Spätestens nach der Rede Ihres Fraktionsvorsitzenden André Hahn – ohne dass ich näher darauf eingehen will – lege ich auch sehr viel Wert genau auf diesen Unterschied, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der FDP, der CDU und des Abg. Gunther Hatzsch, SPD – Dr. André Hahn, Linksfraktion: Wir auch! Dafür gibt es Unterschiede!)
Vielleicht noch ein kurzes Beispiel, warum mir in der Debatte, die im Bundestag dazu gelaufen ist, vonseiten der Linken auch nicht unbedingt eine Brücke gebaut worden ist. Ich habe mir ein einziges Zitat aus der Debatte herausgesucht, und zwar von Frau Dr. Lucrezia Jochimsen – Sie werden sie wahrscheinlich kennen; ich habe sie erst durch das Zitat kennengelernt –: „Wir machen dabei nicht mit, und zwar nicht, weil uns Freiheit und Einheit egal sind, sondern weil wir uns dem politischen Erbe der ostdeutschen Bürgerrechtsbewegung besonders verpflichtet fühlen.“
Sie machen die Diskussion um ein Freiheitsdenkmal zum Klamauk; Ihnen fehlt dabei die Ernsthaftigkeit, Sie wollen das gar nicht, und dabei machen wir ganz bestimmt nicht mit, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der FDP und der CDU – Dr. Cornelia Ernst, Linksfraktion: Was verstehen Sie unter der Einheit Deutschlands – nur für sich?! – Zuruf des Abg. Dr. André Hahn, Linksfraktion)
Ich liebe dieses Land, ich liebe die Einheit, darüber bin ich mir im Klaren – Sie wahrscheinlich nicht. – Gehen Sie doch ans Mikrofon, ich verstehe Sie nicht!
Herr Dr. Hähle, weil Sie zu unserem Änderungsantrag und dem Passus, den wir darin gewählt haben, fragten:
Dass wir für den Fall, dass sich keine einvernehmliche Lösung mit dem Bund abzeichnet, dann als Sachsen selbst initiativ werden wollen, würde ich gar nicht so negativ sehen.
Wir müssen eines zur Kenntnis nehmen: Der Bund hat schon entschieden. Es gab eine breite Bewegung im Bundestag dagegen. Das war ein Beispiel für den demokratischen Geist und für den parteiübergreifenden Geist, an den ich Sie in diesem Moment einmal erinnern möchte. Es war nicht eine Partei gegen die andere Partei, die für Berlin gestimmt hat, sondern es gab ein recht knappes Ergebnis. Wenn ich nur daran denke, dass zum Beispiel Herr Kretschmer und Herr Kolbe von der CDU mit für den Standort Leipzig gewesen sind; von der FDP die Herren Waitz, Mücke und Haustein als sächsische FDPAbgeordnete, die Herren Fornahl und Weißgerber von der SPD; von den GRÜNEN waren auch Abgeordnete dabei, dann war das genau das parteiübergreifende Signal, das wir uns gewünscht haben.
Das würde ich mir im Übrigen auch heute von diesem Platz aus wünschen – auch in diese beiden Richtungen, in Richtung LINKE und NPD, übrigens. Wir wissen aber, dass wir mit Leipzig in Berlin bereits gescheitert sind, und wenn wir ganz realistisch sind, müssen wir sagen, dass die Chancen darauf, dass der Bund jetzt noch einmal seine Meinung revidiert und sich neu bewegt, relativ schlecht sind.
Nun können Sie sagen, dass unsere Verhandlungsposition schlecht ist, wenn wir von vornherein ankündigen, dass wir es im Zweifel selbst machen – ich würde den Spieß herumdrehen: Wird sich der Bund gefallen lassen, dass wir es im Zweifel selbst machen; dass wir als Sachsen so viel Selbstbewusstsein haben und so viel Stolz zeigen zu sagen, wenn der Bund es nicht macht, wenn er sich nicht daran beteiligen will, wenn er so viel Geschichtsunkenntnis zeigt, dann machen wir Sachsen das hier einfach selbst? Dann will ich sehen, ob sich der Bund wirklich aus der Verantwortung nehmen lässt. Für mich ist das eine Einladung an den Bund und ich will einmal sehen, ob wir damit nicht sogar mehr Druck auf ihn ausüben, meine Damen und Herren.
