2. Lesung des Entwurfs Gesetz zu dem Staatsvertrag über die Einrichtung eines nationalen Mechanismus aller Länder nach Artikel 3 des Fakultativprotokolls vom 18. Dezember 2002 zu dem Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe
Es ist keine allgemeine Aussprache vorgesehen. Wünscht dennoch ein Abgeordneter, das Wort zu nehmen? – Das ist nicht der Fall. Ich rufe noch einmal die Berichterstatterin auf. – Auch sie möchte das Wort nicht nehmen. Damit verfahren wir wieder so wie zu den letzten Abstimmungen, wenn es keinen Widerspruch gibt.
Ich rufe artikelweise auf, und wir stimmen ab auf der Grundlage der Beschlussempfehlung des Verfassungs-, Rechts- und Europaausschusses. Es liegen auch hier keine Änderungsanträge vor.
Ich beginne mit der Überschrift. – Wer gibt die Zustimmung? – Die Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Ich sehe Einstimmigkeit, oder habe ich jemanden übersehen? – Nein, es gibt Einstimmigkeit in der Zustimmung.
Ich rufe Artikel 1 auf. Wer gibt die Zustimmung? – Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Auch hier Einstimmigkeit.
Ich rufe Artikel 2 auf. Wer gibt die Zustimmung? – Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Auch hier Einstimmigkeit.
Dennoch muss ich noch über den gesamten Gesetzentwurf abstimmen lassen. Wer gibt die Zustimmung? – Gibt es Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Das ist nicht der Fall. Damit ist das Gesetz beschlossen.
Die Fraktionen können zu dem Antrag Stellung nehmen. Es beginnen die einreichenden Fraktionen CDU und FDP. Danach folgen DIE LINKE, SPD, GRÜNE, NPD und die Staatsregierung, wenn sie das wünscht. Ich erteile der CDU-Fraktion das Wort. Frau Abg. Strempel, bitte.
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Abgeordnete! Erneut behandeln wir heute einen Antrag mit einem sehr sensiblen, ethisch hoch anspruchsvollen und menschlich überlebenswichtigen Thema.
Lassen Sie mich an ein Beispiel erinnern, das ich bereits vor zwei Jahren schilderte. In meinem Bekanntenkreis ist etwas passiert, das ich niemandem wünsche. Eine Mutter erfuhr vom schweren Unfall ihres Sohnes. Als sie in die Klinik kam, wurde ihr mitgeteilt, dass ihr Sohn gestorben ist. Man fragte sie händeringend, ob sie nicht bereit ist, ihren Sohn für die Organspende zur Verfügung zu stellen. In einem unwahrscheinlichen Glauben daran, dass sie mit dieser Freigabe anderen Menschen, auch anderen jungen Menschen, helfen kann, ihr Leben weiterzuführen, gab sie ihren Sohn frei. Ich bewundere und bestaune diese enor
Meine Damen und Herren! Jedes Jahr ist für Tausende Menschen die Organspende der Beginn für eine Art zweites Leben. Das betrifft – das sollten wir uns vor Augen führen – jede Altersgruppe, selbst Kleinkinder. Menschen, die eine Spenderniere bekommen, feiern diesen Tag als Erlösung von der Dialysebehandlung. Es ist ganz gut, wenn man sich so etwas einmal ansieht, wenn man erfährt, welche Torturen diese Menschen ertragen, um zu leben. Andere wiederum können durch die Organ- und Gewebetransplantation an Lebensqualität gewinnen. Hier möchte ich zum Beispiel das Spenden der Augenhornhaut nennen, durch das sie die Sehkraft wiedererlangen.
All die Menschen sind voller Dankbarkeit. Sie wissen aber, dass sie ihr eigenes Glück der Spendenbereitschaft von oftmals bereits verstorbenen Menschen zu verdanken haben, deren Identität sie niemals erfahren.
