Protocol of the Session on December 13, 2007

schränkte Ermessen der Kommunen zur Beitragserhebung oder eben Nichterhebung zu gewährleisten und die Städte und Gemeinden bei der Aufhebung von Satzungen und gegebenenfalls bei den Rückzahlungsmodalitäten zu beraten.

Wir, die Linksfraktion, wollen mit dem Entwurf eines Sächsischen Kommunalabgabenbegrenzungsgesetzes endgültige Rechtsklarheit für Straßenanlieger und Kommunen schaffen. Wir alle wissen doch, dass seit der Verabschiedung des Kommunalabgabengesetzes im Jahr 1993 die Erhebung von Beiträgen für Verkehrsanlagen rechtlich umstritten war und ist. Deshalb haben wir die in den §§ 26 ff. vorgesehene Option der Gemeinde zur Erhebung dieser Beitragsform ersatzlos gestrichen. Die Straßenbaubeiträge werden also in Zukunft abgeschafft. Diesen Entwurf eines Sächsischen Kommunalabgabenbegrenzungsgesetzes haben wir am 01.12. den Bürgerinitiativen vorgestellt. Wir werden ihn im Januar in den Landtag einreichen. Da aber noch einige Monate vergehen werden, bis unser Gesetzentwurf auch Gesetzeskraft erlangt, ist es nötig, über unseren Antrag heute abzustimmen und ihm natürlich auch zuzustimmen.

Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der Linksfraktion)

Für die CDUFraktion bitte Herr Abg. Bandmann.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zu den Ausführungen von Frau Roth erlauben Sie mir gleich zu Beginn eine Klarstellung: Zu keinem Zeitpunkt gab es in Sachsen eine rechtswidrige Verwaltungspraxis der Kommunalaufsichtsbehörden, die aufgrund des Urteils des Oberverwaltungsgerichtes Bautzen vom 31. Januar 2007 sofort eingestellt werden müsste. Ihr Vorwurf entbehrt jeglicher Grundlage. Auch wenn Sie aus populistisch-politischen Gründen dies immer wieder ins Land blasen, so bleibt es doch schlicht unwahr.

Die CDU-Fraktion des Sächsischen Landtags hat 1993 mit großer Mehrheit das Sächsische Kommunalabgabengesetz beschlossen. Wir gingen davon aus, dass vor dem Inkrafttreten des Sächsischen KAG eine Rechtsgrundlage zur Erhebung von Straßenbaubeiträgen nicht bestand, und sprachen uns im KAG ganz bewusst für ein Können und nicht für ein Muss aus. Unsere Intention der Regelung war, die Entscheidung über die Erhebung von Straßenbaubeiträgen den Kommunen zu überlassen.

Mit unserer Entscheidung wollten wir keine Verpflichtung zur Erhebung von Ausbaubeiträgen allein aus den Einnahmebeschaffungsgrundsätzen des bestehenden § 73 der Sächsischen Gemeindeordnung herleiten. Diese Rechtsauffassung hinsichtlich der Reichweite der in allen Ländern ähnlich formulierten Einnahmebeschaffungsgrundsätze ist von der Rechtsprechung nicht akzeptiert worden. Da es allerdings lange Zeit keine sächsische Entscheidung gab, war es legitim, in die Länder mit

gleichgelagerter Rechtslage zu schauen. Es gilt nach wie vor das Prinzip, dass die Verwaltungen an Recht und Gesetz gebunden sind. Die Staatsregierung musste daher bis zum klarstellenden Urteil von der Beitragserhebungspflicht ausgehen und entsprechend handeln.

