Protocol of the Session on July 10, 2014

Rechnung zu tragen. Insofern war es dem Engagement des Datenschutzbeauftragten zu verdanken, dass dieses Mal das Gesetz mit der Psychiatrieberichterstattung verabschiedet werden konnte und dass noch Regelungen eingefügt werden konnten, die diese datenschutzrechtlichen Bedenken ausgeräumt haben. Dafür möchte ich ihm noch einmal ausdrücklich danken.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Frau Ministerin, wollen Sie darauf antworten? – Das ist nicht der Fall. Herr Krauß hatte aber noch einmal um das Wort gebeten.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte noch einmal auf die grundsätzlichen Bedenken, die die GRÜNEN vorgetragen haben, eingehen. Keine Frage: Auch psychisch kranke Menschen haben Rechte. Die wollen wir ihnen nicht vorenthalten, das ist keine Frage. Deswegen sind die Hürden zur Zwangsbehandlung auch sehr hoch. Aber die UN-Behindertenrechtskonvention ist auch kein Freifahrtschein dafür, alles machen zu dürfen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich habe vorhin einen Fall vorgetragen. Wenn jemand mit der Axt durch die Gegend rennt, dann, finde ich, hat nicht nur der Betreffende, der mit der Axt unterwegs ist, Rechte, sondern auch derjenige, der noch in dem Dorf wohnt, und zwar, dass er nicht von der Axt erschlagen wird. Wenn man das selbst nicht einsehen kann, das nicht sieht, dass man mit der Axt durch die Gegend rennt und vielleicht auf Leute einschlägt, weil man krankheitsbedingt nicht dazu in der Lage ist, dann, finde ich, hat die Gesellschaft die Aufgabe, den Betreffenden zwangsweise zu behandeln und ihn auf die richtige Spur zu bringen. Das ist zwar

immer das letzte Mittel, aber ich bitte darum, dass wir beide Rechtsgüter ein wenig abwägen.

Es gibt nicht nur den psychisch Kranken, es gibt auch die restliche Gesellschaft. Die Menschen haben ein Anrecht darauf, dass ihnen mit Würde begegnet wird. Ich glaube, das ist uns mit dem Gesetz gut gelungen, das haben wir geschafft. Hätte es andere Formulierungsvorschläge gegeben, hätten Sie das gern in einem Änderungsantrag vorbringen können. Sie haben es nicht getan. Ich glaube, Ihnen ist auch nichts Besseres eingefallen, als wir im Gesetz haben. Insofern würde ich mich freuen, wenn auch Sie dem Gesetz zustimmen würden.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Frau Herrmann, bitte.

Auch an dieser Stelle eine Kurzintervention. Zum einen habe ich dargelegt, warum wir keinen Änderungsantrag vorgebracht haben: weil wir schon das Verfahren für nicht geeignet halten, also für nicht rechtskonform im Sinne der UN-Konvention. Das ist der ganz entscheidende Punkt.

Ich habe – davor verwahre ich mich – auch nicht davon gesprochen, dass die UN-Konvention ein Freifahrtschein sei. Die UN-Konvention formuliert Rechte, die bindend sind – auch für Sachsen. Es gilt, diese Rechte zu wahren. Ich sehe in der Novellierung diese Rechte als nicht gewahrt.

Wir haben gestern vom UN-Ausschuss gesprochen, dem Fachausschuss, der die Umsetzung der UN-Konvention begleitet. Er hat eine allgemeine Bemerkung getroffen, und zwar zu § 12, der unter anderem auch betroffen ist. Ich zitiere daraus: „Der Ausschuss geht davon aus, dass ein generelles Missverständnis vorliegt. Insbesondere hätten die Staaten nicht verstanden, dass ein Paradigmenwechsel von einer ersetzenden zu einer unterstützenden Entscheidung erfolgen müsse.“ – Da geht es – das habe ich vorhin gesagt – nicht darum, Zwangsbehandlungen grundsätzlich auszuschließen, sondern alle unterstützenden Möglichkeiten vorher auszuschöpfen. Das ist insbesondere durch die mangelhafte ambulante Versorgung nicht der Fall.

Herr Krauß, möchten Sie darauf reagieren? – Das ist nicht der Fall. Gibt es weiteren Redebedarf? – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung. Wir stimmen ab auf der Grundlage der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Soziales und Verbraucherschutz, Drucksache 5/14743; es liegen keine Änderungsanträge vor.

