Protocol of the Session on July 9, 2014

Der Landesfeuerwehrverband geht davon aus, dass von derzeit rund 42 000 freiwilligen Kameradinnen und Kameraden in den Feuerwehren im Jahr 2020 nur noch 34 000 übrig sind. Zum Vergleich: Vor 15 Jahren, im Jahr 1999, gab es im Freistaat Sachsen noch 52 000 Kameradinnen und Kameraden in den freiwilligen Feuerwehren.

Ich bin deshalb froh, dass die Arbeitsgruppe „Feuerwehr 2020“ ein Konzeptpapier vorgelegt hat und darin auch einige Handlungsansätze in die richtige Richtung aufzeigt. Ich will einige nennen, die aus meiner Sicht erfolgversprechend erscheinen: Intensivierung der Förderung der Jugendfeuerwehren, Ausbau der Zusammenarbeit der freiwilligen Feuerwehren mit den Berufs- und Werksfeuerwehren und Stärkung der Brandschutzerziehung an den Schulen. Diese Handlungsansätze werden helfen, aber natürlich nicht alle Probleme lösen können. Es sind weiterhin Anstrengungen nötig, gemeinsam mit den Kommunen und flächendeckend die Einsatzbereitschaft an jedem Tag und zu jeder Zeit in Sachsen sicherzustellen.

Wir dürfen deshalb nicht aufhören, für das Ehrenamt Feuerwehr zu werben, weder in den Schulen noch in den Jugendfeuerwehren. Wir dürfen aber auch keine Tabus aussprechen. Es darf keinerlei Denkverbote geben, wenn es darum geht, den Brandschutz in Sachsen sicherzustellen.

Meine Damen und Herren! Wir dürfen auch nicht vergessen, dass es mehr als 40 000 Männer und Frauen sind, die ihre Freizeit opfern und bereit sind, ihr Leben zu riskieren, damit wir alle in Sicherheit leben können. Dafür verdienen sie unseren Dank.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der CDU)

Das war Herr Karabinski für die FDP-Fraktion

(Beifall bei der FDP)

ein überraschendes Ende, meine Damen und Herren.

(Heiterkeit bei den LINKEN, der SPD und den GRÜNEN – Holger Zastrow, FDP: Nein!)

Die Fraktion DIE LINKE ist an der Reihe. Herr Abg. Gebhardt, Sie haben das Wort.

Vielen Dank, Herr Präsident! Der Ministerpräsident ist ja auch noch der Einzige, der aus seiner Riege übrig geblieben ist. Da habe ich mir gedacht, wenn er da ist, kann ich auch reden.

(Klaus Tischendorf, DIE LINKE: Jetzt muss er vom Mittagessen weg! So ein Mist!)

Sie sind ja auch da. Ansonsten war ich jetzt nicht so ganz überrascht wie der Präsident über das abrupte Ende von Herrn Karabinski. Aber gut.

(Beifall bei den LINKEN)

Wir haben am Beginn unserer Wahlperiode tatsächlich sehr ausführlich über das Thema Freiwillige Feuerwehr geredet. Das hatte etwas damit zu tun, dass uns der Ministerpräsident ein Wahlversprechen gemacht hatte, das er leider nicht eingehalten hat. Darüber haben die Koalitionsvertreter geschwiegen, wie wir das auch bei den Versprechen erleben werden, die er heute angekündigt hat. Aber darauf bin ich in meiner vorigen Rede eingegangen.

Lassen Sie mich feststellen: Ja, es gab zögerliche Veränderungen. Herr Karabinski hat sie alle in ihrer Breite und Tiefe aufgelistet. Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, wir wissen, dass das nicht reicht, dass das zu wenig ist – und damit meine ich nicht das Geld –, dass es zu unkoordiniert ist und dass es in vielen Bereichen eigentlich schon zu spät ist.

Nun gibt es diesen Bericht „Feuerwehr 2020“. Beim Innenminister bin ich das inzwischen gewöhnt, er hat immer „2020“ dastehen. Das hat er bei der Polizei gemacht. Da hat er festgestellt, dass das trotzdem nicht geht und er etwas schieben muss.

