Protocol of the Session on June 16, 2010

Meine Damen und Herren! Damit es nach der Wahlhandlung zu keiner längeren Pause kommt, schlage ich Ihnen bereits jetzt vor, in der Tagesordnung fortzufahren und das Ergebnis der Wahl zu einem späteren Zeitpunkt bekannt zu geben.

Ich übergebe nun das Wort an die Leiterin der Wahlkommission, Frau Abg. Roth. Bitte, walten Sie Ihres Amtes.

Danke, Herr Präsident. – Wir kommen jetzt zur Wahl des Vorsitzenden und des stellvertretenden Vorsitzenden des 2. Untersuchungs

ausschusses zum sogenannten Sachsen-Sumpf (Kriminel- le und korruptive Netzwerke in Sachsen).

Meine Damen und Herren! Die Abgeordneten werden in alphabetischer Reihenfolge aufgerufen und erhalten einen Stimmschein, auf dem entsprechend den Vorschlägen der Fraktionen DIE LINKE und der CDU die Kandidaten für den Vorsitzenden und für dessen Stellvertreter aufgeführt sind. Sie können sich zu den Kandidaten durch Ankreuzen in dem entsprechenden Feld für Ja, Nein oder Enthaltung entscheiden. Wer mehr Ja- als Neinstimmen erhält, ist gewählt. Wir beginnen mit der Wahl.

(Namensaufruf – Wahlhandlung)

Ist jemand im Saal, den ich nicht aufgerufen habe? – Das ist nicht der Fall. Ich übergebe nun an den Präsidenten, der gerade zur Wahl ist.

Meine Damen und Herren! Die Wahlhandlung ist beendet. Frau Roth, ich wünsche Ihnen und den Kommissionsmitgliedern viel Erfolg bei der Auszählung der Stimmen.

Tagesordnungspunkt 7

2. Lesung des Entwurfs Gesetz zur Vereinfachung des Landesumweltrechts

Drucksache 5/1356, Gesetzentwurf der Staatsregierung

Drucksache 5/2700, Beschlussempfehlung des Ausschusses für Umwelt und Landwirtschaft

Meine Damen und Herren! Wir hatten verabredet, dass wir, während die Kommission die Stimmen auszählt, in der Tagesordnung fortfahren. Ich darf Sie darauf hinweisen, dass wir den Tagesordnungspunkt 7 heute bereits besprochen und uns darauf verständigt haben, dass der Gesetzentwurf der Staatsregierung mit der Drucksa

che 5/1356, Gesetz zur Vereinfachung des Landesumweltrechts, zur weiteren Verhandlung an den Ausschuss zurückverwiesen wurde. Damit ist der Tagesordnungspunkt 7 beendet.

Ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 8

2. Lesung des Entwurfs Gesetz über die Sächsische Härtefallkommission (Sächsisches Härtefallkommissionsgesetz – SächsHFKG)

Drucksache 5/308, Gesetzentwurf der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Drucksache 5/2687, Beschlussempfehlung des Innenausschusses

Den Fraktionen wird das Wort zur allgemeinen Aussprache gemäß § 46 Abs. 2 Satz 1 der Geschäftsordnung erteilt. Die Reihenfolge: BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, danach CDU, Linksfraktion, SPD, FDP, NPD und die Staatsregierung, wenn gewünscht.

Meine Damen und Herren! Die Aussprache ist eröffnet. Ich erteile der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN das Wort. Bitte, Frau Abg. Herrmann.

Danke, Herr Präsident! – Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zum 30. Juni, also in zwei Wochen, läuft die derzeit noch gültige Verordnung über die Sächsische Härtefallkommission aus. Das haben wir zum Anlass genommen, um Ihnen – schon seit Längerem – einen Gesetzentwurf vorzulegen, über den wir heute hier abschließend beraten wollen. Wir wollen mit diesem Gesetzentwurf erreichen, dass die Arbeit der Härtefallkommission auf eine gesetzliche Grundlage

gestellt wird und nicht, wie bisher, über eine Verordnung geregelt ist.

Bevor ich näher auf einzelne Punkte unseres Gesetzentwurfes eingehen möchte, werde ich Ihnen die Situation einer Familie schildern, damit es manchen von Ihnen etwas plastischer wird und Sie von der abstrakten Ebene wegkommen. Es kann ja sein, dass der eine oder die andere sich mit dem Thema Härtefallkommission nicht näher auseinandergesetzt hat.

Die kurdische Familie Y, die seit 2002 gemeinsam mit ihren drei schulpflichtigen Kindern in Borna lebt, hätte nach der derzeitigen Verordnung kaum Aussicht auf Erlangen eines Aufenthaltstitels, auch nicht über den Weg der Härtefallkommission. Der Vater ist ausgebildeter Tiefbauingenieur mit Berufserfahrung in seinem Heimatland. Er bekam auch in Sachsen verschiedene Arbeitsangebote, musste diese aber mangels Arbeitserlaubnis ausschlagen.