Ich beginne mit der Überschrift. Wer gibt der Überschrift seine Zustimmung? – Gibt es Gegenstimmen? – Gibt es Stimmenthaltungen? – Bei Gegenstimmen und Stimmenthaltungen wurde dennoch der Überschrift mit Mehrheit zugestimmt.

Artikel 1, Änderung des Sächsischen Gesetzes über die Hilfen und die Unterbringung bei psychischen Krankheiten: Wer gibt die Zustimmung? – Die Gegenstimmen, bitte? – Gibt es Stimmenthaltungen? – Auch hier gibt es Stimmenthaltungen und Stimmen dagegen; Artikel 1 wurde dennoch mit Mehrheit zugestimmt.

Artikel 2, Änderung des Sächsischen Krankenhausgesetzes: Wer gibt die Zustimmung? – Die Gegenstimmen, bitte? – Stimmenthaltungen? – Auch hier gleiches Abstimmungsverhalten. Artikel 2 wurde bei Enthaltungen und Gegenstimmen dennoch mit Mehrheit zugestimmt.

Artikel 3, Einschränkung von Grundrechten: Wer gibt die Zustimmung? – Die Gegenstimmen, bitte? – Stimmenthaltungen? – Auch hier Stimmenthaltungen und Gegenstimmen; Artikel 3 wurde mit Mehrheit zugestimmt.

Artikel 4, Neufassung des Sächsischen Gesetzes über die Hilfen und die Unterbringung bei psychischen Krankheiten: Wer gibt die Zustimmung? – Die Gegenstimmen, bitte? – Stimmenthaltungen? – Auch hier gibt es Stimmenthaltungen und Gegenstimmen; Artikel 4 wurde dennoch mit Mehrheit angenommen.

Artikel 5, Inkrafttreten: Wer gibt die Dafür-Stimmen? – Die Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Bei Stimmenthaltungen und Gegenstimmen ist dennoch mit Mehrheit zugestimmt worden.

Jetzt bitte ich zur Abstimmung über den gesamten Gesetzentwurf. Wer gibt die Zustimmung? – Die Gegenstimmen, bitte? – Die Stimmenthaltungen? – Auch hier gibt es das gleiche Abstimmungsverhalten. Damit ist der Entwurf als Gesetz mit Mehrheit beschlossen.

Meine Damen und Herren, der Tagesordnungspunkt ist beendet.

Erklärungen zu Protokoll

Das Sächsische Gesetz über die Hilfen und die Unterbringung bei psychischen Krankheiten muss aufgrund eines Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom Februar 2013 novelliert werden. In diesem Zusammenhang ist es sinnvoll, das Gesetz für die Zukunft aufzustellen.

Es gab zahlreiche Stellungnahmen. Das zeigt, dass diese Gesetzesänderung wichtig und notwendig ist und von

Fachleuten sehr wohl zur Kenntnis genommen und konstruktiv begleitet wurde. Nicht alle sind zufrieden.

Die Anhörung im Sozialausschuss und die Unterstützung durch den Datenschutzbeauftragten brachten nützliche Erkenntnisse. Bei diesem Zeitfenster verwundern die kurzfristigen Änderungen in der letzten Ausschusssitzung schon etwas. Diskutiert wurden der Datenschutz, die Arbeit der Besuchskommissionen, die Psychiatrieberichterstattung oder die Zwangsbehandlungen. All diese

Themen müssen klar geregelt werden, um ein modernes und zukunftssicheres Gesetz zu erarbeiten.

Lassen Sie mich auf einen Schwerpunkt aus der Anhörung besonders eingehen: Künftig können als Leitung des Sozialpsychiatrischen Dienstes in begründeten Einzelfällen (ohne zeitliche Befristung) – neben einem Facharzt für den öffentlichen Gesundheitsdienst mit besonderen ausgewiesenen Kenntnissen auf dem Fachgebiet der Psychiatrie – auch Fachärzte mit einschlägiger psychiatrischer Berufserfahrung oder Psychologische Psychotherapeuten zugelassen werden. Mit dieser Entscheidung entfaltet das Gesetz in diesem Punkt natürlich starke Wirkung auf den ambulanten Bereich.

