Zum Zweiten stellt sich die Frage: Woher werden überhaupt die Mittel genommen, mit denen die lokalen Fernsehanbieter künftig von der SLM unterstützt werden sollen? Vielleicht muss ich daran erinnern, dass die Landesmedienanstalten einen Teil der Rundfunkbeiträge der Bürger verwalten und bewirtschaften. Die werden bekanntlich demnächst nicht mehr. Im Gegenteil, sie sollen demnächst sinken. Wir alle begrüßen das. Aber das hat natürlich auch die Konsequenz, dass man Geld, das man nicht mehr einnimmt, auch nicht ausgeben kann.
Die SLM hat auch gesagt, wo die geplanten 300 000 Euro herkommen sollen. Gekürzt werden soll dafür an den Projekten für Medienpädagogik, am Jugendmedienschutz, an der Medienforschung und der kulturellen Filmförderung, also ausgerechnet in den Bereichen, die in Sachsen ohnehin in einem desolaten Zustand sind.
Vielleicht erinnern Sie sich an die Große Anfrage unserer Fraktion zur Medienpädagogik. In der Antwort musste die Staatsregierung einen fachpolitischen Offenbarungseid ablegen. Mit den vorhandenen Projekten wird nur ein kleiner Teil der sächsischen Kinder und Jugendlichen erreicht. Geförderte Projekte sind oft wie ein Tropfen auf den heißen Stein – von Stetigkeit und Nachhaltigkeit keine Spur.
Nun ist Medienpädagogik nicht nur eine Aufgabe der Landesmedienanstalt, sondern dafür in erster Linie die Staatsregierung, genauer das Kultusministerium, verantwortlich. Aber dass nun bei den Mitteln der SLM für Medienpädagogik noch gekürzt werden soll, ist mehr als makaber. Wenn Sie bereit wären, andere Deckungsvorschläge zu suchen, wäre das aus unserer Sicht deutlich sinnvoller.
Ich wiederhole gerne meinen Vorschlag zur Einsparung von Verwaltungskosten: Es ist nicht einzusehen, dass wir im öffentlich-rechtlichen Bereich seit fast 25 Jahren mit dem MDR über eine Dreiländeranstalt verfügen, sich aber Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen immer jeweils eine eigene Landesmedienanstalt für den privaten Rundfunk mit Direktor und Villa leisten. Da ist ein echtes Sparpotenzial vorhanden, das nicht zulasten der Medienarbeit geht.
Nun zum dritten kritischen Punkt. Sie bringen es tatsächlich fertig, die Verbreitungskosten der kommerziellen lokalen Fernsehanbieter zu übernehmen, das Gleiche aber den nicht kommerziellen freien Radios zu verweigern. Seit Jahren kämpfen wir im Landtag für den Erhalt der freien Radios, denen die ursprüngliche indirekte Finanzierung durch den kommerziellen Rundfunk entzogen wurde. Sie erinnern sich, dass wir schon damals forderten, dass die SLM die vergleichsweise niedrigen Sende- und Leitungskosten für die drei freien Radios in Dresden, Leipzig und Chemnitz in Höhe von zusammen 50 000 Euro pro Jahr übernimmt. Woran scheiterte das damals? Angeblich an der fehlenden gesetzlichen Grund
lage. Jetzt wird für die lokalen Fernsehanbieter eine gesetzliche Grundlage geschaffen, den freien Radios wird diese aber verweigert. Das ist geradezu grotesk.
So leisten doch gerade diese Radios einen unverzichtbaren Beitrag zur Medien- und Meinungsvielfalt in Sachsen, und das ohne einen Cent Werbeeinnahmen. Lächerliche 14 000 Euro nimmt die SLM derzeit für die freien Radios in die Hand. Ein gemeinsamer Änderungsantrag von LINKEN, SPD und GRÜNEN zu diesem Punkt liegt Ihnen vor. Sie haben heute die Gelegenheit, diesen Fehler im Gesetz zu berichtigen. Dann können Sie auch mit unserer Zustimmung rechnen, sonst nicht.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte kurz die Chance ergreifen, einmal zurückzublicken, wie wir zu diesem Gesetzentwurf gekommen sind, dessen 2. Lesung wir heute beraten.
