Protocol of the Session on September 1, 2010

Ich möchte noch einmal etwas Allgemeines sagen. Für die Staatsregierung ist es ein besonderes Anliegen, öffentliche Aufgaben auf ihre Erforderlichkeit hin zu überprüfen. Wir wollen auf der einen Seite Entbehrliches abschaffen und auf der anderen Seite Unverzichtbares und weiterhin Sinnvolles vereinfachen und straffen. Beides ist mit diesem Gesetz geschehen.

Die Vorkaufsrechte im Wasser- und Naturschutzrecht werden ersatzlos gestrichen. Das ist gut, und das, was hier befürchtet wird, kann ich nicht teilen; denn wir müssen einmal schauen: Welche Anträge hatten wir in der Vergangenheit? Wie viel Arbeit hatten die Behörden mit den

Anträgen? Was ist am Schluss an Vorkaufsrechten in Anspruch genommen worden?

Wir hatten mehrere Tausend Anträge, also eine immense Arbeit für die Behörden, und im Jahr vielleicht vier oder fünf Inanspruchnahmen von Vorkaufsrechten. Hierbei war also der Aufwand viel, viel größer als der Nutzen. Deshalb können wir diese Sache auch bedenkenlos streichen.

Herr Staatsminister, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Ja.

Frau Dr. Pinka, bitte.

Vielen Dank, Herr Präsident. – Herr Staatsminister Kupfer, geben Sie mir recht, dass Sie mir einmal auf meine Kleine Anfrage geantwortet haben, dass Sie überhaupt keine Ahnung haben, wie die Vorkaufsrechte für die Gewässer II. Ordnung umgesetzt werden, und dass Sie eigentlich auch die Vorgehensweisen in den Gemeinden nicht kennen?

Ich kann mir nicht vorstellen, dass ich geschrieben haben, ich hätte keine Ahnung.

Meine Damen und Herren! Die Kaufvertragsabwicklungen sind auch durch diese behördlichen Schritte im Wesentlichen verzögert worden. Zum Beispiel war im Wasserrecht ein Kaufvertrag erst dann zu vollziehen, wenn ein Negativattest vorlag. Erst dann konnte er im Grundbuch eingetragen werden. Es hat den ganzen Prozess verzögert, und dieser Verzögerung wollen wir jetzt entgegenwirken.

Herr Staatsminister, Ihr Zeichen sagt mir, Sie lassen eine weitere Zwischenfrage zu. Frau Abg. Jähnigen, bitte.

Herr Staatsminister, aus meiner langjährigen kommunalen Praxis weiß ich, dass Vorkaufsrechte tatsächlich nur sehr selten in Anspruch genommen werden, weil sie den Kauf des Grundstückes erfordern, dass sie aber an bestimmten Punkten, wo man für Hochwasser- oder Naturschutz steuern muss, sehr wichtig sind. Woher nehmen Sie die Aussage, dass diese wenigen Fälle, in denen das in der Vergangenheit geschah, nutzlos gewesen seien?

Ich habe nicht gesagt, dass das gänzlich nutzlos gewesen ist. Wir haben ja vier bis fünf Fälle im Jahr, in denen wir das Vorkaufsrecht in Anspruch genommen haben. Aber insgesamt rechtfertigt der Aufwand, den wir haben, nicht den Nutzen. Das wissen Sie auch aus der praktischen Erfahrung. Das Grundstück, das wir da gerade einmal kaufen können, ist meist nur ein Einzelgrundstück; und um eine Gesamtmaßnahme umzusetzen,

brauchen wir mehrere Grundstücke. Es hilft also nicht wirklich.

Dazu gibt es noch eine Nachfrage. Lassen Sie diese auch noch zu?

Ja.

Bitte schön.

Wie bemessen Sie denn den Nutzen, wenn Sie hier über die Anzahl der Fälle sprechen? Es muss doch qualitativ bemessen werden im Sinne des Umweltschutzes, und nicht quantitativ, frage ich Sie als Umweltminister.

