Bevor ich mich weiter ereifere, möchte ich noch einmal auf die sachlichen Argumente der Fraktion DIE LINKE eingehen, die zur Ablehnung dieses Gesetzentwurfs führen werden.
Bei dem vorliegenden Gesetzentwurf handelt es sich, wie Herr Meyer sagte, bereits um zwei Sachverhalte. Zum einen sollen die Vorkaufsrechte im Wasser- und im Landesnaturschutzgesetz entfallen, zum anderen will der Gesetzgeber die Ermächtigung der Gemeinden zum Erlass von Baumschutzsatzungen einschränken.
Frau Dr. Pinka, geben Sie mir recht, dass die Staatsregierung bei Gesetzesvorhaben grundsätzlich auch juristische Prüfungen vornimmt und dass dies natürlich auch im Zuge dieser Vereinfachungsregelungen geschah?
Herr Meyer, ich gebe Ihnen recht, dass die Staatsregierung natürlich juristische Prüfungen vornehmen kann. Was ich Ihnen vorwerfe, ist, dass Sie im Umweltausschuss diese Gutachten nur Ihrer eigenen Fraktion und der Fraktion der FDP zur Kenntnis geben, aber alle anderen, die im Gesetzgebungsverfahren beteiligt sind – und dazu zähle ich die Opposition –, davon ausschließen.
Wir halten jedenfalls beides für falsch, weil dieser Gesetzentwurf nicht der Entbürokratisierung in unserem Lande dient und unseres Erachtens die Eingriffe in die kommunale Selbstverwaltung immer noch existieren.
Mit der vorliegenden Beschlussempfehlung des Ausschusses liegt nach unserer Auffassung auch kein wirklich guter Kompromiss vor, sondern nur eine Verschlimmbesserung des vormaligen Gesetzentwurfs. Ich werde mich dazu später noch äußern, möchte mich aber zunächst in meinen Ausführungen auf den Wegfall der Vorkaufsrechte konzentrieren.
Es ist meines Erachtens davon auszugehen, dass gerade in der begonnenen Phase der Umsetzung der Hochwasser
schutzkonzepte an Gewässern II. Ordnung die Dringlichkeit der Flächenbeschaffung sogar noch steigen wird. Wir haben heute bereits eine intensive Diskussion zum Hochwasserschutz. In diesem Rahmen wird meines Erachtens die Bedeutung des Vorkaufsrechts voraussichtlich sogar noch zunehmen.
Auf eine Kleine Anfrage von mir im März dieses Jahres konnte mir die Staatsregierung auf die Ausübung der Vorkaufsrechte durch die Gemeinden lediglich antworten, dass sie zu deren Vorkaufsrechtsprüfung keine Zahlen vorliegen hat. Zudem bekam ich zur Antwort, dass der Vollzug des Vorkaufsrechts für die Gewässer II. Ordnung natürlich ausschließlich in der Zuständigkeit der Gemeinden liegt und die hier getroffenen gemeindeinternen Regelungen dem SMUL nicht bekannt sind.
Darum frage ich mich: Warum sollen wir ohne Not den Kommunen die Vorkaufsrechte für die in ihrer Verantwortung liegenden Gewässer nehmen? Wir sind daher der Meinung, dass angesichts der Herausforderungen, denen wir beim Gewässer- und insbesondere beim Hochwasserschutz gegenüberstehen, von der geplanten Gesetzesänderung Abstand zu nehmen ist. Dazu haben wir einen Änderungsantrag vorgelegt.
Im Hinblick auf die Streichung des naturschutzfachlichen Vorkaufsrechtes werden in der Gesetzesbegründung pauschal Gründe der Verwaltungsvereinfachung und des Bürokratieabbaus genannt. Sieht man sich dann die Zahlen zum Vollzug des Gesetzes an, so kann daraus meines Erachtens weder eine Überbeanspruchung der Verwaltung noch ein Missverhältnis zwischen Ertrag und Nutzen des Vorkaufsrechts in Sachsen abgeleitet werden. Vielmehr ist es ein Vorkaufsrecht und keine Pflicht und angesichts der Probleme der Flächenverfügbarkeit im Naturschutz ein unentbehrliches Instrument, um Schritt für Schritt die erforderlichen Flächen für Biotopverbund, Gewässerrandstreifen, Entwicklungsmaßnahmen in Schutzgebieten usw. zu erwerben.
