Protocol of the Session on September 2, 2010

Wir müssen darüber diskutieren, ob wir den Rahmen akzeptieren, den uns die Staatsregierung vorgelegt hat. Darüber können wir gern streiten. Uns geht es darum, einen soliden Haushalt ohne Neuverschuldung hinzubekommen, der trotzdem sozial gerecht und zukunftsgerecht ist. Das können wir schaffen!

(Beifall bei der SPD und der Linksfraktion)

Sie müssen mir aber trotzdem erklären, warum Sie so vehement an der Pro-Kopf-Verschuldung festhalten. Was ist denn der Wert dieser Pro-Kopf-Verschuldung? Das ist genau so, als würden wir jetzt sagen: Sachsen hat das schönste braune Pferd! – Ja, toll, und was können wir uns dafür kaufen?

(Heiterkeit und Beifall bei der SPD und der Linksfraktion – Dr. Monika Runge, Linksfraktion: Ja!)

Was hat das für einen Wert? Was damit passiert, ist etwas anderes: Sie werfen Liquidität weg. Wenn Sie in einer Zeit, in der Geld preiswert ist, in die Tilgung gehen, verkürzen Sie Ihre eigenen Möglichkeiten, die Sie brauchen für Investitionen, zur Anwerbung von Drittmitteln usw. In einer Zeit, in der Zinsen niedrig sind, ist es volkswirtschaftlich absoluter Quatsch, in die Tilgung zu

gehen. Deshalb können wir gern darüber streiten, um zu erfahren, was Sie damit verbinden, an dieser Pro-KopfVerschuldung per se festzuhalten.

Wir müssen uns ferner darüber verständigen, was dieser Generationenfonds ist. Dieser Generationenfonds wird von uns nicht grundsätzlich infrage gestellt. Ich finde es im Zuge der Generationengerechtigkeit sehr verantwortlich, diese Lasten zu berücksichtigen und abzufinanzieren. Nur brauchen wir dafür auch eine Transparenz. Dazu möchte ich schon wissen, für wen wir das tun und inwieweit nicht; und der Verdacht liegt nahe, dass das eine Ihrer größten Spardosen ist. Also, hier müssen wir schon konkret hinterfragen, was Sie tatsächlich jährlich dort hineingeben.

Das dritte Thema – ich sage es immer wieder – ist das Thema Landesbank; ich hatte es in meiner ersten Rede bereits ausgeführt. Sie versuchen, innerhalb kurzer Zeit die Hauptlast abzufinanzieren. Sie haben jetzt schon 900 Millionen Euro angelegt, ab 2013 sollen jährlich 100 Millionen Euro zugeführt werden. Die Zinsen, die Sie erwirtschaften, lassen wir mal schön beiseite. Innerhalb kürzester Zeit wollen Sie die Hauptlast abfinanzieren, obwohl Sie wissen, dass die Bürgschaft nicht in zwei Jahren gezogen wird, sondern Stück für Stück. Sie können heute nicht sagen, ob Sie in diesem Jahr 20 oder 30 Millionen Euro brauchen, aber 900 Millionen Euro brauchen Sie garantiert nicht. Also bitte, wenn Sie das wissen, erklären Sie den Menschen im Land, warum nun auf ihrem Rücken das Desaster finanziert werden soll,

(Beifall bei der SPD und der Linksfraktion)

warum jetzt die Sozialarbeiter, die Suchtberatungsstellen, die Verbraucherzentralen und die Wohlfahrtsverbände in ihren Strukturen nachhaltig gekürzt werden. Das ist doch das Problem. Das, was jetzt kaputt gemacht wird, wird auch in zwei Jahren vielleicht durch Ihren Wunderhaushalt, den Wahlhaushalt, nicht aufgebaut werden können; denn was kaputt ist, ist kaputt. Aber den Menschen müssen Sie wirklich erklären, warum sie jetzt für das Desaster der Landesbank bezahlen.

(Andreas Storr, NPD: Wegen Ihrer falschen Politik lassen Sie die Leute zahlen!)

Das sind die konkreten Fragen, die wir im Haushalt auch stellen wollen: Wo sind Ihre Spardosen, und sind diese richtig angelegt? Dort werden wir auch sagen können, wie wir Schwerpunkte anders legen würden, damit es einen sozial gerechten Haushalt gibt; denn das ist machbar.

(Beifall bei der SPD und der Linksfraktion)

Frau Hermenau.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Kollegen! Ich nehme als Frau mit einem gewissen Schmunzeln zur Kenntnis, dass es hier Galanterien von beiden Seiten des Hauses gibt. Aber wissen Sie: Ich bin glücklich verheiratet. Beeindrucken Sie mich mit Intelligenz.

