Protocol of the Session on December 13, 2007

auch nur alle Funktionen betreffen. Für Präsidenten und deren Stellvertreter wird dabei aus verfassungsrechtlichen Gründen eine Übergangsregelung zur Wahrung des Besitzstandes unter Beachtung des Vertrauensschutzes vorgesehen.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bitte Sie, die Überweisung in die fachlich zuständigen Ausschüsse zu bestimmen.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU, der SPD und des Staatsministers Geert Mackenroth)

Meine Damen und Herren! Das Präsidium schlägt Ihnen vor, den Entwurf Zwölftes Gesetz zur Änderung des Abgeordnetengesetzes an den Verfassungs-, Rechts- und Europaausschuss – federführend – sowie an den Haushalts- und Finanzausschuss – mitberatend – zu überweisen. Wenn sich kein Widerspruch erhebt, bringen wir das zur Abstimmung. – Wer stimmt dieser Überweisung zu? – Danke schön. Gibt es Gegenstimmen? – Das ist nicht der Fall. Gibt es Stimmenthaltungen? – Auch nicht. Damit ist die Überweisung beschlossen und wir beenden den Tagesordnungspunkt 3.

Wir kommen nun zum

Tagesordnungspunkt 4

2. und 3. Lesung des Entwurfs Gesetz zum Glücksspielstaatsvertrag

Drucksache 4/8868, Gesetzentwurf der Staatsregierung

Drucksache 4/10593, Beschlussempfehlung des Verfassungs-, Rechts- und Europaausschusses

Hinzu kommt, dass es durchaus noch weiteren Nachfragebedarf gab. Die Staatsregierung hat uns ein Schreiben der Europäischen Kommission, Generaldirektion Wettbewerb und Wirtschaft, vom 24. September 2007 zur Kenntnis gegeben. Dieses Schreiben hat noch einmal deutlich gemacht, dass sich die europäische Ebene mit dem Verfahren zum Glücksspielstaatsvertrag und den Inhalten einverstanden erklären konnte.

Den Fraktionen wird das Wort zur allgemeinen Aussprache erteilt. Wir beginnen mit der CDU-Fraktion, danach die Linksfraktion, SPD, NPD, FDP, GRÜNE und die Staatsregierung. Herr Abg. Schiemann, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Staatsregierung hat den Gesetzentwurf in Drucksache 4/8868 am 30. Mai 2007 dem Landtag zugeleitet. Er ist im Juni 2007 im Landtag zur 1. Lesung gebracht worden. Wir haben uns in einer ersten Beratung im Verfassungs-, Rechts- und Europaausschuss bereits im Juni erstmals mit dem Staatsvertrag und dem dazugehörigen Ausführungsgesetz befasst. Dazu haben wir weitere Informationen von der Staatsregierung erbeten, die uns im Juli in sehr umfangreicher schriftlicher Form zugeleitet worden sind. Diese Informationen haben wir in den darauffolgenden Monaten bewerten können.

Bei dem uns heute vorliegenden Gesetzentwurf handelt es sich um das Zustimmungs- und Ausführungsgesetz zum Staatsvertrag zum Glücksspielwesen in Deutschland. Mit dem Glücksspielstaatsvertrag sollen die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts aus dem Urteil vom 28. März 2006 umgesetzt werden. Nach dieser Entscheidung ist die geltende Rechtslage in Bezug auf Sportwetten mit dem Grundgesetz vereinbar. Ein staatliches Glücksspielmonopol muss sicherstellen, dass es tatsächlich der Bekämpfung der Glücksspielsucht dient. Dafür ist insbesondere eine Begrenzung der Werbung, eine Sicherstel

lung von Maßnahmen zur Abwehr der Suchtgefahren, eine Verbesserung des Spielerschutzes und des Jugendschutzes, die Schaffung entsprechender Kontrollen sowie eine ausreichende Distanz zu den fiskalischen Interessen des Staates erforderlich.

Dem Gesetzgeber wurde aufgegeben, das Gesetz der Sportwetten bis zum 31. Dezember 2007 neu zu regeln. Das staatliche Monopol für Sportwetten ist demnach zwar grundsätzlich zulässig, es verstößt aber in seiner derzeitigen Ausgestaltung gegen die Berufsfreiheit. Das Ziel des Staatsvertrages ist deshalb die Vermeidung und Bekämpfung der Glücksspielsucht und damit der Schutz des Verbrauchers. Die Neuregelung bezieht in Fortentwicklung des Lotteriestaatsvertrages aus dem Jahr 2004 neben den Sportwetten auch die staatlichen und privaten Lotterien ein. Auch hier erfolgt eine Anpassung an die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts. Zusätzlich werden entsprechend den Empfehlungen der Spielsuchtexperten auch für die Spielbanken Vorschriften zum Spielerschutz, insbesondere den Spielersperren, im Staatsvertrag geregelt.