Hier verweise ich wieder auf eine Kleine Anfrage von mir vom Februar dieses Jahres. In der Antwort können Sie exakt nachlesen, zu welchem Zweck welche Flächen für den Naturschutz in den letzten Jahren erworben wurden. Beispielhaft nennen möchte ich die Ausübung des Vorkaufsrechts für den Staatsbetrieb Sachsenforst im Nationalpark Sächsische Schweiz, für den NABU im FFHGebiet Müglitz oder für unsere Landesstiftung Natur und Umwelt im Naturschutzgebiet Röderauwald Zabeltitz. Wenn wir also jetzt die Vorkaufsrechte im Naturschutz streichen würden, erhielten weder die Naturschutzbehörden noch die anerkannten Naturschutzverbände Kenntnis von relevanten Grundstücksverkäufen.
Aus verfassungsrechtlicher Sicht ist die Streichung des Vorkaufsrechts hinsichtlich des Verbots der Negativgesetzgebung im Sinne von Artikel 72 Abs. 3 des Grundgesetzes ebenfalls bedenklich; denn durch diese Gesetzes
änderung wird das bundesrechtliche Vorkaufsrecht gemäß § 66 des Bundesnaturschutzgesetzes nicht nur geändert, sondern komplett außer Kraft gesetzt. Dies will unsere Fraktion nicht zulassen. Sie finden daher in dem Änderungsantrag einen Vorschlag, wie wir das Vorkaufsrecht im Sächsischen Naturschutzgesetz regeln würden.
Sehr verehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten, ich möchte nun auf die Beschlussempfehlung des Ausschusses bezüglich des vorliegenden Baum-ab-Gesetzes eingehen. Wie ich schon sagte, stellt sie für mich keinen Kompromiss in der Sache dar, sondern nur eine Verschlimmbesserung, die die Bürgerinnen und Bürger und die Verwaltung in den Kommunen in eine Sackgasse bringt.
Zu den Grundlagen: Vor dem Erlass einer Baumschutzsatzung muss die Gemeinde prüfen, ob eine solche Satzung erforderlich ist. Kommt sie zu diesem Urteil – und das wird in den städtebaulichen Verdichtungsgebieten regelmäßig der Fall sein –, kann sie Verfügungsbeschränkungen im Rahmen der Sozialpflichtigkeit des Eigentums erlauben, eben durch Erlass von Baumschutzsatzungen.
Das ist für mich praktisch gelebte Selbstverwaltungsaufgabe. Was Sie hier vorlegen, ist ein pauschaler Eingriff in deren Kompetenz. Ich werde jetzt lediglich auf wenige Dinge eingehen, die diesen Sackgassenweg beschreiben.
In dem geplanten § 22 Abs. 2 wird ausgeführt, welche Bäume noch zu den guten bzw. schützenswerten zählen und welche zukünftig ohne Einschränkung der Säge preisgegeben werden können. Nebenbei gesagt, unterscheiden Sie jetzt auch nicht mehr nach Innen- und Außenbereichen nach §§ 34, 35 Baugesetz. Also, man hat sich geeinigt: Bäume mit einem Stammumfang bis zu einem Meter, gemessen in einer Stammhöhe von einem Meter – das entspricht einem Durchmesser von 31,8 Zentimetern – sowie Obstbäume, Nadelgehölze, Pappeln, Birken, Baumweiden und abgestorbene Bäume auf mit Gebäuden bebauten Grundstücken, vorbehaltlich der Regelung nach § 26 Naturschutzgesetz, stehen ab sofort nicht mehr unter Schutz.
Nun bin ich persönlich keine ausgesprochene Botanikerin, sodass ich Bücher hinzunehmen muss, um zu schauen, welche dem Vernehmen nach nicht schutzwürdigen Bäume sich dahinter verbergen. Auch wenn Herr Meyer der Meinung ist, dass es sich nur um Rote-Liste-Arten der Farn- und Samenpflanzen Sachsens handelt, finden sich darunter zum Beispiel bei der Gattung Salix drei Arten, die vom Aussterben bedroht, verschollen und im günstigsten Fall gefährdet sind, weiterhin die Schwarzpappel, die vom Aussterben bedroht ist. Bei diesen Arten besteht insbesondere die Gefahr des Verlustes genotypischer Eigenschaften und der Vielfalt.