Ich will eines sagen: Auch wenn wir zurzeit viel über Geld reden – das Finanzierungsthema ist es bei dieser Frage nicht. Wir wissen in etwa, was ein solches Denkmal kosten kann, und es wird den Staatshaushalt so oder so nicht sprengen. Wenn man es in den nächsten Haushalt einstellt, dann ist das keine Frage. Ich glaube, wir brauchen den Bund – um es klar zu sagen – nicht zur Finanzierung des Denkmals in Leipzig. Das würden wir im Zweifel – darüber sind wir uns sicher alle einig – auch selbst stemmen können.
Deswegen verstehe ich Sie nicht, lieber Herr Dr. Hähle: Wenn wir das Gleiche wollen, dann frage ich mich, warum wir uns nicht ein einziges Mal in diesem Haus, bei diesem Thema – das die Grundlage dafür ist, dass wir
überhaupt hier sitzen, wie Sie es gesagt haben – zusammenraufen können, auch wenn vielleicht nicht jede Formulierung bis ins letzte Detail stimmt, die beiden Änderungsanträge, von der FDP und den GRÜNEN, einfach an Ihre Initiative anhängen und von hier aus ein gemeinsames Signal in eine bestimmte Richtung senden.
Ich will Sie bitten, dass Sie heute – vielleicht hilft eine kurze Auszeit – Ihrem Herzen doch mal einen Ruck geben. Lassen Sie es mich klar sagen: Bei dieser Entscheidung geht es um etwas viel Größeres als um Parteien.
Verehrte Frau Präsidentin! Ich möchte noch einmal unmittelbar auf meine Vorredner reagieren; ein Schlusswort habe ich ja auch noch.
Herr Kollege Zastrow, ich bin Ihnen für Ihren Gruppenantrag, wie ich ihn einmal nennen will, den Sie vor circa 14 Tagen eingebracht haben, grundsätzlich dankbar. Ich hatte damit gerechnet, dass er irgendwo auftauchen wird – es ist nicht passiert. Ich greife auch sehr gern Ihr Wort von den Traditionsdemokraten auf. Ich möchte Sie noch einmal darum bitten, über Ihre jetzige Position nachzudenken, und zwar zum einen über die finanzielle Seite.
Herr Dr. Hähle hat Ihnen schon klargemacht: Wenn wir jetzt schon sagen, dass wir es selbst machen, wenn der Bund nicht bereit ist, dies zu übernehmen, dann bringen Sie durch diese Debatte und wenn wir dem zustimmen würden, künstlich eine Diskrepanz zwischen Bund und Land Sachsen hinein – was überhaupt nicht notwendig ist. Wir streiten uns dann über die Ländergrenzen hinweg über ein Einheitsdenkmal, meine Herren, und das wollen wir nicht. Denn die Einheit ist unser höchstes Ziel, das wir am 3. Oktober 1990 erreicht haben.
Wenn das wirklich im Bund nicht beschlossen werden sollte, dann haben doch die traditionsdemokratischen Parteien noch immer die Chance, in überschaubarer Zeit erneut einen eigenen Antrag zu stellen. Wir würden aber jetzt eine Kluft aufmachen, die unnötig ist.
Warum sie unnötig ist, Herr Zastrow – dafür muss ich ein wenig in die Historie gehen –: Als der 10. Jahrestag der deutschen Einheit heranreifte, gab es 1997, vor zehn Jahren, im Bundestag einen Gruppenantrag, anlässlich der Wiedervereinigung ein Denkmal für Freiheit und Einheit zu errichten. An der Spitze dieses Gruppenantrages stand Ihre damalige Generalsekretärin Cornelia Pieper. Dieser Gruppenantrag ist im Bundestag mehrheitlich abgelehnt worden, und das tat sehr, sehr weh.
Daraufhin hat sich eine Gruppe von älteren Herrschaften in der deutschen Gesellschaft organisiert, die in dem Beschluss des Bundestages ausdrücklich genannt wird.
Ich nenne Ihnen einige dieser Herrschaften: Das ist der Gründungsdirektor des ARD-Hauptstadtstudios Jürgen Engert, das ist Egon Bahr, das sind von der CDU Lothar de Maizière, Günter Nooke und Rainer Eppelmann, das sind von der SPD Richard Schröder, Prof. Peter Brandt – der Sohn von Willy Brandt – und auch der Gunther Hatzsch aus Sachsen. Wir haben aufgrund der Niederlage von vor zehn Jahren in Berlin Druck gemacht, damit die Sache nun endlich zum 20. Jahrestag verwirklicht wird.