Der Staatsvertrag ist zunächst auf vier Jahre befristet, von den Glücksspielaufsichtsbehörden der Länder innerhalb dieses Zeitraums zu evaluieren und kann verlängert werden.

Mit dem Staatsvertrag werden in Umsetzung des Urteils des Bundesverfassungsgerichts zahlreiche Maßnahmen zur Suchtprävention vorgenommen, wie die Begrenzung der Anzahl der Annahmestellen, die Beschränkung der Werbung auf eine Information und Aufklärung über die Möglichkeiten zum legalen Glücksspiel und das Verbot der Werbung im Fernsehen, im Internet und per Telefon. Veranstalter und Vermittler von öffentlichen Glücksspielen werden verpflichtet, der Entstehung von Spielsucht vorzubeugen. Es sind Sozialkonzepte aufzustellen und über Risiken des Spiels und Hilfemöglichkeiten ist aufzuklären. Es wird ein übergreifendes Sperrsystem für Spielbanken, Sportwetten und Lotterien geschaffen, das Glücksspielsüchtige und Spielsuchtgefährdete von der Teilnahme am Spiel ausschließt. Die wissenschaftliche Forschung zur Vermeidung und Abwehr von Suchtgefahren ist sicherzustellen. Es wird ein unabhängiger Fachbeirat aus Experten für Glücksspielsuchtbekämpfung geschaffen. Zudem wird das Glücksspiel im Internet verboten.

Gerade dazu ist in den vergangenen Monaten in der Öffentlichkeit ausführlich diskutiert worden. Dies haben wir auch in einer sehr umfassenden Form in den Beratungen des Ausschusses erlebt und in der Anhörung hat dies einen großen Raum eingenommen. Dies liegt daran, dass eine starke Lobbyarbeit für den wahrscheinlich größten Sportwettenanbieter getätigt wurde, dies unter anderem von einer für die Liberalisierung des Glücksspielmarktes eintretenden Partei, die der Hauptsponsor dieses Anbieters ist. Der Anbieter ist aber auch Kunde von Unternehmern, die Funktionsträger dieser Partei sind.

Die mit derartigen Sportwetten im Internet verbundenen Gefahren der Spielsucht liegen aber gerade sehr hoch. Im Glücksspiel über das Internet liegt eine hohe Anziehungskraft, da die orts- und zeitgebundene interaktive Spielteilnahme vom eigenen Wohnzimmer oder Arbeitsplatz aus möglich ist und damit natürlich eine sehr starke Absenkung der Hemmschwelle, Herr Kollege Dr. Martens, stattfindet. Zudem fehlt in der Abgeschiedenheit der eigenen Privatsphäre zu Hause jegliche äußere Sozialkontrolle. Aber auch die Verschleierung der Wettaktivitäten und eventueller hoher Verluste vor der Familie ist leicht, denn es besteht die Möglichkeit, über ein bargeldloses Zahlungs- und Inkassosystem mit einem schnellen und unkomplizierten Geldeinsatz zu jeder Tages- und Nachtzeit am Spielerlebnis und damit sicherlich auch sehr stark an suchtgefahrorientiertem Spiel teilzunehmen. Frühzeitige Hilfe durch Angehörige wird somit oft verhindert.

Die Anhörung im Verfassungs-, Rechts- und Europaausschuss hat das hohe Gefährdungspotenzial eindrucksvoll beschrieben. So überlagern rasche Spielabläufe die zeitliche Nähe von Spiel- und Gewinnentscheid, eine Vielfalt von Wetteinsatz und Gewinnoptionen wie Verlusterlebnisse. Sie vermitteln die Ablenkung von belastenden Alltagserfahrungen.