(Klaus Tischendorf, DIE LINKE: Bis zum Renteneintritt!)

Ich hätte mir trotzdem gewünscht, wir hätten lieber gleich eine andere Zahl genommen, Herr Minister. Aber Sie gehen davon aus, dass Sie da sowieso nicht mehr im Amt sind, damit ist das gerechtfertigt.

Ja, wir kennen die Probleme. Herr Löffler, ich weiß, dass es der Ministerpräsident heute hier so vorgemacht hat, und wahrscheinlich ist das bei Ihnen Sprachgebrauch, aber wenn wir über Probleme reden, dann kritisieren wir nicht die Kameradinnen und Kameraden der Freiwilligen Feuerwehr und ihre Einsatzbereitschaft. Wir kritisieren, dass zu spät auf Dinge reagiert wird. Das ist unsere Kritik.

(Jan Löffler, CDU: Wir agieren!)

Wir richten sie nicht an die Einsatzbereitschaft der Kameradinnen und Kameraden der Freiwilligen Feuerwehr. Wir stellen auch nicht in Abrede, dass sie tagtäglich aufopferungsvoll da sind, Menschenleben zu retten und die Dinge zu erledigen, für die sie eingesetzt werden.

Jetzt gibt es diesen Bericht des Innenministeriums gemeinsam mit dem Sächsischen Landkreistag und dem Feuerwehrverband. Klugerweise hat der Innenminister daraus keine Drucksache gemacht, sodass wir auch in der nächsten Legislaturperiode etwas mit dem Bericht anfangen können. Deswegen will ich dazu einige Fragen aufwerfen.

Erstens. Haben denn tatsächlich alle Aufgaben, die Freiwillige Feuerwehren heute vor Ort leisten, etwas mit dem vorbeugenden Brandschutz oder der Brandbekämp

fung zu tun? Manches hat sich eingebürgert. Ganz schnell wird die Feuerwehr gerufen, wenn es sich um die Beseitigung einer Ölspur oder die Rettung von Haustieren geht.

Zweitens. Ist die Änderung der Arbeitsstrukturen, also unserer eigenen Lebenssituation, die auch etwas mit Flexibilität von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern zu tun hat, tatsächlich nur noch auf den Schultern von Ehrenamtlichen abzuladen? Es ist nicht die Aufgabe des Ehrenamtes, Herr Löffler, sondern einfach die Frage, ob es noch zeitgemäß und realistisch ist, ausschließlich auf Freiwilligkeit zu setzen, wenn es überhaupt nicht mehr die Möglichkeit gibt, dass Freiwillige vor Ort sind, um die Dinge zu erledigen, die im Katastrophen- und Brandschutzgesetz stehen.

Herr Gebhardt, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Ja, sofort.

Deswegen schlagen wir vor, dass es gemeinsame Zweckverbände zwischen den Kommunen gibt, dass es Stützpunktfeuerwehren gibt, die auch – darin gebe ich Ihnen recht – durch hauptamtliche Kräfte ergänzt werden sollen.

Jetzt die Frage.

Vielen Dank. Herr Löffler.

Vielen Dank, Herr Kollege. Sie geben mir sicherlich recht, dass jetzt schon die Möglichkeit besteht, sich im Zuge der Wahrnehmung der kommunalen Pflichtaufgabe des Brandschutzes seitens der Kommunen hauptamtlicher Kräfte zu bedienen, so sie sich sonst durch Ehrenamt nicht in der Lage sehen, ihre Brandschutzaufgaben zu erfüllen? Sie geben mir sicherlich weiter recht – auch wenn es jetzt eine Kettenfrage ist –, dass die Leistungsfähigkeit der Ehrenamtlichen weit über die eigentliche Erfüllung der Brandschutzaufgaben hinausgeht und auch kulturell für die Gemeinden im ländlichen Raum ein Anreiz besteht, bei dem wir als Haus nach außen ein Zeichen setzen sollten, dass es gilt, das Ehrenamt im Bereich des Brand- und Rettungswesens zu bestärken, und zwar überall, wo wir das können?