Es ist schön, dass wir für das Mitte-Links-Spektrum den Trend in dieser Haushaltsberatung setzen konnten. Inzwischen haben wir uns in der Debatte an das herangerobbt, was alles eingehalten werden soll. Aber eines ist klar: Wenn Sie den Solidarpakt nicht modernisieren und damit Ihren „Gurus“ Ramsauer und Schäuble auf Bundesebene nicht folgen, die den Straßenbau als nicht mehr wachstumsimpulsgebend sehen und das Geld nicht mehr in die Bildung stecken, die stärkere Wachstumsimpulse gibt, werden Sie beim Schulhausbau Ihre Hausaufgaben nicht erledigen können, weil Sie die Eigenmittelanteile eigentlich da hineinstecken könnten – nur, um einmal einen Lösungsvorschlag zu präsentieren. Und wagen Sie es ja nicht zu beschließen, 1,7 Milliarden Euro Kreditermächtigung auszusprechen, um die Sachsen LB abzudecken. Das können Sie nicht machen. Das muss durchs Parlament. Das können Sie nicht als Ermächtigung aussprechen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Möchte die NPDFraktion noch einmal sprechen? – Das ist nicht der Fall. Damit haben wir die Redezeiten abgearbeitet. Meine Damen und Herren! Wir kommen nun zur Überweisung der soeben – –

(Christian Piwarz, CDU: Die zweite Runde!)

Bitte? Die CDU-Fraktion möchte noch einmal sprechen? – Gut. Die CDU hat noch Redezeit, das ist in Ordnung. Bitte schön, Herr Rohwer.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich nach der Oppositionsrunde noch ein paar Ausführungen machen, die meiner Fraktion zu diesem Haushaltsentwurf wichtig sind.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, haben Sie schon einmal versucht, ein Quadrat um einen Kreis zu zeichnen?

Wir finden, die Staatsregierung hat es mit ihrem Regierungsentwurf versucht und uns einen ordentlichen Entwurf vorgelegt. Nach so viel Kritik muss noch einmal erwähnt werden, dass es auch eine positive Bewertung für diesen Haushaltsentwurf im Hohen Hause gibt. Die Eckwerte stimmen. Wir haben eine doppelt so hohe Investitionsquote für die Gegenwart und die Zukunft als in anderen Bundesländern. Wir stellen junge Menschen ein und geben ihnen eine Zukunft, und wir nehmen keine neuen Schulden auf, sondern tilgen explizite und implizite Schulden für die Zukunft unserer Kinder und setzen damit auch Schwerpunkte im Haushalt.

Ich bin sehr erfreut, dass wir nach der heutigen Debatte mittlerweile wieder vier Fraktionen im Hohen Hause haben, die sich dazu bekennen, keine neuen Schulden aufzunehmen. Das klang bei der SPD auch schon mal anders,

(Stefan Brangs, SPD: Wann denn?)

aber Kompliment, liebe Sozialdemokraten, dass Sie zu dieser Haltung, die wir ja in der Regierungszeit auch zusammen betrieben haben, zurückgekehrt sind.

Mit einer soliden Finanzpolitik in den vergangenen 20 Jahren haben wir uns im Freistaat diese Handlungsspielräume erarbeitet, und welches andere Bundesland kann nach einem solchen Steuereinbruch, wie wir ihn in den letzten Jahren erlebt haben, einen solchen Haushaltsentwurf vorlegen?

Dass der eingeschlagene Weg von der sächsischen Bevölkerung mitgetragen wird, zeigt nicht nur die große Zustimmung in den Umfragen; ich will vielmehr sagen:

(Antje Hermenau, GRÜNE: Das ist vorbei! – Dr. Monika Runge, Linksfraktion: In den Sand gesetzt, Junge!)

Auch in den Gesprächen mit den Bürgern erlebe ich ein gewisses Urvertrauen in die Finanzpolitik der Staatsregierung. Sie sind der Meinung, dass die Finanzen bei der Staatsregierung in guten Händen sind.

Genau deshalb können und dürfen wir die Handlungsspielräume, die wir uns erarbeitet haben, nicht einfach ausnutzen. Nein, wir müssen sie erhalten. Deshalb muss die vorausschauende Haushaltspolitik unbedingt fortgesetzt werden. Damit bewahren wir unseren Kindern und Enkeln die Gestaltungsmöglichkeiten.

Die Sachsen haben schon immer ihr Geld klug angelegt, und auch diesmal wird uns das wieder gelingen. Davon bin ich überzeugt.

Mit dem Vorlegen des Haushaltsentwurfes für die Jahre 2011 und 2012 durch die Staatsregierung beginnen wir nun im parlamentarischen Verfahren die Haushaltsberatungen. Dabei wird deutlich, dass Finanzpolitik nichts Abstraktes, sondern reale Politik ist, nur eben in Zahlen ausgedrückt. Somit ist die Haushaltsberatung im Parlament nicht nur für Abgeordnete im Sächsischen Landtag eine sehr arbeitsreiche Zeit, sondern in dieser Zeit steht die konkrete Politik auf dem Prüfstand.