Anfang letzten Jahres hat Sachsen-Fernsehen angekündigt, dass der Betrieb in Leipzig und in Chemnitz eingestellt werden soll, und zwar aus wirtschaftlichen Gründen. Das hat für sehr viel Aufregung gesorgt und dazu geführt, dass wir uns Ende Juni 2013 gemeinsam mit allen Medienpolitikern der demokratischen Fraktionen mit den lokalen Fernsehveranstaltern getroffen haben. Dort haben wir uns mit der Situation auseinandergesetzt und waren einhellig der Meinung, dass wir die lokalen Fernsehveranstalter unterstützen wollen. Daraus entstanden ist neun Monate später der vorliegende Gesetzentwurf, mit dem wir uns jetzt zu beschäftigen haben.
Ich möchte mit den Punkten beginnen, die unstrittig sind. Über das Hinauszögern des Abschaltens der analogen Kabelübertragung bis 2018 brauchen wir uns nicht weiter zu unterhalten. Das ist sinnvoll und richtig. Dazu wurden schon Ausführungen gemacht. Es ist auch unstrittig, dass wir die lokalen Fernsehveranstalter unterstützen wollen. Allerdings gehört zur Wahrheit auch, dass wir im Rahmen der Befassung immer wieder gehört haben, es handele sich womöglich um eine Übergangsfinanzierung, bis sich die lokalen Fernsehveranstalter anders oder besser finanzieren können. Da warne ich vor einem Irrweg. Es wird aufgrund der wirtschaftlichen Situation und der Entwicklung im Medienbereich nicht ein vorübergehendes Phänomen sein. Wir werden auf Dauer eine Unterstützung brauchen. Wir werden ansonsten die lokalen Fernsehveranstalter in deutlichen Schwierigkeiten sehen. Diese würden sich in ihrer Zahl deutlich verringern.
Strittig an diesem Gesetzentwurf ist nun die Umsetzung. Denn die Umsetzung, die die Koalition hier vorschlägt, bringt vielerlei Probleme mit sich. Ich möchte drei Punkte ansprechen. Da wundere ich mich auch, dass die Anhörung, die wir am 2. Juni hatten, nicht zu einem Umdenken bei der Koalition geführt hat.
Der erste Punkt ist das Thema Beihilferecht. Es ist am 2. Juni klar geworden, dass die geplante Bevorzugung von DVB-T als Ausspielweg ein Irrweg ist und es dort Probleme geben kann. Das kann gegebenenfalls dazu führen, dass die Unterstützung, die die lokalen Fernsehveranstalter jetzt bekommen, in einigen Jahren womöglich zurückgefordert wird – was dann zur Insolvenz der meisten, wenn nicht aller Veranstalter führen muss. Insofern wundere ich mich, dass der Gesetzentwurf an der Stelle keinerlei Veränderungen erfahren hat.
Zweitens ist es so, dass wir als SPD-Fraktion die Konzeptlosigkeit anprangern möchten. Denn eine reine Öffnungsklausel für die Sächsische Landesmedienanstalt ohne jede Vorgabe der Umsetzung, ohne jede Klarheit, wie das passieren soll, ist aus unserer Sicht nicht zielführend, vor allem dann nicht, wenn der Präsident des Medienrates, Herr Sagurna, deutlich gemacht hat, dass er gar kein Konzept hat. Im Gegenteil, er erwartet – und das war bei der Anhörung neu für uns alle –, dass es zusätzliche Staatsgelder zur Unterstützung der lokalen Fernsehanbieter gibt. Das war, wie gesagt, eine Überraschung im Rahmen der Anhörung.
Ein dritter Punkt, der auch schon angesprochen wurde, ist das Thema Aufsicht und qualitative Standards. Es ist doch illusorisch und auch nicht zielführend zu glauben, dass sich Vielfalt allein aus der Quantität heraus begründet. Wir brauchen eine inhaltliche Vielfalt. Dafür müssen wir im Rahmen der vorhandenen Möglichkeiten Vorgaben machen. Natürlich gebietet die Staatsferne, dass wir nicht konkret ins Programm eingreifen.
Aber es gibt Mittel und Wege, um qualitative Standards abzusichern. Deshalb unterstützen wir den Änderungsantrag, den die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zu diesem Bereich vorgelegt hat.
Es wurde bereits ausgeführt, dass die Unterstützung der lokalen Fernsehveranstalter mit der schwierigen wirtschaftlichen Situation, mit der Bedeutung für die Meinungsvielfalt und der wichtigen gesellschaftlichen Aufgabe – auch für die Demokratie – begründet wird. Nun trifft das eben nicht nur auf die lokalen Fernsehveranstalter, sondern auch auf die Bürgermedien zu. Über die Bürgerradios – das hat Kollege Neubert bereits richtigerweise ausgeführt – haben wir in den letzten Jahren viel zu oft gestritten, weil das Problem schon lange gelöst sein könnte.
