Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich kann mich relativ kurz fassen. Herr Kollege Hippold hat das Wesentliche schon gesagt.
Für die Sächsische Staatsregierung sind natürlich Rückhalteflächen eine wichtige Säule der Hochwasserschutzstrategie. Wir haben – das ist heute auch schon mehrmals erwähnt worden – nach der Flut 2002 Hochwasserschutzkonzepte, 47 an der Zahl und mit insgesamt 1 600 Einzelmaßnahmen, festgeschrieben. Diese werden jetzt nach Priorität abgearbeitet. Wir haben – das ist auch kein Geheimnis – vor, diese Hochwasserschutzkonzepte im Jahr 2012 zu evaluieren, fortzuschreiben und an die neue Situation anzupassen.
Die sächsischen Regelungen zum Hochwasserschutz waren beispielgebend für die Novelle des Wasserhaushaltsgesetzes im Bund. Die Behauptung, dass in Sachsen derzeit weder ein Retentionsraumausgleich stattfindet noch ausreichend Rückhalteräume geschaffen werden, ist ganz einfach falsch.
Kein Hochwasserschutzvorhaben würde planfestgestellt werden, wenn nicht die Frage des Retentionsraumausgleichs geklärt wäre.
Wir können auch nicht so tun, als könnten wir in unseren zum Teil sehr engen Flusstälern unbegrenzt Retentionsflächen schaffen. In der Elbe ist es praktisch von Bad Schandau bis Riesa nicht möglich. Ich habe vorhin schon scherzhaft gesagt, wir können ja einmal versuchen, den Lilienstein abzutragen, damit wir dort wieder Retentionsflächen haben. Es geht ganz einfach nicht.
Ich will noch etwas zu den Vorkaufsrechten sagen. Das Vorkaufsrecht ist keine Wunderwaffe. Wenn Sie sich einmal die Zahlen anschauen: Wir haben jährlich ungefähr 20 000 Anfragen, ob der Staat vom Vorkaufsrecht im
Wasserrecht Gebrauch machen will. In den letzten Jahren seit 2005 haben wir dieses Vorkaufsrecht gerade einmal in elf Fällen in Anspruch genommen.
Das zeigt doch, dass das nicht das Instrument sein kann. Es ist außerdem rein zufällig dann einmal ein Vorkaufsrecht, das gerade eine Fläche betrifft, die wir für Retentionsmaßnahmen brauchen. Meine Damen und Herren, bedingt durch die natürlichen Geländemodellierungen an der sächsischen Elbe und der Mulde, können wesentliche und nennenswerte Retentionsflächen erst im Direktionsbezirk Leipzig geschaffen werden. Für die Oberlieger greift das einfach nicht.
Herr Minister, Sie waren schon weitergegangen. – Ich wollte eigentlich fragen: Geben Sie mir recht, dass Sie über die Ausübung der Vorkaufsrechte bei Gewässern II. Ordnung, also durch die Kommunen, relativ wenig Auskunft geben können?
Meine Damen und Herren! Im Maßnahmenplan des sächsischen Hochwasserschutzinvestitionsprogramms sind mehrere Deichrückverlegungen und Flutpolder vorgesehen. Zur Präzisierung dieser Konzepte mussten umfangreiche Machbarkeitsstudien erstellt werden. Diese liegen für die Elbe und die Vereinigte Mulde bereits vor; dennoch sind weitere Planungen, insbesondere für die großen Polder bei Außig und bei Dautzschen, an der unteren sächsischen Elbe notwendig. Die Deichrückverlegungsmaßnahmen in Eilenburg-Westhainichen von rund 100 Hektar sind bereits fertiggestellt; aktuell ist der Flutpolder Löbnitz an der Mulde im Genehmigungsverfahren. Er umfasst 1 436 Hektar und kann dann 15 Millionen Kubikmeter Wasser zurückhalten.
Im Genehmigungsverfahren ist die Deichrückverlegung in Frankenberg. Hinzu kommen viele kleinere, nicht quantifizierte Flächenerweiterungen im Rahmen der nachhaltigen Schadensbeseitigung und im Zuge der Renaturierung an den Gewässern.
Auch die oberhalb unserer Landesgrenzen geschaffenen und erhaltenen Retentionsräume in der Tschechischen Republik sind natürlich für Sachsen hilfreich und bedeutsam. Schließlich muss die Wirkung der Retentionsräume auf den Hochwasserabfluss für die gesamte Flussgebietseinheit betrachtet werden. Nicht umsonst ist unsere sächsische Strategie in die Hochwasserschutzstrategie der gesamten Flussgebietsgemeinschaft Elbe eingebettet.