Die dagegen im Staatsvertrag angeführten Argumente, mit der Durchsetzung des Monopols gingen hohe Steuereinnahmen des Staates und für Sportvereine überlebensnotwendige Spenden verloren, sind zu verneinen. Fakt ist, dass beispielsweise bwin keinerlei Steuern in Deutschland abführt, weil das private Glücksspiel aus dem europäischen Ausland mit viel geringeren Steuersätzen abgewickelt wird und diese Firma als Sponsor nur bei wettbewerbsträchtigen Großveranstaltungen auftritt. Der kleine lokale Sportverein profitiert am wenigsten.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn der Sächsische Landtag die Sportwetten nicht innerhalb der vom Bundesverfassungsgericht gesetzten Frist verfassungskonform ausgestalten würde, wäre das staatliche Sportwettenmonopol im Freistaat Sachsen nicht mehr haltbar und das Verbot der Veranstaltung von Sportwetten ab dem 1. Januar 2008 wäre nicht mehr durchzusetzen. Es könnten sich zahlreiche Anbieter auf den Markt begeben. Dies könnten vor allem ausländische Anbieter mit hohem Kapitalaufwand und für den Verbraucher zunächst günstigen Einstiegskonditionen sein. Später könnte dann eine Konzentration auf wenige Anbieter mit steigenden Gewinnmargen einsetzen. Dadurch käme es zu einem weiter steigenden Gefahrenpotenzial für die Verbraucher und damit einer sehr starken Suchtgefahr, der wir mit dem Staatsvertrag entsprechend entgegenwirken wollen.

Die enorme Größe dieser mit dieser Liberalisierung verbundenen Suchtgefahren wurde uns in der öffentlichen Anhörung deutlich vermittelt. Von den Vertretern einer Kommerzialisierung existieren Studien über ein enormes wirtschaftliches Entwicklungspotenzial von Sportwetten in Deutschland. In der Anhörung wurde vorgetragen: Es wird erwartet, dass der Umsatz von 1,6 Milliarden Euro

im Jahr 2005 auf über 15 Milliarden Euro im Jahr 2009 steigen soll. Dies sollte durch Einsatz neuer Technologien via Telefon, Handy, SMS sowie TV-Wettangeboten und Weiteres erreicht werden.

Aber auch das Suchtpotenzial von Lotterien ist hoch. Der Anteil der pathologischen Spieler mag derzeit gering sein. Seine Ausgestaltung in der von den staatlichen Gesellschaften betriebenen Form des Lottos birgt zwar ein minimales Suchtpotenzial; doch durch Veränderung der Eckdaten, wie eine Erhöhung zum Beispiel der Ereignisfrequenz, die Veränderung der Gewinnklassen oder die Erhöhung der erzielbaren Gewinne, lässt sich das Suchtpotenzial derartiger Lotterien unschwer steigern.

Für den Freistaat Sachsen gibt es derzeit dieses Problem nicht, weil Lotto nicht das Problem ist, sondern Lotto ist im Freistaat Sachsen die Lösung. Es ist das Instrument, das den Spieler vor Suchtgefahr schützen kann. Die öffentliche Hand würde aber die negativen sozialen Folgen des übermäßigen Glücksspielkonsums fast allein tragen müssen, denn – wie ausgeführt – es würde das private Glücksspiel über Internetangebote aus dem europäischen Ausland mit viel geringeren Steuersätzen abgewickelt. Nach dem „Jahrbuch Sucht“ ist Glücksspiel die teuerste aller Suchtformen. Nur 25 % der Spielsüchtigen haben keine Schulden. 22 % der Spielsüchtigen sind mit mehr als 25 000 Euro hoffnungslos überschuldet.

Auch ein nach dem 1. Januar 2008, sei es auch rückwirkend, in Kraft tretendes oder alleiniges Aufgeben des Monopols in Sachsen wäre falsch. Es wäre fraglich, ob die Auswirkungen der Beendigung des Monopols, aber damit der Kontrolle dieser Suchtgefahren, auf das Gebiet des Freistaates Sachsen begrenzt blieben. Von Sachsen aus könnten Sportwetten in andere Länder vermittelt und damit das Ländermonopol wirtschaftlich unterlaufen werden. Dieses Ländermonopol ist aber notwendig, um der Suchtgefahr entsprechend zu begegnen. Ein nach dem 1. Januar 2008 – sei es auch rückwirkendes Monopol – hätte zudem erhöhte Rechtfertigungsanforderungen für den Eingriff in die Berufsfreiheit zur Folge, da ein neues Monopol eingeführt würde, statt ein bestehendes fortzusetzen, das sich ausschließlich dem Schwerpunkt der Suchtbekämpfung widmet.