(Karl Nolle, SPD: Die Frage! Was ist denn die Frage?)

Geben Sie mir recht? Einfach mal zuhören!

Herr Gebhardt, geben Sie ihm recht?

Herr Präsident, ja, ich gebe dem Kollegen Löffler recht. Das fällt mir überhaupt nicht schwer. Ich freue mich, dass er die Frage gestellt hat.

Der dritte Punkt, den ich mir als Frage aufgeschrieben habe, war: Ist es überhaupt noch rechtlich zulässig und zeitgemäß, dass wir das ausschließlich als kommunale

Pflichtaufgabe ansehen? Das wäre die logische Folge meiner bisherigen Ausführungen.

(Beifall bei den LINKEN und vereinzelt bei der SPD)

Ja, ich weiß auch, dass die Freiwillige Feuerwehr in manchen Gebieten der einzige soziale Zusammenhalt ist, den es vor Ort noch gibt, weil alles andere abgeschafft wurde. Vielleicht gibt es noch die Kirche, aber selbst die zieht sich mittlerweile aus den ländlichen Gebieten zurück.

Das wäre jetzt die Beantwortung der Frage, weil ich nicht unehrlich sein will.

Dann fahren Sie mit Ihrem Redebeitrag fort.

Deswegen ist die andere Frage, die wir zu stellen haben, ob es nicht tatsächlich besser wäre, wenn wir zum Beispiel die Beschaffung von Ausrüstungsgegenständen viel zentraler steuern, als wir das derzeit machen. Es war auch falsch, dass die Förderrichtlinie des Freistaates Sachsen dahin gehend geändert worden ist, dass es eine Deckelung für die Anschaffung von neuen Geräten gab. Wir wissen alle, was die heute kosten. Daher ist es falsch, diese Kosten auf die Kommunen abzuwälzen.

Am meisten kritisiere ich an diesem Bericht, dass er eigentlich auf tönernen Füßen aufgestellt ist. Es gibt relativ wenig Zahlenmaterial. Ich habe erst letztens Kleine Anfragen dazu gestellt. Auf welcher Grundlage dann zu Erkenntnissen gekommen wird, ist für uns die Frage. Wenn man keine ordentliche Datenbasis hat, kommt man nicht zu den notwendigen richtigen Schlussfolgerungen.

Für uns ist klar: Die Freiwillige Feuerwehr gehört zum soliden Fundament des Freistaates Sachsen. Verspielen wir nicht diese Chance. Wir wollen sie weder diskreditieren noch das Thema für Parteipolitik ausschlachten. Es ist notwendig, dass wir gemeinsam auch in der nächsten Legislaturperiode über dieses Thema weiter diskutieren.

Vielen Dank.

(Beifall bei den LINKEN und vereinzelt bei der SPD)

Meine Damen und Herren! Nun spricht für die SPD-Fraktion Frau Abg. Friedel, Sie haben das Wort.

Vielen Dank. – Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Diese Aktuelle Debatte über freiwillige Feuerwehren ist auch eine Art Bilanz. Was hat die Staatsregierung, was hat der Sächsische Landtag in den letzten fünf Jahren geschafft?

Diese Bilanz beginnt – das hat Kollege Gebhardt schon gesagt – mit einem enttäuschenden Wahlversprechen. Es waren der Ministerpräsident, der vor der letzten Landtagswahl 2009 die Einführung einer Feuerwehrrente groß

versprochen hat, und die Staatsregierung, die dann ein Jahr später mit der „Verwirklichung“ dieses Versprechens in Form eines Sicherungsvertrages kam, den die Kommunen – auf eigene Kosten natürlich – abschließen könnten, um eine kleine Absicherung für die Kameradinnen und Kameraden zu erhalten. Nicht nur die freiwilligen Feuerwehren in Sachsen waren sehr enttäuscht, wir waren das auch und haben uns gefragt: Das soll wirklich alles gewesen sein, was aus dem großen Versprechen herausgekommen ist?