Ein Antrag bei der Härtefallkommission hätte nach der bisher geltenden Verordnungslage vor allem deshalb keinen Erfolg, weil ein Ersuchen in der Regel nur angenommen wird, wenn der Lebensunterhalt gesichert ist. Das ist, wie ich gerade geschildert habe, nicht der Fall.

Dann besteht noch die Möglichkeit, dass die Familie jemanden findet, der eine sogenannte Verpflichtungserklärung für sie abgibt. Das heißt, derjenige oder diejenigen übernehmen sämtliche Kosten für die nächsten Jahre einschließlich Krankenversicherung. Liebe Kolleginnen und Kollegen, welche Summen da für eine fünfköpfige Familie zusammenkommen könnten, können Sie sich vorstellen, und dann fragen Sie sich selbst, ob Sie bereit wären, eine solche Verpflichtungserklärung abzugeben. Das bedeutet aber dann, dass diese Familie durch alle Raster fällt, und das, obwohl sie gut integriert ist, obwohl die drei Kinder in der Schule gute Leistungen haben und auch auf dem Weg der Integration sind.

Mit dem Ihnen heute vorliegenden Gesetzentwurf unserer Fraktion könnte diese erfolgreiche Integration fortgeführt werden. Ich möchte Ihnen jetzt exemplarisch an einigen Beispielen deutlich machen, warum das so ist.

Unser Entwurf ermöglicht es zum Beispiel, dass das Ersuchen der Familie Y der Kommission überhaupt vorgetragen werden kann. Bisher ist es so, dass das, wenn der Lebensunterhalt nicht gesichert ist, in der Regel dazu führt, dass der Vorsitzende der Kommission das Ersuchen überhaupt nicht an die Kommission weiterleitet. Das heißt, es bleibt schon in dem Verfahrensstadium stecken.

Wir haben in unserem Gesetzentwurf einige Zugangshürden zur Härtefallkommission abgebaut, denn die jetzt noch aktuelle Verordnung nennt eine ganze Reihe von Vorbedingungen. Neben der Sicherung des Lebensunterhaltes ist das zum Beispiel auch die Annahme, dass der Ausländer die Mitwirkungspflichten verletzt hat. Das ist aber etwas, das man gar nicht so leicht nachweisen kann, da mancher auch gar keinen Pass erhält, weil die Botschaften der entsprechenden Länder keine Pässe ausstel

len oder weil zum Beispiel die Botschaften ihre Landsleute auch gar nicht erst vorsprechen lassen.

Es gibt verschiedene Hürden, die aufgebaut sind. Nach unserer Auffassung verletzen diese Hürden den Auftrag der Härtefallkommission, der darin besteht, dass aus humanitären und persönlichen Gründen auch in Fällen, die eigentlich vom Bleiberecht oder von einer Aufenthaltssicherung ausgeschlossen sind, noch einmal eine Kommission darüber entscheiden soll. Der humanitäre Auftrag ist vom Bundesgesetzgeber gewollt und die derzeit bestehenden Hürden werden dem nicht gerecht.

In der Anhörung wurde gerade deutlich, dass solche absoluten Ausschlussgründe eine Abwägung aller positiven und negativen Aspekte eines Falles verhindern. Wolle man eine objektiv richtig gute Härtefallentscheidung, dann – jetzt zitiere ich den Vorsitzenden der badenwürttembergischen Kommission – muss man alle objektiv positiven und negativen Aspekte auf die Waage legen können. Das bedeutet nicht – das sage ich an dieser Stelle noch einmal deutlich, weil einige Kolleginnen und Kollegen immer noch meinen, dass das damit verbunden wäre –, dass unabhängig von der Situation und Vorgeschichte jeder eine Aufenthaltserlaubnis bekommen könnte. Nein, es wird jeder Fall ganz gesondert betrachtet, und zwar sowohl die positiven Aspekte, die dafür sprechen, als auch die negativen Aspekte.

Zum anderen haben wir in unserem Gesetzentwurf die Zusammensetzung der Kommission erweitert. Uns war es wichtig, dass genderspezifische Aspekte bei der Beurteilung, ob ein Härtefall vorliegt oder nicht, in Zukunft mehr Beachtung finden als bisher.

Es werden aber auch staatliche Institutionen in die Kommission einbezogen. Am Ende, liebe Kolleginnen und Kollegen, entscheidet der Innenminister darüber, ob eine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird oder nicht. Deshalb sind wir der Meinung, dass sowohl das Innenministerium als auch das Sozialministerium von Anfang an in die Arbeit der Kommission einbezogen werden sollen.