Sie, meine Damen und Herren von der antragstellenden Fraktion, können vor dieser Entwicklung der Rechtslage in der Vergangenheit nicht einfach die Augen verschließen. Es scheint Ihnen entgangen zu sein, dass wir uns aufgrund eines von Ihnen gestellten Antrags im JanuarPlenum des Jahres 2000 mit den sogenannten Schnellbriefen des Staatsministeriums des Innern vom 14. Juni 1995, 30. Dezember 1997 und 20. Januar 2000 auseinandergesetzt und über eine Verlängerung der Aussetzung der Erhebung von Straßenbaubeiträgen diskutiert haben. Wenn ich zu Herrn Friedrich sehe – er nickt, er bestätigt dies auch durch seine Haltung. Dazu wäre es doch gar nicht gekommen, wenn nicht auch Sie davon ausgegangen wären, dass es aufgrund der Einnahmebeschaffungsgrundsätze der Gemeindeordnung im Freistaat Sachsen eine Pflicht zur Erhebung von Straßenbaubeiträgen gegeben hätte.

Die CDU-Fraktion des Sächsischen Landtags begrüßt die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Bautzen vom 31. Januar 2007. Das Urteil sagt deutlich, die Erhebung von Beiträgen für Straßenbaumaßnahmen ist in das kommunalpolitische Ermessen der Gemeinden gestellt, so wie es der Gesetzgeber 1993 vorgesehen hat. Die Entscheidung stellt unmissverständlich klar, dass es aber der eigenverantwortlichen und freien Entscheidung der Städte und Gemeinden im Freistaat Sachsen obliegt, ob und, wenn ja, wie sie diese Straßenbaubeiträge erheben.

Ich halte den Antrag der Linken auch für unnötig. Die kommunale Selbstverwaltung wird von den Städten und Gemeinden im vollen Umfang wahrgenommen. Schauen Sie nur in die Zeitung dieser Tage, dann können Sie das zur Genüge nachlesen.

Eines steht für mich fest: Kommunen, die in der Vergangenheit Straßenbaubeiträge erhoben haben, haben sich rechtskonform verhalten und mit Blick auf ihre Haushaltslage sehr verantwortlich gehandelt. Auch künftig ist es notwendig, diesen Kommunen den Rücken zu stärken, wenn sie an ihrer Entscheidung der Beitragserhebung festhalten. Es ist ihr eigener freier politischer Wille.

Positive Beispiele belegen, dass durch Transparenz, durch eine frühzeitige und umfassende Einbeziehung der betroffenen Bürgerinnen und Bürger und durch Mitspracherechte vor dem Baubeginn von Maßnahmen auch die notwendige Akzeptanz erreicht werden kann und vor allem durch diese Mitsprache auch diese Baumaßnahmen im Inhalt vorab in der Planungsphase nicht selten deutlich verändert worden sind, was natürlich auf die Kostenfrage erheblichen Einfluss hat.

Die Staatsregierung hat zur Unterstützung für die Städte und Gemeinden Verfahrenshinweise als Handreichung zum praktischen Umgang mit der klargestellten Rechtslage veröffentlicht. Von daher ist die Zeit bis zu dieser

Veröffentlichung nicht zu kritisieren, da ja nach dem Urteil zunächst auch einmal die Begründung vorliegen musste.

Diese erläutern zunächst die Rechtslage nach dem Urteil vom Januar 2007 und gehen auf die unterschiedliche Situation in den Kommunen ein. Erläutert wird weiter die Notwendigkeit der Anpassung des Satzungsrechts bei der Entscheidung zur Aufhebung der Straßenbeitragssatzung. Zu finden sind auch Ausführungen zur Rückzahlung. Dass die Staatsregierung diese Verfahrensweise mit dem Appell verbindet, bei der Entscheidung über die Rückzahlung von Beiträgen neben den Individualinteressen der ursprünglich beitragspflichtigen Bürgerinnen und Bürger sowohl das Gemeininteresse als auch den kommunalen Haushalt im Blick zu haben, ist völlig legitim und wird aus unserer Sicht die Ermessensentscheidung der Kommunen überhaupt nicht beeinflussen.

