Protocol of the Session on June 16, 2010

Ja, ich habe mich für einen Fonds entschieden und nicht für einen Bundesschatzbrief, weil ich höhere Gewinne erzielen wollte. Jetzt trage ich die Verluste, weil ich mich so entschieden habe.

(Beifall bei der FDP)

Ich bin sehr dankbar, dass ich mich entscheiden kann, auch wenn ich gegebenenfalls einmal eine falsche Entscheidung treffe. Ich treffe sie und nicht der Staat. Das weiß ich auch nach 20 Jahren Mauerfall immer noch zu schätzen.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Zum Leitbild der modernen Verbraucherpolitik gehört neben Verantwortung und Freiheit auch Mäßigung. Heute stimmt das Europaparlament in 1. Lesung über die neue Verordnung für Lebensmittelkennzeichnung ab. Sie kennen das, die Ampel, das war heute schon Thema.

Die Koalition auf Bundesebene hat sich gegen eine verpflichtende Kennzeichnung von Lebensmitteln in den Ampelfarben entschieden. Auch im federführenden Umweltausschuss des Europaparlaments hat die Lebensmittelampel kein grünes Licht bekommen.

Das Argument lautet – und dem schließe ich mich an –: Es ist nicht Aufgabe der EU-Verordnung, ein System für alle Länder festzulegen, sondern die Verordnung soll klare Regeln definieren. Gegen eine Ampel spricht zudem, dass die wissenschaftliche Fundierung für die Einteilung und Bewertung der Lebensmittel allein aufgrund ihrer Nährstoffzusammensetzung schlicht und einfach fehlt.

Für die unterschiedlichen Lebensmittel gelten zudem keine gleichen Vorgaben. Was bei der Kakaomilch noch grün ist – etwa der Fettgehalt –, kann bei Milchreis schon rot ausgewiesen sein. Menschen sind aber unterschiedlich und haben unterschiedliche Bedarfe. Ein grün bewertetes Lebensmittel muss zum Beispiel nicht das Beste für einen älteren Menschen sein. Die Ampel wird den individuellen Ernährungsgewohnheiten und -bedürfnissen in der heutigen Zeit einfach nicht gerecht. Und Aufgabe der Politik ist es nun einmal nicht, rotes oder grünes Licht für die Ernährung der Bürger zu geben und eine ausgewogene Ernährung damit auch noch zu reglementieren.

Es geht nicht darum, sich von Ampelfarben leiten zu lassen, sondern anhand der Nährwertangaben eine individuelle Kaufentscheidung zu treffen.

(Beifall bei der FDP)

Bei allem Bedienen aus dem großen Straßenverkehrsgarten, was heute schon genannt wurde: Eine Ampel, auch wenn sie grün ist, ersetzt nicht die notwendige Bewegung, die für eine gesunde Lebensweise ebenso notwendig ist.

Das, was die Verbraucher benötigen, sind sachlichfaktische Nährwertkennzeichnungen, die transparent und nachvollziehbar sind, auf einheitliche und wiederkehrende Symbole setzen und so die Verbraucher über die Lebensmittel in ihrer Nährstoffzusammensetzung aufklären.

Mittlerweile diese Angabe ist für jeden zweiten Verbraucher, der auf die Nährwertkennzeichnung achtet, entscheidend für den Kauf der Ware. Diese Informationen sind wichtig und die muss er auch erhalten. Keine Frage: Das gehört zum Verbraucherschutz.

Zusammengefasst: Mäßigung bei den Verordnungen und Appell an das Maßhalten der Verbraucher im Sinne ihrer Eigenverantwortung – dafür steht die FDP.

(Beifall bei der FDP)

Maßhalten und Eigenverantwortung werden uns allerdings nicht in die Wiege gelegt. Hier müssen wir auf das erzieherische Engagement der Eltern, der Pädagogen und letztendlich auch uns, die Gesellschaft, zurückgreifen. Sie tragen dazu bei, dass Kinder lernen, was gesund ist, was ausgewogene Ernährung ist und welche Speisen und Getränke nicht im Übermaß zu konsumieren sind. Unsere Aufgabe ist es, den Lebensmittelkäufer umfassend zu informieren. Unsere Aufgabe ist es nicht, ihn zu erziehen.

(Beifall des Abg. Benjamin Karabinski, FDP)

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Von den Lebensmitteln zu den Lebensmittelkontrollen. Heute ist schon das dänische Smiley-System angesprochen und diskutiert worden. Hier geht es um das Vergeben von Qualitätssiegeln, die dem Verbraucher Sicherheit geben sollen. Lächelnde Smileys werden an Gaststätten oder andere Institutionen vergeben, die bei den amtlichen Lebensmittelkontrollen positiv aufgefallen sind.

Im Umkehrschluss bedeutet dann die Nichtzertifizierung oder gar die Aufnahme in eine Negativliste – wie es sie in

Berlin schon gibt – einen Hygieneverstoß der Gaststätte. Schlechte Restaurants zu enttarnen, halte ich für hilfreich. Die Frage ist nur: Wie erreiche ich dieses Ziel?