Ich bemesse es selbstverständlich in erster Linie quantitativ. Qualitativ nützt natürlich jedes Grundstück, das man irgendwo kaufen kann. Aber ich habe hier auch eine Verantwortung für die Verwaltung und für ein effizientes Arbeiten der Verwaltung, und das ist nicht effizient.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Meine Damen und Herren! Ich bitte Sie um etwas Aufmerksamkeit. Damit meine ich insbesondere auch die Damen und Herren der Staatsregierung rechts von mir.

Meine Damen und Herren! Zur Baumschutzsatzung ist bereits genug gesagt worden. Darauf brauche ich jetzt nicht weiter einzugehen. Mein Eindruck vom vorliegenden Gesetzentwurf: Er entrümpelt und vereinfacht die Umweltgesetzgebung des Freistaates Sachsen, und ich kann nur hoffen und wünschen, dass Sie ihm heute zustimmen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Vielen Dank, Herr Staatsminister. – Meine Damen und Herren! Die Aussprache ist beendet. Bevor wir zur Abstimmung kommen, möchte ich es nicht versäumen, die Berichterstatterin des Ausschusses für Umwelt und Landwirtschaft zu fragen, ob sie noch das Wort wünscht. Frau Abg. Roth? – Nein. Vielen Dank.

Wir kommen zur Abstimmung. Aufgerufen ist das Gesetz zur Vereinfachung des Landesumweltrechts. Es handelt sich um die Drucksache 5/1356, einen Gesetzentwurf der Staatsregierung. Abgestimmt wird auf der Grundlage der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Umwelt und Landwirtschaft. Hierzu liegen Ihnen die Drucksachen 5/2700 und 5/3391 vor.

Es gibt einen Änderungsantrag der Linksfraktion, Drucksache 5/3472, über den wir zunächst abstimmen werden.

Frau Dr. Pinka, haben Sie diesen bereits eingebracht oder möchten Sie noch das Wort ergreifen? – Bitte schön.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! In meinem Redebeitrag bin ich bereits auf die Beibehaltung der Vorkaufsrechte in der Wasser- und Naturschutzgesetzgebung eingegangen. Ich möchte an dieser Stelle noch einmal kurz die Notwendigkeit begründen.

Das Recht der Staatsregierung, Vorschläge für ihr eigenes Handeln zu unterbreiten, ist unfraglich. Im vorliegenden Fall will sie auf ihr Vorkaufsrecht verzichten. Die Sinnfälligkeit habe ich bereits erläutert; ich halte diesen Verzicht für nicht durchgängig durchdacht.

Wenn die Staatsregierung bei der Wahrnehmung ihrer Vorkaufsrechte gescheitert ist und nun dieses Recht abgeben will, ist das ihre Sache. Aber gleichzeitig den Gemeinden dieses Recht mit einem Federstrich zu nehmen, halte ich für unverantwortlich. Vorkaufsrechte der Gemeinden ergeben sich auch im Zusammenhang mit anderen Gesetzen. Insbesondere im Bereich Wasser- und Waldgesetz werden Vorkaufsrechte von Gemeinden in Anspruch genommen. Die Alternative wären Enteignungen.

Ich erinnere hier an die im Zusammenhang mit Eingriffsausgleichen getätigten Flächenerwerbe. Hier werden negative Folgen von Eingriffen in Natur und Landschaft kompensiert und Gebäudeabrisse oder auch Entsiegelungen aus Ersatzmitteln refinanziert. Diese Maßnahmen stellen für die Gemeinden ideale und sinnvolle Kompensationsmaßnahmen dar. Daher kaufen einzelne Kommunen auch mal größere Flächen, reißen Ruinen, alte Industriegebiete oder Bunkeranlagen ab und geben den Boden der Natur zurück.

