Protocol of the Session on January 24, 2008

Ich kann ja verstehen, dass Superrenten für die Herren Hähle und auch Porsch der versorgungstechnische Kollateralschaden für die Edelversorgung einiger ausgeschiedener Mitglieder ihrer Fraktionen sind, meine Damen und Herren. Aber sich dann herzustellen und zu sagen, wie honorig die ganze Angelegenheit gewesen sei, das schlägt dem Fass die Krone ins Gesicht.

(Beifall bei der FDP, den GRÜNEN und vereinzelt bei der Linksfraktion)

Der Gesetzentwurf, der dann vorgelegt worden ist – wie gesagt, auch hier wieder in bemerkenswerte Eile –, sollte rückwirkend zum 01.12. in Kraft treten. Als ob niemand in der Koalition jemals vom juristischen Phantom der echten Rückwirkung vernommen hätte. Das ist ja schon erstaunlich. Während die Rentenregelung, die keiner bemerkt hat, wirklich tricky war, wurde nun auf einmal ein Gesetz gemacht. Im Entwurf des Artikels 2 heißt es ganz plump: Das ganze Ding tritt rückwirkend zum 01.12. in Kraft. Dass das nicht funktionieren kann, sieht jeder Jurastudent im zweiten Semester, aber hier wurde es in den Rechtsausschuss eingebracht. Da beschleicht einen der Verdacht – das ist bei diesem Verhalten der Koalition nicht völlig von der Hand zu weisen –, dass möglicherweise durch ein extrem schlechtes Rücknahmegesetz auch diese Rücknahme noch vereitelt werden sollte.

(Beifall bei der FDP)

Gleichwohl, es wurden Bedenken vom Juristischen Dienst geäußert, selbst die Staatsregierung hat ganz deutlich die Stirn gerunzelt und gesagt, dass das wohl so mit Erfolg nicht ginge. Wir haben jetzt zu diesem Änderungsgesetz den Änderungsantrag zum Änderungsgesetz am 24.01. erhalten. So schnell kann das gehen mit der Gesetzgebung in Sachsen? – fragt sich der verwunderte Bürger. Wie Herr Dr. Schneider erklärte, wird das Ganze jetzt auch verfassungsgemäß. Und was war es vorher?

(Heiterkeit bei der FDP und den GRÜNEN – Zurufe)

Das hat er nicht gesagt, das hätte man doch der Ehrlichkeit halber machen können. Jetzt, da wir doch dabei sind, wirklich ehrlich zu werden, hätten wir sagen können: Okay, Kinder, das war vorher nicht ganz verfassungsgemäß, augenzwinkernd, aber jetzt nehmen wir es zurück, meine Damen und Herren. Wenn Sie sagen, dass der Änderungsantrag der Linksfraktion übereilt ist, dann sage ich, da fällt mir jetzt nichts mehr ein. Heute gibt es den Änderungsantrag, mit dem das verfassungsgemäß gemacht werden soll. Das ist solide gesetzgebungstechnische Arbeit, kein Zweifel. Aber ein Änderungsantrag vom selben Tag ist dann übereilt. Ich garantiere Ihnen, wir werden, wenn wir hier abgestimmt haben, anschließend feststellen, dass wegen der besonderen Dringlichkeit

(Johannes Lichdi, GRÜNE: Ja!!!)

dieses Gesetzes wieder einmal die sofortige Ausfertigung stattfinden wird. Das ist inzwischen schon das Regelverfahren zur Gesetzgebung in diesem Haus geworden. Das sollte Ihnen auch einmal zu denken geben.

(Beifall bei der FDP, der Linksfraktion und den GRÜNEN)

Eine Notoperation jagt hier die nächste. Ich weiß nicht, wie dann die Koalition in Zukunft überhaupt noch einmal hier vorne verkünden möchte, sie sei der Hort der soliden Gesetzgebung.