Gesichtspunkt hinaus und verlangt ein hohes Maß an ethischen Kriterien. Er fordert letztlich jeden Menschen auf, eine absolut persönliche Entscheidung zu treffen. Deshalb gilt: Werben, appellieren und aufklären! Nur so gelingt es uns gemeinsam, den Menschen das Thema in seiner Dringlichkeit zu vermitteln und ihnen die Angst oder die Scheu vor der Auseinandersetzung mit dem Tod zu nehmen.
Aufklärung verlangt Engagement. Dieses Engagement müssen wir als Abgeordnete unterstützen, jeder in seinem eigenen Kopf, aber auch bis hin zu unserem eigenen Landeshaushalt.
Viele Bundesbürger stehen dem Anliegen positiv gegenüber. Man sagt, ungefähr zwei Drittel sehen die Notwendigkeit einer Organspende ein. Laut dem Jahresbericht der Deutschen Gesellschaft für Organspende von 2009 ist in der Zwischenzeit der meistgenannte Grund dafür, dass Angehörige einer Organspende zustimmen, der Wille der oder des Verstorbenen, die diesen oftmals schriftlich fixiert haben. Trotzdem stimmt es uns sehr nachdenklich, dass die Zahl der Organspenden stagniert. In einigen Bundesländern ist sie zwar nach oben gegangen, in anderen Bundesländern stagniert sie bzw. geht sie zurück. Nur 17 % der Menschen in Deutschland formulieren ihren Willen schriftlich. Hinzu kommt natürlich auch, dass vielfach Angehörige den Willen des Verstorbenen nicht kennen, weil es unterlassen wurde, ihn schriftlich zu fixieren. Auch Spekulationen um kriminelle Handlungen oder den kriminellen Handel mit Organen und natürlich auch die Furcht vor einer nicht rechtmäßigen Organvergabe halten die Menschen von einer Bereitschaft zur Organspende zurück.
Deshalb wurde 1997 in Deutschland ein Transplantationsgesetz beschlossen. Wir haben in Sachsen das Ausführungsgesetz. Diese Gesetze garantieren, dass alles auf rechtlicher Grundlage und nach guter medizinischer Prüfung durchgeführt wird. Letztlich ist die Bundesärztekammer dafür zuständig, die Richtlinien zu erstellen. Unter anderem werden in diesen Richtlinien die Aufnahmen für die Wartelisten und die Regeln zur Organvermittlung festgelegt.
Meine Damen und Herren, seit 1982 findet jedes Jahr im Juni der „Tag der Organspende statt“. Viele Selbsthilfegruppen, die Deutsche Stiftung Organtransplantation und andere Institutionen beteiligen sich an dieser Veranstaltung. Ein solcher Tag wie der „Tag der Organspende“ wird sowohl durch die Medien als auch durch die Politik und die Vertreter der Kliniken, der Krankenkassen sowie durch die Ärzteschaft unterstützt. Das Engagement hierfür darf nicht reduziert werden. Und trotzdem – die persönliche Entscheidung für oder gegen eine Organspende steht jedem Menschen frei und ist zu respektieren!
Ich möchte einige Zahlen nennen, die uns nochmals zu denken geben sollten. Circa 12 000 schwerkranke Menschen warten in Deutschland auf ein Spenderorgan. Trotz des täglichen Ringens der Ärztinnen und Ärzte um das Leben der betroffenen Menschen kann nicht allen gehol
fen werden. Es fehlt an Spenderorganen, sodass etwa 1 000 Menschen jährlich, das heißt drei Menschen täglich, sterben müssen. Müssen sie sterben?
Organspende geht jeden an. Ich möchte Frau Pott, die Direktorin der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, zitieren: „Die Wahrscheinlichkeit, selber ein Organ zu benötigen, ist dreimal höher, als ein Organ zu spenden.“
Deshalb appelliere ich noch einmal an Sie alle: Lassen Sie uns gemeinsam über das Thema Organspende reden! Lassen Sie sich selbst darauf ein, darüber nachzudenken, ob Sie bereit sind, in Ihrer Familie dieses Thema zu besprechen! Schieben Sie es bitte nicht weg! Jeder von uns kann morgen Betroffener sein, und dann erwarten wir alle, dass uns oder unserem Angehörigen sofort geholfen wird. Aber geholfen werden kann nur, wenn wir auch genügend Bereitschaft haben zu helfen. Wir wissen: Organspende rettet Leben.