Die CDU-Fraktion des Sächsischen Landtags geht davon aus – so verstehen wir auch die Verfahrenshinweise –, dass sich die Staatsregierung künftig nicht in die Entscheidung der Kommunen einmischen wird. Die Rolle der Rechtsaufsichtsbehörden wird darin bestehen, darauf zu achten, dass Städte und Gemeinden das Ortsrecht an ihr Handeln anpassen. Im Übrigen hat es in diesem Jahr nach dem Urteil keine Entscheidung von Rechtsaufsichtsbehörden gegeben, die Städte oder Gemeinden im Freistaat Sachsen gezwungen hätte, eine Straßenbaubeitragssatzung zu erlassen und Beiträge zu erheben. Entsprechende Entscheidungen der Vergangenheit dürften hinfällig sein.

Ich gehe davon aus, dass die Städte und Gemeinden ihrer Verantwortung zum Wohle der Bürgerinnen und Bürger gerecht werden und die jeweilige Entscheidung mit dem notwendigen Augenmaß treffen werden. Die Koalition hat sich im Übrigen im Koalitionsvertrag unter Nr. 11.3 darauf verständigt, dass die Einnahmebeschaffungsgrundsätze mit dem Ziel modifiziert werden sollen, den Kommunen mehr Flexibilität bei der Erhebung von Straßenbaubeiträgen zu ermöglichen und auch eine rückwirkende Erhebung dieser Baubeiträge entfallen zu lassen. Wir sind uns mit der SPD-Fraktion einig, dass die Klarstellung der Rechtslage genau dieser Zielstellung entspricht, und weiteren Handlungsbedarf sehen wir nicht.

Wir werden den Kommunen auch in Zukunft nicht per Gesetz verbieten, solche Beiträge zu erheben, wenn die Gemeinden der Auffassung sind, dass das in ihrer Situation ein gangbarer Weg ist. Die andere Praxis können Sie sich in anderen Bundesländern ansehen – und den Zustand der Straßen auch.

Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU und des Abg. Martin Dulig, SPD)

Die SPD-Fraktion, bitte. Herr Abg. Bräunig.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich gebe zu und

ich sehe auch ein, dass es schwierig ist, wenn man diese Debatte in einer landesweiten Zeitungsanzeige angekündigt hat, sie dann einfach von der Tagesordnung zu nehmen. Wenn jetzt Tausende oder sogar Zehntausende Bürger zu Hause vor den Rechnern und im Live-Stream diese Debatte verfolgen, dann müssen wir sie natürlich hier auch führen.

(Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion: Wir verhelfen euch zu Popularität!)

Meine Vorredner hatten schon darauf hingewiesen, dass es dieses für Kommunen und Staatsregierung gleichermaßen richtungsweisende Urteil des Oberverwaltungsgerichtes in Bautzen vom 31. Januar gab, nach dem es den Städten und Gemeinden freisteht, über die Erhebung von Straßenbaubeiträgen zu entscheiden.

Meine Fraktion hat diese Entscheidung sehr begrüßt, weil wir diese Vorschriften immer in diesem Sinne interpretiert haben. Die Kommunen sollen ganz klar nach eigenem Ermessen frei über das Ob der Erhebung von Straßenbaubeiträgen entscheiden können. Dabei hat ihnen der Gesetzgeber das Recht eingeräumt, aber damit keine Pflicht auferlegt, diese Beiträge zu erheben. Das Urteil stellt zutreffend klar, dass es auch nicht aus den berühmten Einnahmebeschaffungsgrundsätzen der Sächsischen Gemeindeordnung eine Pflicht zur Erhebung dieser Beiträge gibt und dass sie nicht daraus hergeleitet werden kann.

Ich darf darauf hinweisen, dass mit dem Urteil auch dem Anliegen, auf das wir uns im Koalitionsvertrag im Jahr 2004 verständigt haben, voll entsprochen wird.

(Andrea Roth, Linksfraktion: Richtig!)

Ich darf zur Erinnerung diesen Passus noch einmal zitieren: „Die Einnahmebeschaffungsgrundsätze sollen mit dem Ziel modifiziert werden, den Kommunen mehr Flexibilität bei der Erhebung von Straßenbaubeiträgen zu ermöglichen. Auch eine rückwirkende Erhebung von Straßenbaubeiträgen kann damit entfallen.“

So weit der Koalitionsvertrag aus dem Jahr 2004.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage? – Bitte.