Meine Damen und Herren, dieses Gesetz bringen Sie allen Ernstes im UN-Jahr der Biodiversität ein? Noch eine Frage an Sie: Haben Sie sich einmal Gedanken darüber gemacht, was Sie mit Walnussbäumen und Esskastanien als Schalenobstbäumen machen wollen?
Durch das Entfallen der Beantragung einer Baumfällung ist keinesfalls davon auszugehen, dass sich kein Mehraufwand an Überwachungstätigkeit einstellen wird. Nun werden die ohnehin überlasteten unteren Naturschutzbehörden zusätzlich in der Pflicht sein, ein Auge auf alle städtischen Bäume gleichzeitig zu haben, wenn die in der Baumschutzsatzung verankerte Anzeigepflicht entfällt.
Sinnvollere Alternativen zu Baumschutzsatzungen für Städte und Gemeinden ergeben sich daher für mich maximal durch die Erfassung aller schutzwürdigen Bäume in einem öffentlich einsehbaren Baumkataster und deren Unterschutzstellung als Naturdenkmal. Gleichfalls müssten alle Bäume aufgenommen werden, die durch Festsetzung in Bebauungsplänen erhalten werden müssen. Eine Sisyphosarbeit, die man den Gemeinden offenbar jetzt zumuten will, wenn sie ihre Grünstrukturen noch über die Zeit retten wollen.
Ich möchte es damit bewenden lassen, da meine Kollegen sicherlich noch ihre eigenen kritischen Worte loswerden wollen. Aber eines möchte ich Ihnen noch mit auf den Weg geben: Warum halte ich diesen Änderungsantrag für einen Weg in die Sackgasse? – Ich habe mir überlegt, wie wohl die Kommunen auf Ihre Vorschläge reagieren werden. Ich sehe zwei Wege vor mir, einen hat Herr Meyer bereits angesprochen:
Erstens. Die Kommunen geben ihre Baumschutzsatzungen einfach auf, da sie es leid sind, dass wir uns in ihre Belange einmischen und ihren Verwaltungs- und Kontrollaufwand ohne Not vergrößern, ohne dass sie ihre Leistung irgendjemandem wenigstens annähernd in Rechnung stellen können.
Zweitens. Wenn die Gemeinden also in der verbleibenden Zeit von drei Wochen ein rechtssicheres Urteil in allen Fragen – Artenschutz bei abgestorbenen Bäumen, Biotopschutz, Empfehlung bei seltenen Rote-Liste-Arten, nebenbei noch Standsicherheit und Beurteilung bei Krankheiten – fällen sollen, bleibt ihnen nur übrig, sich ein Gutachten Dritter vom Antragsteller dazu anfertigen zu lassen. Meine Damen und Herren Koalitionsvertreter, Baumschützer und Kostenverringerer, das wird teuer.
Was Sie den Bürgern hier liefern, ist ein in mehrfacher Hinsicht vergiftetes Geschenk, eines auf dem Weg in die Rechtsunsicherheit und eines in Bezug auf die Kosten. Wir Linke beteiligen uns jedenfalls nicht an dieser Geschenkübergabe.
Vielen Dank, Frau Dr. Pinka. – Für die Fraktion der SPD spricht jetzt Frau Abg. Dr. Deicke. Frau Dr. Deicke, Sie haben das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Dieser Gesetzentwurf hat bereits eine Vorgeschichte. Die FDP hatte bereits in der vergangenen Legislaturperiode versucht, den Geltungsbe
reich kommunaler Baumschutzsatzungen einzuschränken, und war damit kläglich gescheitert. Nun aber, in Regierungsverantwortung, wird das Ansinnen, wenn nun auch in etwas abgewandelter Form, erneut eingebracht. Selbst das Urteil der Sachverständigen sowie die überwältigende Ablehnung des damaligen Gesetzentwurfes mit dem schönen Titel „Gesetz zum Bürokratieabbau im Freistaat Sachsen – Begrenzung kommunaler Baumschutzsatzungen“ haben uns nicht davor bewahrt. Die CDU verleugnet ihre damalige Ansicht und stimmt dem Ganzen zu. Ein klassisches Beispiel dafür, dass der Schwanz mit dem Hunde wedelt.