Es tut mir persönlich fast körperlich weh, wenn sich jetzt die Traditionsdemokraten – um Ihren Begriff zu gebrauchen – um solche Dinge streiten. Wir sind uns so nah, und dann sollten Sie bitte unserem Antrag zustimmen, ohne Wenn und Aber.
Ich habe Ihnen doch vorhin den 4. Punkt des Bundestagsbeschlusses vorgelesen. Die letzten Sätze des 4. Punktes lauten: „Es erfolgt eine Ausschreibung über die Gestaltung und die Wettbewerbsergebnisse sollen öffentlich diskutiert werden.“
Jetzt kommen wir zu Leipzig; ich überspringe einiges. Im ersten Punkt, Herr Zastrow, steht: „... ein Denkmal der Freiheit und Einheit Deutschlands, das zugleich die freiheitlichen Bewegungen und Einheitsbestrebungen der vergangenen Jahrhunderte in Erinnerung bringen soll“. Das geht vom Hambacher Fest bis zur Paulskirche und Leipzig. Jetzt haben wir den Antrag gestellt, dass wir in Leipzig ein Denkmal errichten möchten, was mit diesem Berliner Denkmal korespondiert und somit symbolisch eine Einheit herstellt. Meine Herrschaften, das wollen wir doch bitte nicht zerreden, sondern dem freudig zustimmen!
Wird von den Fraktionen noch einmal das Wort gewünscht? – Herr Hatzsch, Sie können gleich wieder zurückkommen. Das Schlusswort ist dran.
Auf die Schnelle! Ich muss noch einmal an Kollegen Dr. Hahn und Kollegin Dr. Ernst ein paar kurze Bemerkungen richten. Ich wollte, als wir in Leipzig im Spätherbst riefen „Wir sind ein Volk!“, die deutsche Einheit und keine veränderte DDR.
(Lebhafter Beifall bei der SPD, der CDU und der Staatsregierung – Beifall des Abg. Michael Weichert, GRÜNE – Dr. André Hahn, Linksfraktion: Das hat niemand kritisiert!)
Ich unterstelle Ihnen, Herr Dr. Hahn, ohne dass ich es belegen kann, aber Ihre Ausführungen von vorhin sind ein Indiz dafür: Wenn Sie stolz sind, unter den 156 Bürgern gewesen zu sein, die am Runden Tisch saßen, dann war Ihre Aufgabe als SED-Mitglied, die DDR zu erhalten.
Verehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich bin froh darüber, dass an diesem Nachmittag vor dem Wochenende noch so eine interessante Debatte von historischer Dimension in diesem Hohen Haus stattgefunden hat.
Ihnen bin ich besonders dankbar für Ihren Beitrag, Herr Dr. Hahn, Sie haben das hässliche Gesicht der leninistischen Partei gezeigt. Sie haben gezeigt, dass Sie gar keine Demokraten sind.
Es wird für die Jugend, die ja das Protokoll nachlesen kann, sehr interessant sein, welche Meinung Sie hier vertreten haben.
Meine Damen und Herren! Wir haben heute über historische Dinge geredet. Hier wird sehr häufig über sehr Wichtiges gesprochen. Sachsensumpf und Sachsenbank waren die Themen, über die wir uns in letzter Zeit unterhalten haben. Aber heute haben wir über historische Dinge gesprochen, Dinge, die auch in 100 Jahren noch in den Geschichtsbüchern stehen werden: Das sind der 9. November 1989 und der 3. Oktober 1990. Davon wird in den Geschichtsbüchern stehen.
Wir sollten froh sein – ich wiederhole es noch einmal –, dass wir dabei gewesen sind und zum Beispiel auch erlebt haben, dass über 500 000 russische Soldaten mit ihren Atomraketen friedlich abgezogen sind und „Do swidanja, Germania!“ auf ihren Waggons stehen hatten.
Meine Damen und Herren! Dass wir die Änderungsanträge leider nicht annehmen können und in welcher Bredouille wir sind, haben schon Herr Dr. Hähle und Herr Hatzsch gesagt. Auch ich bedaure sehr, dass sich die