Ich möchte an dieser Stelle bereits einen Hinweis geben: Ende August/Anfang September führt die Landesärztekammer zusammen mit dem Deutschen Hygienemuseum wieder eine Woche „Organspende – bewusst entscheiden“ durch. Wer sich bisher noch nicht dafür interessiert hat: Dort sprechen Fachleute über alle Angelegenheiten, Fragen und geben Ihnen auch Antworten auf Ihre Fragen – Fachleute, die jeden Tag mit diesem Thema zu tun haben.
Wir wissen, dass in Sachsen eine starke demografische Alterung ansteht. Wir kennen die Problematik. Wir wissen, dass die junge Generation aufgrund des Geburtenknicks leider zurückgeht. Jeder Mensch ist es wert, eine Unterstützung zu erhalten, damit seine Gesundheit so lange wie möglich erhalten bleibt. Gesundheitsförderung und Prävention müssen unsere Aushängeschilder werden und bleiben! Aber den Menschen, die krank sind, den Menschen, die einen Unfall haben, den Menschen, die dringend Hilfe benötigen, müssen wir genauso helfen, und dazu gehört das Thema Organspende. Bitte, lassen Sie uns gemeinsam dafür werben, appellieren, aufklären, und bitte beteiligen Sie sich gemeinsam mit uns daran.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! „Dreimal in der Woche verbringt Sandra die Nacht im Dialysezentrum, angeschlossen an die Schläuche eines Apparates zur Blutwäsche. An dieser Maschine hängt ihr Leben. Die Nieren der jungen Frau funktionieren nicht mehr. Seit acht Jahren nimmt die 24-Jährige an der nächtlichen Blutwäsche teil, um am Tag arbeiten zu können. Die gelernte Kinderpflegerin ist Kindermädchen bei einer Familie, denn eine Arbeit an einem öffentlichen Kindergarten bekommt Sandra nicht. Da steht ihr die Krankheit
im Wege. Doch sie hat sich mit ihrer Krankheit arrangiert, mit den vielen Nächten in einem fremden Bett an der Maschine, mit den unzähligen Einstichen in ihren Armen von der Dialysekanüle. Das Warten auf ein passendes Spenderorgan dagegen ist zermürbend. Eine Transplantation ist ihre einzige Hoffnung, der Dialyse zu entkommen und ein weitgehend normales Leben zu führen.“
Fünf bis sieben Jahre wartet im Durchschnitt ein Dialysepatient in Deutschland auf das heiß ersehnte Organ. Die Patientin, deren Leiden ich Ihnen kurz vorgetragen habe, wartet bereits acht Jahre. Je mehr Zeit vergeht, umso schlechter ist ihre Prognose. Es ist und bleibt ein Wettlauf gegen die Zeit.
Das Verfahren der Organtransplantation gehört seit etwa zwei Jahrzehnten zum therapeutischen Standard bei einer Reihe schwerer Erkrankungen, die mit zukünftigem Organversagen verbunden sind. Viele Patientinnen und Patienten verdanken seitdem der Transplantationsmedizin ihr weiteres Leben oder eine deutliche Verbesserung ihrer Lebensqualität.
Jeden Tag werden bundesweit etwa elf Transplantationen durchgeführt. Mit jeder geht für jeden Patienten häufig eine lange Zeit des Wartens zwischen Verzweiflung und Hoffnung zu Ende. Die Transplantate bleiben meist über Jahrzehnte hinweg funktionstüchtig und schenken den Empfängern viele Lebensjahre. Es gibt Zahlen, ich nenne sie hier am Rande: 72 % der Herztransplantierten bzw. 85 % der Nieren- und Lebertransplantierten leben mindestens fünf Jahre und darüber hinaus natürlich auch länger mit ihrem neuen Organ. Diese fünf Jahre werden immer genannt, da die Medizin im Allgemeinen davon ausgeht, dass danach keine größere Gefahr mehr besteht, das Organ zu verlieren. Egal, ob in der Familie, im Beruf oder in der Freizeit – einem zufriedenen und nahezu normalen Leben steht dann nichts mehr im Wege. Selbst sportliche Höchstleistungen, Schul- und Studienabschlüsse oder auch Schwangerschaften sind nach Transplantationen möglich.