Aber schon damals konnten Sie, Herr Günther – wo ist Herr Günther? –, nicht schlüssig erklären, wie das mit dem Bürokratieabbau praktisch funktionieren soll. Stattdessen klingt mir noch Ihre damalige Aussage im Ohr. Sie sagten: Wir schreiben natürlich den Kollegen vor Ort nicht vor, was sie zu denken, wie sie zu handeln und Politik vor Ort zu gestalten haben. – Aber genau das tut der vorliegende Gesetzentwurf. Wenn Sie glauben, dass für den Bürger aufgrund Ihrer – wie Sie meinen – „leicht verständlichen Neuregelung“ schnell und einfach ersichtlich ist, ob er auf seinem Grundstück stehende Bäume einfach fällen darf oder eine Genehmigung notwendig ist, dann haben Sie dieses Ziel klar verfehlt. Für die Bürgerinnen und Bürger wächst eher die rechtliche Unsicherheit, da sich unter den vom kommunalen Bauschutz ausgenommenen Bäumen auch streng geschützte Arten befinden. Wenn ein Bürger unwissend einen solchen geschützten Baum, beispielsweise eine Schwarzpappel, fällt, dann kann das richtig teuer werden.
Eine solche Änderung des Naturschutzgesetzes, die den Interessen des Arten- und auch des Biotopschutzes zuwider läuft, lehnen wir strikt ab. Sie, Herr Schowtka – ich sehe Ihn jetzt gar nicht, aber es ist egal –, vertraten damals noch die Meinung der CDU-Innenpolitiker, dass die kommunale Selbstverwaltung ein hohes Gut sei und deshalb die Kommunen auch weiterhin ihren Baumbestand wirkungsvoll schützen und die entsprechenden Instrumente auswählen dürfen.
Warum ignorieren Sie jetzt die Warnung des Sachverständigen Prof. Schulte, der in dem Gesetzentwurf ganz klar einen Eingriff in die kommunale Selbstverwaltung sieht? Warum ignorieren Sie die Ablehnung des Gesetzentwurfes seitens des Sächsischen Städte- und Gemeindetages? Dieser hat den Gesetzentwurf als ein viel größeres bürokratisches Monster als alle Baumschutzsatzungen zusammen eingeschätzt. Warum stellen Sie sich taub, wenn es um die zweite Stellungnahme des SSG geht, die sich mit den Gesetzesänderungen befasst?
Sie setzen sich, ohne mit der Wimper zu zucken, über verfassungsrechtliche Bedenken des SSG hinweg. Sie hätten doch wenigstens eine juristische Prüfung, die von unserer Fraktion beantragt worden ist, abwarten können. Diese Zeit hätten wir doch gehabt.
Wir befinden uns noch in der Vegetationsperiode, sodass das Gesetz ohnehin erst zum Ende des Jahres wirksam werden kann.
Auch für die Abschaffung der Vorkaufsrechte im Naturschutz- und Wasserrecht haben wir kein Verständnis, zumal die FDP auch in der letzten Legislaturperiode die Vorkaufsrechte bereits abschaffen wollte. Die Verfahren sind in der Zwischenzeit wesentlich vereinfacht worden, sodass das keinen Grund mehr darstellt, die Vorkaufsrechte abzuschaffen. Wir geben doch nicht ohne Not ein Instrument aus der Hand, welches in Zukunft sehr hilfreich sein könnte, um Hochwasserschutz- oder Naturschutzmaßnahmen umzusetzen. Der Freistaat ist anscheinend nicht bereit, für die Ausübung der Vorkaufsrechte die finanziellen Mittel zur Verfügung zu stellen.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte mich an dieser Stelle als allererstes bei diesem Thema bedanken,
und zwar beim Einbringer des Gesetzentwurfes, der Staatsregierung, bei Frank Kupfer und vor allen Dingen für die hervorragende Zusammenarbeit mit den Kolleginnen und Kollegen der CDU. Wir haben nach einer gewissen Zeit sehr, sehr gut zusammengearbeitet. Ich denke, wir haben damit etwas bewiesen, und zwar, dass wir dieses Land gestalten können, mit unterschiedlichen Meinungen herangehen,