Das sehe ich auch im Zusammenhang mit dem nach dem Willen der Staatsregierung zu stärkenden Ökokonto, den Grundsätzen der Baugesetzgebung oder der Eingriffskompensation gemäß Naturschutzgesetz. Zu erwähnen sei in diesem Zusammenhang auch die Initiative von Herrn Kupfer, der die Neuversiegelung massiv reduzieren und gleichzeitig die Inanspruchnahme von landwirtschaftlichen Flächen vermindern will. Es ist daher nicht nachvollziehbar, dass im gleichen Augenblick ausgewählte Vorkaufsrechte wegfallen sollen.

Unseres Erachtens kann das Ziel nur darin bestehen, dass die Gemeinden noch offensiver Vorkaufsrechte ausüben können, um effektive Ausgleichsmaßnahmen anbieten zu können.

Zu den Vorkaufsrechten zur Umsetzung der Hochwasserschutzkonzeption an Gewässern II. Ordnung habe ich bereits in meinem vorherigen Redebeitrag gesprochen. Ich möchte an dieser Stelle trotzdem noch einmal an Sie appellieren: Nehmen Sie den Kommunen nicht ihre Gestaltungsspielräume; denn auch hundertjährige Hochwasser kommen manchmal häufiger als erahnt! Dieses Problem dürfte künftig eher zu- als abnehmen.

Wollen Sie die Umsetzung der Konzeption in den vom Hochwasser 2002, 2006 und 2010 betroffenen Kommunen verlangsamen, dann müssen Sie die Vorkaufsrechte abschaffen. Ansonsten sollten Sie unserem Änderungsantrag zustimmen.

(Beifall bei der Linksfraktion und den GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Dr. Pinka. – Wird hierzu das Wort gewünscht? – Herr Meyer, bitte.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich will an dieser Stelle noch ein Beispiel bringen. Im Jahr 2008 hatte die Landestalsperrenverwaltung über 20 000 Anträge zu bearbeiten. Nicht ein einziges Mal wurde dieses Vorkaufsrecht ausgeübt.

Wie es Herr Staatsminister Kupfer sagte, sind in der Regel nur einzelne Grundstücke zu erwerben, sodass dies im Sinne der Umsetzung von EU-Richtlinien eigentlich keinen wesentlichen Beitrag leisten kann. Wir haben zahlreiche Instrumente, die dort unterstützen. Aber die Vorkaufsrechte belasten die Verwaltung und die Bürger in der Form, indem Verfahren hingezogen werden, sodass es keinen Sinn macht, diese Vorkaufsrechte aufrechtzuerhalten.

Bei dem Änderungsantrag habe ich die naive Überlegung, dass, wenn wir diesem zustimmen sollten, weil sie auf die Baumschutzsatzung gar nicht eingegangen sind, Sie unserem Antrag dann zustimmen würden. Aber das ist eher eine naive Vermutung, oder?

(Dr. Jana Pinka, Linksfraktion, steht am Mikrofon.)

Ich lasse die Zwischenfrage zu.

Nein, Sie äußern sich ja jetzt zu diesem Antrag. Bitte schön.

Ich bin mit meinen Äußerungen am Ende angelangt, aber ich denke, dass Frau Dr. Pinka eine Zwischenfrage hat oder kurzintervenieren möchte.

Es ist zu Ende.

Ja, dann gehe ich.

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU und der FDP)

Meine Damen und Herren! Der Änderungsantrag ist eingebracht. Es gibt dazu eine Erwiderung. Frau Dr. Pinka, Sie möchten noch einmal dazu sprechen?

Ich hätte sonst das Mittel der Kurzintervention genutzt, aber ich würde gern noch einmal darauf antworten. Herr Kupfer bezieht sich immer nur auf die Vorkaufsrechte für Gewässer I. Ordnung. Ich möchte in meinem Änderungsantrag zur Geltung bringen, dass es auch noch andere Gewässer in diesem Land gibt. Das sind die Gewässer II. Ordnung.

Dafür gibt es auch Vorkaufsrechte und diese schaffen wir gleich mit ab.