Ich bin auch der Auffassung, dass der Staatsvertrag europarechtskonform ist. Wir hatten eine sehr langwierige umfassende Debatte, und dies ist auch in der abschließenden Beratung im Rechtsausschuss nochmals so dargelegt und mehrheitlich vertreten worden.

Das Ratifizierungsverfahren des Staatsvertrages wurde mit Schreiben der Bundesregierung vom April 2007 abgeschlossen. Die Kommission stellt nicht infrage, dass Glücksspielaktivitäten aufgrund zwingender Erfordernisse des Allgemeinwohles, wie des Verbraucherschutzes, des Jugendschutzes und der Bekämpfung der Spielsucht, beschränkt werden.

Insbesondere berücksichtigten die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichtes die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes. Es ist damit auch von Europarechts

konformität auszugehen. Es kommt auch nicht darauf an, ob in allen oder nur in einigen Sektoren des Glücksspielmarktes ein staatliches Monopol, ein Schutz für die Entstehung von Spielsucht besteht. Der Europäische Gerichtshof hat nicht verlangt, dass dieses Monopol in allen Glücksspielmärkten durchgesetzt wird, hat damit auch den nationalen Parlamenten, also auch uns als Parlament des Freistaates Sachsen, diesen Spielraum überlassen, es selbst zu regeln. Zudem haben wir mit den inhaltlichen Änderungen gegenüber dem Regierungsentwurf das europarechtliche Risiko auf ein Minimum reduziert. Ich gehe davon aus, dass wir damit europarechtlichen Normen vollends entsprechen.

Wir haben in den Ausschüssen über den Staatsvertrag hinausgehende Spezifikationen des sächsischen Ausführungsgesetzes zum Glücksspielstaatsvertrag gestrichen, sodass es auf die Frage, ob über den Staatsvertrag hinausgehende Spezifikationen des Sächsischen Ausführungsgesetzes zu notifizieren sind, nicht mehr ankommt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bin der Auffassung, dass wir den Gesetzentwurf verantwortungsvoll beraten haben und in Übereinstimmung mit einer klaren Mehrheit der Bürger die Begrenzung der Suchtgefahren mit Hilfe des Glücksspiels vornehmen sollten.

Ich bedanke mich bei den Mitgliedern der beratenden Ausschüsse, aber auch des Verfassungs-, Rechts- und Europaausschusses für das Verständnis, dass wir am Schluss des Verfahrens noch zu einer umfassenden Anhörung gekommen sind und dann zu den abschließenden Beratungen. Dafür danke ich noch einmal auf das Herzlichste und ich bitte Sie um Zustimmung zu dem Gesetzentwurf.

Ich bedanke mich für Ihre geschätzte Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU, der SPD und des Staatsministers Geert Mackenroth)

Ich erteile der Linksfraktion das Wort. Herr Hilker, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Vorgang um den Lottostaatsvertrag im sächsischen Parlament zeigt dreierlei: Zum einen ist die Koalition unfähig, parlamentarische Dinge im geordneten Verfahren über die Bühne zu ziehen. Denn wir mussten ja einen im Mai eingebrachten Staatsvertrag zum Schluss im Parlament in wenigen Sitzungen ruck, zuck durchziehen.

(Marko Schiemann, CDU: Seit Juni!)

Zum Zweiten haben Sie gezeigt – und zeigt auch die Staatsregierung –, dass Sie fachlich am Ende sind. Denn ich sage Ihnen voraus: Dieser Staatsvertrag wird entweder vor dem Bundesverfassungsgericht oder vor dem Europäischen Gerichtshof scheitern.

(Marko Schiemann, CDU: Ein halbes Jahr!)

Zum Dritten sage ich Ihnen, auch angesichts aktueller Meldungen: Sie sind unfähig, Schaden vom Land abzuwehren.

Zum Ersten. Der entsprechende Gesetzentwurf wurde durch die Staatsregierung, so steht es in der Drucksache, am 25. Mai dieses Jahres in den Sächsischen Landtag eingebracht.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Bitte.

Lieber Kollege, sind Sie bereit zur Kenntnis zu nehmen, dass wir fast ein halbes Jahr genau über dieses Thema gesprochen haben, und würden Sie mir deshalb bitte einmal erklären, was das damit zu tun hat, dass wir unfähig seien, Gesetzentwürfe durchzubringen?

Es mag sein, dass die Koalition untereinander – –

Nein, nein!

– ein halbes Jahr miteinander gesprochen hat.