Wir, die FDP, haben dem Elften Änderungsgesetz zur Änderung des Abgeordnetengesetzes nicht zugestimmt wegen der dort vorgesehenen, wie wir fanden, überzogenen Erhöhung der Diäten, wegen der mit dem Versorgungswerk unsachgemäßen Regelung der Altersbezüge und wegen, wie wir fanden, unzulässiger Transparenzregelungen, die einzelne Gruppen unterschiedlich behandeln. Deswegen haben wir dem Gesetz nicht zugestimmt. Wir kamen gar nicht dazu, es wegen dieser Regelung, die Sie heute zurücknehmen wollen, abzulehnen. Gleichwohl, jeden Schritt, den Sie gehen, um das Ding wieder zu beseitigen, das Elfte Änderungsgesetz, gehen wir mit Ihnen mit. Aber eines ist auch klar: Die politische Haftung dafür, dass das jetzt funktioniert, übernehmen Sie bitte allein. Wir unterstützen Sie dabei, aber in Haftung nehmen lassen wir uns für diesen Unfug nie und nimmer.

(Beifall bei der FDP und der Linksfraktion)

Danke schön. – Für die Fraktion der GRÜNEN spricht jetzt Herr Dr. Gerstenberg.

Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Menschen in diesem Lande, die dieser Debatte zuhören, könnten auf die Idee kommen, es gibt überhaupt keinen Weg, die Altersversorgung für Abgeordnete einfach, klar und angemessen zu regeln. Ich behaupte, es gibt diesen Weg. Schauen Sie bitte in die Drucksache 4/10262, das war ein Änderungsantrag unserer Fraktion zum Elften Änderungsgesetz. Dort haben wir einen Vorschlag gemacht, dass jedes Mitglied dieses Sächsischen Landtages zur Finanzierung seiner Altersversorgung einen Betrag in Höhe des Höchstbeitrages zur gesetzlichen Rentenversicherung erhält, und wie er den einsetzt, steht in seiner freien Entscheidung, zum Beispiel als Beitrag zur gesetzlichen Rentenversicherung. Das ist die einfachste, die klarste Regelung, und die wird auch der Freiheit des Mandates gerecht. Selbstverständlich und naturgemäß haben wir im Zusammenhang mit dieser Regelung in unserem Änderungsantrag sämtliche erhöhte Altersversorgungen für herausgehobene Ämter des Sächsischen Landtages gestrichen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Sie wollten diesen Weg nicht. Sie wollten ein Versorgungswerk, das nicht der Weg unserer Wahl gewesen ist, aber es ist eine Verbesserung gegenüber der derzeitigen

Alimentierung aus dem Staatshaushalt. Sie haben aber diese durchaus gute Tat verknüpft, indem Sie heimlich, still und leise eine Erhöhung für herausgehobene Ämter wie Fraktionsvorsitzende und Parlamentarische Geschäftsführer eingeführt haben.

Wir haben in den letzten Wochen öffentlich den hektischen Versuch einer Korrektur verfolgen können. Aber der Fluch der bösen Tat verfolgt Sie; Sie haben sich offensichtlich in Ihrem eigenen Gesetzeswerk verheddert.

Ich als Nichtjurist habe mit großem Interesse den Bericht des Verfassungs- und Rechtsausschusses gelesen – ich empfehle das auch dringend allen anderen Abgeordneten dieses Hauses –; das ist eine hochinteressante Lektüre zu Fragen echter und unechter Rückwirkung, und jeder muss dort den deutlichen Eindruck gewinnen: So wie der Gesetzentwurf gestrickt war, geht es auf keinen Fall.

Das Bemühen um schnelle Korrektur war sicher gut gemeint, aber wie so oft war auch hier gut gemeint etwas anderes als gut gemacht; es war ein Schnellschuss. Eigenartigerweise hat aber die Ausschussmehrheit keine Einsicht gehabt, sondern sich entschlossen – Augen zu und durch –, eine Beschlussempfehlung vorzulegen, die wir heute auf dem Tisch haben.

Ich kann nicht verstehen, weshalb Sie nicht einer Sondersitzung des Verfassungs- und Rechtsausschusses zugestimmt haben. Vielleicht fällt es Ihnen manchmal emotional etwas schwer, den Anträgen meines Kollegen Johannes Lichdi zuzustimmen, aber klug wäre es doch auf jeden Fall gewesen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Stattdessen legen Sie heute einen Änderungsantrag für diese 2. Lesung als Tischvorlage vor – kurze Zeit, bevor wir hier diskutieren, beraten und entscheiden müssen. Dieser Änderungsantrag ändert Ihr eigenes Zwölftes Änderungsgesetz in wesentlichen Teilen. Die Begründung und der Gesetzestext werden wesentlich umfangreicher; für die Parlamentarischen Geschäftsführer werden völlig neue Regelungen eingeführt. All das hat aber nie einen Ausschuss dieses Sächsischen Landtages gesehen.