Ich gehe davon aus, dass unsere Lebensmittelhygiene, die Lebensmittelkontrolleure eine sehr gute Arbeit leisten. Beim Smiley-Projekt gibt es nämlich neben dem praktischen auch noch rechtlichen Klärungsbedarf. Das haben die Projekte in Berlin und in Nordrhein-Westfalen gezeigt.

Wichtig ist mir jedoch ein Punkt: Muss es eine weitere Reglementierung geben oder ist Transparenz nicht auch auf einem unbürokratischen Weg zu erzielen?

Wir haben doch verbindliche Kontrollmechanismen. Für Hygieneverstöße werden schon jetzt Sanktionen verhängt. Wenn ein Restaurant natürlich auf eine Zertifizierung Wert legt, dann kann es das auch schon jetzt tun.

Wenn der Verbraucher dies für seinen Entscheidungsprozess akzeptiert, umso besser. Aber nur auf freiwilliger Basis halte ich so ein Konzept für sinnvoll. Nicht anders funktioniert es für alle anderen Produkte des Marktes.

Die Verbraucher sollen selbst entscheiden, welche Produkte sie erwerben und verbrauchen und wo sie sie erwerben und verbrauchen wollen. Dabei sollte Politik nur wenige Ausnahmen machen, nämlich dann, wenn Gefahr von bestimmten Produkten ausgeht oder das Wohl und die Gesundheit einer nicht selbst Verantwortung tragenden Gruppe gefährdet sind. Das ist immer dann der Fall, wenn es um Kinder geht.

Vor Kurzem wurde eine wichtige Sicherheitslücke im Bereich des Jugendmedienschutzes geschlossen. Ich erinnere noch einmal an den Medienschutzvertrag. Bis dato war es Kindern untersagt – oder zumindest sollten die Kontrollen in den Verkaufsstellen so funktionieren –, bestimmte Produkte, bestimmte Spiele im Laden nicht zu erwerben. Auf der anderen Seite war es für sie allerdings leicht, diese im Internet herunterzuladen. Wenn es also Regeln für den Einzelhandel gibt, dann müssen genau diese auch für das weltweite Netz gelten; denn auch hier muss der Jugendschutz greifen. Deswegen wurde der neue Jugendmedienschutzvertrag so unterzeichnet. Es wird künftig eine freiwillige Alterskennzeichnung durch die Webseitenanbieter für deren Inhalte geben. Diese Freiwilligkeit möchte ich aber hier noch einmal besonders hervorheben. Es geht uns um einen sachlichen Umgang mit den gegensätzlichen Interessen: dem Jugendschutz – also dem Schutz der Konsumenten – und auf der anderen Seite der Meinungsfreiheit.

Auf diese Alterskennzeichnung, die jetzt freiwillig möglich ist, können spezielle Filterprogramme zugreifen, die von den Eltern, gegebenenfalls auch den Großeltern, auf den Computern der Kinder zu installieren sind. Es ist und bleibt allerdings die Entscheidung der Eltern, ob und welche Inhalte sie für ihre Kinder sperren. Der Gesetzgeber allein kann in diesem schnelllebigen Bereich nicht umfassend präventiv wirken. Ein Schutz der Kinder kann hier nur erreicht werden, wenn Eltern, unterstützt von

Pädagogen und von Vereinen, zum Beispiel der „Aktion Jugendschutz Sachsen e. V“, die Medienkompetenz ihrer Kinder fördern und sie frühzeitig zu selbstbewussten und selbstbestimmten Nutzern erziehen.

Nehmen wir also die Eltern als die wichtigste gesellschaftliche Stütze im Leitbild unserer modernen Verbraucherpolitik mit ins Boot, aber lassen wir sie damit nicht allein und wertschätzen wir jeden Tag ihr Engagement. Mein Dank geht an alle Eltern.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Die freiwillige Selbstverpflichtung, wie sie für mich im Verbraucherschutz wesentlich ist, ist allerdings nicht immer vorbehaltlos zu sehen. Wenn es um die Privatsphäre der Bürger und den sicheren Umgang mit deren Daten geht, ist das Schutzniveau des Bürgers deutlich höher. Das ist auf viele Bereiche übertragbar. Ich möchte nur beispielhaft das Kinderschutzgesetz nennen, das wir im letzten Mai-Plenum hier verabschiedet haben. Bei dessen Erarbeitung haben wir als FDP auf die Datensicherheit geachtet. Möglichst wenige Institutionen sollen die in diesem Gesetz erhobenen Daten überhaupt abrufen können. Sobald die entsprechenden U-Untersuchungen im Rahmen dieses Gesetzes stattgefunden haben, werden diese Daten sofort wieder gelöscht. Auch bei der Einführung der Gesundheitskarte wird es für uns Grundvoraussetzung sein, dass der Nachweis von sicherer Datenspeicherung, Datenabruf und Datenübertragung erbracht wird. Erst dann wird es zu dieser Einführung kommen.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir wollen einen starken Verbraucherschutz. Für die unermüdliche und stets professionelle Arbeit der Verbraucherzentralen – auch unter den nicht einfachen haushalterischen Bedingungen – möchte ich mich in diesem Zusammenhang recht herzlich bedanken. Ich erachte ihre Arbeit als äußerst wichtig.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Die Sächsische Verbraucherzentrale hat in ihrem aktuellen Tätigkeitsbericht zu Recht von einem zunehmend komplexer werdenden und damit schwer überschaubaren Markt gesprochen. Natürlich nimmt der Verbraucherschutz dadurch einen immer größeren Stellenwert ein. Gleichzeitig wird es aber auch immer schwieriger, alle verbraucherschutzrelevanten Bereiche zu erfassen. Gerade deswegen verstärkt auf Reglementierung, Kontrolle und Einschränkung zu setzen wäre aus unserer Sicht der völlig falsche Weg. Einen 24-stündigen Schutz für sieben Tage in der Woche wird es in diesem schnelllebigen Bereich nicht geben.