Der öffentliche Gesundheitsdienst zeigt seit längerer Zeit große personelle Lücken auf. Besonders im ländlichen Raum werden Wege und Wartezeiten länger, was genau für diese Krankheitsbilder die Lage für einzelne Patienten dramatisieren kann. Aktuell sind 27 ärztliche Stellen im Öffentlichen Gesundheitsdienst unbesetzt. Bis 2023 gehen weitere 36 Ärzte in Rente. Acht Ärzte machen zurzeit ihre Facharztausbildung für den Öffentlichen Gesundheitsdienst.

Psychologische Psychotherapeuten können aufgrund ihrer Approbation die Leitung eines Sozialpsychiatrischen Dienstes übernehmen. Die gesetzlich vorgesehenen Aufgaben stehen in keinem Widerspruch zu den Befugnissen und Fähigkeiten.

Die Versorgung im ländlichen Raum ist insgesamt sehr angespannt, wie zum Beispiel im Landkreis Sächsische Schweiz–Osterzgebirge. Hier hat die Landesdirektion hinsichtlich des Vollzugs der Richtlinie Psychiatrie und Suchthilfe im Haushaltsjahr 2014 zur Förderung des gemeindepsychiatrischen Verbundes – Sozialpsychiatrische Hilfen – eine Förderung durch den Freistaat abgelehnt. Es geht um die Leitung des Sozialpsychiatrischen Dienstes. Warum auch immer – durch solche Entscheidungen wird leichtfertig der Bestand niedrigschwelliger Angebote zur Unterstützung psychisch kranker Menschen zur Disposition gestellt.

Das Gesetz regelt in der jetzigen Fassung recht gut, wie die gemeindenahe Versorgung gesichert werden kann. Eine stabile Versorgung ist nur durch eine stabile finanzielle Ausstattung der Dienste und Einrichtungen möglich. Das muss mit der Haushaltplanung 2015/2016 gesichert werden. Die gemeindenahe Versorgung gehört natürlich zu den Pflichtaufgaben der LRÄ und kreisfreien Städte, aber diese können nicht Ausfallbürge für die Kassenärztliche Vereinigung sein.

Rahmenbedingungen zu schaffen, um vor Ort ausreichende, gute und frühzeitig einsetzende Therapien zu sichern, würden dem Gesetz gewisse Unstimmigkeiten bei Zwangsbehandlungen nehmen. Es ist eine Notwendigkeit, Zwangsbehandlungen nachweisbar auf ein Minimum zu reduzieren. Eine andere ist die personelle Ausstattung in Kliniken. Bei ausreichend Fachpersonal ließe sich durch ein höheres Zeitbudget manche Zwangsbehandlung eventuell vermeiden.

Die tägliche Ausgestaltung des Gesetzes ist keine einfache Sache und bedarf ausreichend finanzieller und personeller Möglichkeiten im stationären und vor allem im ambulanten Bereich.

Es wurde einiges erreicht mit diesem Gesetz. Viele Vorschläge der Experten bleiben ungenutzt. Das ist schade. Deshalb werden wir uns enthalten.

Psychische Erkrankungen sind weit verbreitet und fuhren derzeit zu einer der akutesten medizinischen Versorgungsproblematiken. Insbesondere das ambulante System der medizinischen und komplementären Hilfen steht vor sich weiter ausdehnenden Bedarfen. Vor diesem Hintergrund ist das vorliegende Gesetz zur Änderung der Hilfen und Unterbringung bei psychischen Erkrankungen zu bewerten.

Der Gesetzentwurf erreichte uns leider erst kurz vor Ende der Legislaturperiode, sodass auch, im Rückblick betrachtet, die Zeit äußerst knapp bemessen war, um sich wirklich tiefgründig mit den zu regelnden Sachverhalten und bewertend mit den vorgeschlagenen Regelungen zu beschäftigen. Die kurzfristig anberaumte Anhörung hinterließ einige grundsätzliche und viele konkrete Fragen.

An der Stelle möchte ich ausdrücklich den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Ministeriums danken, die die vielen Fragen von uns und den GRÜNEN umgehend und ausführlich versuchten zu beantworten. Ich weiß, dass dies eine große Herausforderung auch für das Ministerium darstellte. Jedoch wurde dem sich daraus ergebenden Diskussionsbedarf in den folgenden Ausschussberatungen zu wenig Raum eingeräumt, sodass leider bei mir und meiner Fraktion weiterhin Zweifel bestehen. Der in der letzten Ausschusssitzung vorgelegte Änderungsantrag, der dann in der Sitzung noch korrigiert werden musste, hat nicht dazu beigetragen, die Zweifel auszuräumen.