Herr Dulig, Sie haben heute bereits die Beratende Äußerung des Rechnungshofes angesprochen. Wenn Sie sich die beratende Äußerung noch einmal ansehen und Ihre fundamentale Kritik aufrechterhalten, dann kritisieren Sie Ihren eigenen Haushalt, den Sie mit verabschiedet haben; denn der Rechnungshof hat sich zu den beiden Doppelhaushalten geäußert, als Ihre Partei mit in der Regierung war.

(Martin Dulig, SPD: Richtig! Der Bericht ist aber erst jetzt gekommen)

Also, Vorsicht vor dieser Häme und dass das alles ganz schlimm wäre. Sie haben den Haushalt so mit beschlossen, und er ist im Landtag beschlossen worden. Es ist ganz transparent im Landtagsverfahren abgestimmt worden.

(Stefan Brangs, SPD: Na und?)

Zu dem Lapsus, den wir heute früh zwei Stunden diskutiert haben, der bei der Übertragung der CDs passiert ist: Herr Dulig, es ist nicht entscheidend, was uns übermittelt wird. Entscheidend ist, was das Parlament entscheidet, was wir im Dezember dieses Jahres hier im Hohen Hause entscheiden werden.

(Stefan Brangs, SPD: Auf welcher Grundlage denn?)

Wir werden in diesem Haushalt darüber diskutieren, welche Aufgaben die Bürger von der Regierung fordern und welche Aufgaben wegfallen, und vor allem, ob sie auch finanzierbar sind. Dieser Haushalt stellt die Weichen für die nächsten Jahre, nicht im negativen Sinne, wie uns die Opposition heute glauben machen wollte, sondern im positiven.

Sicher werden wir in diesen Beratungen zahlreiche Reduzierungen in den Haushaltspositionen von erheblichem Umfang diskutieren. Hintergrund ist eben nicht nur der Einnahmeneinbruch bei den Steuern infolge der internationalen Wirtschafts- und Finanzkrise, sondern auch der beginnende Sinkflug des sich reduzierenden Finanzrahmens. Jede Mehrausgabe muss dreifach an anderer Stelle eingespart werden, und jeder konstante Finanzrahmen einer Haushaltsposition muss an anderer Stelle doppelt eingespart werden; denn wenn insgesamt weniger Geld zur Verfügung steht, ist jede Schwerpunktsetzung eine Entscheidung für eine Kürzung an anderer Stelle.

Genau das haben die Finanzpolitiker der CDU, meiner Fraktion, bereits im Dezember vorgelegt: dass wir der Auffassung sind, dass wir ein strukturelles Defizit von über einer Milliarde Euro im Staatshaushalt haben, und deshalb sind die nachhaltigen Strukturveränderungen jetzt auch notwendig.

Dies geschieht aber nicht aus „Boshaftigkeit“. Im Gegenteil: Nur durch das jetzige Handeln können wir die Zukunft gestalten. Menschen, die den Status quo erhalten wollen, haben die Zeichen der Zeit nicht erkannt. Stehen bleiben heißt zurückfallen, und die steigenden Kosten werden jede Handlungs- und Gestaltungsfähigkeit in der Zukunft aufzehren. Ich bin mir sicher, dass am Ende unserer Beratung ein Doppelhaushalt stehen wird, der den Geist einer soliden, nachhaltigen und generationengerechten Politik atmet.

Doch wie viel können wir selbst im Haushalt gestalten? Wo bedarf es struktureller Reformen bzw. mehr Flexibilität? Steigenden Personalkosten können wir nur mit Personalabbau begegnen. Die demografische Entwicklung in Sachsen zwingt uns zur Überprüfung der sächsischen Leistungsgesetze. Aber auch freiwillige Leistungen wie Kulturausgaben müssen auf den Prüfstand. Es kann, darf und wird daher kein Tabu geben, alles muss entsprechend abgeklopft werden.

Es ist schon gesagt worden, dass der Entwurf des Doppelhaushaltes ohne Neuverschuldung auskommt, und die

Pro-Kopf-Verschuldung bleibt konstant, wie es meine Fraktion im Mai dieses Jahres gefordert hat.

Warum wollen wir das? Die Schulden von heute sind die Steuern von morgen. Deswegen muss die Zurückführung der Schulden auch in kleinen Raten, und wenn es eben 75 Millionen Euro sind, stattfinden.

Was würde denn die Alternative von neuen Schulden bedeuten, wie auch heute wieder von der Linken diskutiert? Nehmen wir einmal an, wir würden in einem Jahr 500 Millionen Euro neue Schulden aufnehmen. Diese 500 Millionen Euro Schulden sind mit einem Zinssatz von 2 oder 3 % belastet.

(Dr. André Hahn, Linksfraktion: Wo haben Sie jetzt die Summe her?)

Ich trage Ihnen gerade ein Denkmodell vor, Herr Dr. Hahn. Vielleicht können Sie mir hier einmal kurz folgen, bevor Sie nur dazwischenquatschen.

(Dr. André Hahn, Linksfraktion: Das hat keiner gefordert!)