Meine Damen und Herren! Wir haben immer wieder betont, dass die Flächenvorsorge ebenso wichtig ist wie der technische Hochwasserschutz. Sie können das in den Antworten auf verschiedene Kleine Anfragen und auch in Reden bei öffentlichen Auftritten und Terminen nachvollziehen.
Übrigens gehört zur Flächenvorsorge für mich neben Retentionsflächen auch die Festlegung von Überschwemmungsgebieten, die Ausweisung von Hochwasserentstehungsgebieten, die von uns schon jahrelang betriebene ökologische Waldmehrung und die Renaturierung von Fließgewässern.
Glauben Sie mir, meine Damen und Herren: Auch ich würde gern bei manchen Poldern noch schneller vorankommen; aber das ist nicht so einfach. Wir können das eben nicht mit dem Schreiben eines Erlasses oder einem Antrag im Landtag erledigen. Entscheidend für das Tempo der Umsetzung von Hochwasserschutzmaßnahmen wird immer wieder sein, wie gut es gelingt, den Konsens mit den Flächeneigentümern und den Landnutzern und, meine Damen und Herren, auch mit dem Naturschutz zu erreichen.
Ich bedanke mich daher bei allen, mit denen dieser Konsens schon geschaffen wurde, und appelliere an diejenigen, die wir in diesem Boot noch brauchen. Es gibt noch viel zu tun, meine Damen und Herren.
Ich frage die Abgeordneten, ob in einer zweiten Runde noch das Wort gewünscht wird. – Wenn das nicht der Fall ist, kommen wir zum Schlusswort. Frau Kallenbach für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.
Vielen Dank, Herr Präsident! Meine verehrten Kolleginnen und Kollegen! Ihre Beiträge haben mir zumindest gezeigt, dass der Informationsstand über das, was in Planung ist und was in möglicher kurzzeitiger Umsetzung ist, bei den Fraktionen sehr verschieden ist. Da der erste Punkt unseres Antrages dem abhelfen sollte, indem wir nämlich einen Bericht gewollt hätten, möchte ich den Vorschlag von Frau Dr. Pinka aufnehmen und Sie um punktweise Abstimmung über die Punkte I und II bitten, um Ihnen die Chance zu geben, zumindest diesem Bericht zuzustimmen.
Mir ist bei den Argumenten aufgefallen, dass sehr unterschiedliche Zahlen im Raum stehen. Herr Hippold, Sie sprachen von 700 Millionen Euro seit 2002 für Schadensbeseitigung und Prävention. Frau Jonas, Sie hatten die Zahl von 350 Millionen Euro, die ausgegeben worden sind, genannt. Das ist die Zahl, die ich auch in der Presse gefunden habe. Aber darf ich jetzt ausrechnen: 350 Millionen Euro waren für die Schadensbeseitigung – das ist definitiv zu viel.
Ich weiß auch immer noch nicht, wie viele im Planfeststellungsverfahren und wie viele tatsächlich in der Umsetzung sind.
Einen interessanten Aspekt habe ich herausgehört: Herr Hippold sprach davon, die Akzeptanz von Hochwasserschutz sei gesunken. Herr Minister, Sie sprachen vom Konsens mit den Flächeneigentümern. Das ist genau ein neuralgischer Punkt. Wir dürfen es nicht zulassen, dass wir uns in Sicherheit wiegen und sagen, ja, das hat jetzt keine Akzeptanz mehr. Ich möchte nicht, dass wir noch einmal eine solche Jahrhundertflut haben und erst dann lernen müssen.
Bei den Zahlen, wie viel Rückhaltevolumen geschaffen worden ist, haben 50 Millionen Kubikmeter oder in den nächsten Jahren 90 Millionen Kubikmeter im Raum gestanden. Ich hatte Ihnen in meinen Ausführungen gesagt, dass es sich um 2,3 Milliarden Kubikmeter Rückhaltevolumen, das verloren gegangen ist, handelt. Ich denke, wir haben da immer noch genügend Raum.
Ein letzter Hinweis zum Vorkaufsrecht. Nein, es ist keine Wunderwaffe. Aber auch bei der Inanspruchnahme des Vorkaufsrechts handelt es sich um einen politischen Willen, und es ist für mich nicht verwunderlich, dass man das bisher zu wenig in Anspruch genommen hat.