Herr Bräunig, jetzt muss ich Sie doch mal fragen, ob Sie immer eines OVG-Urteils bedürfen, um Ihren Koalitionsvertrag einzuhalten?

Nun, das war – wie soll man das bezeichnen? –

(Andrea Roth, Linksfraktion: Es war hilfreich!)

eine glückliche Fügung des Schicksals,

(Heiterkeit – Beifall bei der SPD, der Linksfraktion und der Abg. Astrid Günther-Schmidt, GRÜNE)

dass dieses Urteil in dieser Zeit gefallen ist. – Ich wollte nur daran erinnern, dass wir uns bereits in der Koalitionsvereinbarung im Jahr 2004 darauf verständigt haben.

Das Urteil bestätigt auch, dass diese Zielstellung, die ich angesprochen hatte, bereits jetzt Rechtslage ist und dass es keiner weiteren gesetzlichen Klarstellung bedarf. Insoweit bedarf es auch nicht des von Ihnen hier angekündigten Kommunalabgabenbegrenzungsgesetzes.

(Dr. Michael Friedrich, Linksfraktion: Das kennen Sie doch noch gar nicht! – Andrea Roth, Linksfraktion: Das ist doch bloß ein Teilstück, Herr Bräunig!)

Das Staatsministerium des Innern hat am 2. Oktober dieses Jahres den Rechtsaufsichtsbehörden und Kommunen Anwendungshinweise zum praktischen Umgang mit der Erhebung von Straßenbaubeiträgen infolge des Urteils übergeben. Jetzt kann man sagen: Es wäre wünschenswert gewesen, wenn diese Anwendungshinweise zeitnaher gekommen wären, denn schließlich ist das Urteil seit April rechtskräftig. – Aber nach meinem Kenntnisstand hat die lange Dauer zumindest keine negativen Wirkungen gebracht.

(Zuruf des Abg. Klaus Tischendorf, Linksfraktion)

Sie können mich gern berichtigen, aber mir sind keine für Kommunen nachteilige Entscheidungen bekannt, die nach diesem Urteil ergangen sind. Auch die Rechtsaufsichtsbehörden haben insbesondere keinerlei Aufsichtsmaßnahmen mehr ergriffen bzw. laufende Verfahren ruhen lassen.

(Zuruf des Abg. Klaus Tischendorf, Linksfraktion)

Deshalb sind für mich auch die Schärfe Ihres Antrags und die Eilbedürftigkeit – oder wie auch immer man das bezeichnen will – nicht nachvollziehbar. Die Anwendungshinweise, die das SMI jetzt herausgegeben hat, bestätigen die Rechtslage, nach der die Kommunen für die Vergangenheit und auch für die Zukunft frei entscheiden können, ob sie Beiträge erheben. Natürlich ist klar, dass in einigen Fällen, insbesondere bei besonders angespannter Haushaltslage einer Kommune, die Erhebung von Beiträgen kaum zu umgehen sein wird. Darüber sind wir uns, glaube ich, auch einig.

Aus meiner Sicht muss aber zweierlei sichergestellt sein:

Erstens. Die jeweilige Satzungslage vor Ort muss mit der tatsächlichen Praxis übereinstimmen. Das bedeutet im Klartext: Die Kommunen, die eine Beitragssatzung haben, aber keine Beiträge erheben wollen – das soll es ja geben –, müssen sich entscheiden, entweder ihre Satzung aufzuheben oder Beiträge zu erheben. Etwas anderes ist nicht möglich.

Zweitens müssen vor Ort – auch das ist wichtig – alle Bürgerinnen und Bürger gleich behandelt werden. Es liegt jetzt ganz klar an den Kommunen – und Sie propagieren ja immer die Wichtigkeit der kommunalen Selbstverwaltung –,

(Andrea Roth, Linksfraktion: Die ist wichtig!)

es liegt in ihrem Ermessen, über die Erhebung von Straßenbaubeiträgen situationsgerecht und zum Wohle ihrer