell mitgeteilt. Das ist auch ein seltsamer Umgang hier mit dem Parlament.
Die Staatsregierung hat mir keine genauen Transporttermine genannt. Sie hat aber angedeutet, dass der Transport noch in diesem Jahr stattfinden soll, um damit besonders günstige Konditionen, die Russland offensichtlich bietet, zu nutzen. Wir wissen, dass Herr Flath, Vorsitzender der CDU-Fraktion, sich auch schon darüber beschwert hat. Ich denke, nicht ganz zu Unrecht.
Wir haben erfahren, dass heute die Vorbesprechung der Innenminister der Länder für diesen Transport stattfindet.
Das heißt, aus unserer Sicht steht der Transport unmittelbar bevor, sodass wir nicht am 03.11.2010, an dem wir, glaube ich, die nächste Landtagssitzung haben, darüber entscheiden können.
Wenn heute Vertreter der Staatsregierung erklären, dass der Transport erst nach dem 01.11.2010 stattfinden soll, wären wir bereit, unseren Dringlichen Antrag zurückzuziehen und das in der üblichen Sitzung am 03.11.2010 zu behandeln. Wenn das nicht der Fall ist, dann müssen wir heute darüber sprechen. Es kann nicht sein, dass wir dermaßen gravierenden, und für die Gesundheit der Menschen gefährlichen Dreck, für den wir auch mit verantwortlich sind, dort am Ural einfach vor die Tür kippen.
Das war die Begründung der Dringlichkeit durch die Fraktion GRÜNE, den Abg. Lichdi. Es haben jetzt wiederum alle Fraktionen die Möglichkeit, sich zu positionieren. Ich sehe für die CDUFraktion am Mikrofon 5 Herrn Kollegen Piwarz. Jeder Redebeitrag kann maximal drei Minuten dauern.
Vielen Dank, Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Auch dieser Antrag ist nicht dringlich. Das wird Sie sicherlich nicht überraschen. Er war wohl von vornherein nicht als Dringlicher Antrag angelegt.
Herr Lichdi hat selbst ausgeführt, dass er bereits im August umfangreich Kleine Anfragen zur Thematik gestellt hat. Er hat mithin selbst zugegeben, dass ihn die Thematik schon seitdem beschäftigt hat. Es wäre genügend Zeit gewesen, dies auch ordnungsgemäß hier im Sächsischen Landtag im normalen Geschäftsgang einzureichen.
Darüber hinaus hat der Haushalts- und Finanzausschuss in seiner Sitzung am 15.08.2010 außerplanmäßige Ausgaben unter dem Titel „Zuschüsse zur Kernmaterialrückführung nach Russland“ bewilligt. Auch da ist das Thema bereits Gegenstand der Beratungen hier im Haus gewesen. Die Fraktion GRÜNE hätte längst einen Antrag dazu fertigen können.
Schließlich will ich auf die mediale Berichterstattung eingehen, die es in der Vergangenheit gegeben hat, beispielsweise in der „Sächsischen Zeitung“ am 18.09.2010. Am 20.09.2010 lief die Frist zur Einreichung für Anträge im normalen Verfahren im Sächsischen Landtag aus. Auch da hätte es genügend Möglichkeiten für die Fraktion GRÜNE gegeben, einen Antrag im ordnungsgemäßen Verfahren einzureichen. Das hat nicht stattgefunden. Deshalb ist dieser Antrag auch nicht dringlich. Wir werden die Dringlichkeit daher ablehnen.
Das war Kollege Piwarz für die CDU-Fraktion. Am Mikrofon 1 sehe ich Kollegen Tischendorf für die Fraktion DIE LINKE.
Sehr geehrter Herr Präsident! Im Gegensatz zu meinem Vorredner will ich nicht mit Spekulationen, sondern mit Fakten argumentieren.
Die Dringlichkeit ergibt sich ganz eindeutig daraus, dass am 23.09.2010 die zuständige Behörde die Zustimmung erteilt hat. Ich habe eine Pressemitteilung vorliegen. Wenn sie Kollegen Piwarz nicht vorliegt, kann ich die Mitteilung gern vorlesen: „Transport von verstrahlten Forschungsreaktor-Brennelementen nach Russland genehmigt“, so die zuständige Bundesbehörde. Das ist der Fakt. Der 23.09.2010 liegt nun einmal nach dem 22.09.2010, an dem unser Präsidium getagt hat. Also bleibt nur dieser Weg der Dringlichkeit. Wir wissen ja bis heute noch nicht, wann wirklich der Transport stattfindet. Insofern ist der Antrag eindeutig dringlich. Das sind die Fakten und keine Spekulationen.