Es ist doch geradezu paradox, dass im Rundfunkstaatsvertrag die Förderung von Bürgermedien ausdrücklich ermöglicht wird, aber die Förderung von kommerziellem lokalem Rundfunk nur unter deutlichen Schranken möglich gemacht wird. In Sachsen wird das dazu benutzt, zwar alle Mittel und Wege auszuschöpfen, um lokales
kommerzielles Fernsehen zu unterstützen, aber gleichzeitig die Möglichkeiten des Rundfunkstaatsvertrages für die Bürgermedien nicht zu nutzen, sie kleinzuhalten und ihnen Steine in den Weg zu legen, wo es nur geht.
Deshalb – um diese paradoxe Situation zu ändern – appelliere ich aus Sicht der SPD-Fraktion an die Koalition, dem Änderungsantrag, den wir gemeinsam mit den Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN vorgelegt haben, zuzustimmen, damit es in Sachsen eine gleichberechtigte Unterstützung – für die kommerziellen Fernsehveranstalter genauso wie für die nicht kommerziellen Radios – geben kann. Zusätzlich wünschen wir uns, dass in der Zusammenarbeit mit der Sächsischen Landesmedienanstalt deutlich stärker auf die Konzeption und auf die qualitative Aufsicht Wert gelegt wird. Ansonsten können wir dem Gesetzentwurf nicht zustimmen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn wir hier über die Sicherung von Meinungsvielfalt reden, dann sprechen wir von einer Grundlage der Demokratie. Wenn wir uns anschauen, was den sächsischen Bürgerinnen und Bürgern an Medienangeboten zur Verfügung steht, dann ist auf der bundesweiten Ebene ein weites Meinungsspektrum in Presse, Rundfunk und Internetangeboten vertreten. Auf der regionalen Ebene wird dieses Spektrum durch die immer stärkere Konzentration am Medienmarkt bereits eingeschränkt. Bei der lokalen Berichterstattung schließlich ist es stellenweise sehr schwierig, überhaupt von Vielfalt zu sprechen. In dieser Situation ist jeder Beitrag wichtig.
Die lokalen Rundfunksender sind ein wichtiger Bestandteil der sächsischen Medienlandschaft. Dazu gehören die lokalen Fernsehveranstalter – in Sachsen rund 50 an der Zahl –, die als kommerzielle Medienanbieter auch öffentliche Leistungen erbringen, wie es im Sächsischen Privatrundfunkgesetz anerkannt wird; die Grundversorgung ist ansonsten Aufgabe der Öffentlich-Rechtlichen.
Dass die lokalen Fernsehveranstalter angesichts der Mehrbelastung bei der Umstellung auf digitale Verbreitung und ihrer allgemein schwierigen wirtschaftlichen Situation die Unterstützung des Gesetzgebers eingefordert haben, ist für uns GRÜNE nachvollziehbar.
Dem Anliegen des Gesetzentwurfes stimmen wir insofern zu, als die Sächsische Landesmedienanstalt ermächtigt wird, einen Teil ihrer Einnahmen aus dem Rundfunkbeitrag für die Förderung technischer Verbreitungskosten einzusetzen. Im Übrigen halten wir es für richtig, die Frist für die Abschaltung der analogen Kabelübertragung bis 2018 zu verlängern und die Kabelanbieter zu verpflichten,
regionale und lokale Fernsehprogramme auf eigene Kosten an die Kabelanlage heranzuführen. Kollege Gemkow, in diesen Punkten sind wir uns einig.
An zwei Stellen des Entwurfs muss jedoch dringend nachgebessert werden. Wir sehen es – erstens – sehr kritisch, dass jeder Lokalfernsehsender bedingungslos unterstützt werden soll. Dieses Herangehen nach dem Prinzip „wir machen weiter wie bisher, werden aber künftig gefördert“ wird zwar durch den Gesetzentwurf, insbesondere seine Begründung, suggeriert, und es trifft durchaus die Erwartungen vieler lokaler Fernsehveranstalter. Aber die Anhörung hat deutlich gemacht, dass einem solchen Verfahren schon das EU-Beihilferecht entgegensteht.
Wir müssen zudem auch den Rundfunkbeitragszahlern erklären, warum jetzt auf einmal kommerzielle werbefinanzierte Anbieter aus ihren Beitragsgeldern finanziert werden sollen. Dies können wir nur für Sender rechtfertigen, die eine publizistische Mindestqualität erfüllen und wirklich einen Beitrag zur lokalen Meinungsvielfalt leisten, und selbst dann nach unserer Überzeugung nur ausnahmsweise und übergangsweise.