(Beifall bei der FDP)

Mit dem Inkrafttreten des Koalitionsvertrages von CDU und FDP wurde mit dem Sächsischen Ministerium für Soziales und Verbraucherschutz erstmals in Sachsen ein Ministerium installiert, das federführend für die Belange der Verbraucher zuständig ist. Ich denke, das macht auch deutlich, dass uns wirksamer Verbraucherschutz wichtig

ist, und zwar – das sage ich ganz klar – unter der Maxime, dass der Verbraucher mündig ist und für sich selbst Verantwortung trägt. Selbstbewusste Verbraucher, die klug und informiert entscheiden, sind die besten Garanten für ein hohes Niveau im Verbraucherschutz.

Die Verbraucher wollen nicht vom Staat bevormundet werden, sondern erwarten völlig zu Recht Informationen, Wissen über die Märkte und effektive Schutzrechte. Verbotspolitik schadet der Freiheit und der Vielfalt. Unsere Aufgabe ist es nicht, die Menschen vor dem Markt zu schützen, sondern sie im Markt zu stärken.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP, der CDU und der Staatsregierung)

Herr Abg. Weichert, Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die eben gehörte Fachregierungserklärung unterschied sich von den bisher gehörten in positiver Weise, nämlich an den Stellen, an denen Frau Staatsministerin zum Beispiel das Verbraucherschutzinformationsgesetz und dessen Umsetzung kritisiert, und dort, wo sie sich für sächsische Smileys einsetzen will.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Andererseits ist die heutige Regierungserklärung wieder einmal ein anschauliches Beispiel dafür, wie die Koalition davon ablenken möchte, dass sie in ihrer bisherigen Amtszeit so rein gar nichts hinbekommen hat.

Ich bin ja schon gespannt, welcher Minister nach der Sommerpause hier als nächster zur Fachregierungserklärung ans Rednerpult darf.

(Zuruf des Abg. Johannes Lichdi, GRÜNE)

Meine Damen und Herren! Die Staatsregierung hatte nämlich in den vergangenen Monaten nichts anderes vor, als an den Säulen des Verbraucherschutzes in Sachsen zu sägen. Wie konnten Sie nur angesichts dieser Fakten auf die Idee kommen, das Budget der Verbraucherzentrale Sachsen für 2010 um eine halbe Million Euro zu kürzen? Im gleichen Zeitraum sorgte die Finanz- und Wirtschaftskrise für steigende Nachfrage nach Beratung durch unabhängige Verbraucherzentralen. Wenn Sie sich jetzt hinstellen und sich feiern, dass Sie die Insolvenz der Verbraucherzentrale Sachsen, die für 2011 tatsächlich drohte, abgewendet und deren Unabhängigkeit erhalten haben, dann finde ich das schon ein wenig dreist. Das ist kein Verdienst, sondern eine Selbstverständlichkeit, meine Damen und Herren.

Sehr geehrte Frau Staatsministerin Clauß, verstehen Sie mich bitte nicht falsch. Ich kann mir schon vorstellen, dass Sie diesen Kürzungsunsinn selbst gern abgewendet hätten. Doch ich vermute, dass der Verbraucherschutz im Kabinett und bei der Verteilung der Finanzen keinen angemessenen Stellenwert hat.

Meine Damen und Herren! Auch im zuständigen Ministerium ist der Verbraucherschutz noch nicht komplett angekommen. Das zeigt sich zum einen darin, dass in Ihrem Haus immer noch keine Abteilung Verbraucherschutz eingerichtet ist. Es gibt lediglich ein Referat, woran man den Stellenwert des Themas ablesen kann.

(Zuruf: Immerhin!)

Zum anderen liegt beispielsweise – das hat Herr Jurk auch schon kritisiert – der technische Verbraucherschutz beim Wirtschaftsminister und entzieht sich damit Ihrem Einfluss. Hier ist eine schnelle Bündelung und Aufwertung dringend angeraten.