Das war der Abg. Tischendorf für die Fraktion DIE LINKE. – Gibt es weitere Wortmeldungen? – Das kann ich nicht erkennen.
Ich darf Sie nun um Abstimmung bitten, ob Sie die Dringlichkeit bejahen. Wer dafür ist, den bitte ich um das Handzeichen. – Vielen Dank. Gegenstimmen? – Vielen Dank. Stimmenthaltungen? – Vielen Dank. Damit ist die Dringlichkeit abgelehnt.
Meine Damen und Herren! Ich sehe jetzt keine weiteren Änderungsvorschläge oder Widerspruch gegen die Tagesordnung. Die Tagesordnung der 22. Sitzung ist damit bestätigt.
Wie im Präsidium vereinbart, erinnere ich nur noch einmal an unsere Mittagspause. Wir hatten uns ja so verständigt, dass wir diese nach dem Tagesordnungspunkt 3 einordnen.
2. Aktuelle Debatte: Sarrazin hat recht: Durch Geburtenschwund und Zuwanderung wird Deutschland abgeschafft!
Meine Damen und Herren! Die Verteilung der Gesamtredezeit der Fraktionen hat das Präsidium wie folgt vorgenommen: CDU 33, DIE LINKE 20, SPD 12, FDP 14, GRÜNE 10, NPD 15; Staatsregierung 10 Minuten, wenn
gewünscht. Sie wissen ebenfalls, dass die Redezeit eines einzelnen Redners gemäß § 55 Abs. 5 der Geschäftsordnung maximal fünf Minuten je Beitrag beträgt.
Als Antragsteller haben zunächst die einbringenden Fraktionen CDU und FDP das Wort. Die weitere Rednerfolge in der ersten Runde: DIE LINKE, SPD, GRÜNE, NDP und die Staatsregierung, wenn gewünscht.
Meine Damen und Herren! Wir beginnen jetzt. Als einbringende Fraktion hat zunächst die CDU das Wort. Bitte, Herr Kollege von Breitenbuch.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Bundesregierung feilt zurzeit am Energiekonzept – das steht täglich in der Zeitung –, und die parlamentarischen Beratungen werden sich in Berlin anschließen. Auch wir in Sachsen müssen uns rechtzeitig – und daran natürlich angepasst – eine Meinung über die künftige Energiepolitik, gerade was unsere Interessen hier angeht, bilden.
Uns liegen ein Energieprogramm aus dem Jahr 2004 und ein Aktionsplan Klima und Energie aus dem Jahr 2008 vor. Da müssen wir sehen, was aktualisiert werden muss und wie es weitergeht. Das wollen wir tun. Insofern wollen wir ein neues Energieprogramm für Sachsen auf den Weg bringen.
Die Diskussion im Bund war kürzlich – es ging um die CDU – konservative Politik. Machen wir das noch? Ich denke, dass wir hier ein gutes Beispiel für konservative Politik abliefern können, das Ganze, auch die Schöpfung, im Blick habend, langfristig ausgerichtet, bewährte Dinge beibehaltend und gleichzeitig neuen Dingen gegenüber aufgeschlossen sein, insgesamt verlässlich im Wandel – so möchte ich es bezeichnen – gegenüber den Bürgern und nicht gegenüber ideologischer Einseitigkeit, Herr Lichdi. Das ist meiner Meinung nach ein gutes Beispiel dafür, wie wir hier arbeiten können, und das wollen wir auch gern präsentieren.
Die GRÜNEN feiern sich ja gerade in den Themen, die sie jahrelang propagiert haben. Sie unterstützen plötzlich Bürgerinitiativen gegen erneuerbare Energieprojekte, und Stuttgart 21 findet flächendeckend statt, einerseits die Bahn zu wollen, andererseits voll dagegen zu sein. Das funktioniert auf Dauer nicht.
Die Zeit der Heiligenscheinträger ist vorbei. Wir müssen anspruchsvolle Politik konzeptionell gestalten und langfristig für die Bürger tragbare Energiekonzepte entwickeln.
Folgende Grundsätze liegen vor uns: Bewahrung und Gewährleistung einer hohen Versorgungssicherheit beim Thema Energie, bezahlbare und wettbewerbsfähige Energiepreise für Bürger und Wirtschaft und bestmögliche Klima- und Umweltschutzbedingungen, Stichwort Energieeffizienz. Sicher, bezahlbar, sauber – das ist unser Ziel. Wir können uns das bisher nur als Energiemix mit Kohle und mit Atom vorstellen, das will ich hier ganz ausdrücklich sagen.