Dieses Glück haben jedoch nicht alle Patienten. Jahr für Jahr sterben Hunderte Patienten, die durch eine Organtransplantation vermutlich hätten gerettet werden können, für die aber nicht rechtzeitig ein Organ zur Verfügung stand.
Derzeit warten in Deutschland – die Zahl ist genannt worden – 12 000 Patientinnen und Patienten auf ein lebensrettendes Spenderorgan. Hier in Sachsen sind es mit dem Stand Januar 2010 575. Vielleicht kennen Sie selbst jemanden in Ihrem Bekannten- oder Familienkreis. Mir persönlich geht es so. Herzkranke Patienten warten im Augenblick beispielsweise zwischen zwei und vier Jahre auf ein neues Organ. Rund ein Viertel stirbt allerdings während dieser Zeit, und die Kluft zwischen dem Bedarf an Organen und den realisierten Transplantationen ist eben deshalb so groß, weil nicht genügend Spenderorgane zur Verfügung stehen.
Haben Sie das eigentlich alles gewusst? Wissen Sie, nach welchen Verfahrensweisen eine Organtransplantation
vorgenommen wird? Haben Sie Ihren Organspendeausweis schon ausgefüllt? Ich habe es. Mittlerweile sieht er zwar etwas vergriffen aus, aber er ist mein ständiger Begleiter.
Denn ich sehe ein wesentliches Problem in dem, was wir heute besprechen. das ist die Aufklärung, die Aufklärung über Organtransplantation. Über die Hälfte unserer Bevölkerung fühlt sich nämlich schlecht informiert. Im Jahr 2009 wurden durch das Emnid-Institut bundesweit Allgemeinmediziner und Fachärzte befragt, was ihrer Ansicht nach mögliche Ursachen für eine vergleichsweise geringe Rate an Spenden in Deutschland im internationalen Vergleich seien. An erster Stelle wurden die mangelnden Informationen der Bürger, und zwar zu 95 %, genannt. Erst danach folgten Beispiele wie die Ängste der Bürger oder eine grundsätzliche Ablehnung der Organspende.
Zwar wissen 95 % der Deutschen, dass es Organspendeausweise gibt, aber die Auseinandersetzung und die Beschäftigung mit dem Thema Organspende findet nicht statt. Was fehlt den Menschen offenbar? Wissen? Ihnen fehlt offenbar Aufklärung und natürlich auch eine Sensibilisierung für dieses Thema; denn es ist immer eine Gratwanderung zwischen Leben und Tod.
Dass sich ein Großteil der Bevölkerung schlecht über das Thema Organspende informiert fühlt, trägt allerdings auch zur Verfestigung von Vorbehalten bei und schürt Misstrauen. Diese Vorbehalte wollen und müssen wir letzten Endes ernst nehmen und respektieren. Zielgerichtete Aufklärungskampagnen tragen dazu bei, diese Vorbehalte auszuräumen. Ich selbst habe Ihnen Infomaterial auf meiner Bank ausgelegt, auch den einen oder anderen Spenderausweis. Wer sich also am heutigen Tag noch dazu informieren möchte: bitte, gern.
Die Kampagnen, die bisher angelaufen sind, werden in den Medien immer gut begleitet und dargestellt; und die letzte der Kampagnen, die auf Bundesebene gelaufen ist, „Sportler für Organspende“ im Februar 2010 unter der Schirmherrschaft unseres Bundesgesundheitsministers Philipp Rösler, leistete einen solchen Aufklärungsbeitrag. Im Mittelpunkt stand der Aufruf an die Fußballfans, sich mit dem Thema Organspende auseinanderzusetzen. Organspendeausweise wurden in den Fußballklubs verteilt oder dem Bundesligamagazin beigefügt. Vielleicht haben Sie dort auch einen gesehen.