Ich möchte Sie an die Anhörung erinnern, die wir zum Gesetz zur Vereinfachung des Umweltrechts hatten, auch an die Stellungnahmen des Sächsischen Städte- und Gemeindetages. Bitte lassen Sie uns das Vorkaufsrecht beibehalten, und stimmen Sie jetzt vor allen Dingen unserem Antrag zu.
Das was das Schlusswort von Frau Kallenbach. – Es war sowohl von Frau Dr. Pinka als auch von Frau Kallenbach punktweise Abstimmung nach Punkt I und II beantragt worden; wir werden also so verfahren.
Ich stelle nun die Drucksache 5/2705 zur Abstimmung. Wir stimmen zuerst ab über den Punkt I. Ich bitte Sie bei Zustimmung um Ihr Handzeichen. – Vielen Dank. Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Kann ich keine erkennen. Mehrheitlich ist Punkt I bei zahlreichen DafürStimmen abgelehnt.
Ich rufe Punkt II auf und bitte bei Zustimmung um Ihr Handzeichen. – Danke. Gegenstimmen? – Vielen Dank. Stimmenthaltungen? – Bei einigen Stimmenthaltungen ist auch Punkt II mehrheitlich abgelehnt worden. Damit erübrigt sich eine Schlussabstimmung über den vorliegenden Antrag, Die Drucksache ist nicht beschlossen und der Tagesordnungspunkt ist beendet.
Hierzu können die Fraktionen Stellung nehmen. Die Reihenfolge in der ersten Runde: NPD, CDU, DIE LINKE, SPD, FDP, GRÜNE und die Staatsregierung, wenn gewünscht.
Ich erteile der NPD als Einreicherin das Wort. Herr Schimmer, Sie haben die Möglichkeit, den Antrag einzubringen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Heute jährt sich zum 57. Mal der Aufstand der Deutschen in der DDR gegen das Ulbricht-Regime im Jahr 1953.
Der 17. Juni 1953 gehört ohne jeden Zweifel zu den großen historischen Daten in der jüngeren deutschen Geschichte.
Damals erhoben sich erstmals in größerem Umfang Menschen gegen die kommunistische Gewaltherrschaft. Der 17. Juni 1953 ist der Anfang einer langen Kette weiterer historischer Ereignisse, die jedes für sich die Ablehnung des Kommunismus in den Ländern östlich des Eisernen Vorhangs symbolisieren. Ich nenne hier nur Ungarn und Polen 1956, die Tschechoslowakei 1968 sowie – zu Anfang der Achtzigerjahre – die SolidarnośćBewegung, ebenfalls in Polen.
Daneben stehen viele kleinere – heute leider oft vergessene – Ereignisse, von denen ich hier stellvertretend nur den heldenhaften Aufstand der Zwangsarbeiter im sowjetischen Straflager Workuta nennen möchte, der ebenfalls 1953 stattfand und an dem sich unter anderem der Vater des heutigen Präsidentschaftskandidaten Joachim Gauck beteiligte. Es spricht übrigens für Joachim Gauck, dass er heute an einer Gedenkveranstaltung zum 17. Juni 1953 in Leipzig teilnimmt und sich damit der Tendenz entgegenstemmt, diesem Tag jedes Jahr immer weniger Beachtung zu schenken.
In Deutschland steht der 17. Juni nicht nur als Symbol für den Freiheitswillen, sondern auch für die Forderung nach der Wiedervereinigung der geteilten Nation, einer Wiedervereinigung, die damals ohne jeden Zweifel auch die Gebiete jenseits von Oder und Neiße einschloss. Gerade die zwölf Millionen Frauen und Männer aus den Ostgebieten des Deutschen Reiches hofften damals, nach dem
ersehnten Ende der roten Diktatur im östlichen Europa, auf eine Rückkehr in ihre alte Heimat, aus der sie mit Mord und Brandschatzung wenige Jahre zuvor vertrieben worden waren.
Meine Damen und Herren! Selbstverständlich könnte man die Forderung nach Einführung des 17. Juni als Gedenktag auch auf Bundesebene erheben. Wir Nationaldemokraten sind aber der Überzeugung, dass es dem Sächsischen Landtag gut zu Gesicht stünde, wenn er den 17. Juni zunächst in Sachsen zum offiziellen Gedenktag erheben würde. Denn neben Ost-Berlin war bei uns im Freistaat Sachsen der Aufstand besonders intensiv.