Wir wollen also keine aktionistische Rettungspolitik, sondern verbinden mit der Gesetzesänderung einen Auftrag zur Strukturentwicklung. Die Förderung soll mittelfristig eine Konsolidierung der kommerziellen Senderlandschaft und deren wirtschaftliche Selbstständigkeit bewirken.
Bei der zweiten Fehlstelle im vorliegenden Gesetzentwurf handelt es sich um pures Kalkül. Dass Sie, verehrte Kolleginnen und Kollegen von CDU und FDP, die freien Radios ganz bewusst ausklammern, ist unhaltbar. Die Bedeutung der lokalen Berichterstattung dieser Medien von Bürgern für Bürger ist offensichtlich. Sie decken großstädtisches Leben umfangreich ab – von Kommunalpolitik über kulturelle Ereignisse bis hin zu Sport und Sozialem.
Eine Ungleichbehandlung von kommerziellen Lokal-TVs und nicht kommerziellen Radios ist politisch willkürlich und rechtlich angreifbar. Medienrechtler haben in der Anhörung deutlich gesagt, dass hierfür jede Begründung fehlt. Die freien Radios haben ebenfalls Verbreitungskosten, die sie nicht selbst erwirtschaften können.
Gleich behandelt heißt ja nicht, dass alle in gleicher Höhe gefördert werden. Die Verbreitungskosten sind auch bei den lokalen Fernsehveranstaltungen höchst unterschiedlich – nach Aussagen der Landesmedienanstalt zwischen 17 und 1 % der Gesamtkosten. Warum sollten wir also die Bürgermedien durchs Raster fallen lassen, zumal wir hier wirklich nur von marginalen finanziellen Summen sprechen?
Wir können dem Gesetzentwurf in dieser Form nicht zustimmen, weil er einen einseitigen Eingriff in die Medienlandschaft darstellt. Die im Grundgesetz garantierte Rundfunkfreiheit verhindert zu Recht, dass Politik entscheidet, welche Sender genehm sind, welche unter
stützt werden und welche nicht, und ich möchte an dieser Stelle Klartext reden: Die CDU kämpft gegen alles, was Kritik an ihrer Politik bedeutet. Sie tut es lautlos, mit der Strategie der kalten Schulter. Wenn Sie, werte Kolleginnen und Kollegen von der CDU, sagen, die Lokal-TVs hätten nun einmal den größten Bedarf, die Bürgermedien nicht, dann ist das ein ärmlicher Versuch, Ihre Absichten zu verschleiern. Sie wollen die freien Radios aus politischen Gründen aushungern.
Wir stehen für echte Meinungsvielfalt. Diese ergibt sich aus der Konkurrenz unterschiedlicher Meinungen. Wir schätzen das Potenzial der nicht kommerziellen Bürgermedien, auch wenn wir von ihnen wahrlich nicht nur positiv bedacht werden.
Diese Selbstverständlichkeit müsste doch auch für eine sogenannte Volkspartei gelten. Die Änderungsanträge geben Ihnen Gelegenheit, zu dieser Selbstverständlichkeit zu finden.
(Beifall bei den GRÜNEN, vereinzelt bei den LINKEN und der SPD – Dr. Karl-Heinz Gerstenberg, GRÜNE, berät sich mit dem Präsidium. – Christian Piwarz, CDU: Drei Minuten abziehen!)
Meine Damen und Herren! Ich rufe die NPD-Fraktion auf. – Sie wollten nicht sprechen. Gibt es vonseiten der Fraktionen noch Wortmeldungen?
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Nach der friedlichen Revolution von 1989 haben sich in unserem 1990 wiedergegründeten Freistaat Sachsen viele engagierte Frauen und Männer in ein Abenteuer gestürzt. Mit Mut und Weitsicht haben sie miteinander eine in Europa einzigartige Medienlandschaft aufgebaut. Hervorheben möchte ich dabei besonders die zahlreichen in Sachsen etablierten Privatsender und deren Veranstalter.
Insbesondere auf dem Gebiet des Lokalfernsehens verfügen wir über ein sächsisches Alleinstellungsmerkmal. Anders als beispielsweise in Bayern haben wir uns nicht für Fenstervarianten bei den großen Privatfernsehanbietern entschieden, sondern für eine kleinteilige Vergabe von Lizenzen. Die SLM hat darüber stets in verantwortungsvoller Weise gewacht und damit zum Erfolg dieses Modells beigetragen.