Mit dem Änderungsantrag konnten einige Probleme behoben werden, insbesondere die Berichterstattung. Auch einige andere vorgesehene Maßnahmen, dass zum Beispiel Zwangsbehandlungen tatsächlich nur als Ultima Ratio zum Einsatz kommen, finden wir vorbildlich.

Aber für uns ist deutlich geworden, dass man den Sachverhalt der Behandlung gegen den natürlichen Willen – Zwangsbehandlung – eben nicht losgelöst von Versorgungs- und Ausstattungs- sowie der Fachkraftproblematik betrachten kann. Natürlich kann man dies nicht alles im vorliegenden Gesetz regeln. Man sollte es aber soweit wie möglich einbeziehen. Dass die Förderrichtlinie für die komplementären und ambulanten Strukturen erst 2015 geändert und angepasst werden soll, ist in diesem Zusammenhang bedauerlich.

Der letzte Bericht der Besuchskommission hat eindeutig belegt, dass es hinsichtlich der personellen und baulichen Ausstattung sowohl in der ambulanten als auch in der stationären Psychiatrie Mängel gab. Einige Sachverständige in der Anhörung sowie schon seit geraumer Zeit die kommunale Ebene weisen nachdrücklich darauf hin, dass

auch die Finanzierung des ambulanten Bereichs nicht mehr ausreichend ist. Natürlich ist es genau der ambulante Bereich mit den Kriseninterventionen und den frühzeitigen Hilfen und Therapiemöglichkeiten, der Zwangsbehandlungen am ehesten vermeiden und dem vorbeugen kann. Die Ausstattung genau dieses Bereiches jetzt auszublenden – das ist an der Stelle auszublenden – halten wir für nicht zielführend, wenn wir es mit der Umsetzung der UN-BRK und der Vermeidung von Zwangsbehandlungen tatsächlich ernst meinen.

Trotz der positiven Ansätze und Maßnahmen wird die SPD-Fraktion angesichts der beschriebenen offenen Fragen und rechtlichen Zweifel dem Gesetzentwurf heute so nicht zustimmen.

Mit dem Dritten Gesetz zur Änderung des Sächsischen Gesetzes über die Hilfen und die Unterbringung bei psychischen Krankheiten befassen wir uns heute mit einem wichtigen Gesetz. Ich möchte kritisch anmerken, dass die Frist für die Behandlung im Landtag sehr kurz war. Dies gilt insbesondere mit Blick auf die Bedeutung, die diesem Gesetz für jene Menschen zukommt, die sich vor schwere Herausforderungen in der Lebensführung gestellt sehen. Psychische Krankheiten werden tabuisiert. Man schweigt darüber, und es fällt der Gesellschaft schwer, damit umzugehen. Eine entsprechend angemessene Zeit, um darüber zu beschließen, wäre dem Regelungsgegenstand würdig gewesen.

Mit dem Änderungsgesetz zum PsychKG passt der Freistaat die Rechtslage an die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts an. Es regelt darüber hinaus die Rechte und Zusammensetzung der Besuchskommissionen und die Fachaufsicht des Staatsministeriums für Soziales und Verbraucherschutz. So werden die nicht öffentlichen Krankenhausträger für die Aufgabe der öffentlich-rechtlichen Unterbringung durch das

SächsPsychKG mit hoheitlicher Gewalt beliehen. Sie werden für diese Zwecke der Fachaufsicht der Landesdirektion unterstellt. Dieses Verfahren gewährleistet die vom Verfassungsgericht geforderte ununterbrochene

Legitimationskette.

Das Gesetz regelt nun auch die Bestellung der in diesen Krankenhäusern tätigen Mitarbeiter. Dies erstreckt sich auf die Prüfung der Sachkunde und Zuverlässigkeit sowie die Anleitung dieser Mitarbeiter. Auch an die Zwangsbehandlung im Maßregelvollzug hatte das Bundesverfassungsgericht umfangreiche Anforderungen gestellt, die nun Eingang gefunden haben.

Es wurde noch einmal ausdrücklich festgestellt, dass die Behandlung der Einwilligung des Patienten bedarf. Dies gilt selbst, wenn der Patient geschäftsunfähig ist; denn er kann trotzdem einwilligungsfähig sein. In der Anhörung