Meine Damen und Herren von der Koalition, haben Sie denn wirklich nichts gelernt? Haben Sie nicht gemerkt, dass übereilte Notreparaturen oft zu einer Vergrößerung des Schadens führen? Wir behandeln hier das sensibelste Thema dieses Sächsischen Landtags. Wir entscheiden in eigenen Angelegenheiten, in eigener Sache. Da können wir uns keinen weiteren Schnellschuss leisten. Notwendig ist eine Behandlung im zuständigen Ausschuss, und ich beantrage deshalb die Rücküberweisung an den Verfassungs- und Rechtsausschuss.

(Beifall bei den GRÜNEN und der Abg. Dr. Monika Runge, Linksfraktion)

Ein Journalist hat von einer Provinzposse geschrieben. Man könnte vielleicht darüber lachen, aber mir ist das Lachen vergangen; ich bin über alle Maßen verärgert. Ich bin als Parlamentarischer Geschäftsführer einer der

Betroffenen. Mit dieser erhöhten Altersversorgung haben Sie sozusagen ein Geschenkpaket geschnürt, das Sprengstoff enthält.

(Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion: Richtig!)

Ich hatte dieses Paket nicht bestellt, ich bin über seine Absendung nicht informiert worden, ich hatte nicht einmal die Möglichkeit und die Macht, die Annahme abzulehnen. Ich habe daraus gelernt – wie auch andere Menschen aus der Opposition –: Ich werde künftig noch gründlicher die Gesetzentwürfe der Koalition studieren.

Es reicht in diesem Sächsischen Landtag offensichtlich nicht aus, Alternativen zu entwickeln, wie wir es auf dem Gebiet der Altersversorgung getan haben; wir müssen auch die handwerkliche Qualität der Koalition Buchstabe für Buchstabe kritisch hinterfragen. Sie haben es uns allerdings nicht leicht gemacht beim Geheimunternehmen Pension – das nehme ich als einer der erwähnten gründlichen Abgeordneten wirklich einmal für mich in Anspruch. Keine Zeile stand zu dieser Erhöhung im ausführlichen Pressematerial der Koalition zum Elften Änderungsgesetz. Kein Wort zu dieser Erhöhung fiel in der Ausschussdebatte. Wenn ich die Begründung lese – und ich gehöre zu denen, die Begründungen lesen – und darin formuliert ist, es handelt sich um eine Folgeänderung aus der Änderung des § 5, dann kann ich nur sagen: Das ist eine sehr trickreiche Verschleierung und wer auf diese Weise eine Erhöhung seiner Altersversorgung verbirgt, der handelt nicht fahrlässig, sondern mit Vorsatz.

(Beifall bei den GRÜNEN, der Linksfraktion und der FDP)

Die Frage ist, woher dieser Vorsatz kommt. Ich vermute, Sie hatten einfach Angst vor der Öffentlichkeit. Die öffentliche Diskussion zur Änderung des Abgeordnetengesetzes, zur Entschädigung, zu Funktionszulagen, zur Altersversorgung ist wahrlich nicht leicht; sie ist auch nicht angenehm. Aber sie ist unumgänglich. Denn wenn die Verfassung von uns als Sächsischem Landtag bei unseren Entscheidungen in eigener Angelegenheit irgendetwas verlangt, dann ist es Transparenz, Transparenz und nochmals Transparenz.

Herr Hähle, ich habe gelesen, dass Ihnen Ansehen und Ehre mehr wert sind als zusätzliches Geld. Ich lasse das so stehen. Aber nach diesen Worten hätte ich bei der Einbringung Ihres Reparaturgesetzes hier zumindest mehr Selbstkritik erwartet, vielleicht sogar so etwas wie Demut.

(Beifall bei den GRÜNEN, der FDP und der Abg. Caren Lay, Linksfraktion)

Es ist aus meiner Sicht doch überhaupt nicht unehrenhaft, darüber zu diskutieren, ob eine erhöhte Grundentschädigung auch versorgungswirksam werden soll. Andere Landtage haben das so geregelt. Es ist allerdings unehrenhaft, darüber nicht zu diskutieren, sondern diese Diskussion zu unterdrücken. Ich denke, das Ansehen des Landtages ist nicht gefährdet, wenn die Rücknahme dieser Regelung in dieser oder in der nächsten Plenarsitzung

erfolgt. Das Ansehen würde allerdings deutlich leiden, wenn sich wieder herausstellte, dass auch diese Regelung, die wir heute als sehr umfassende Tischvorlage präsentieren, wieder nicht rechtlich sauber formuliert wäre.