Warum ein Gesetzentwurf? Wir wollen es nicht der Exekutive überlassen, die Regeln der Arbeit der Kommission hinter verschlossenen Türen festzulegen. Gerade in einem solch sensiblen Bereich ist einer gesetzlichen Regelung der Vorrang einzuräumen. Ein Gesetz basiert auf einer breiten demokratischen Legitimation und spiegelt einen politischen Konsens wider, den wir hier gemeinsam erreichen können. Deshalb kommt ihm eine stärkere Bestandskraft zu.

Wir haben Ihnen heute auch einen Änderungsantrag vorgelegt, den ich an dieser Stelle gleich mit einbringe. Wir wollen im Gegensatz zu der ursprünglichen Regelung im Gesetzentwurf mit diesem Änderungsantrag erreichen, dass die Härtefallkommission beim Sächsischen Ausländerbeauftragten und nicht im Innenministerium angesiedelt ist.

Sehr geehrter Herr Ulbig, wenn wir in der Einwanderung in unser Land eine Chance sehen, dann ist es wichtig,

auch die einzelnen Menschen zu sehen. Wir bieten Menschen eine Chance in unserem Land, und wir bieten ihnen eine neue Heimat. Deshalb ist es so wichtig, die Arbeit der Härtefallkommission entsprechend zu sichern und sie in die Lage zu versetzen, genau diesen demokratischen Auftrag wahrzunehmen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Mitglieder der Härtefallkommission haben in den vergangenen Jahren eine engagierte Arbeit geleistet. Eine Zustimmung zu unserem Gesetzentwurf ist zugleich Anerkennung für dieses Wirken und Auftrag für die Zukunft an die Mitglieder. Wir bitten Sie deshalb um ein positives Votum.

Danke.

(Beifall bei den GRÜNEN und der Abg. Sabine Friedel, SPD)

Vielen Dank, Frau Herrmann. – Für die Fraktion der CDU spricht der Abg. Bandmann.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das, was die Antragstellerin hier begehrt, ist in der Tat ein wichtiges Thema, bei dem der einzelne Mensch im Zentrum steht und bei dem vor allem eine Wechselbeziehung zwischen dem Freistaat Sachsen, welches das aufnehmende Land, der aufnehmende Teil der Bundesrepublik Deutschland ist, und denen, die zu uns kommen wollen, besteht. Ich kann nicht erkennen, dass das staatliche Handeln des Innenministeriums und in persona des Innenministers in der Vergangenheit falsch war.

Was Sie hier unterstellen, ist letztlich ein komplettes Misstrauensvotum gegen die Organschaft des Innenministeriums und des Innenministers, wenn Sie sagen, wir müssten das auf eine andere, demokratische Basis stellen und dies nicht der Exekutive überlassen. Was heißt das eigentlich? Dass im Grunde genommen die Repräsentanten, die hier die Verantwortung, auch die exekutive Verantwortung tragen, von Ihnen in dieser Frage keine Zuständigkeit mehr erhalten; und dies kann meines Erachtens so nicht sein.

Wir wissen, dass das Innenministerium am 1. Juli dieses Jahres die neue Verordnung über die Härtefallkommission in Kraft setzen wird. Wir wissen, dass die bisherige Arbeit durchaus sehr sorgfältigen Abwägungen unterworfen war. Die Bedingungen für eine Aufenthaltserlaubnis sind eben nicht nur mit den Beispielen, die Sie hier vorgetragen haben, zu unterlegen, sondern wir haben es mit Ihrem Gesetzentwurf auch mit weiteren Punkten zu tun, bei denen am Ende auf einmal Straftaten in einem bestimmten Umfang bei der Beurteilung keine Rolle mehr spielen sollen. Straftaten des Antragstellers sollen grundsätzlich nicht beachtet und nur in Ausnahmefällen in die Gewichtung einbezogen werden. Wenn ich sehe, welche Straftaten gerade in letzter Zeit von Personen, die genau unter diese Betrachtung fallen, in Deutschland begangen worden sind, sage ich als Verantwortungsträger der CDU

Fraktion im Freistaat Sachsen – und ich denke, ich spreche an dieser Stelle auch für die CDU Deutschlands –: Das ist für uns keine akzeptable Forderung.

(Beifall bei der CDU)

Wir haben die Aufgabe, Menschen vor Straftaten zu schützen; und wenn Menschen zu uns kommen wollen, haben sie die Regelungen und die Maßgaben unserer Gesetze zu beachten.

(Johannes Lichdi, GRÜNE: Merken Sie nicht, dass Sie ein Fossil vergangener Zeiten sind?)

Herr Lichdi, wenn Sie einen Redebeitrag wünschen, melden Sie es beim Präsidenten an.