Kollege Hähle, ich bitte Sie: Sie haben öffentlich erklärt, dass Sie die Neuregelung der erhöhten Altersversorgung zurücknehmen wollen. Wir haben das vom ersten Moment an auch getan, als uns diese Regelung bekannt wurde. Die Korrekturen, die wir jetzt beschließen, dürfen nicht angreifbar sein. Sie müssen im vorgesehenen parlamentarischen Beratungsverfahren gründlich abgewogen werden. Hier geht es um Fragen, ob diese Korrekturen verfassungsgerecht sind oder nicht. Deshalb bitte ich Sie sehr: Stimmen Sie unserem Überweisungsantrag an den Verfassungs- und Rechtsausschuss zu und lassen Sie ein sauberes parlamentarisches Verfahren zu.

(Beifall bei den GRÜNEN, der FDP und der Linksfraktion)

Danke schön. – Herr Dr. Hähle, bitte.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich will ausdrücklich erklären: Ich erhebe nicht den Anspruch besonderer Redlichkeit. Ich will auch niemandem widersprechen; es ist im Großen und Ganzen richtig, was hier gesagt worden ist. Ich möchte nicht auf der Grundlage eines in der Tat intransparenten Verfahrens für mich Privilegien erhalten. Deshalb habe ich, als mir klar war, wie das gelaufen ist und wie das in der Öffentlichkeit ankommt, sofort den Rückzug angetreten – im Übrigen nach Rücksprache mit meinem Partner in der SPD-Fraktion. Wir waren uns sofort einig, dass wir das in Ordnung bringen müssen, und nur darum geht es heute.

Ich weiß nicht, warum wir immer in den Fehler verfallen müssen, uns gegenseitig möglichst weh zu tun.

(Beifall bei der CDU – Zurufe von der Linksfraktion)

Ich sitze hier mit keinem großen Vergnügen wie auf der Anklagebank. Es geht immerhin darum, dass wir die Sache, die durchaus verfassungsgemäß wäre, weil sie in anderen Landtagen nämlich genauso gehandhabt wird, jetzt zurücknehmen, und zwar nicht aus rechtlichen Gründen, sondern weil es mir regelrecht peinlich ist, wie es gekommen ist, wie es transportiert wurde und wie es auch in diesem Landtag behandelt wird.

Ich bleibe bei dem, was ich in dem jüngsten Interview in der „Freien Presse“ gesagt habe. Ich räume auch ein, dass Herr Bartl einer der Ersten war, der von Unverschämtheit gesprochen hat, und es müsse sofort zurückgenommen werden. Das war für mich nicht der Maßstab. Aber ich bitte darum, dass wir uns auch etwas ehrlicher begegnen; denn ich weiß von Gesprächen mit verschiedenen Personen hier im Landtag, dass sie sehr wohl wussten, was beschlossen worden ist, und nicht widersprochen haben und es auch gern in Anspruch genommen hätten. Aber

wenn ich nun einmal sage, ich will es nicht und ich will es wieder zurückdrehen, dann würde kein anderer auf die Idee kommen zu sagen, ich will es doch behalten.

Es hat keinen Zweck, dass wir uns jetzt gegenseitig die Schuld zuweisen. Ich bitte herzlich darum, dass wir es so schnell wie möglich in Ordnung bringen. Wenn wir es nämlich an den Ausschuss zurücküberweisen – sicher könnte man da noch einmal darüber sprechen –, vergeht zu viel Zeit. Es geht ja auch darum, dass Ansprüche, die eventuell entstehen könnten, gar nicht erst entstehen. Die nächste Landtagssitzung ist im März und mir ist das viel zu spät. Ich möchte, dass es mit baldiger Wirksamkeit in Kraft tritt. Darum bitte ich Sie, dem zuzustimmen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und der SPD)

Danke schön. – Weiteren Aussprachebedarf seitens der Koalitionen? – Sehe ich nicht. Die Staatsregierung – auch nicht.

Dann, meine Damen und Herren, kommen wir in die Abstimmungsrunde. Wir behandeln noch einmal das Zwölfte Gesetz zur Änderung des Abgeordnetengesetzes, Drucksache 4/10674, Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU und der SPD.